John Boyne
Gebundenes Buch
Als die Welt zerbrach
Roman Die Fortsetzung des Bestsellers »Der Junge im gestreiften Pyjama«
Übersetzung: Schickenberg, Michael; Schweder-Schreiner, Nicolai von
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Die lang erwartete Fortsetzung des Weltbestsellers »Der Junge im gestreiften Pyjama«1946. Drei Jahre nach dem katastrophalen Ereignis, das ihre Familie zerriss, fliehen eine Mutter und ihre Tochter von Polen nach Paris. Blind vor Sorge und Schuldgefühlen ahnen sie nicht, wie schwer es ist, der Vergangenheit zu entkommen.Fast achtzig Jahre später führt Gretel Fernsby in ihrem Londoner Villenviertel ein ruhiges Leben, Welten entfernt von der traumatischen Kindheit. Als eine junge Familie in die Wohnung unter ihr zieht, hofft sie, dass die eingespielte Hausgemeinschaft nicht aus dem Gleichge...
Die lang erwartete Fortsetzung des Weltbestsellers »Der Junge im gestreiften Pyjama«
1946. Drei Jahre nach dem katastrophalen Ereignis, das ihre Familie zerriss, fliehen eine Mutter und ihre Tochter von Polen nach Paris. Blind vor Sorge und Schuldgefühlen ahnen sie nicht, wie schwer es ist, der Vergangenheit zu entkommen.
Fast achtzig Jahre später führt Gretel Fernsby in ihrem Londoner Villenviertel ein ruhiges Leben, Welten entfernt von der traumatischen Kindheit. Als eine junge Familie in die Wohnung unter ihr zieht, hofft sie, dass die eingespielte Hausgemeinschaft nicht aus dem Gleichgewicht gerät. Doch der neunjährige Henry weckt Erinnerungen, denen sie sich nicht stellen will.
Gretel steht plötzlich vor der Wahl zwischen ihrer eigenen und Henrys Sicherheit. Gewinnt die Verantwortung, oder macht sie sich mitschuldig, wie damals? Wenn sie jetzt eingreift, riskiert sie, Geheimnisse preiszugeben, die sie ein Leben lang gehütet hat ...
Psychologisch höchstpräzise erzählt John Boyne davon, wie sich eine nicht eingestandene Schuld zu einer zerstörerischen Kraft entwickelt, die mit jedem verstreichenden Lebensjahr schwerer wiegt.
1946. Drei Jahre nach dem katastrophalen Ereignis, das ihre Familie zerriss, fliehen eine Mutter und ihre Tochter von Polen nach Paris. Blind vor Sorge und Schuldgefühlen ahnen sie nicht, wie schwer es ist, der Vergangenheit zu entkommen.
Fast achtzig Jahre später führt Gretel Fernsby in ihrem Londoner Villenviertel ein ruhiges Leben, Welten entfernt von der traumatischen Kindheit. Als eine junge Familie in die Wohnung unter ihr zieht, hofft sie, dass die eingespielte Hausgemeinschaft nicht aus dem Gleichgewicht gerät. Doch der neunjährige Henry weckt Erinnerungen, denen sie sich nicht stellen will.
Gretel steht plötzlich vor der Wahl zwischen ihrer eigenen und Henrys Sicherheit. Gewinnt die Verantwortung, oder macht sie sich mitschuldig, wie damals? Wenn sie jetzt eingreift, riskiert sie, Geheimnisse preiszugeben, die sie ein Leben lang gehütet hat ...
Psychologisch höchstpräzise erzählt John Boyne davon, wie sich eine nicht eingestandene Schuld zu einer zerstörerischen Kraft entwickelt, die mit jedem verstreichenden Lebensjahr schwerer wiegt.
John Boyne, geboren 1971 in Dublin, ist einer der renommiertesten zeitgenössischen Autoren Irlands. Seine Bücher wurden in mehr als vierzig Sprachen übersetzt und mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Der internationale Durchbruch gelang ihm mit seinem Roman 'Der Junge im gestreiften Pyjama', der weltweit zum Bestseller wurde und von der Kritik als 'ein kleines Wunder' (The Guardian) gefeiert wurde.

© privat
Produktdetails
- Verlag: Piper
- Originaltitel: All the broken places
- 3. Aufl.
- Seitenzahl: 416
- Erscheinungstermin: 27. Oktober 2022
- Deutsch
- Abmessung: 221mm x 145mm x 37mm
- Gewicht: 530g
- ISBN-13: 9783492071970
- ISBN-10: 349207197X
- Artikelnr.: 64538061
Herstellerkennzeichnung
Piper Verlag GmbH
Georgenstr. 4
80799 München
info@piper.de
www.piper.de
+49 (089) 381801-0
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
John Boyne hätte besser auf dieses Sequel zu seinem Erfolgsroman "Der Junge im gestreiften Pyjama" verzichtet, meint Rezensent Sascha Feuchert. Zum einen handelt es sich laut Feuchert einfach um ein schlechtes Buch. Schlimmer noch ist es für den Kritiker allerdings, dass Boyne dem Vorgängerroman durch diese Fortsetzung so etwas wie ein historische Grundlage verpasst - und so haben wir es nun mit zwei "erschütternd trivialisierenden" Romanen zum Holocaust zu tun, stöhnt der Rezensent. Erzählt wird die Geschichte von Brunos überlebender Schwester Gretel, die nach dem Krieg und der Hinrichtung des Vaters gemeinsam mit ihrer Mutter von ehemaligen Résistance-Kämpfern brutal
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misshandelt wird, Vergangenheit und Schuldgefühle als Kind eines Täters in Australien hinter sich lassen will, dort aber auf einen ehemaligen SS-Mann trifft. Der führt ihr noch einmal die Gräueltaten des Vaters vor Augen, setzt ihr außerdem die von ihm entwendete Brille Hitlers auf die Nase, worauf Gretel gleichermaßen "verzückt" und "entsetzt" stöhnt. Im Laufe des Romans trifft sie auf verschiedene Opfer des Holocaust - Begegnungen, die von Boyne oft in "schiefen Tönen" geschildert werden, wie der Kritiker bemerkt. Und wenn Gretel schließlich im hohen Alter noch einen Nachbarn, der seine Familie drangsaliert, tötet - und die Haftstrafe als Sühne der vermeintlichen Mitschuld an den Taten des Vaters auf sich nimmt, kommt Feuchert zu dem Schluss: In diesem Roman, der sich einfühlend und historisch geben will, stimmt wirklich nichts.
