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Benutzername: 
Frie
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Hamburg
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Leseratte

Bewertungen

Insgesamt 60 Bewertungen
Bewertung vom 14.02.2024
OUTLIVE
Attia , Peter

OUTLIVE


gut

Das ist unbestreitbar ein wichtiges Buch mit vielen guten Erkenntnissen und Hinweisen.

Wie können wir gesund alt werden, wenn wir es wollen. Attia fasst die aus seiner Sicht wichtigsten Forschungsergebnisse in diesem Buch zusammen und beschreibt, wie er sie bei seinen Patienten und sich anwendet.

Da er viele Beispiele anführt und am Ende auch sehr offen über sich schreibt, wirkt das Buch authentisch. Allerdings hätte man meines Erachtens die Hälfte des Textes streichen können, da sich vieles wiederholt oder für Laien ohnehin unverständlich ist.

Attia fordert eine Medizin, die präventiv ist. Er war in seinem Job als Arzt oft frustriert darüber, dass er nicht helfen konnte, da die Erkrankungen zu weit fortgeschritten waren.
Was können wir also dafür tun, gar nicht erst so krank zu werden?

Dazu empfiehlt er neben Ernährung und Bewegung!!!! (Ausdauer- und Kraftsport) bestimmte Untersuchungen.
Die gibt es in Deutschland nicht in diesen kurzen Intervallen, viele davon überhaupt nicht für Kassenpatienten (z.B. Koloskopie mit 40 und dann alle 2 bis 3 Jahre; Testung des ApoE-Genotyps oder Blutuntersuchungauf das Leberenzym ALT; jährliche Messung der Knochendichte).
Es braucht also einen gut gefüllten Geldbeutel, um seinen Empfehlungen nachzukommen.
Neben dem Job sollte man auch keine Hobbys außer Sport haben, wenn man seinem persönlichen Trainingsprogramm folgen wollte (mich schreckt das ab, wenn jemand jeden Tag seine 10 wichtigesten 'Durchgänge' filmt). Aber auch sonst muss klar sein, dass "vier 45-Minuten-Einheiten in Zone 2 pro Woche das Minimum sind, um einen positiven Effekt zu erzielen".

Das Buch hätte mich im Handel aufgrund seines Umfangs und seines für mich unverständlichen Titels nicht angesprochen. Selbst die Subline sagt nicht aus, worum es im Buch wirklich geht (es könnten z.B. auch Gedichte oder esoterische Ansätze sein). Ich kann auch mit dem Bild vorne drauf nichts anfangen.
Der Hinweis, dass es sich um einen New York Times Bestseller handelt, nährt die Vermutung, dass es sich um ein lesbares Sachbuch handeln könnte; tatsächlich kommt es hinsicht der Gestaltung des Innenteils eher als Fachbuch daher. Die Bibliografie und die Aufzählung der Studien im Anhang allein machen 70 Seiten aus, dazu kommt ein Register.
Von den Studien sind viele eher älter und wenige aktuell; das wundert mich.
Die wenigen Grafiken sind z.T. eher wissenschaftlich aufbereitet. Ich hätte mir deutlich mehr Grafiken gewünscht und eine lesefreundlichere Gestaltung, ich bin kein Fan solcher Textwüsten.
Das Buch will den Leser in die Verantwortung bringen, dafür fehlt mir die Zusammenfassung wichtiger Passagen und Platz für Notizen.
Auch Tests (z.B.wo stehe ich gerade) und Tabellen zum Vergleichen (Referenzgruppen, vorher/nachher u.ä.) fehlen komplett.
Es gibt im Innenteil ein Photo, bei welchem man auf die Stellung der Füße achten soll, die ich beim besten Willen nicht erkennen kann, weil das Photo so dunkel ist.
Praktisch finde ich das Lesebändchen.

Hinsichtlich der Wichtigkeit verdient das Buch 5 Sterne. Den Schreibstil bewerte ich mit drei Sternen. Die Aufbereitung des Inhalts gibt leider nur 1 Stern, so dass ich das Buch in der Summe mit drei Sternen bewerte. Das ist wirklich bedauerlich, da es mit deutlicher Kürzung und einer nutzerfreundlicheren Aufbereitung auch insgesamt ein Top-Buch hätten werden können.

