Salih Jamal
Gebundenes Buch
Das perfekte Grau
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Das ist die Geschichte von Novelle, Rofu, Mimi und von mir. Rofu hat nur ein Ohr und ist über das Meer gekommen. Aus Afrika. Mimi ist Engländerin. Sie hat ihren Mann umgebracht, nun versteckt sie sich unter Perücken und hinter dunklen Brillen. Novelle ist noch sehr jung. Sie liebt Mangas und die Sauferei. Manchmal fährt sie einfach aus der Haut oder sie hört Stimmen. Den komischen Namen hat sie von ihrer Mutter. Als unsere Geschichte damals losging, wusste ich das alles noch nicht. Ich, ich heiße Ante, aber alle nennen mich Dante. Wegen des Infernos. Ich bin, genau wie die anderen, auch ...
Das ist die Geschichte von Novelle, Rofu, Mimi und von mir. Rofu hat nur ein Ohr und ist über das Meer gekommen. Aus Afrika. Mimi ist Engländerin. Sie hat ihren Mann umgebracht, nun versteckt sie sich unter Perücken und hinter dunklen Brillen. Novelle ist noch sehr jung. Sie liebt Mangas und die Sauferei. Manchmal fährt sie einfach aus der Haut oder sie hört Stimmen. Den komischen Namen hat sie von ihrer Mutter. Als unsere Geschichte damals losging, wusste ich das alles noch nicht. Ich, ich heiße Ante, aber alle nennen mich Dante. Wegen des Infernos. Ich bin, genau wie die anderen, auch auf der Flucht. Ich glaube, vor mir selbst. Alles fing damit an, dass zwei Polizisten wegen Mimi in dem Hotel, in dem wir gearbeitet hatten, auftauchten. Ich könnte jetzt noch erzählen, wie Novelle verschwunden und wieder aufgetaucht ist, was wir in Berlin getrieben haben oder wie wir Erleuchtung beim Pilgern nach Altötting erlangten. Aber darum geht es in der Geschichte ja eigentlich gar nicht. Es geht nämlich darum, dass wenn wir schon vor irgendwem oder irgendetwas fliehen, wir uns besser nicht vor unseren Dämonen wegducken sollten. Weil man sonst immer ein Geflüchteter bleiben wird und niemals wo ankommt. Und es geht auch um Heimat, die wie eine Haut ist.
SALIH JAMAL (geb. 1966) hat seine Wurzeln in Palästina. Er lebt und arbeitet in Düsseldorf. Sein Debütroman Briefe an die grüne Fee - Über die Langeweile, das Begehren, die Liebe und den Teufel wurde in 2018 auf der Frankfurter Buchmesse für das beste Buch des Jahres in der Kategorie »Zeitgenössische Literatur« ausgezeichnet.
Produktdetails
- Verlag: Septime
- Seitenzahl: 238
- Erscheinungstermin: 18. Januar 2021
- Deutsch
- Abmessung: 198mm x 125mm x 25mm
- Gewicht: 348g
- ISBN-13: 9783991200017
- ISBN-10: 3991200015
- Artikelnr.: 60540840
Herstellerkennzeichnung
Septime Verlag
Johannagasse 15-17/18
1050 Wien, AT
office@septime-verlag.at
www.septime-verlag.at
+43 (0664) 1642892
Perlentaucher-Notiz zur Dlf-Rezension
Rezensent Jan Drees vergleicht Salih Jamals Roadtrip vierer Randfiguren der Gesellschaft mit Christian Krachts neuem Roman und stellt fest: Der finanzielle Mangel und der Reichtum des puren Seins der Figuren bei Jamal bilden einen scharfen Kontrast zu den Verhältnissen in Krachts Text. Reizvoll findet er die Konstellation, das Fremdheitsgefühl und die Sehnsucht der Figuren im Buch, die letztlich jede auf ihre Art weiterkommen, wie Drees erfreut erkennt.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Roadtrip mit Grautönen
„Das perfekte Grau“ von Salih Jamal, Septime Verlag 18. Januar 2021, Gebundene Ausgabe: 240 Seiten, Sprache: Deutsch, ISBN-13: 978-3991200017
„Wir waren Ausreißer mit nichts in der Tasche als Sehnsucht. Gefangen in der Gewissheit, dass alles …