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Durch Hitlers Brille
Diese Fortsetzung schädigt auch den großen Erfolg: John Boynes Roman über die Schuld der Täterkinder
Die große Lust am Weitererzählen dominiert nicht nur die Welt von Netflix und Co, schon lange sind "Prequels" und "Sequels" auch in der gedruckten Literatur vertraute Begriffe und Phänomene. Was uns Rezipienten an Serien unterschiedlichster Provenienz zu fesseln scheint, ist nicht nur unsere schiere Neugier, zu erfahren, wie eine Geschichte weitergeht oder was ihr vorausging, es ist auch das Wissen darum, dass jeder neue Teil das bereits Gelesene oder Gesehene im Nachhinein verändern wird: Im besten Falle ergibt sich aus dieser hermeneutischen Dauerschleife ein ästhetischer
Diese Fortsetzung schädigt auch den großen Erfolg: John Boynes Roman über die Schuld der Täterkinder
Die große Lust am Weitererzählen dominiert nicht nur die Welt von Netflix und Co, schon lange sind "Prequels" und "Sequels" auch in der gedruckten Literatur vertraute Begriffe und Phänomene. Was uns Rezipienten an Serien unterschiedlichster Provenienz zu fesseln scheint, ist nicht nur unsere schiere Neugier, zu erfahren, wie eine Geschichte weitergeht oder was ihr vorausging, es ist auch das Wissen darum, dass jeder neue Teil das bereits Gelesene oder Gesehene im Nachhinein verändern wird: Im besten Falle ergibt sich aus dieser hermeneutischen Dauerschleife ein ästhetischer
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Mehrwert.
John Boynes Welterfolg "Der Junge im gestreiften Pyjama" gehört auf den ersten Blick nicht zu den Romanen, die nach einer Fortsetzung verlangen, denn die Geschichte scheint eigentlich auserzählt: Immerhin stirbt ihr Protagonist, der neunjährige Bruno, gemeinsam mit seinem jüdischen Freund Schmuel am Ende der Erzählung den grausamen Tod in der Gaskammer eines Konzentrationslagers, das sein Vater befehligt. Die vielen Leerstellen, die bleiben, müssen von den Lesern gefüllt werden - und machen für die meisten wohl den Charme des Romans aus. Freilich gab es auch harte Kritik, denn einigen Rezensenten erschien das Werk als eine verkitschte, völlig unplausible Trivialisierung des Holocausts. Wohlwollende Besprechungen wiesen dagegen darauf hin, dass Boyne einiges dafür getan habe, dass seine Erzählung eben nicht historisch gelesen werde, sondern "nur" als Gleichnis beziehungsweise "Fabel".
Jetzt hat der irische Autor dennoch ein "Sequel" vorgelegt und erzählt in "Als die Welt zerbrach" die Geschichte von Brunos Schwester Gretel weiter, die anders als ihr drei Jahre jüngerer Bruder den Krieg überlebt und danach gemeinsam mit der Mutter mit gefälschten Identitäten untertauchen kann. Der Vater wird - wie sein historisches Vorbild Rudolf Höss - hingerichtet. Vieles an diesem Roman ist anders als bei seinem Vorgänger: Gretel berichtet aus der Ich-Perspektive, die Erzählung gibt sich historisch einigermaßen kontrolliert und will offenbar - so informiert Boyne im Nachwort zur englischen Ausgabe, das bemerkenswerterweise nicht in die deutsche übernommen wurde - eruieren, wie schuldig ein junges Mädchen unter diesen Umständen werden kann und ob es ihm jemals gelingt, sich von den fürchterlichen Taten, die geliebte Menschen begangen haben, zu befreien.
Die Antworten, die der Roman anbietet, sind erschütternd - allerdings in einem anderen Sinne, als John Boyne es wohl geplant hat. Der Leser erlebt auf unterschiedlichen Zeitebenen eine Frau, die sich durch Flucht ihrer Verantwortung entzieht, immer getrieben von der Angst, für die Verbrechen ihres Vaters im Gefängnis zu landen. Dabei war sie erst zwölf, als sie mit ihrer Familie 1943 nach Auschwitz - den Namen nimmt sie auch im hohen Alter nie in den Mund - zog, und damit im juristischen Sinne nicht verantwortlich für das, was dort unter dem Befehl ihres Vaters geschah, auch wenn sie sich am Tod ihres Bruders mitschuldig fühlt. Nach dem Krieg wird sie jedoch zusammen mit ihrer Mutter von ehemalige Kämpfern der französischen Résistance enttarnt und brutal misshandelt. Fortan ist Gretel traumatisiert und tut alles, um ihre Vergangenheit hinter sich zu lassen, was ihr jedoch nur schwer gelingt, auch weil (wenig glaubwürdige) Zufälle es verhindern.