Bewertung vom 13.01.2024
Biblioteca Obscura: Das Bildnis des Dorian Gray
Wilde, Oscar

Biblioteca Obscura: Das Bildnis des Dorian Gray


ausgezeichnet

In der im viktorianischen Zeitalter in London angelegten Geschichte gerät der sehr junge, überaus gut aussehende, unschuldige, etwas naive Dorian Gray unter den Einfluss von Lord Henry Wotton, der schnell erkannt hat, wie beeinflussbar Dorian Gray ist und daran Gefallen findet, ihn zu Manipulieren.
Der mit Wotton befreundete Künstler Basil Hallward hatte Gray portraitiert. Es handelt sich um sein bestes Werk, dadurch
wurde der Lord auf Gray aufmerksam. Das Gemälde schenkt Hallword an Dorian Gray, der selbstverliebt wünscht, dieses Gemälde möge statt seiner Altern.
Leider wird ihm dieser Wunsch erfüllt.

Gray führt ein Leben am Rande des Abgrunds, verführt vom zynischen Lord. Er zieht viele Menschen ins Verderben. Sein Aussehen schützt ihn, da alle davon ausgehen, dass sich ein schlechter Lebenswandel im Aussehen ausdrücken müsste.
Leider ist Dorian Gray zu schwach, die wenigen Momente, an denen er 'erwacht' und das Ruder rumreißen könnte, zu nutzen.
Am Ende wird er bezahlen für seine Taten.

Der Roman ist sehr gut zu lesen. Einige Zitate, die man mit Wilde verbindet, stammen aus diesem Buch. Der ein oder andere Schlagabtausch ist amüsant, auch wenn mir die Figur des Lord Henry nicht gefällt.
Er hat auch für die damalige Zeit eine überraschend frauenfeindliche Haltung; vermutlich oder hoffentlich scheiterte seine Ehe im Laufe der Geschichte genau daran.

Die Beziehung zwischen Dorian Gray und dem Lord bleibt vage, sie könnte daraus homoerotische Züge haben. Auch die Begeisterung des Künstlers für sein Modell ist schon sehr ausgeprägt. Ein von Gray zu einer Straftat verleiteter junger Mann, wurde evtl. von ihm mit der Offenlegung homosexueller Handlungen erpresst.
Der schöne Dorian Gray ist also nur äußerlich reizvoll.

In einer Zeit, in der Menschen Operationen vornehmen lassen, um alterslos zu erscheinen, ist dieses Buch ungewollt aktuell.

Der Ars Edition Verlag hat es neu aufgelegt in der Reihe Biblioteca Obscura.
Der Band wartet zB mit Details wie lackierten Elementen auf dem Einband auf. Ein Gesicht entsteht aus einer Art Flamme, die aus lauter Armen besteht. Schön ist auch der schwarze Schnitt. Im Buch wurde mit unterschiedlichen Schriftgrößen gearbeitet und vereinzelte Textpassagen hervorgehoben, das finde ich sehr gelungen. Der polnische Künstler Marcin Minor hat Bilder und Zeichnungen im Text ergänzt. Diese finde ich nur sehr selten passend zur Stelle im Buch. Das ist schade, da aus meiner Sicht gerade dieses Buch viele Gelegenheiten für passende Zeichnungen bietet. Das hätte m.E. besser umgesetzt werden können. Die vielen Augen auf Vorsatzpapier und einigen der Bilder finde ich übertrieben.
Den Totenkopfschwärmer am Ende jeden Kapitels widerrum finde ich ein schönes Detail.
Leider fehlt ein Lesebändchen.
Trotzdem würde ich zu dieser Ausgabe greifen, wenn ich das Buch verschenken würde und bewerte es mit 5 Sternen.