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Roadtrip mit Grautönen
„Das perfekte Grau“ von Salih Jamal, Septime Verlag 18. Januar 2021, Gebundene Ausgabe: 240 Seiten, Sprache: Deutsch, ISBN-13: 978-3991200017
„Wir waren Ausreißer mit nichts in der Tasche als Sehnsucht. Gefangen in der Gewissheit, dass alles Bleiben sinnlos und vor sich selbst wegzulaufen unmöglich ist. Aber das wusste ich damals noch nicht.“ (Zitat Seite 19)
Inhalt
Sie treffen einander in einem etwas abgewohnten Hotel in einem vor Jahren sehr bekannten, jetzt beinahe vergessenen Seebad. Ante, genannt Dante, arbeitet hier als Hausdiener, Haustechniker, Mann für alles, Mimi ist für Küche und Service zuständig, Rofu ist der Hilfskoch und Novelle ist eines der Saison-Zimmermädchen. Was sie eint, ist ihre Flucht vor der Vergangenheit, der eigenen, keiner gemeinsamen. Dante liest viel, ist in der Enge eines Dorfes aufgewachsen, seinen Träumen gefolgt, und findet den Namen Dante für sein bisheriges Leben passend: Inferno, Misserfolg und Pleiten. Mimi ist Engländerin, würde aber auch nach Paris passen, versteckt ihre roten Haare unter einer Doris-Day-Perücke und hat sich mit einem Fischgericht aus ihrer Ehe befreit. Novelle ist erst zwanzig Jahre alt, hat ein Talent für schlechte Anfänge, ist impulsiv, liebt Mangas und auch den Alkohol. Rofu, Schwarz, groß, kräftig, fröhlich und trotzdem zurückhaltend, ist nach einer abenteuerlichen Flucht im Schlauchboot in der Nähe von Lampedusa gerettet worden. Es scheint ein gelassener, ruhiger Sommer zu werden, doch dann taucht die Polizei auf, Mimi muss fort und Dante, Rofu und Novelle gehen mit ihr. Eine abenteuerliche, manchmal beinahe magische Reise beginnt. Als Novelle verschwindet, beschließen Dante, Rofu und Mimi weiter nach Alt-Ötting zu reisen, dem Heimatort von Novelle.
Thema und Genre
In dieser Geschichte eines Sommers der Veränderungen geht es um Zusammenhalt und Freundschaft, um die Facetten von Flucht, um Suche und den Traum, anzukommen.
Charaktere
„Du bist ein Leuchtfeuer, das sich selbst sucht und dabei verbrennt. Du hattest immer die Wahl, doch du vermeidest sie. Das ist der Unterschied.“ (Zitat Seite 157) Mimi über Dante.
„Flucht ist wie Fallen. Ein nicht enden wollendes Stürzen in ein schwarzes Loch. Du brichst auf, willst zu den Sternen, aber du verschwindest im unendlichen Nichts.“ (Zitat Seite 36) Rofu. Mimi ist unnahbar, manchmal sogar abweisend, aber einfühlsam, während Novelle mit ihren unterschiedlichen Stimmungen sich nie einordnen lässt.
Handlung und Schreibstil
Dante schildert als Ich-Erzähler die Ereignisse dieser spannenden, abenteuerlichen Reise voller Überraschungen, und von den liebenswerten und weniger liebenswerten Menschen, die den Weg der vier Hauptfiguren kreuzen. Gespräche über die jeweilige persönliche Vergangenheit ergänzen die aktuelle Handlung mit weiteren Details und Informationen. Der Autor scheut auch ernste, aktuelle sozial- und gesellschaftskritische Themen nicht, die er offen anspricht. Philosophische Gedanken des Ich-Erzählers und entsprechende Diskussionen vor allem mit Rofu und Mimi ergänzen ebenfalls die Geschichte dieser Reise, unterbrechen manchmal den Handlungsbogen. Da der Ich-Erzähler Dante ein sechsunddreißigjähriger Alt-Hippie mit dem entsprechenden Lebensgefühl ist, kommt auch der Humor in einigen sehr lustigen, skurrilen Szenen nicht zu kurz.