In Australien etwa, wo sie ein neues Leben beginnen will, begegnet ihr ausgerechnet der ehemalige Oberleutnant Kurt Kotler, für den sie als junges Mädchen heftig schwärmte, obwohl er vor ihren Augen einen jüdischen Häftling brutal erschlagen hatte. Kotler ist sich im Wesentlichen treu geblieben: Als Gretel von ihm verlangt, sich selbst zu enttarnen, reagiert der ehemalige SS-Mann gelassen - und das obwohl Gretel seinen Sohn in ihrer Gewalt hat, um der Forderung Nachdruck zu verleihen. Gretels Vater, so Kotler, sei schließlich das "Monster" gewesen, er nur ein Gehilfe und deshalb nicht verantwortlich. Aus seiner anhaltenden Faszination für Hitler macht Kotler kein Hehl; noch immer trägt er die Brille des "Führers" bei sich, die er dem Diktator am Ende des Kriegs unfreiwillig entwendete.
Was Boyne seine beiden Figuren dann tun lässt, muss den Leser nachdrücklich irritieren: Kotler fordert Gretel auf, die Brille aufzusetzen, um sozusagen - wie er es formuliert - "die Welt durch seine Augen" zu sehen. Die junge Frau gerät daraufhin in eine wilde Mixtur an Gefühlen: "Ich fühlte Übelkeit in mir aufsteigen. Ich fühlte Erregung. Ich fühlte Ohnmacht. Ich fühlte Macht." Und als die Brille auf der Nase sitzt, entfährt ihr "ein kehliges Geräusch - ein verzückter Seufzer oder ein entsetztes Stöhnen", so ganz sicher ist sie sich nicht. Eingeordnet wird dieser verstörende Anfall von Fetischismus im Roman nicht; man erfährt später allerdings, dass die Ich-Erzählerin Kotler weitgehend vom Haken lässt, weil sie fürchtet, selbst enttarnt zu werden.
Gretel flieht weiter nach London, wo sie schließlich sesshaft wird. Hier begegnen ihr gleich mehrfach Holocaust- Opfer, und die schiefen Töne des Romans nehmen weiter zu: Als sie etwa bei einer Kollegin eine Auschwitz-Tätowierung am Arm sieht, empfindet sie dies "als Zeichen Gottes", das sie an ihren "Anteil am Grauen" erinnern solle: "Meine Schuld war so tief in meine Seele eingebrannt wie die Nummer auf Miss Aaronsons Arm." Mit einem jungen Mann, der sich als Überlebender von Treblinka entpuppt, geht sie eine Beziehung ein und enthüllt ihm, wer sie wirklich ist - woraufhin dieser sie beschimpft und verlässt. Eine erste Erlösung erfährt sie dann durch eine Ehe: Ihr Mann Edgar, ehemals bester Freund des Treblinka-Überlebenden, wird ein bedeutender Weltkriegshistoriker und scheint bis zu seinem Tod gut mit Gretels Vergangenheit leben zu können.
Ein endgültiger Befreiungsschlag gelingt ihr ausgerechnet mit einem Mord: Sie tötet in hochbetagtem Alter kaltblütig ihren Nachbarn, der seine eigene Familie (zu der - natürlich - ein neunjähriger Sohn gehört, der Gretel beständig an ihren verstorbenen Bruder erinnert) brutal terrorisierte. Damit scheint ein Doppeltes erreicht: Zum einen hat sie endlich einmal gehandelt und sich gegen das Böse zur Wehr gesetzt, zum anderen kann die aus dem Mord resultierende Gefängnisstrafe als späte Sühne für Gretels (vermeintliche) Beteiligung an den KZ-Gräueln und am Tod ihres Bruders verstanden werden. Man ahnt, dass hier die Moral der Geschichte liegen soll - und ist befremdet ob dieser Form poetischer Gerechtigkeit.
Boynes gesamte Fabel scheitert, weil sie falsche Einfühlung bemüht, falsche Vergleiche zieht und geschichtlich viel zu unplausibel ist, obwohl sie sich durch viele Referenzen als historischer Roman auszuweisen versucht. Schlimmer noch: Diese inszenierte Teilhistorizität wirkt auch auf seinen "Jungen im gestreiften Pyjama" zurück, weil dessen Geschichte hier weitererzählt und damit auch der Vorgängerroman implizit als im Kern doch historisch beziehungsweise realistisch markiert wird - allen Strategien der Enthistorisierung in der Ausgangserzählung zum Trotz. Das heißt, dass wir es nun gleich mit zwei erschütternd trivialisierenden Romanen zum Holocaust zu tun haben. SASCHA FEUCHERT
John Boyne: "Als die Welt zerbrach". Roman.
Aus dem Englischen von Michael Schickenberg und Nicolai von Schweder-Schreiner. Piper Verlag, München 2022. 416 S., geb., 24,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
John Boynes Welterfolg "Der Junge im gestreiften Pyjama" gehört auf den ersten Blick nicht zu den Romanen, die nach einer Fortsetzung verlangen, denn die Geschichte scheint eigentlich auserzählt: Immerhin stirbt ihr Protagonist, der neunjährige Bruno, gemeinsam mit seinem jüdischen Freund Schmuel am Ende der Erzählung den grausamen Tod in der Gaskammer eines Konzentrationslagers, das sein Vater befehligt. Die vielen Leerstellen, die bleiben, müssen von den Lesern gefüllt werden - und machen für die meisten wohl den Charme des Romans aus. Freilich gab es auch harte Kritik, denn einigen Rezensenten erschien das Werk als eine verkitschte, völlig unplausible Trivialisierung des Holocausts. Wohlwollende Besprechungen wiesen dagegen darauf hin, dass Boyne einiges dafür getan habe, dass seine Erzählung eben nicht historisch gelesen werde, sondern "nur" als Gleichnis beziehungsweise "Fabel".