Bewertung vom 01.01.2024
Kursbuch 216

Kursbuch 216


ausgezeichnet

Ich hatte schon immermal eine der vorhergehenden Ausgaben des Kursbuches in der Hand, habe aber noch nie eines komplett gelesen.
Passt euch an! klang aber so spannend, das ich das ändern wollte.
Einige Soziologen aber auch Wissenschaftler, Studenten oder Professoren anderer Fachrichtungen sowie Journalisten haben Beiträge zu diesem Buch geleistet.
Inhaltlich sind diese Beiträge sehr abwechslungsreich: Grafiken, Photos, Erläuterungen zu komplexen Systemen, Berichten über Vorbereitungen von Raummissionen und auch ein Interview.
Das Thema Klima findet sich in verschiedenen der Artikel mal mehr oder mal weniger ausgeprägt: zum Glück sehr differenziert betrachtet.
Am beeindruckendsten finde ich den Artikel über Manipulieren und Manipuliert-Werden, dem ich wirklich jedem und jeder ans Herz legen möchte. Am schwierigsten fand ich den Text des Mitherausgebers und Soziologen Nassehi, der m.E. eher etwas für vorgebildete Leser des Faches ist.
Ich habe das Kursbuch gleich mehrfach empfohlen und mich mit einigen der Autoren beschäftigt, um weitere Veröffentlichungen zu Lesen.
Ich werde mir auch einige der bisherigen Kursbücher besorgen, wenn mich das Leitthema anspricht.
Wenn man anspruchsvollere Texte nicht scheut und zu einem bestimmten Thema verschiedene Beiträge lesen möchte, kommt man am Kursbuch fast nicht vorbei.
Ich empfehle es gerne.

Bewertung vom 31.12.2023
RE:DREAM: Verstehe deine Träume - 65 Traumdeutungskarten mit Guidebook & Dream Diary
Prediger, Rebecca;Vollmar, Klausbernd

RE:DREAM: Verstehe deine Träume - 65 Traumdeutungskarten mit Guidebook & Dream Diary


gut

Ich träume viel und habe oft das Problem, dass der Traum oder große Teile davon verschwinden, ohne dass ich die Inhalte greifen könnte.
Von dieser Box habe ich mir Hilfe versprochen.
Wenn man morgens wach wird, soll man anhand von Karten die wesentlichen Elemente des Traumes ( Art des Traums, Gefühle und Motive) erfassen und anschließend alles, was einem ins Bewusstsein gekommen ist, in das beigefügte Traumtagebuch schreiben.
Das Buch (Guidebook) liefert eine Einführung in die bekannten Fakten zum Thema Schlaf und Traum und zur Nutzung der Karten mit Erläuterung deren Bedeutung. Als sehr gut empfinde ich dabei die Beschreibung der Traumgefühle.

Ich habe mehrere Anläufe genommen, um mich mit dem Set zu beschäftigen. Ich habe jeweils abgebrochen, weil das Licht nicht ausreichte, um den Text gut lesen zu können. Es musste ein arbeitsfreier Tag her, damit ich bei Tageslicht lesen konnte. Außerdem musste ich meine Gleitsichtbrille aufsetzen, die ich eigentlich nicht zum Lesen benötige (nur fürs Navi im Auto).
Man müsste also morgens starke Beleuchtung haben, um den Text zu den Karten lesen zu können oder die Inhalte auswendig lernen.
Das ist für mich der größte Kritikpunkt: die Schrift ist klein und auf dem dunkel bedruckten Papier sehr schlecht zu lesen. Manche Seiten sind außerdem unsauber gedruckt, was das Problem verschärft.
Das Raussuchen der passenden Karten nach dem Traum muss ich üben. Während der Suche entweicht mir mein Traum.
Das Tagebuch ist mit 14 Träumen zu knapp ausgelegt. Schon im Guidebook wird zu parallel zu nutzenden Zetteln geraten. Das scheint mir nicht ausgereift.
Daneben spricht mich der Mix aus deutsch und englisch nicht an; warum heisst es z.B. nicht Traumtagebuch sondern Dream Diary? In der Anleitung selbst wird es Traumtagebuch genannt, nicht Diary, was es für mich noch unverständlicher macht.

Das Set sieht ansprechend aus. Ich kann mir vorstellen, dass es oft verschenkt wird, zumal das Format ungewöhnlich ist und sicher auch Menschen anspricht, die sich für Bücher eher nicht interessieren.
Grundsätzlich halte ich die Idee/Herangehensweise für sehr gut. Nur die Umsetzung ist m E. nicht gelungen. So werden aus den möglichen 5 Sternen nur 3.
Schade.

