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urmeli

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Insgesamt 403 Bewertungen
Bewertung vom 07.06.2023
Das Bücherschiff des Monsieur Perdu
George, Nina

Das Bücherschiff des Monsieur Perdu


sehr gut

Jean Perdu lebt nunmehr seit vier Jahren in der Provence, er ist glücklich mit der Bildhauerin Catherine und seinen Freunden. Bis er durch besondere Umstände sein Bücherschiff zurückerhält. Soll er wirklich sein Leben wieder ändern, wieder zurückschippern nach Paris? Max will ihn begleiten, er ist überfordert von der Nachricht, dass er Vater wird und er braucht Zeit zum Nachdenken. Während die Beiden die Wasserwege und Schleusen bereisen kümmert sich Max um social media, um Interneteinträge, Themen, die für Jean Perdu fremd sind. Durch den zunehmenden Bekanntheitsgrad kommen alte Bekannte und auch neue Menschen zu ihnen, zum Bücher kaufen und um ihre Probleme zu besprechen. Denn auf dem Bücherschiff gibt es nicht einfach Bücher zu kaufen, für Perdu sind Bücher Medizin, daher führt er eine Pharmacie, eine literarische Apotheke. Er spricht mit den Besuchern und sucht danach das richtige Buch für sie heraus.
Ein weiterer großer Passus in dem emotional geschriebenen Roman ist die große Enzyklopädie der kleinen Gefühle, mit denen sich Perdu durch die Beobachtungen die er macht, beschäftigt. Die Handlung wird langsam erzählt, es geht mehr um persönliche Befindlichkeiten als um Aktionen und man muss sich darauf einlassen, sonst wird es schnell langweilig. Einiges ist sehr fantasievoll, manches unrealistisch, manches gleicht einem Wunder, es ist auch ein wenig Märchen, natürlich mit einem Wohlfühlende. Manchmal ein wenig zu dick aufgetragen.

Bewertung vom 07.06.2023
City of Dreams / City on Fire Bd.2
Winslow, Don

City of Dreams / City on Fire Bd.2


sehr gut

Nach dem ersten Band der Trilogie ist Danny Ryan auf der Flucht. Der Mafiakrieg zwischen der irischen und der italienischen Familie hat viele Opfer gefordert. Nachdem seine Frau Terri dem Krebs erlegen ist, hält ihn nichts mehr an der Ostküste der USA, er reist mit einpaar seiner treuen Freunde, seinem alten und dementen Vater Marty und dem 18-monatigen Sohn Ian nach San Diego, dem Sehnsuchtsort seines Vaters. Mit seinem noch vorhandenem Vermögen möchte er ein ehrbares Leben führen. Verstecken kann er sich nicht, neben einem Drogenboss und der italienischen Mafia ist auch das FBI hinter ihm her. Bei seiner Mutter Madeleine, die ihn früh verlassen hat, es zu Reichtum und Einflussnahme bei wichtigen Personen aus der Wirtschaft und Politik gebracht hat, findet er kurzzeitig Unterschlupf und Hilfe. Bis er von der Verfilmung des Mafiakrieges erfährt, Einfluss auf den Film nehmen will und sich in die Schauspielerin Diane verliebt, die den Part von Pam spielt, der Frau, die für den Konflikt der Familien verantwortlich war.
Bevor Pam auf der Bildfläche erschien war für die Mafiosi alles in bester Ordnung. Die Geschäfte waren gerecht verteilt, man war befreundet. Danach gab es nur noch Missgunst und Tote, Verlierer auf allen Seiten, das ganze Gefüge geriet außer Kontrolle.
Der Roman schildert mehr die Seelenzustände der Protagonisten, die alle in schwierigen Situationen sind. Als Mafiosi kann man sich nicht zur Ruhe setzen, überall gibt es Kontakte, Neider und Erpressungen. Von allen gejagt zu werden heißt auch, wieder töten zu müssen und erneut Rache auf sich zu ziehen. Ich bin gespannt ob Danny im dritten und letzten Teil der Reihe ein anständiges Leben mit seinem Sohn gelingt. Spannend, wenn auch mit manchmal etwas unglaubwürdig.