Jetzt hat der irische Autor dennoch ein "Sequel" vorgelegt und erzählt in "Als die Welt zerbrach" die Geschichte von Brunos Schwester Gretel weiter, die anders als ihr drei Jahre jüngerer Bruder den Krieg überlebt und danach gemeinsam mit der Mutter mit gefälschten Identitäten untertauchen kann. Der Vater wird - wie sein historisches Vorbild Rudolf Höss - hingerichtet. Vieles an diesem Roman ist anders als bei seinem Vorgänger: Gretel berichtet aus der Ich-Perspektive, die Erzählung gibt sich historisch einigermaßen kontrolliert und will offenbar - so informiert Boyne im Nachwort zur englischen Ausgabe, das bemerkenswerterweise nicht in die deutsche übernommen wurde - eruieren, wie schuldig ein junges Mädchen unter diesen Umständen werden kann und ob es ihm jemals gelingt, sich von den fürchterlichen Taten, die geliebte Menschen begangen haben, zu befreien.
Die Antworten, die der Roman anbietet, sind erschütternd - allerdings in einem anderen Sinne, als John Boyne es wohl geplant hat. Der Leser erlebt auf unterschiedlichen Zeitebenen eine Frau, die sich durch Flucht ihrer Verantwortung entzieht, immer getrieben von der Angst, für die Verbrechen ihres Vaters im Gefängnis zu landen. Dabei war sie erst zwölf, als sie mit ihrer Familie 1943 nach Auschwitz - den Namen nimmt sie auch im hohen Alter nie in den Mund - zog, und damit im juristischen Sinne nicht verantwortlich für das, was dort unter dem Befehl ihres Vaters geschah, auch wenn sie sich am Tod ihres Bruders mitschuldig fühlt. Nach dem Krieg wird sie jedoch zusammen mit ihrer Mutter von ehemalige Kämpfern der französischen Résistance enttarnt und brutal misshandelt. Fortan ist Gretel traumatisiert und tut alles, um ihre Vergangenheit hinter sich zu lassen, was ihr jedoch nur schwer gelingt, auch weil (wenig glaubwürdige) Zufälle es verhindern.
In Australien etwa, wo sie ein neues Leben beginnen will, begegnet ihr ausgerechnet der ehemalige Oberleutnant Kurt Kotler, für den sie als junges Mädchen heftig schwärmte, obwohl er vor ihren Augen einen jüdischen Häftling brutal erschlagen hatte. Kotler ist sich im Wesentlichen treu geblieben: Als Gretel von ihm verlangt, sich selbst zu enttarnen, reagiert der ehemalige SS-Mann gelassen - und das obwohl Gretel seinen Sohn in ihrer Gewalt hat, um der Forderung Nachdruck zu verleihen. Gretels Vater, so Kotler, sei schließlich das "Monster" gewesen, er nur ein Gehilfe und deshalb nicht verantwortlich. Aus seiner anhaltenden Faszination für Hitler macht Kotler kein Hehl; noch immer trägt er die Brille des "Führers" bei sich, die er dem Diktator am Ende des Kriegs unfreiwillig entwendete.
Was Boyne seine beiden Figuren dann tun lässt, muss den Leser nachdrücklich irritieren: Kotler fordert Gretel auf, die Brille aufzusetzen, um sozusagen - wie er es formuliert - "die Welt durch seine Augen" zu sehen. Die junge Frau gerät daraufhin in eine wilde Mixtur an Gefühlen: "Ich fühlte Übelkeit in mir aufsteigen. Ich fühlte Erregung. Ich fühlte Ohnmacht. Ich fühlte Macht." Und als die Brille auf der Nase sitzt, entfährt ihr "ein kehliges Geräusch - ein verzückter Seufzer oder ein entsetztes Stöhnen", so ganz sicher ist sie sich nicht. Eingeordnet wird dieser verstörende Anfall von Fetischismus im Roman nicht; man erfährt später allerdings, dass die Ich-Erzählerin Kotler weitgehend vom Haken lässt, weil sie fürchtet, selbst enttarnt zu werden.
Gretel flieht weiter nach London, wo sie schließlich sesshaft wird. Hier begegnen ihr gleich mehrfach Holocaust- Opfer, und die schiefen Töne des Romans nehmen weiter zu: Als sie etwa bei einer Kollegin eine Auschwitz-Tätowierung am Arm sieht, empfindet sie dies "als Zeichen Gottes", das sie an ihren "Anteil am Grauen" erinnern solle: "Meine Schuld war so tief in meine Seele eingebrannt wie die Nummer auf Miss Aaronsons Arm." Mit einem jungen Mann, der sich als Überlebender von Treblinka entpuppt, geht sie eine Beziehung ein und enthüllt ihm, wer sie wirklich ist - woraufhin dieser sie beschimpft und verlässt. Eine erste Erlösung erfährt sie dann durch eine Ehe: Ihr Mann Edgar, ehemals bester Freund des Treblinka-Überlebenden, wird ein bedeutender Weltkriegshistoriker und scheint bis zu seinem Tod gut mit Gretels Vergangenheit leben zu können.