Bewertung vom 02.12.2023
Der Spion und der Verräter
Macintyre, Ben

Der Spion und der Verräter


ausgezeichnet

'Der Spion und der Verräter' ist ein Sachbuch eine Biographie von Ben Macintyre über Oleg Gordijewski.
Dieser strebt eine Karriere beim KGB an, nachdem schon sein Vater und sein älterer Bruder für diesen tätig sind.
Schon während seiner Tätigkeit in der russischen Botschaft in Dänemark erkennt er die Vorteile einer Demokratie und der westlichen Lebensweise und sorgt in der Folge dafür, daß er auch in Großbritannien zum Einsatz kommen könnte.
Das gelingt und er reagiert schnell positiv, als der MI6 ihn anwerben will.
Im Verlauf des Buches erfahren wir viel über Olegs familiäre Verhältnisse und die Stationen seiner Arbeit mit den unterschiedlichen Anforderungen zu politischen und geheimdienstlichen Themen.
Obwohl es sich um ein Sachbuch handelt und somit viel Wert auf richtige Bezeichnungen und zeitliche Abfolgen gelegt wird, ist es ungemein spannend.
Ich lese gelegentlich Agentenromane und habe mich deshalb sehr für dieses Buch zum Thema interessiert, da ich mir Hintergrundwissen erhofft habe. Dieser Wunsch wurde voll erfüllt.
Das ein Sachbuch zugleich so lehrreich und spannend sein kann, habe ich dann doch nicht erwartet.
Detailliert wird zB beschrieben, wie man Verfolger abhängt oder wie der KGB Menschen besser verfolgbar macht.
Total interessant!
Allein wegen der Flucht von Oleg in den Westen wäre es schon wert, das Buch zu lesen.
Ich hatte es ruckzuck durch und kann es nur empfehlen.

Bewertung vom 24.10.2023
Um 1500
Schmitz-Esser, Romedio

Um 1500


sehr gut

Ich habe mich sehr gefreut, als ich das Buch in Händen hielt. Verspricht es doch einen interessanten Ansatz zur Betrachtung der Zeit um 1500.
Vom Titel schaut uns Dürer an, anhand dessen Lebensweg wir einen Blick auf die Zeit des ausgehenden Mittelalters und den Beginn der Neuzeit werfen.
Es geht um ihn selbst, die Stadt Nürnberg, das heilige römische Reich und Europa.
Was hab ich nicht alles gelernt beim Lesen!
Jedem der 50 Kapitel ist ein Gemälde, eine Zeichnung oder ähnliches von Dürer vorangestellt.
Das wertige Papier bringt diese Abbildungen sehr gut zur Geltung.
Die Bilder sind für die jeweiligen Kapitel sehr gut gewählt und dienen mit einer Beschreibung der Inhalte oder Umstände der Entstehung als Entree für den Inhalt des Kapitels.
Allein darüber werden Dürer Fans sich freuen. Was allerdings noch besser ist: es gibt viele Zitate aus Briefen von Dürer oder anderen Schriftstücken. Wir nähern uns dem Künstler also auch über das Wort. Das ist ungewöhnlich und sehr interessant.
Da diese Zitate alle im damaligen Deutsch wiedergeben werden, hatte ich leider gelegentlich Verständnisschwierigkeiten.
Manchmal werden die Texte direkt im Abschluss in modernes Deutsch übersetzt; da war ich schon ein paarmal erschrocken, was ich verstanden hätte und was dann der Inhalt war. Ich hätte die durchgehende Übersetzung gebraucht.
Der Autor ist Professor für mittelalterliche Geschichte. Das merkt der Laie durchaus.
Obwohl er im Vorwort einen unkomplizierten Zugang verspricht, wäre ich ohne Suchmachine aufgeschmissen gewesen.
Das betrifft einzelne Begriffe, wie auch ganze Kapitel, bei denen mir zum Teil das Hirn rauchte.
Dazu schafft es der Autor, sperrige Sätze zu produzieren und diese mit sehr modernen Begriffen auszuschmücken, bei denen man denkt: hat er das jetzt wirklich geschrieben bzw. gemeint oder ist das ein Druckfehler...
Hat er so gemeint!
Zum Teil entsteht der Eindruck, daß Buch sei von verschiedenen Personen geschrieben. Da hätte das Lektorat eingreifen müssen.
All dessen ungeachtet bin ich begeistert von dem Buch und werde es gleich verschenken (natürlich nicht mein gelesenes Exemplar).
Das Buch wird einen dauerhaften Platz in meinem Bücherschrank finden (was durchaus nicht immer so ist).
Wer sich für die Zeit um 1500 interessiert und Dürer gut findet, der wird dieses Buch auf jeden Fall mögen, auch ohne Geschichtsstudium.
Es gibt 4 Sterne und eine Leseempfehlung von mir.