Bewertung vom 07.06.2023
Die Revanche des Monsieur Lipaire / Die Unverbesserlichen Bd.2
Klüpfel, Volker;Kobr, Michael

Die Revanche des Monsieur Lipaire / Die Unverbesserlichen Bd.2


ausgezeichnet

Das einst so beschauliche Hafenstädtchen Port Grimaud an der französischen Mittelmeerküste erlebt unruhige Tage. Seitdem die Familie Vicomte die dokumentierte Herrschaft über den Ort innehaben möchte sie eine mondäne und exklusive Stadt daraus machen. So erhält der Wassertaxifahrer Karim Petitbon keine Arbeitserlaubnis mehr und Delphine hat ihren Handyladen zu räumen. Guillaume Lipaire ist in Geldnöten und musste sich schweren Herzen von seinem Oldtimer trennen. Aus der Gruppe der Unverbesserlichen scheint es nur Paul gut getroffen zu haben, der in eine Gärtnerei investiert. Als die Schikanen und Schwierigkeiten für die einfache Bevölkerung überhand nehmen muss etwas geschehen. Sogar die in New York Schauspiel studierende Tochter des Bürgermeisters, Jacky, fliegt wieder zurück. Gemeinsam werden nun Pläne geschmiedet und sehr dilettantisch ausgeführt, was beim Lesen immer wieder für Heiterkeit sorgt. Der plötzliche Tod des alten Pudels von Lizzy Schindler und das Einfärben eines ähnlich aussehenden Hundes sorgen für betriebsame Hektik in der Gruppe. Ein Phantom, das sehr genau über die Pläne der Unverbesserlichen Bescheid weiß und per Handy Tipps und Informationen weitergibt, bringt die Gruppe immer wieder auf neue Ideen. Schließlich müssen sie die Herrschaft der Vicomtes, welche durch ihr gefundenes Dokument erst ermöglicht wurde, verhindern.
Sehr humorvoll und kurzweilig werden die Lebensumstände der Hafenstadtbewohner und deren tollpatschigen, naiven Gaunereien beschrieben. Es ist nicht zwingend nötig, den ersten Teil der Serie gelesen zu haben. Ich gehe von einer Serie aus, denn am Ende gibt es einen Cliffhanger, der auf eine Fortsetzung deuten.

Bewertung vom 07.06.2023
Dalee
Gastmann, Dennis

Dalee


sehr gut

Indien hat gerade seine Unabhängigkeit erlangt, die Arbeitsbedingungen für die einfache Bevölkerung haben sich seitdem verschlechtert. Als ein Investor Elefanten und deren Mahuts, den Elefantenführern, für das Abholzen auf einer Andamaneninsel benötigt, entschließt sich Bellinis Vater mit dem schon betagten Dalee und der Familie umzusiedeln. Das Verladen der Elefanten ist bereits eine Herausforderung und die Überfahrt fordert Verluste bei Mensch und Tier. Die Bedingungen auf der ehemaligen Sträflingsinsel Mayabunder sind hart, für Mensch und Tier. Die Arbeitselefanten leiden unter Gewalt und Ausnutzung, andererseits sind sie auch das Kapital der Mahuts und werden gehegt und gepflegt, gefürchtet und geliebt. Der Druck der Arbeitsleistung wird immer höher und bei Dalee bemerkt man eine zunehmende Vergesslichkeit, was zur Gefahr für alle werden kann.
Das, für uns exotische, Leben der indischen Bevölkerung und das der Arbeitselefanten wird bildhaft und emotional beschrieben. Man kann mit ihnen in den Dschungel eintauchen und mitfühlen. Der Konflikt zwischen den verschiedenen Lebensmodellen und Glaubensrichtungen der Europäer und der aus vielen Gruppierungen bestehenden indischen Bevölkerung wird ein wenig beleuchtet, wenn ich mir auch ein mehr an politische Informationen gewünscht hätte.

Bewertung vom 15.05.2023
Das Café ohne Namen
Seethaler, Robert

Das Café ohne Namen


ausgezeichnet

Der Krieg ist bereits seit einigen Jahren zu Ende, die Spuren davon sieht man noch an allen Ecken und Kanten in Wien. Der junge, bei den barmherzigen Schwestern aufgewachsene, Robert Simon sucht nach einem Weg für sein Leben. Ein Zimmer bei einer Kriegerwitwe ist der Anfang und als er dann eine leerstehende Kneipe sieht, ist seine Zukunft klar. Hier will er ein Cafe eröffnen. Seine ganze Energie steckt er hinein und bald kommen ältere Frauen, Marktbesucher und Arbeiter in der Mittagspause und zum Feierabend. Er stellt das Bauernmädchen Mila ein, es gibt Rückschläge und gute Seiten und einen Unfall, der auch tödlich hätte ausgehen können. Es wird geliebt und gehasst, es gibt Schlägereien und Versöhnungen, man hilft sich untereinander. In den 10 Jahren, in denen das Cafe existierte, veränderte sich auch Wien, es wurde aufgebaut und neu gebaut und es wurde lauter.
Von dem Leben und den Charakteren dieser Menschen berichtet Robert Seethaler mit so viel Herzenswärme, Ereignisse werden beschrieben ohne sie zu werten. Ein wunderschöner Roman.