Ein endgültiger Befreiungsschlag gelingt ihr ausgerechnet mit einem Mord: Sie tötet in hochbetagtem Alter kaltblütig ihren Nachbarn, der seine eigene Familie (zu der - natürlich - ein neunjähriger Sohn gehört, der Gretel beständig an ihren verstorbenen Bruder erinnert) brutal terrorisierte. Damit scheint ein Doppeltes erreicht: Zum einen hat sie endlich einmal gehandelt und sich gegen das Böse zur Wehr gesetzt, zum anderen kann die aus dem Mord resultierende Gefängnisstrafe als späte Sühne für Gretels (vermeintliche) Beteiligung an den KZ-Gräueln und am Tod ihres Bruders verstanden werden. Man ahnt, dass hier die Moral der Geschichte liegen soll - und ist befremdet ob dieser Form poetischer Gerechtigkeit.
Boynes gesamte Fabel scheitert, weil sie falsche Einfühlung bemüht, falsche Vergleiche zieht und geschichtlich viel zu unplausibel ist, obwohl sie sich durch viele Referenzen als historischer Roman auszuweisen versucht. Schlimmer noch: Diese inszenierte Teilhistorizität wirkt auch auf seinen "Jungen im gestreiften Pyjama" zurück, weil dessen Geschichte hier weitererzählt und damit auch der Vorgängerroman implizit als im Kern doch historisch beziehungsweise realistisch markiert wird - allen Strategien der Enthistorisierung in der Ausgangserzählung zum Trotz. Das heißt, dass wir es nun gleich mit zwei erschütternd trivialisierenden Romanen zum Holocaust zu tun haben. SASCHA FEUCHERT
John Boyne: "Als die Welt zerbrach". Roman.
Aus dem Englischen von Michael Schickenberg und Nicolai von Schweder-Schreiner. Piper Verlag, München 2022. 416 S., geb., 24,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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»Boynes Buch ist sowohl Geschichtsstunde als auch die fesselnde Biografie einer Frau, die exemplarisch für so viele Menschen einer Generation in Deutschland steht, die es bald nicht mehr gibt.« Madame 20221103
Schuld und Verantwortung
ACHTUNG: MEINE REZENSION ENTHÄLT SPOILER ZU „Der Junge im gestreiften Pyjama“
Inhalt:
Gretel ist die Tochter des berüchtigten Kommandanten des Konzentrationslagers Auschwitz. Nach dem Krieg floh sie zusammen mit ihrer Mutter; der Vater wurde …
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Schuld und Verantwortung
ACHTUNG: MEINE REZENSION ENTHÄLT SPOILER ZU „Der Junge im gestreiften Pyjama“
Inhalt:
Gretel ist die Tochter des berüchtigten Kommandanten des Konzentrationslagers Auschwitz. Nach dem Krieg floh sie zusammen mit ihrer Mutter; der Vater wurde gehängt. Heute ist Gretel über 90 Jahre alt und lebt als wohlhabende Frau in London. Immer noch verheimlicht sie ihre unrühmliche Abstammung, muss sich aber stets mit Schuld und Verantwortung auseinandersetzen.
Meine Meinung:
Vor vielen Jahren erschien von John Boyne „Der Junge im gestreiften Pyjama“.Es geht darin um Bruno, den neunjährigen Sohn des Lagerkommandanten von Auschwitz, der sich mit einem Juden anfreundet und letztlich zu Tode kommt.
In der aktuell erschienen Fortsetzung „Als die Welt zerbrach“ erzählt nun die mittlerweile hochbetagte Gretel, wie ihr Leben seit damals verlaufen ist und wie es heute ist. Abwechselnd werden die Erzählstränge in der Vergangenheit und in der Gegenwart weitergeführt, wobei sie sich einander immer mehr annähern.
Gretel muss sich immer wieder damit befassen, welche Mitschuld sie als damals zwölfjähriges Mädchen an den Taten ihres Vaters trägt, welche Schuld sie am Tod ihres Bruders hat und welche Verantwortung sie heute übernehmen muss, um nicht schon wieder und immer noch tatenlos zuzusehen, wenn anderen Menschen Schaden zugefügt wird.
Wie schon mit dem Vorgängerroman konnte John Boyne mich auch mit Gretels Geschichte fesseln. Sein eindrücklicher Schreibstil setzt bei mir unweigerlich das Kopfkino in Gang und ich kann ganz tief in die Handlung eintauchen. Hinzu kommt, dass die Geschichte aus Gretels Perspektive in der 1. Person erzählt wird, sodass man sich sehr gut in die Protagonistin hineinversetzen kann. Aber auch wenn man denkt, man wüsste alles über sie, werden nach und nach noch Geheimnisse aufgedeckt, was ich sehr spannend fand.
Zuweilen habe ich mich an Wiederholungen bzw. zu ausschweifenden Ausführungen gestört, aber im Großen und Ganzen ist der Roman genauso empfehlenswert wie der Vorgänger.
Fazit:
Ein fesselnder Roman über Schuld und Verantwortung, der zum Nachdenken anregt und auch betroffen macht.
