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DEUTSCHER SACHBUCHPREIS 2023
Die stolze bäuerliche Landwirtschaft mit Viehmärkten, Selbstversorgung und harter Knochenarbeit ist im Laufe der Sechzigerjahre in rasantem Tempo und doch ganz leise verschwunden. Ewald Frie erzählt am Beispiel seiner Familie von der großen Zäsur. Mit wenigen Strichen, anhand von vielsagenden Szenen und Beispielen, zeigt er, wie die Welt der Eltern unterging, die Geschwister anderen Lebensentwürfen folgten und der allgemeine gesellschaftliche Wandel das Land erfasste.
Zuchtbullen für die monatliche Auktion, Kühe und Schweine auf der Weide, Pferde vor dem
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Produktbeschreibung
DEUTSCHER SACHBUCHPREIS 2023

Die stolze bäuerliche Landwirtschaft mit Viehmärkten, Selbstversorgung und harter Knochenarbeit ist im Laufe der Sechzigerjahre in rasantem Tempo und doch ganz leise verschwunden. Ewald Frie erzählt am Beispiel seiner Familie von der großen Zäsur. Mit wenigen Strichen, anhand von vielsagenden Szenen und Beispielen, zeigt er, wie die Welt der Eltern unterging, die Geschwister anderen Lebensentwürfen folgten und der allgemeine gesellschaftliche Wandel das Land erfasste.

Zuchtbullen für die monatliche Auktion, Kühe und Schweine auf der Weide, Pferde vor dem Pflug, ein Garten für die Vorratshaltung - der Hof einträglich bewirtschaftet von Eltern, Kindern und Hilfskräften. Das bäuerliche Leben der Fünfzigerjahre scheint dem Mittelalter näher als unserer Zeit. Doch dann ändert sich alles: Einst wohlhabende und angesehene Bauern gelten trotz aller Modernisierung plötzlich als ärmlich und rückständig, ihre Kinder riechen nach Stall und schämen sich. Wege aus der bäuerlichen Welt weist die katholische Kirche mit neuer Jugendarbeit. Der Sozialstaat hilft bei Ausbildung und Hofübergabe. Schon in den Siebzigerjahren ist die Welt auf dem Land eine völlig andere. Staunend blickt man zurück, so still war der Wandel: "Mein Gott, das hab ich noch erlebt, das kommt mir vor wie aus einem anderen Jahrhundert." Ewald Frie hat seine zehn Geschwister, geboren zwischen 1944 und 1969, gefragt, wie sie diese Zeit erlebt haben. Sein glänzend geschriebenes Buch lässt mit treffsicherer Lakonie den großen Umbruch lebendig werden.

Deutscher Sachbuchpreis 2023 Eine Familie erlebt das Verschwinden des bäuerlichen Lebens in den 50er und 60er Jahren Verwebt auf überzeugende Weise die eigenen Erfahrungen mit zeitgeschichtlichen Zusammenhängen Dicht und eindringlich geschrieben, überzeugend und berührend Für Leser:innen von Christiane Hoffmanns Bestseller "Alles, was wir nicht erinnern"
Autorenporträt
Ewald Frie wurde 1962 als neuntes von elf Kindern einer katholischen Bauernfamilie im Münsterland geboren. Er ist Professor für Neuere Geschichte an der Universität Tübingen und ordentliches Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

In den höchsten Tönen lobt Rezensentin Elisabeth von Thadden Ewald Fries Geschichte über das bäuerliche Leben seiner Familie, das nun mit dem Deutschen Sachbuchpreis ausgezeichnet wurde. "Methodisch durchdrungen" von der Kunst des Historikers und ganz ohne Plauderei erzählt ihr Frie vom Aufwachsen mit elf Geschwistern, vom Vater, der ein Leben lang auf dem Hof im Münsterland als Rinderzüchter darbte, seinen Kindern aber ein anderes, besseres Leben wünschte, und von Auflösung der bäuerlichen Gesellschaft seit den sechziger Jahren. Die Kinder schämten sich für Armut und Kinderreichtum der Familie, in der katholischen Familie herrschte Schweigen, erfährt Thadden, die vor allem bewundert, wie zärtlich und "subtil" Frie das Lebensgefühl seiner Familie, mit der er lange Interviews führte, in Worte fasst. Darüber hinaus liest sie, wie durch die künstliche Besamung die Bullenzucht an ihr Ende kam, externe Arbeiter zu teuer wurden oder sich die Zahl der Traktoren zwischen 1949 und 1960 allein in Westfalen verzehnfachte. Ein berührendes Buch, in dem kein Wort zu viel ist, versichert Thadden.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 15.02.2023