Bewertung vom 15.05.2023
Mörderfinder - Mit den Augen des Opfers / Max Bischoff Bd.6
Strobel, Arno

Mörderfinder - Mit den Augen des Opfers / Max Bischoff Bd.6


sehr gut

Nach der Beerdigung der an Krebs erkrankten Freundin der Kriminalrätin Eslem Keskin liest sie in deren Tagebuch von einer schweren Schuld, die sie auf sich geladen haben. Vor 22 Jahren verschwand auf ungeklärte Weise der junge Winzer Peter Kautenberger, der damals ermittelnde Polizeibeamte wurde auf dubiose Weise vom Fall abgezogen. Nun bittet ausgerechnete seine ehemalige Chefin Keskin den inzwischen als Privatermittler und Dozent arbeitende Max Bischoff um Hilfe. Im beschaulichen Moselort Klotten soll er sich umhören, was damals vorgefallen ist. Die Clique um Peter Kautenberger wie auch alle andere, die er befragt schweigen oder wissen von nichts. Auch die Hilfe seines Freundes, des Psychologen Dr. Marvin Wagner, führt ihn nicht weiter. Bis sich die Dinge zuspitzen und ein Mord im Weinberg geschieht. Jetzt will die „richtige“ Polizei übernehmen und in Person des damals abgezogenen Kriminalkommissars den Fall klären. Max bleibt und ermittelt weiter.
Vertuschen und Verschweigen, darum ging es damals und auch jetzt und an der Dorfbevölkerung beißen sich alle die Zähne aus. Personen aus Max Umfeld spielen ebenso mit in diesen eher mäßig spannenden Krimi hinein wie auch die Menschen in Klotten und deren Befindlichkeiten. Psychologisch interessant, doch manchmal etwas langatmig geschrieben.

Bewertung vom 15.05.2023
Solange wir leben
Safier, David

Solange wir leben


ausgezeichnet

David Safier, bekannt durch humorvolle Romane und Drehbücher zu Fernsehserien, beschreibt in diesem Buch die Geschichte seiner Eltern. Seine Mutter Waltraut, bei Kriegsbeginn gerade drei Jahre alt, wuchs in Bremen auf, sie kam aus ärmlichen Verhältnissen und lebte mit ihren Eltern und dem älteren Bruder Klaus einige Jahre in einem Eisenbahnwaggon in dem auch Ratten hausten. Einen Schulabschluss hat sie nicht geschafft, aber sie war eine Löwin, sie kämpfte für das, was sie wollte. Und sie wollte Verkäuferin bei Karstadt werden. In Kindertagen war Friedrich ihr Freund, sie verloren sich aus den Augen, verliebten sich, und als sie schwanger wurde heirateten sie. Friedrich starb, noch bevor Gabi geboren wurde.
Der Vater Joschi hat es 1939 als 23-jähriger gerade noch geschafft von Wien nach Palästina, jetzt Israel, zu flüchten. Außer ihm hat nur seine Schwester Rosl überlebt, die ganze Familie wie auch seine schwangere Freundin sind dem Holocaust zum Opfer gefallen. Ohne abgeschlossene Ausbildung und sehr unstet versuchte er sich in vielerlei Tätigkeiten, als Barkeeper, beim Militär und als Spion. Dora, die das Konzentrationslager überlebte, wurde seine Frau, doch sie blieb kinderlos und litt so sehr darunter, dass Joschi die Flucht ergriff und zur See fuhr. In Bremen traf er auf Waltraut und es passierte, was er sich nicht vorstellen konnte. Aus Liebe zog er nach Bremen, ins Land der Täter, er heiratete eine Christin und sie bekamen ihren Sohn David. Die Höhen und Tiefen, die Rückschläge im beruflichen und privaten Bereich aber auch das immer wieder Aufstehen beschreibt David Safier in sehr persönlicher Weise, ernst, doch auch mit Passagen, in dem der jüdische Humor seines Vater zu erkennen ist. In zwei verschiedenen Schrifttypen gedruckt weiß man, aus welcher Sichtweise gerade erzählt wird. Ein hoch interessantes Buch.

