Manchester im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts: Der Mittelpunkt der englischen Baumwollindustrie, Webmanufakturen voll ausgebeuteter Arbeiter, adlige Spekulanten, das riesige britische Empire, das mit seinen Überseekolonien im Clinch liegt - das Setting für Ellen C. Flynns ersten historischen
Roman versprach eine spannende Kulisse und reichlich ungewöhnlichen Stoff.
Der Plot ist auch…mehrManchester im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts: Der Mittelpunkt der englischen Baumwollindustrie, Webmanufakturen voll ausgebeuteter Arbeiter, adlige Spekulanten, das riesige britische Empire, das mit seinen Überseekolonien im Clinch liegt - das Setting für Ellen C. Flynns ersten historischen Roman versprach eine spannende Kulisse und reichlich ungewöhnlichen Stoff.
Der Plot ist auch durchaus gelungen. Ich schätze es sehr, wenn ein Buch nicht nur unterhaltsam, sondern auch lehrreich ist, und gerade Historienromane bieten hier viel Potenzial. Die Autorin gewährt Einblick in die damalige Tuchherstellung (samt Färbetechniken) und -handel, sehr interessant, wenn auch nicht immer leicht verständlich. Ein Glossar mit Fachbegriffen wäre hier sehr hilfreich gewesen.
Das gilt ebenso für den geschichtlichen Hintergrund. Wer als Leser nicht zumindest Grundkenntnisse der britischen Kolonialgeschichte und der politischen Struktur des Empires Ende des 18. Jahrhunderts mitbringt, der muss - wie ich - sehr viel selbst nachschlagen, um zwischen Townshend Duties, Squires, Whigs und Landed Gentry noch einigermaßen durchzublicken.
Noch viel störender sind für mich jedoch die zahlreichen Rechtschreib-, Grammatik- und Konjunktionsfehler. Hier bewahrheitet sich leider das Vorurteil, dass viele Selfpublisher an Korrektorat und Lektorat sparen. Wenn dann auch noch Sachfehler hinzukommen, trübt das meinen Lesegenuss sehr. Da ist schon mal die Rede vom Stethoskop, das jedoch erst Anfang des 19. Jahrhunderts erfunden wurde. Man mag das kleinlich finden - ich stelle mir jedoch die Frage, wie gut (oder schlecht?) die Dinge recherchiert wurden, von denen ich nichts verstehe und bei denen ich folglich Gefahr laufe, mir Fehler anzueignen, da ich sie nicht als solche erkenne.
Sehr gut gelungen sind Flynn hingegen ihre Figuren. Hier gibt es keine Schwarz-Weiß-Malerei, kein stereotypes "Gut gegen Böse". Die Protagonisten werden mit Liebe zum Detail gezeichnet, der fiese Gegenspieler zeigt auch sympathische Züge und die Guten sind nicht durchweg moralische Vorbilder.
Der Plot ist spannend und Flynn weiß mit erfrischendem Wortwitz und einigen Twists gut zu unterhalten. Die Erzählung wechselt zwischen verschiedenen Ich-Perspektiven der Figuren, was zusätzlichen Schwung bringt.
Fazit: Plausible Charaktere mit Ecken und Kanten transportieren einen sehr interessanten, spannenden Stoff. Für mich dennoch leider nur mittlerer Lesegenuss aufgrund der vielen sprachlichen und einiger sachlicher Fehler. Es bleibt zu wünschen, dass der Text eine gewissenhafte Überarbeitung erfährt, die Geschichte hat es verdient.