„Wir rochen nicht mehr nach Kühen“
Sein Vater konnte Ferkel kastrieren, Ewald Frie ist Historiker geworden. In „Ein Hof und elf Geschwister“ erzählt er vom Auszug aus einer versinkenden Welt
Wenn man einfach nur ganz professionell seine Rolle spielen würde, dann könnte die Geschichte mit einem einzigen Satz wie diesem zu Ende sein: „Die Eltern des Historikers Ewald Frie, der Professor in Tübingen ist, waren Bauern im Münsterland.“ Ein Satz in der Kurzbiografie eines etablierten Forschers. Mission erfüllt, und weiter.
Aber die Geschichte ist damit nicht zu Ende, denn Ewald Frie hat es gewagt, seine eigene Familie zum Thema zu machen. Er ist eines von elf Kindern, ja: elf, alle von derselben Mutter. Noch im Zweiten Weltkrieg, im Jahr 1944, gebar sie ihr erstes Kind, den späteren Hoferben, und bis Ende der Sechzigerjahre wurde sie dann alle zwei Jahre schwanger. Elf Kinder überlebten. Die Mutter war „marienfromm und bildungshungrig zugleich“. Alle Kinder außer dem Ältesten haben dann mit der Zeit die Welt der Landwirtschaft verlassen. „Wir rochen nicht mehr nach Kühen, Schweinen und Silage.“
Ewald Frie, 60 Jahre alt, hat seine vielen Geschwister in Interviews befragt und hinterlassene Quellen studiert, und er erzählt nun in einem wunderbaren Buch vom Abschied von der bäuerlichen Gesellschaft. Es ist ein Prozess, der in der Bundesrepublik wie auch anderswo schleichend oder rasant verlief, je nachdem, wie nah man dran ist. Seine älteren Geschwister durften noch nicht Fußball spielen, weil dies dem Selbstverständnis der Hofbesitzer widersprach, sondern allenfalls zum Reiterverein gehen. Wenn die Kinder Hausaufgaben zu machen hatten, dann war das damals „die einzige Alternative zur Hof- und Hausarbeit, die akzeptiert wurde“. Den Aufstieg durch Bildung, parallel zur Maschinisierung der Landarbeit, mussten die älteren Geschwister sich noch auf eigene Faust durch Umwege organisieren. Ewald Frie hingegen, 1962 geboren, als obsessiver Bücherleser ein Sonderling in der Familie, konnte schon ohne Widerstand kicken gehen und einfach mit dem Bus zum Gymnasium fahren und nachher studieren. Das war von der Tradition der Vorfahren eigentlich nicht vorgesehen.
Die richtige Mischung aus sachlicher Distanz und persönlicher Wärme, die Ewald Frie als Beteiligter und als Wissenschaftler findet, um diese Geschichte seiner Familie zu verstehen, sie klingt beim Lesen so einfach, wie selbstverständlich. Aber sie ist bewundernswert. Mal referiert er nüchtern und präzise den sozialen Wandel – vom Pferd zum Traktor zur höheren Bildung in wenigen Jahrzehnten. Mal werden Lebensbilanzen gezogen, in eindringlichen Passagen wie dieser:
„Ich kann ganz viele Dinge nicht mehr, die mein Vater konnte: Vererbungsqualitäten von Bullen an deren äußerer Gestalt ablesen, Ferkel mit dem Taschenmesser kastrieren, fließend Plattdeutsch reden, Besen binden, das Wetter aus dem Zug der Wolken und der Farbe des Sonnenuntergangs vorhersagen.“ Da fragt Ewald Frie sich: „Bin ich ein Aufsteiger? Meine Wohnung ist viel kleiner als der Wohnbereich des Hofes meiner Eltern. Ich besitze kein Land, kein Haus, keine Tiere, keine Apfelbäume und keine Feuerstelle. (…) Ich habe einen Professorentitel und eine lange Publikationsliste. Läuft das nicht eher auf ein solides Unentschieden hinaus?“
Der Hof, auf dem Ewald Frie mit seinen Geschwistern (deren Vornamen er für das Buch geändert hat) aufwuchs, liegt zwei Kilometer von dem Dorf namens Nottuln entfernt und 25 Kilometer von Münster. Ein großes Bauernhaus, das 1896 neu gebaut worden war. Der eine Nachbarhof 150 Meter, der andere 300 Meter entfernt.
Zu den Besonderheiten der Siedlungsstruktur, über die Städter wohl selten nachdenken, wenn sie an das Landleben und die Landwirtschaft denken, gehört, dass Hof und Dorf zumindest in der herkömmlichen Welt dieser Münsterländer Bauern eher getrennte Welten waren. Die Höfe waren „lockere Gemeinschaften von Ungleichen“, schreibt Frie: „Das entscheidende Kriterium war Landbesitz.“ In der Hinsicht hatte es die Familie, bei aller harten Arbeit, nicht so schlecht, und so fühlte man sich früher dem Dorf überlegen.