Fazit
Eine Geschichte mit vielen Zwischentönen. Es ist eine Sommerreise mit brisanten Themen, umhüllt von Poesie und beinahe magischen Momenten, auf der wir vier sympathischen Figuren auf der Suche nach einem Platz zum Ankommen im eigenen Leben folgen.
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Zum Inhalt:
Die Geschichte erzählt von Novelle, Rofu, Mimi und Dante. Diese kennen sich aus dem Hotel in dem sie arbeiten, aber richtig kennenlernen sie sich erst als die Polizei im Hotel auftaucht und sie gemeinsam flüchten, obwohl die Polizei eigentlich wegen Mimi da ist.
Meine …
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Zum Inhalt:
Die Geschichte erzählt von Novelle, Rofu, Mimi und Dante. Diese kennen sich aus dem Hotel in dem sie arbeiten, aber richtig kennenlernen sie sich erst als die Polizei im Hotel auftaucht und sie gemeinsam flüchten, obwohl die Polizei eigentlich wegen Mimi da ist.
Meine Meinung:
Was mich immer wieder bei den Büchern des Autoren verblüfft, ist der Umgang mit der Sprache. Ungeheuer gekonnt und wortgewaltig werden wir immer verführt weiter und weiter zu lesen. Um alle Feinheiten zu erfassen, sollte man das Buch sicherlich mehrmals lesen, denn man entdeckt immer wieder neue Facetten, neue kluge Sätze oder auch humorige Sätze, die einen mitunter laut lachen lassen. Auch gelingt es die Geschichten der Protagonisten ein Stück weit greifbar zu machen und sie berühren einen. Manches aus diesem Buch wird sicher nachhaltig im Kopf bleiben.
Fazit:
Das Buch besticht durch seine literarische Qualität
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Die Geschichte beginnt in einem Hotel, in dem sich vier Menschen treffen von verschiedener Herkunft, Alter und Geschlecht. Obwohl sie scheinbar nichts gemeinsam haben, verbindet Ante, Mimi, Rofu und Novelle doch etwas, nämlich der Wunsch nach einer langen Reise endlich an einem Ort anzukommen, …
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Die Geschichte beginnt in einem Hotel, in dem sich vier Menschen treffen von verschiedener Herkunft, Alter und Geschlecht. Obwohl sie scheinbar nichts gemeinsam haben, verbindet Ante, Mimi, Rofu und Novelle doch etwas, nämlich der Wunsch nach einer langen Reise endlich an einem Ort anzukommen, wo man zu Hause ist. Die vier müssen plötzlich verschwinden, als die Polizei auftaucht und Mimi befürchtet verhaftet zu werden. Es wird eine abenteuerliche Reise, bei der alle vier viel über sich, aber auch über ihre Mitreisenden erfahren werden. Was sie zu erzählen haben ist nicht immer schön, aber sie spüren, dass sie es gemeinsam schaffen können.
,, Das perfekte Grau“ von Salih Jamal lässt den Leser eintauchen in eine Welt, in der Hass, Verzweiflung, Selbstzerstörung und Angst auf der Suche nach Glück, Hoffnung, Freundschaft und Zuversicht sind. Jeder der vier Protagonisten hat einen mehr oder weniger schweren Weg hinter sich, den er nun verlassen möchte. Der ICH Erzähler Dante ist im Grunde der einzige, der mit seinem Leben zufrieden sein könnte, was er aber leider nicht ist. Im Laufe der Geschichte wird ihm das aber klar. Hierbei wird schön beschrieben, wie der Mensch immer nach etwas neuem und besseren streben möchte und gar nicht erkennt, dass er das was er bereits hat, wertvoll ist. Und man oft etwas verlieren muss, um das zu begreifen. Mit Rofu hat der Autor einen herzensguten und lebensbejahenden Menschen gezeichnet, der trotz schwerer Schicksalsschläge immer ein Licht am Ende des Tunnels sieht. Mimi, die mütterlich wirkende und zu Beginn recht schweigsame Protagonistin hat ein schweres Verbrechen begangen, das sie seit Jahren fliehen lässt. Dabei schildert der Autor in ergreifenden Worten ihre Qual, wenn sie stets Angst hat entdeckt zu werden und nie zur Ruhe kommt. Die jüngste im Bunde ist Novelle, eine junge Frau, die von ihren Schatten der Vergangenheit grausam verfolgt wird und mit Alkohol versucht sie zu vertreiben. Ihre Stimmung schwankt stets von Himmelhoch jauchzend, bis Tode betrübt, was es für ihre drei Freunde nicht immer leicht macht, mit ihr zurecht zu kommen. Jede Figur ist charakterlich gut dargestellt und man leidet und hofft, dass sie das finden, was sie suchen. Der Roman ist ein Schatzkästchen, wenn man es öffnet, findet man wunderbare Dinge darin. Berührende Menschenschicksale, emotionale Momente, feinen Humor, echte Freundschaft und eine geschliffene Sprache, wo der Autor schöne und auch schon philosophische Sätze so zu Papier bringt, dass man als Leser darin eintauchen möchte. Das Leben und die Umwelt sind voller Farben, aber manche sehen in einem perfekten Grau all das, was für sie Glück und Zufriedenheit bedeutet. Dem Autor ist ein wunderschöner Roman gelungen, wo vier Suchende, jeder auf seine eigene Art und Weise ein Ziel erreicht haben. Dass man dabei nicht immer einen geraden und einfachen Weg gehen kann, sondern auch einmal über Steine steigen muss, haben alle am Ende ihrer Reise erkannt.