Bewertung vom 05.10.2023
Ein Hof und elf Geschwister
Frie, Ewald

Ein Hof und elf Geschwister


ausgezeichnet

Natürlich muss ich das Buch lesen, dessen Autor meinen Spitznamen als Nachnamen trägt und welches mit Familie zu tun hat, bin ich doch Hobby-Ahnenforscherin.
Frie beschreibt die Abläufe und Veränderungen auf dem elterlichen Hof aus Sicht seiner Geschwister. Da 25 Jahre den Ältesten und die Jüngste der Geschwister trennen, erleben wir in diesen Schilderungen den Wandel der bäuerlichen Welt im 20. Jahrhundert. Obwohl es ein Sachbuch ist, ist das Ganze wirklich spannend zu lesen. Frie verwebt die Familien- mit Zeitgeschichte und bindet auch immermal Fakten mit ein, die dem Verständnis dienen.
Für mich ist das alles sehr interessant, obwohl ich mit Landwirtschaft nichts zu tun habe. Ob es Rinderleistungsschauen, Hintergründe der Veränderung der Zahl der MitarbeiterInnen auf den Höfen oder der Einfluss von Bafög auf die Berufswahl der Kinder von Landwirten, ich habe ganz viel dazu gelernt. Das Buch hat zurecht den Sachbuchpreis 2023 gewonnen. Ich empfehle es gerne.

Bewertung vom 05.10.2023
Tränen, Liebe, Lebensgier
Hagen, Kimberly

Tränen, Liebe, Lebensgier


ausgezeichnet

Kimberly (Kim) Hagen verliert nach einer Routine-OP ihrem Mann und wird mit gerade mal 40 Jahren zur Witwe.
In Tränen, Liebe, Lebensgier lässt sie uns in Tagebuchform, an ihrem Trauerjahr teilhaben.
Der Einband des Buches ist schön gestaltet: von einem petrolfarbenen Grund blickt uns eine bunte, stilisierte Llbelle an.
Das Buch ist sehr flott, zum Teil mit deutlich junger Sprache geschrieben. Die Autorin beherrscht als Kolumnistin den Aufbau einer Geschichte und liefert auch mal einen unerwarteten Twist.
Wie schon der Titel vermuten lässt, hat Kim ihre sehr eigene Art mit der Trauer umzugehen. Sie hat ein Umfeld, dass ihre unkonventionelle Herangehensweise trägt und unterstützt. Es ist mutig, dies alles öffentlich zu machen: ich kann mir vorstellen, dass es Menschen gibt, die das alles nicht verstehen. Neben sehr traurigen Stellen gibt es Gelegenheit zum Lachen und Grinsen.
Ich finde das Buch sehr interessant, da es mir zeigt, wie anders ein Weg in Trauer sein kann, als z.B. meiner war (ich habe vor gut 3 Jahren meinen Vater verloren). Kims Lebenslust und -energie springt einen förmlich aus dem Buch an, dem konnte ich mich nicht entziehen.
Das Buch kann ein Geschenk für Menschen sein, die ihre PartnerIn verloren haben, aber da muss man genau schauen, ob es passt.
Mir hat das Buch gut gefallen und ich empfehle es gerne.

