„Ich werde sterben“, stellt Manuel Jäger fest. Er hat, so sagt er, noch fünfundvierzig Sekunden. Er hat Atemnot. Die Lunge macht Probleme und das liegt an seinen Glasknochen, die brechen, wenn er kräftig husten würde.
Soweit die eine Ebene der Erzählung, es ist die emotionale. Sie berührt den Leser
auf besondere Art. Die andere, die sachlich ausgerichtete, berichtet in einem sarkastischen…mehr„Ich werde sterben“, stellt Manuel Jäger fest. Er hat, so sagt er, noch fünfundvierzig Sekunden. Er hat Atemnot. Die Lunge macht Probleme und das liegt an seinen Glasknochen, die brechen, wenn er kräftig husten würde.
Soweit die eine Ebene der Erzählung, es ist die emotionale. Sie berührt den Leser auf besondere Art. Die andere, die sachlich ausgerichtete, berichtet in einem sarkastischen Zynismus über den Alltag im Krankenhaus, das so organisiert ist, „dass es am besten funktioniert, wenn keine Patienten darin liegen.“
Obwohl es im Krankenhaus nur so vor Personal wimmelt, gibt es für Patienten erschreckend leere Flure. Und es passiert, dass man allein ist, vergessen von allen.
Doch was ist Zeit? Manuel hat Zeit, Zeit über sich und die Zeit nachzudenken, darüber nachzudenken, dass die Zeit abläuft. Und er beginnt über das Leben an sich nachzudenken, aber auch über anderes. Zum Beispiel, dass es der Lärm sein könnte, der den Menschen erst eigentlich zum Menschen macht. Daraus ergibt sich für ihn fast zwangsläufig die Frage nach dem Leben, oder das, was einen Menschen sonst noch ausmacht, das Denken. Aber da gibt es noch etwas, das Gefühl. Manuel ist voller Gefühl, Lebensgefühl, Lebensbejahung, aber auch die Erkenntnis, nichts davon halten zu können.
So weit in groben Zügen die Beschreibung dessen, was dem Leser erwartet.
Einfühlsames wechselt mit vordergründig erscheinendem Profanem ab – Krankenhausalltag. Aber ohne ihn wäre auch das andere nichts, oder nur Gefühlsduselei.
„Medizin dient dem Leben“, sagt Manuel. Fast schon philosophisch fügt ein anderer hinzu: „Hast du denn lange genug gelegt? ... Willst du noch mehr? Oder ist es genug?“ Und so bekommt der Titel des Romans einen Sinn, als der demenzkranke Wendelin Weihrauch fragt, ob er, Manuel Jäger, vorbereitet ist, den Weg anzutreten. „Gott“, so sagt er, „stellt keine Bedingungen. Seine Hand ist leer. Er hält sie jedem hin, der sie ergreifen will.“
Die Autorin gewährt uns einen (erschreckenden) Blick hinter die Kulissen eines Krankenhauses. Der ganz normale Ablauf. Hektische Betriebsamkeit, gestresste, teilweise übermüdete Mitarbeiter, egal ob Krankenschwester oder Arzt. Von daher wird verständlich, warum der Protagonist nur ungern hinein möchte. Trotzdem findet er genau hier seine Erfüllung.
Ein wunderbares Buch, das auf die Vielzahl der Fachausdrücke ohne weiteres hätte verzichten können.