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Das „Zulassen des Loslassens“
So lässt der Autor einen seiner Protagonisten seiner Geschichte bemerken. Die Aussage kann auf den gesamten Roman angewendet werden. Immer wieder wird losgelassen. Dies spiegelt auch unser Leben, denn wenn auch nicht immer bewusst, lassen wir immer …
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Das „Zulassen des Loslassens“
So lässt der Autor einen seiner Protagonisten seiner Geschichte bemerken. Die Aussage kann auf den gesamten Roman angewendet werden. Immer wieder wird losgelassen. Dies spiegelt auch unser Leben, denn wenn auch nicht immer bewusst, lassen wir immer wieder los.
Komplexe Zusammenhänge zeigt Jamal in einer hochpoetischen Sprache, wenn er Landschaften und Städte, Menschen und Ereignisse beschreibt. Er findet durchgehend ungewöhnliche und höchst fantasievolle Metaphern für Tatsachen, Zustände aller Art und Befindlichkeiten der Protagonisten.
Es geht hier – nicht nur – um die Flüchtlingsfrage, die erst in den letzten fünf Jahren so brisant wurde – bis heute. Jamals Geschichte ist hochaktuell, beleuchtet sie doch, wie die Befindlichkeiten der von ihm geschilderten Charaktere sein könnten. Alle sind sie Suchende, Flüchtende, die sich in einem Hotel an der Ostsee treffen, wo sie arbeiten. Das Schicksal wenn man es so nennen möchte, hat sie zusammengeführt: den Erzähler Dante, die junge Novelle, die sich selbst verloren hat, Mimi, die reifste von allen und Rofu, der für die Flüchtlinge steht, von denen wir zeitweise täglich in den Nachrichten hören. Er kam nach Europa auf dem Landweg, höchst beschwerlich und erstaunlich, wie jemand solche Strapazen durchstehen kann. Die letzte Strecke legt er auf einem Schlauchboot zurück, nach Lampedusa. Jenes Erleben hat in geprägt und besetzt seine Träume.
Alle verlassen ihre sichere wenn auch einfache Unterkunft, für die sie hart arbeiten müssen und begeben sich auf eine Reise ins Ungewisse. Sie sprechen alle Deutsch, allerdings sehr unterschiedliches. Rofu vermischt es mit Englisch, wenn ihm die Worte fehlen. Mimi hat es gelernt, Novelle spricht wenig, für das Schreckliche, das ihr angetan wurde findet sie nur schwer Worte, sie fühlt mehr und hat mit ihren Depressionen und Ängsten zu kämpfen, die viel zu heftig für eine Jugendliche sind. Sie steht für viele Jugendlich, die wir überall treffen können. Alle helfen ihr, wenn es notwendig scheint, es trägt sie für eine Weile.