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Wieder ist es John Boyne gelungen ein Buch zu schreiben, das den Leser nicht kalt lässt. " Der Junge im gestreiften Pyjama" wurde mit Recht zum Bestseller, aber dieser Roman "Als die Welt zerbrach" ist auch auf dem Wege dorthin. Eine großartige Geschichte um die …
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Wieder ist es John Boyne gelungen ein Buch zu schreiben, das den Leser nicht kalt lässt. " Der Junge im gestreiften Pyjama" wurde mit Recht zum Bestseller, aber dieser Roman "Als die Welt zerbrach" ist auch auf dem Wege dorthin. Eine großartige Geschichte um die Tochter eines Lagerkommandanten im Konzentrationslager Polen. 70 Jahre nach ihrer Flucht lebt sie weiterhin mit schrecklichen Erinnerungen, schweren Schuldgefühlen und der Angst vor Nazijägern. Das Buch erzählt das Leben der jungen Gretel und den Weg ihrer Flucht und aus dem Leben der 92 jährigen Gretel die ihren Lebensabend in einem Mehrfamilienhaus in London ruhig geniesen möchte. Leider ist die Ruhe vorbei als neue Nachbarn einziehen und in der Wohnung schreckliche Dinge passieren. Darf Gretel sich einmischen, oder gefährdet sie ihre eigene Sicherheit, soll Gretel wieder wegsehen oder endlich handeln. Dieses Buch hat mich sehr berührt
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Welche Schuld trägt Gretel an den Grausamkeiten, welche in der Vergangenheit passiert sind? Seit einigen Jahrzehnte lebt die über neunzigjährige Gretel nun bereits in London. Dabei versucht sie so gut wie möglich nicht über ihre Vergangenheit zu sprechen. Bis in die Wohnung …
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Welche Schuld trägt Gretel an den Grausamkeiten, welche in der Vergangenheit passiert sind? Seit einigen Jahrzehnte lebt die über neunzigjährige Gretel nun bereits in London. Dabei versucht sie so gut wie möglich nicht über ihre Vergangenheit zu sprechen. Bis in die Wohnung unter ihr eine junge Familie zieht. Der neunjährige Henry weckt bei ihr Erinnerungen. Das in seiner Familie aber nicht alles glatt läuft merkt Gretel relativ schnell. Kann sie ihre Schuld aus der Vergangenheit begleichen, indem sie Henry hilft?
Als die Welt zerbrach erzählt die Geschichte von Gretel, deren Bruder Bruno wohl viele aus dem ersten Band ‚Der Junge im gestreiften Pyjama‘ kennen. Das Buch ist unterteil in drei Teile und schildert immer im Wechsel zwischen Gegenwart und den einzelnen Station in Gretels Vergangenheit, welche sie nach Ende des Krieges erlebt hat. Von ihrer Flucht 1946 nach Frankreich, ihrem Aufenthalt in Sydney 1952 und letztendlich ihrem Anfang in London 1953. Voller Spannung habe ich die Kapitel verschlungen. Gretel setzt sich stark mit ihrer Schuld auseinander, denn obwohl sie damals erst zwölft war, ist sie sich im Klaren, dass sie eine gewisse Mitschuld trägt.
Mich hat bereits der erste Band sehr gut gefallen und ich musste natürlich auch unbedingt die Fortsetzung lesen. Und ich wurde auf keinen Fall enttäuscht. Gretels Geschichte ist realistisch und emotional. Henrys Auftauchen bringt sie dazu sich selbst noch einmal im hohen Alter mit ihrer Vergangenheit auseinander zu setzten. Und auch wenn das gesamte Buch total spannungsvoll und flüssig geschrieben war, haben die letzten Kapitel mir noch einmal einen letzten Wow Effekt verschafft. Von mir gibt es eine 100% Leseempfehlung für Gretels bewegende Lebensgeschichte!
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Ich habe vom Vorgängerroman "der Junge im gestreiften Pyjama zwar nur den großartig gelungenen Film gesehen, aber wusste daher über den Inhalt Bescheid.
Die Fortsetzung handelt von der Protagonistin Gretel und spielt in mehreren Zeitabschnitten. Mittlerweile ist sie 90 Jahre …
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Ich habe vom Vorgängerroman "der Junge im gestreiften Pyjama zwar nur den großartig gelungenen Film gesehen, aber wusste daher über den Inhalt Bescheid.
Die Fortsetzung handelt von der Protagonistin Gretel und spielt in mehreren Zeitabschnitten. Mittlerweile ist sie 90 Jahre als und berichtet über Ihre Erinnerungen an die Nazi Zeit im zweiten Weltkrieg sowohl aber auch über ihre Erlebnisse in der Nachkriegszeit die sie bis heute begleiten.
Ich war begeistert von diesem meiner Ansicht nach wichtigen Buch.
Ich finde in der ersten Hälfte baut sich die Geschichte in ihren Zusammenhängen langsam auf und wird zunehmend spannender. Ab einen gewissen Punkt konnte ich nicht mehr aufhören und musste wissen wie es weitergeht.
Kann diesen Roman allen die sich auch mit Geschichte des 20. Jahrhunderts beschäftigen wollen uneingeschränkt weiterempfehlen.
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Die Fortsetzung, oder eher ein Spinn-off, von "Der Junge im gestreiften Pyjama" hat mich von Anfang an gefesselt! Man begleitet in der Geschichte Gretel, der Schwester von Bruno, dem Hauptprotagonisten in "Der Junge im gestreiften Pyjama". Teile des Buches spielen in der …
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Die Fortsetzung, oder eher ein Spinn-off, von "Der Junge im gestreiften Pyjama" hat mich von Anfang an gefesselt! Man begleitet in der Geschichte Gretel, der Schwester von Bruno, dem Hauptprotagonisten in "Der Junge im gestreiften Pyjama". Teile des Buches spielen in der Vergangenheit, der Zeit nach dem Krieg und den folgenden Jahren, und der andere Teil der Erzählung spielt in der Gegenwart, in der Gretel bereits neunzig Jahre alt ist.
Vorwiegend geht es in der Geschichte um die Frage der Schuld. Gretel kämpft ihr Leben lang damit, wer ihr Vater war und ob sie wirklich mit Schuld an den Ereignissen damals war.
Diese Frage der Schuld zieht sich durch die ganze Erzählung bis in die Gegenwart.