Bewertung vom 26.02.2023
Malvenflug
Wiegele, Ursula

Malvenflug


sehr gut

Ein hübsch eingebundenen Buch hält man in Händen; zu sehen eine Abbildung eines Fresco aus Prima Porta. Der Titel macht neugierig, habe ich doch Malven beim Fliegen noch nie betrachtet.
Das Buch startet mit einem Personenverzeichnis; das kann man gut gebrauchen, besteht doch der erste Teil des Buches aus kurzen Leseabschnitten, in welchen verschiedene Mitglieder der Familie Prochazka Einblick in ihr Leben und ihre Gedanken zwischen 1940 und 1945 geben. Emma lebt getrennt von ihrem Mann Pavel, welchen sie inflagranti erwischt hatte. Sie nimmt eine Stelle in Davos an und lässt ihre vier Kinder zurück. Wir erfahren, wie es denen mitten im Krieg und voll unter Einfluss des dritten Reiches geht. Weder die Kirche, noch die Schule oder die Großeltern können das Fehlen beider Elternteile auffangen. Jedes Kind entwickelt sein eigenes Muster, das auszuhalten.
Der zweite Teil beschreibt die Jahre nach dem Krieg bis ins heute und ist aus der Sicht der ältesten Tochter, Helga geschrieben. Ein regelmäßig stattfindenes Familientreffen steht an, an welchem die Mutter erstmals nicht teilnehmen will.
Der erste Teil des Buches mit seinen Schlaglichtern auf einzelne Personen erinnert mich an 'Tell' von Schmidt. Die zurückhaltende, distanzierte Beschreibung lässt viel Raum für eigene Gedanken. So habe ich mich gefragt, warum sich die Mutter quasi um die Treffen mit den Kindern 'drückt' und welche emotionalen Lücken das in der Entwicklung der Kinder hinterlässt.
Dadurch, dass Wiegele das Buch ihren Großeltern mütterlicherseits widmet gehe ich davon aus, daß sie ihre Familiengeschichte darin einfließen lässt. Da ich selbst Ahnenforschung betreibe, finde ich den Ansatz spannend und verstehe aber auch die fühlbare Distanz zu den Protagonisten. Ein bisschen muss man sich die Geschichte der Familie ja auch vom Leib halten, damit sie einen nicht überrollt. Ich bin mir sicher, dass die Autorin die Nachwehen dieser Geschehnisse 'spürt. Es ist ein leise erzähltes Buch mit einem versöhnlichen Ende. Ein Lesebändchen hätte ich schön gefunden, da das Buch auch ein Geschenk sein könnte. Für mich eine Leseempfehlung mit 4 Sternen.

Bewertung vom 03.01.2023
Codename: Sempo
Neuenkirchen, Andreas

Codename: Sempo


sehr gut

Andreas Neuenkirchen hat ein Buch über Chiune "Sempo" Sugihara geschrieben. Ein Diplomat, der seine Stellung als japanischer Vizekonsul in Litauen nutzte, um Juden mit Reisedokumenten zu versehen, die diesen zur Flucht in ungefährlichere Länder verhelfen sollten. Man geht davon aus, dass heute ungefähr 250.000 Nachkommen von diesen Geflüchteten leben. Das ist die wichtigste und eine beeindrucke Zahl.
Es gibt nicht so viele Quellen über Sempo, so dass es schwer fällt, ihm in den Schilderungen wirklich nahe zu kommen.
Ein bisschen fühlte ich.mich wie mit der Lupe vor einem Insekt.
Neuenkirchen hat versucht, die Fakten interessant aufzubereiten; ein Roman ist es nicht, aber eine lesbare Biographie.
Sempo hatte ein spannendes Leben, wurde nach dem Krieg aus dem diplomatischen Dienst entlassen und musste 'kleine Brötchen' backen. Erst spät wurde ihm Ehrung für seine Taten zuteil. Heute ist er in Yad Vashem als Gerechter unter den Völkern ausgezeichnet.
Ich kenne die Namen des deutschen Widerstandes und verschiedene Bücher über diese besonderen Menschen. Ich kannte bisher kein Buch über einen Japaner, der der Judenverfolgung etwas entgegen gesetzt hat. Das Buch hat mich also schon grundsätzlich interessiert. Es ist auch ein Blick in eine andere Kultur; das ist spannend. Traurig zu lesen, wie weit der Arm des Naziregiems reichte; aber ohne Menschen wie Sugihara hätte diese Zeit noch mehr Leben gefordert. 4 Sterne für das Buch mit dem ungewöhnlichen Einband.