Auf der Reise geraten sie an einen Biobauernhof, wo sie Jobs annehmen können als Erdbeerpflücker. Die Beschreibung dieser location könnte ohne Probleme aus Orwells „1984“ stammen. Jamals Geschichte ist jedoch keine Dystopie, sie wäre es vielleicht vor zwanzig Jahren gewesen, als die Zeiten andere waren als die hier beschriebenen. Während wir lesen, beschäftigen die ungewöhnlichen Schicksale unsere Gedanken, die Ereignisse sind packend. Die Geschichte mäandert dahin, wie die Flüsse, auf denen die vier fahren und Dantes kluge Lebensweisheiten helfen ihm und den anderen, ihre Herausforderungen zu meistern.
Seine Geschichte ist ein Zeitdokument von besonderer Qualität.
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Salih Jamal hat mit "Das Perfekte Grau" einen außerordentlichen und wunderbaren Roman geschrieben. Es geht hier um die Flucht vor sich selbst und um das Kennenlernen Anderer, die ebenso getrieben sind. Und es geht um Freundschaft. Die einzelnen Protagonisten sind sehr gut …
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Salih Jamal hat mit "Das Perfekte Grau" einen außerordentlichen und wunderbaren Roman geschrieben. Es geht hier um die Flucht vor sich selbst und um das Kennenlernen Anderer, die ebenso getrieben sind. Und es geht um Freundschaft. Die einzelnen Protagonisten sind sehr gut beschrieben, jeder von ihnen hat so seine Probleme, die man nach vollziehen kann. Ein bemerkenswerter, berührender Roman, der mit einer gewissen Spannung in der Handlung aufwarten kann. Poetisch und auch fesselnd im Ablauf. Empfehlenswert!
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Broschiertes Buch
Ohne zuerst bei sich selbst anzukommen, entdeckt man keine neue Welt
„Das perfekte Grau“, von Salih Jamal, erschienen 2024 bei btb, ist ein verblüffender Boat-Trip mit vielen soziologischen und philosophischen Einschüben, der durchaus als „Tschick für …
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Ohne zuerst bei sich selbst anzukommen, entdeckt man keine neue Welt
„Das perfekte Grau“, von Salih Jamal, erschienen 2024 bei btb, ist ein verblüffender Boat-Trip mit vielen soziologischen und philosophischen Einschüben, der durchaus als „Tschick für Erwachsene“ durchgehen kann. Salih Jamal gelingt über knapp 240 Seiten das Kunststück, weitestgehend die Waage zwischen Handlung und Gesellschaftsanalyse zu halten – und das mit einer mehrheitlich wirklich großartigen und besonderen Sprache.
Vier Outcasts des Lebens, Dante, Mimi, Novelle und Rofu, treffen jobbend in einem Hotel aufeinander. Jede dieser Personen für sich ist so eigen und sperrig, aber irgendwie gehen sie einem auch sofort ans Herz. Schräge, verschlossene Menschen, die offenkundig eine Geschichte mit sich herumtragen, die tiefe Wunden geschlagen hat. Nachdem es zu einem Zwischenfall kommt, machen die vier sich als Zweckgemeinschaft auf den Weg, egal wohin, vor allem weg. Als Fluchtfahrtzeug dient ihnen ein geklautes Boot und je weiter die Reise geht, desto mehr verschränken sich ihre Gedanken, Seelen und ihr Reiseziel. Erzählt aus der Ich-Perspektive von Dante erleben wir von Anfang an eine morbide Stimmung, die sich natürlich immer mehr als das Innen der Figuren erklärt. Gepaart ist diese Stimmung aber mit sehr viel Humor. Einfach ein gelungener Mix.
Während der lesende Mensch dem bunten Quartett auf seiner Reise folgt, beglückt der Autor mit vielen sehr wahren Gedanken über das Leben und die Schwierigkeiten, die dieses mit sich bringt. Ich fand viele gesellschaftlich-philosophische Ansätze, die ich teile oder die noch einmal etwas zusammenfassen, was ich ähnlich sehe, aber noch nie so gebündelt gelesen habe. Beeindruckend genau hingeschaut. Manchmal waren es mir allerdings fast zu viel Gedanken, es ist ein bisschen so, als würde wirklich jeder Handlungsmoment für eine soziologische oder philosophische Ausweitung genutzt. Ähnlich verhält es sich mit der literarischen Qualität, auch hier übertreibt der Autor manchmal und benutzt dann fast in jedem Satz noch ein Sprachbild, noch eine Analogie, noch eine Ladung Adjektive – so dass die Sprache manchmal ins schwülstige abrutscht. Da drängte sich mir der Vergleich zu Hermann Hesse auf – was einerseits unbedingt die besondere Qualität betonen soll, andererseits aber auch die Ausschweifung beinhaltet.