Zwar war das Dorf „der Ort der Kirche und des Frühschoppens, des Amtes und der Post. Die Volksschule war dort und die katholische Mädchenrealschule mit angeschlossenem Internat.“ Und es gab sogar seit 1926 auch ein Freibad und am Wochenende Kino. Aber da lebten, den Werten der Bauern zufolge, eigentlich keine richtig freien Menschen. Und man hatte früher selten Zeit für solche Dinge, als die meiste Arbeit noch mit den Händen gemacht wurde. „All das war beeindruckend, aber nichts davon war Alltag“, beschreibt Frie das Lebensgefühl auf dem Hof. „Um ins Dorf zu fahren, musste es Gründe geben.“
Später kamen die Autobahn, Sportplätze und ein neuer Mittelstand dazu – und erst mit der Zeit merkten die Älteren, dass die modernere Lebensweise in Dorf und Stadt den stärkeren Anspruch auf Autonomie und Freiheit stellen konnte als die Bindung an die eigene Scholle. Die Kinder wurden nach und nach davon weggelockt, sie wurden etwa Lehrerinnen und Lehrer, Erzieherinnen, Pharmazeuten und eben einmal Professor. Obwohl die Mutter beim Abschied immer sagte: „Denk dran, hier ist immer einer zu Hause.“
Und während die Mutter ihre Beschränkung auf das Haus laut Ewald Frie wohl noch als „eine Errungenschaft ihrer Ehe“ empfunden hatte, „abweichend von den vielen krumm gearbeiteten Frauen der Bauernschaft“, die noch auf dem Feld mithalfen – so strebten ihre Töchter in die eigene Berufstätigkeit, und die Mutter unterstützte sie auf ihren neuen Bildungswegen. Mindestens so wichtig waren dafür die Angebote der katholischen Landjugend – vom Redewettbewerb bis zum Tanzabend –, die Disko und das Geld vom BAföG, das im Jahr 1971 eingeführt wurde. Und die eigene Erfahrung im Teamwork. Zugleich veränderte sich auch die Landwirtschaft selbst, technisch und wirtschaftlich.
„Es gibt nicht die eine Entscheidung, die uns vom Früher trennt“, schreibt Ewald Frie. Eigentlich hatte er als nächstes eine große Geschichte des Pazifik schreiben wollen, aber die Pandemie verhinderte die dafür nötigen Recherchereisen. Ein Glück für dieses Buch. Wie Frie auf 170 Textseiten die allmähliche Lösung von einer Welt beschreibt, die durch körperliche Arbeit und Gebet strukturiert war, illusionslos und doch sensibel, mit historischem Blick als Fachmann und doch voller Dankbarkeit, wie er westfälisch handfest seine Familie analysiert und zugleich respektiert, wie er eine allgemeine, aber auch seine Geschichte erzählt, das hinterlässt großen Eindruck.
Dieses Buch ist auch so etwas wie ein Rezept, für alle, die im Wandel der Zeit ihren Platz finden wollen: Wir werden unsere Herkunft nicht einfach los; sie soll uns zwar nicht fesseln, aber wenn wir nicht versuchen, sie auf den Begriff zu bringen, dann wird sie zu sehr zu einem blinden Fleck. Es müssen ja nicht alle ein Buch daraus machen. Aber mit seiner Familie darüber zu sprechen, so wie es Ewald Frie getan hat, das ist eine gute Idee.
JOHAN SCHLOEMANN
Die Oma arbeitete sich auf dem
Feld noch den Rücken krumm,
die Enkel streben in die Stadt
Die Bauernfamilie Frie, festfein herausgeputzt im Jahr 1960. Vier weitere Kinder sollten dann noch hinzukommen, darunter auch Ewald Frie, der 1962 geboren wurde.
Foto: privat
Ewald Frie: Ein Hof und elf Geschwister. Der stille Abschied vom bäuerlichen Leben in Deutschland. Verlag C. H. Beck, München 2023.
191 Seiten, 23 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Nominierung für den Deutschen Sachbuchpreis 2023: "Lässt liebevoll und unprätentiös eine Lebensweise wiederauferstehen, die vielen nicht mehr vertraut ist. Und er zieht dabei Bilanz: Was ist mit der Verstädterung und der Bildungsexpansion verlorengegangen? Was haben wir mit dem gesellschaftlichen Wandel gewonnen? Dass Frie auf einfache Fragen nicht immer einfache Antworten gibt, zählt zu den Stärken dieses unterhaltsamen wie erkenntnisreichen Buchs."
Aus der Jurybegründung