Bewertung vom 15.05.2023
Südlich von Porto lauert der Tod
da Silva, Mariana

Südlich von Porto lauert der Tod


sehr gut

Zur Beerdigung ihres geliebten Großvaters reist Ria Almeida mit ihren Eltern aus Stuttgart ins portugiesische Küstendorf Torreira. Sie selbst ist in Stuttgart aufgewachsen, sie merkt die Unterschiede der Kulturen und dennoch fühlt sie sich in Portugal wohler als in Deutschland. Private und berufliche Probleme möchte sie mit einer längeren Auszeit klären. Ihre Beziehung zu ihrem Vorgesetzten ist gerade in die Brüche gegangen, sie hat sich von der Kriminalpolizei zur Verkehrspolizei versetzen lassen und überlegt, wie es für sie weitergehen soll. Während sie bei ihrer Cousine Mariposa und deren Mann, dem Dorfpolizisten Joao wohnt, wird eine junge Frau tot aufgefunden. Es sieht aus wie ein normaler Todesfall, wenn nicht kurz vor einer angeordneten Obduktion die Leiche verschwindet. Joao bittet Ria um Hilfe, sie kennt sich doch mit Ermittlungen aus. Dass sie gar nicht befugt ist, wird auch gegenüber dem eingesetzten Chef Baptista nicht erwähnt, denn Ria merkt schnell, dass ihre Fähigkeiten im Ermitteln liegen, dass es ihre Berufung ist.
Der Kriminalfall tritt in diesem Buch in den Hintergrund, dadurch fehlt auch die Spannung. Sehr genau wird die Landschaft, die Menschen an der Nordküste Portugals und deren Lebensweise beschrieben, wie auch Rias innere Konflikte, wie es in ihrem beruflichen Leben weitergehen soll. Die Unterschiede der Kulturen werden durch eine in Deutschland aufgewachsene Portugiesin interessant erzählt.

Bewertung vom 15.05.2023
Samuels Buch
Finzi, Samuel

Samuels Buch


ausgezeichnet

Der bekannte Schauspieler Samuel Finzi erzählt aus seinem Leben, seine Kindheit und Jugend bis zu seinem 23. Lebensjahr und der Beginn seiner Schauspielkarriere in Deutschland. Er wuchs in einem Künstlerhaushalt in Sofia, Bulgarien, auf, die Mutter war Konzertpianistin, der Vater Schauspieler. Sie förderten ihren Sohn bereits in sehr jungen Jahren, er bekam außerschulischen Unterricht, wurde zu Konzerten und Theateraufführungen mitgenommen. Er erzählt von einer unbeschwerten Kindheit, die ihn, durch die jüdische Vergangenheit der Familie und der weit verstreuten Familie, auch eine Reise mit seinen Eltern nach Frankreich führte. Mit zunehmendem Alter und besonders nach dem Kennenlernen der westlichen Kultur und Freiheit wird sein Wunsch immer drängender, in den Westen zu kommen.
Auch wenn Samuels Buch seine Lebensgeschichte ist, so steht er nicht im Mittelpunkt, sein Leben wir immer im Kontext mit der gesellschaftlichen und politischen Lage Bulgariens erzählt. Da mir die Historie wie auch das Leben der Menschen dort fremd ist, wobei ich annehme, dass das Leben in einem Künstlerhaushalts nicht dem Durchschnitt entspricht, ist dieses Buch für mich eine Bereicherung. Es ist chronologisch aufgebaut mit einem humorvollen Schreibstil.

Bewertung vom 04.04.2023
Lebendige Nacht
Kimmig, Sophia

Lebendige Nacht


sehr gut

Während wir in der Nacht schlafen krabbeln, fliegen und laufen so einige Lebewesen um uns herum, viel mehr als gedacht. Sophia Kimmig nimmt uns mit in diese vielseitige unbekannte Welt. Dass Fledermäuse, Käuze und Waschbären nachts unterwegs sind, haben die meisten von uns bereits erfahren, die nächtliche Tierwelt ist jedoch deutlich reichhaltiger. Und auch Pflanzen richten sich darauf ein. Einerseits werden in diesem Sachbuch Tiere der Nacht beschrieben und wie es überhaupt zur Aktivität in der Nacht kam, andererseits wird die Wirkung der Nacht auf den Menschen beleuchtet. Wie gehen wir damit um, wie haben wir durch die zunehmende Beleuchtung das Leben in der Nacht gestört und verändert, wie können wir den nachtaktiven Tieren ihr gewohntes Leben erhalten. Neben wissenschaftlichen Texten wird Sophia Kimmig auch persönlich und lockert so die abwechslungsreichen, leicht lesbaren Texte auf. Ich hätte mir mehr Beschreibungen und Fotos der hiesigen nachtaktiven Tierwelt gewünscht, mehr Informationen des Lebens um uns herum, wie es der Untertitel vermuten lässt und weniger die Wirkung der Nacht auf den Menschen.