Problematisch im Buch sind leider auch misogyne Äußerungen, Bodyshaming, unmotivierte Gewalt. All das ist Teil der Realität und ergibt auch Sinn, da wir aus einer bestimmten Perspektive auf das Geschehen schauen. Es hätte mich aber gefreut, wenn eine andere Figur dieser Perspektive etwas entgegengesetzt hätte. Zumal der Autor an anderer Stelle verblüffend sensibel ist, ich habe glaube ich noch nie eine durch eine männlich gelesene Person geschriebene, so gute Beschreibung der Bedrohung und Gewalt gelesen, der weiblich gelesene Menschen in unserer Welt von Kind auf ausgesetzt sind.
Nach einer umfassenden Reise durch das Innen und Außen findet das Buch neben Freundschaft auch ein sehr ungewöhnliches und für mich genau passendes Ende. Es geht viel und in vielen Facetten um Identität in diesem Roman. Die Reise zu dieser ist immer auch eine Lebensreise. Ohne zuerst bei sich selbst anzukommen, entdeckt man keine neue Welt, so wird es an einer Stelle auf der Reise des Quartetts gesagt. Salih Jamal hat viel Welt in sein perfektes Grau geladen, viele wunderschöne Farben, die sich dort drin verbergen und entdeckt werden können. Ein ziemlich gutes Buch, das sich zu lesen lohnt! Vor allem sprachlich und soziologisch-philosophisch über weite Strecken beeindruckend mit wenigen Ausreißern.
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Broschiertes Buch
In einem schäbigen Hotel an der Ostsee kreuzen sich die Wege von Dante, Rofu, Mimi und Novelle. Sie alle haben ihr Päckchen zu tragen und sind irgendwie auf der Flucht. Dante ist auf der Flucht vor seinem Leben, weil es ihm nie gelungen ist Entscheidungen zu treffen. Rofu ist über das …
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In einem schäbigen Hotel an der Ostsee kreuzen sich die Wege von Dante, Rofu, Mimi und Novelle. Sie alle haben ihr Päckchen zu tragen und sind irgendwie auf der Flucht. Dante ist auf der Flucht vor seinem Leben, weil es ihm nie gelungen ist Entscheidungen zu treffen. Rofu ist über das Mittelmeer geflohen und musste auf seinem Weg so einiges mitansehen. Mimi ist irgendwie auf der Flucht vor der Polizei und Novelle flieht regelmäßig in Alkoholexzesse.
Auf einem gemeinsamen Ausflug lernen sich die Vier besser kennen und langsam Schritt für Schritt beginnen sie sich einander zu öffnen. Nach einem speziellen Ereignis machen sie sich wieder auf den Weg und treten eine gemeinsame Reise an, die sie in ein neues Leben bringen soll. Welches auch immer auf sie warten wird.
Mit diesem Buch machen wir uns auf den Weg mit vier Fremden, die wir anfangs überhaupt nicht verstehen. Seite für Seite bringt uns der Autor die Facetten der Persönlichkeiten näher und wir erfahren stückchenweise was sie zu den Leuten gemacht hat, die sie nun sind. Sie lernen langsam wieder zu vertrauen und beginnen zu erkennen, dass man Familie auch finden kann. Sie stehen für einander ein und beginnen sich dabei selbst zu finden.
Auf ihrem Weg thematisieren sie die verschiedensten Problematiken und das wirkt manchmal leider etwas aufgesetzt. Hier hat der Salah Jamal vielleicht ein bisschen zu viel reingepackt. Das wird allerdings durch die Eloquenz des Autor wieder wettgemacht. Seine Sprachbilder sind beeindruckend, emphatisch und anschaulich. Das macht das Buch zu einem vielversprechenden Debüt. Auch wenn mir inhaltlich nicht immer gefällt, wie sich die Handlung entwickelt, bleibt das Buch sprachlich durchgängig auf einem sehr hohen Level.