Die Hauptprotagonistin war mir von Anfang an sehr sympathisch- und das trotz ihrer Vorgeschichte. Die Geschichte ist sehr mitreißend geschrieben und sprachlich toll gestaltet. "Der Junge im gestreiften Pyjama" ist bei dem Buch aber keine Verständnisvoraussetzung, man bekommt genug Infos im Buch- hier vor allem in den Rückblenden.
Ebenso gibt es einige sehr überraschende Wendungen im Buch, mit denen man so vielleicht gar nicht gerechnet hat. Alles in allem ist es eines meiner diesjährigen Lesehighlights!
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Was für ein Buch! Ich war irritiert und neugierig, als ich in der Buchhandlung auf dieses Buch gestoßen bin. Nach all den Jahren eine Fortsetzung? Was kann man da als Fortsetzung schreiben? Ich war neugierig und habe es keine Sekunde bereut.
Ja, den Vorgänger sollte man kennen. Ich …
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Was für ein Buch! Ich war irritiert und neugierig, als ich in der Buchhandlung auf dieses Buch gestoßen bin. Nach all den Jahren eine Fortsetzung? Was kann man da als Fortsetzung schreiben? Ich war neugierig und habe es keine Sekunde bereut.
Ja, den Vorgänger sollte man kennen. Ich muss gestehen, ich kannte „nur“ den Film.
Von Anfang an war ich wieder mitten drin.
Das Buch wird in zwei Zeiten erzählt, immer abwechselnd, einmal das junge Mädchen und dann die alte Frau. Bei beiden Geschichten möchte man unbedingt wissen, wie es weitergeht. Es werden viele Themen behandelt und doch passt alles zusammen. Die Frage, wie schuldig ist man, wenn man schweigt, wie schuldig ist ein 12 jähriges Kind, all das hat mich bewegt. Bekannte Themen werden aus einem anderen Blickwinkel betrachtet. Ich habe dieses Buch noch während des Lesens meinem persönlichen Umfeld sehr ans Herz gelegt. Und auch hier: ganz klare Leseempfehlung.
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Das Cover von "Als die Welt zerbrach" ist zwar anders als sein Vorgänger "Der Junge im gestreiften Pyjama" und hat es trotzdem perfekt hinbekommen, dass man sofort eine Verbindung der beiden Werke herstellt, falls man beide kennt. Nach so vielen Jahren hatte ich ehrlich …
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Das Cover von "Als die Welt zerbrach" ist zwar anders als sein Vorgänger "Der Junge im gestreiften Pyjama" und hat es trotzdem perfekt hinbekommen, dass man sofort eine Verbindung der beiden Werke herstellt, falls man beide kennt. Nach so vielen Jahren hatte ich ehrlich gesagt nicht damit gerechnet, dass John Boyne eine Fortsetzung schreiben würde. Nun, da ich aber das Hörbuch gehört habe, kann ich nur bestätigen, dass es sich gelohnt hat, so lange zu warten. Boyne ist es gelungen, eine Geschichte zu schreiben, die ganz anders ist als das Vorgängerwerk und doch ebenso gewaltig Eindruck zu machen vermag. So ist man in "Der Junge im gestreiften Pyjama" sehr mit der Frage konfrontiert, wie Kinder den Nationalsozialismus aus ihrer unschuldigen Sicht wohl miterlebt haben müssen, was sie nur als Spiel ansahen und was ihnen im Gegensatz zur Erwachsenensicht womöglich merkwürdig erschien. Beim Lesen bzw. Hören von "Als die Welt zerbrach", wird einem hingegen vor Augen geführt, was die kindlich bis jugendlichen Erlebnisse dieser Zeit auf lange Sicht mit einem Menschen machen konnten.
Auch in diesem Roman gelingt es Boyne wieder außerordentlich gut, die psychologische Seite der Schuldfrage zu beleuchten. Was konnte eine Jugendliche damals tatsächlich tun? Hatte sie die Verantwortung unmittelbar etwas zu tun oder hätte sie im Nachhinein etwas tun sollen, um Wiedergutmachung zu leisten? Und ist sie schuldig, wenn sie als dies nicht getan hat bzw tut? Sprachlich gelingt es Boyne gut, dass man sich in Gretels Gedankenwelt einfinden kann. Und auch die Sprecherin Elisabeth Günther macht ihre Sache super. Sie beherrscht ihr Handwerk und schafft es scheinbar spielend, dass ein deutlicher Unterschied zwischen Gretels jungem und altem Ich zu hören ist. Das habe ich bisher bei noch keinem Hörbuch so gut gemacht erlebt.
Literarisch gekonnt, gelingt es John Boyne, einen würdigen Nachfolger für "Der Junge im gestreiften Pyjama" zu schreiben. Ein Buch, das viel zum Nachdenken anregt und die psychologische Seite von Schuld während des Nationalsozialismus perfekt in den Fokus zu rücken weiß. Kein einfaches Thema, aber äußerst gelungen umgesetzt.
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Fortsetzung folgt...
John Boyne, der Autor des bekannten und bereits verfilmten Romans, „Der Junge im gestreiften Pyjama“, hat sich nun an eine Fortsetzung, der überaus berührenden und durchaus aufwühlenden Geschichte, unter dem Titel „Als die Welt zerbrach“, …
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Fortsetzung folgt...
John Boyne, der Autor des bekannten und bereits verfilmten Romans, „Der Junge im gestreiften Pyjama“, hat sich nun an eine Fortsetzung, der überaus berührenden und durchaus aufwühlenden Geschichte, unter dem Titel „Als die Welt zerbrach“, gewagt.