"Eine Erzählung in einer meisterlich unverplauderten Prosa, die alles in sich birgt, worauf es ankommt, und ausspart, was nicht gesagt werden muss. ... Methodisch durchdrungen von Fries Historikerkunst und wie ein Destillat aus einem wohl einzigartigen Fundus gewonnen."
DIE ZEIT, Elisabeth von Thadden

"Eine exzellente Entscheidung der Jury."
Süddeutsche Zeitung, Felix Stephan

Sachbuch-Bestenliste von ZEIT, ZDF und Deutschlandfunk im April 2023:
"Eine Familienchronik, die zugleich das Porträt einer untergehenden Welt ist."

"Ein überaus elegant konstruiertes Sachbuch ... Sehr zu Recht wurde Frie dafür mit dem Deutschen Sachbuchpreis ausgezeichnet."
Tagesspiegel, Denis Scheck

"Frie beschreibt einen Verlust, den Untergang einer Welt. Frei von Nostalgie, mit klarem Blick. Eine fast vergessene Geschichte der Bundesrepublik scheint hinter Fries Gesprächen mit seinen Geschwistern auf."
DER SPIEGEL, Tobias Rapp

"Ewald Frie ...erzählt nun in einem wunderbaren Buch vom Abschied von der bäuerlichen Gesellschaft."
Süddeutsche Zeitung, Johan Schloemann

"Eine andere Geschichte der Bundesrepublik."
Frankfurter Allgemeine Zeitung, Helmut Mayer

"Ein lesenswertes Buch."
Frankfurter Allgemeine Zeitung, Ulla Fölsing

"Ein tiefes und gleichzeitig zugängliches und unterhaltsames historisches Sachbuch."
NDR, Agnes Bührig

"Ewald Frie erzählt eindrücklich vom Aufwachsen in der bäuerlichen Großfamilie."
Der Freitag, Regina Bartel

"Ein schönes Stück Zeitgeschichte"
hr2 Kultur, Christiane Hillebrand

"Auch ein Stück Bildungsgeschichte der jüngeren Bundesrepublik [...] das besondere Leseerlebnis in Ewald Fries Buch besteht in den amüsanten Szenen, in denen die Geschwister als Komplizen oder zumindest Insider der bäuerlichen Lebenskultur auftauchen."
Bayerischer Rundfunk, Astrid Mayerle

"Macht entlang der unterschiedlichen Erfahrungsräume von Eltern und Kindern auch im Kleinen den großen gesellschaftlichen Wandel sichtbar."
Falter, Julia Kospach

Sachbuch-Bestenliste von ZEIT, ZDF und Deutschlandfunk im April 2023: "Eine Familienchronik, die zugleich das Porträt einer untergehenden Welt ist."

"Der Historiker beschreibt den Untergang der bäuerlichen Welt - und wie sich dieser Verlust für die Menschen anfühlt."
SPIEGEL Bestseller, Platz 6

"Ein berührendes Buch."
Badische Zeitung, Michael Neubauer

"Es verweben sich im Text Familiengeschichte und Zeitgeschichte, lebensweltliche Betroffenheit und der nüchterne Blick des Historikers, autobiografische Erinnerung und geschichtswissenschaftliche Kontextualisierung, sensible Auseinandersetzung mit der Familie und die sezierende Analyse des kritisch zurückschauenden und einordnenden Geschichtsschreibers. Imponierend an dem Buch ist nun gerade die Art und Weise, in der die auseinanderstrebenden Betrachtungsweisen stilistisch miteinander verbunden werden."
Soziopolis.de, Juri Auderset,

"Applaus! Und ein fröhliches Muuh."
stern.de

"Dieses Buch ist bemerkenswert in vielerlei Hinsicht."
Stuttgarter Zeitung, Armin Käfer

"Ein bundesrepublikanisches Sittenbild, dass die Bildungsaufsteiger der ersten Bafög-Jahre zur Identifikation einlädt."
Tagesspiegel, Gunda Bartels

"Liebevoll und warmherzig, gleichzeitig aber mit dem Instrumentarium und dem geschulten Blick des Historikers erzählt Ewald Frie vom Leben seiner Eltern, vom Aufwachsen seiner Geschwister und von ihrem Entwachsen der Landwirtschaft, vom sozialen und technischen Wandel."
NZZ online, Cord Aschenbrenner

"In Gesprächen mit den zehn Geschwistern rekonstruiert er ebenso profund wie elegant kollabierende Welten."
Tagesspiegel, Denis Scheck
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