Äußerlich schon sehr an den Vorgänger angelehnt, hat es zudem hohen Wiedererkennungswert.
In dem neuen Werk geht es um ein Wiedersehen mit alten Bekannten. Im Vordergrund die Schwester Gretel des vorherigen Protagonisten Bruno. Das Buch handelt im Großen und Ganzen von der Frage der Schuld. Die brisante Thematik steht hier im Gegensatz zu einem sehr angenehmen Schreibstil, welcher es dem Leser leicht verständlich macht und sehr fesselt. Man rechnet vielleicht nicht unbedingt mit diesem Ende und manch einem mag es nicht in die Geschichte passen. Dennoch lege ich jedem, der vor allem auch schon den ersten Teil gelesen hat, auch diesen Nachfolger sehr ans Herz.
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Mit „Als die Welt zerbrach“ knüpft John Boyne an seinen erfolgreichen Roman „Der Junge im gestreiften Pyjama“ an. Seit dem tragischen Verschwinden des 9-jährigen Brunos im Jahr 1943 sind fast achtzig Jahre vergangen. Brunos mittlerweile 91-jährige Schwester …
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Mit „Als die Welt zerbrach“ knüpft John Boyne an seinen erfolgreichen Roman „Der Junge im gestreiften Pyjama“ an. Seit dem tragischen Verschwinden des 9-jährigen Brunos im Jahr 1943 sind fast achtzig Jahre vergangen. Brunos mittlerweile 91-jährige Schwester Gretel führt heute ein zurückgezogenes Leben in London. Als sich in der Wohnung unter ihr ein Familiendrama abspielt, werden Erinnerungen wach - an ihren Bruder, an die schrecklichen Ereignisse, die sie ihr Leben lang zu Verschweigen versucht hat und an die schwerwiegende Schuld, die sich tief in Gretels Seele eingebrannt hat.
John Boyne geht in diesem Roman der Frage nach, wo Schuld eigentlich beginnt. Ist das Kind eines KZ-Kommandanten mitschuldig am Holocaust? Kann eine 12-Jährige für die Gräueltaten ihres Vaters mitverantwortlich gemacht werden? Hat ein junges Mädchen den Tod ihres Bruders verschuldet, weil sie ihn ermuntert hat, etwas Unbedachtes zu tun? Gretel selbst redet sich ein, unschuldig zu sein, fragt sich aber gleichzeitig, warum sie dennoch immer darauf bedacht ist, ihre Identität geheim zu halten.
„Als die Welt zerbrach“ wird fesselnd erzählt und entwickelt schnell einen Sog, dem man sich als Leser nicht entziehen kann. Der Roman ist eine emotionale Reise zu unterschiedlichen Stationen in Gretels Leben, an denen sie mit ihrer Vergangenheit und ihrer Schuld konfrontiert wird. In Paris werden sie und ihre Mutter vor eine Art Tribunal aus Résistance-Mitgliedern gezerrt; in Sydney trifft sie unerwartet auf Kurt, einen ehemaligen Mitarbeiter ihres Vaters, für den sie als 12-Jährige geschwärmt hat; in London verliebt sie sich in einen Juden, dessen Familie von den Nazis ermordet wurde. In jedem einzelnen Abschnitt wird dabei greifbar, wie groß Gretels Furcht ist, entdeckt zu werden und wie schwer die Last der Schuld wiegt.
Acht lange Jahrzehnte bestand Gretels Leben aus Angst und Schuldgefühlen. Die immerwährende Schuld hat sie geprägt. Als sie Zeugin wird, wie ihr neuer Nachbar seine Familie misshandelt, ist sie fest entschlossen, nicht wieder tatenlos wegzusehen, wenn wehrlosen Menschen Leid angetan wird. Heute will sie handeln, egal, was es sie kosten wird…
„Als die Welt zerbrach“ hat mir sehr gut gefallen - eine tiefgründige Geschichte, die kurzweilig erzählt wird und mich auch nach dem Lesen noch lange beschäftigt hat.
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Beklemmende, tiefgründige, deutsche Lebensgeschichte
Es geht um die Verarbeitung all der schlimmen Untaten an jenem anderen Ort auf der anderen Seite des Zauns, einem unmenschlichen Kapitel deutscher Geschichte und dem Problem mit der Schuld und Trauerbewältigung nach dem Ende des 2. …
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Beklemmende, tiefgründige, deutsche Lebensgeschichte
Es geht um die Verarbeitung all der schlimmen Untaten an jenem anderen Ort auf der anderen Seite des Zauns, einem unmenschlichen Kapitel deutscher Geschichte und dem Problem mit der Schuld und Trauerbewältigung nach dem Ende des 2. Weltkriegs für all die Familienmitglieder, deren Vater im Naziregime in gehobener Position für die Vernichtung der Juden mit verantwortlich waren. Am Schicksal von Gretel liest man von der scheinbar ewigen Schande, die an dem gleichen Familiennamen klebt, wohl über weitere Generationen hinaus, wo ihr Vater Kommandant eines Konzentrationslagers in Polen, noch dazu des berüchtigtsten überhaupt war. Wie angewidert, abgestoßen und beschämt sich Gretel mit wechselnden Identitäten gefühlt hat auf ihrer Flucht und ständigen Angst vor Aufdeckung ihrer zurück liegenden Familiengeschichte wird einfühlsam mit trefflich ausgewählter Wortwahl beschrieben. Bis zum Schluss fühlt sich Gretel definitiv verantwortlich für den Tod ihres Bruders. Und so fragt sich die Tochter des Teufels: Wie soll ich das wiedergutmachen?
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