Mich macht das Buch definitiv neugierig auf das nächste Buch aus der Feder von Salah Jamal. Und es wartet auch bereits auf meinem SuB.
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Broschiertes Buch
In diesem Buch geht es um vier Personen, unterschiedlicher können sie nicht sein. Eine ältere Frau, eine junge Frau, ein afrikanischer Flüchtling und ein Tagedieb begegnen sich. Sie haben alle ihr Päckchen zu tragen. Doch wird dieses gemeinsam wirklich leichter?
Ich bin etwas …
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In diesem Buch geht es um vier Personen, unterschiedlicher können sie nicht sein. Eine ältere Frau, eine junge Frau, ein afrikanischer Flüchtling und ein Tagedieb begegnen sich. Sie haben alle ihr Päckchen zu tragen. Doch wird dieses gemeinsam wirklich leichter?
Ich bin etwas zwiegespalten. Zum einen passt die Beschreibung "Ein Sommerroman" für mich aufgrund der harten Themen gar nicht. Zum anderen konnte ich zu keiner der Personen eine Bindung aufbauen. Man lernt die Personen sehr langsam kennen und ich hatte Schwierigkeiten mich gut in sie hinein zu versetzen. Die angesprochenen Themen sind sehr heftig und es liest sich dadurch nicht einfach mal so leicht weg.
Schön fand ich einige Zitate und auch den Sprachstil des Autors, welcher eine besondere Schreibweise hat.
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Broschiertes Buch
Suchende und Findende
'Das perfekte Grau' von Salih Jamal ist ein Roman, in dem vier hoffnungslos traumatisierte Menschen in einer lieblos geführten Pension aufeinandertreffen. Ihr Dasein beschränkt sich hier an der Ostseeküste auf ein trostloses Dahinvegetieren. Dante, Mimi, Rofu …
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Suchende und Findende
'Das perfekte Grau' von Salih Jamal ist ein Roman, in dem vier hoffnungslos traumatisierte Menschen in einer lieblos geführten Pension aufeinandertreffen. Ihr Dasein beschränkt sich hier an der Ostseeküste auf ein trostloses Dahinvegetieren. Dante, Mimi, Rofu und Novelle haben im Leben bereits in einen abscheulichen Abgrund geschaut. Sie kennen den tiefen Zwiespalt zwischen einem erfüllten Leben und der Verdammnis verfehlter Erfüllung. Sie offenbaren sich auf ihrem gemeinsamen Roadtrip gegenseitig, mit dem Versuch sich von ihren Dämonen zu befreien. Doch kann das so wie erhofft gelingen? Während starke Charaktere ihre Chance erblicken und wahrnehmen in einer Zeit der Entbehrungen und des notwendigen verbalen als auch gefühlsmäßigen Austausches, bleibt die Unentschlossenheit einer Person als Trittbrettfahrer in seiner mentalen Entwicklung zurück aufgehoben in der Kraft der Gemeinschaft. Die Mittel die vereinende Kraft zu finden, bleibt für mich umstritten.
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Broschiertes Buch
Der Klappentext hat mich wirklich neugierig gemacht und es war mir da schon bewusst, dass es kein leichter Roman werden wird. Es ist defintiv kein Wohlfühlroman, nein, viel mehr ein Roman, der zum Nachdenken anregt und der einen Nachklang hat.
Dante (eigentlich Ante) arbeitet in einem …
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Der Klappentext hat mich wirklich neugierig gemacht und es war mir da schon bewusst, dass es kein leichter Roman werden wird. Es ist defintiv kein Wohlfühlroman, nein, viel mehr ein Roman, der zum Nachdenken anregt und der einen Nachklang hat.
Dante (eigentlich Ante) arbeitet in einem heruntergekommenen Hotel an der Ostsee. Er flieht vor seiner Vergangenheit, genau wie die drei anderen Saisonarbeiter in diesem Hotel. Mimi, die verdammt gut kochen kann und so souverän wirkt. Rofu, ein Flüchtling aus Afrika, der gute Laune verbreitet und eine gute Seele hat. Und dann ist da noch Novelle, eine junge Frau, die meist betrunken ist und viele Tattoos, aber auch Narben hat. Die vier könnten nicht unteschiedlicher sein und es wird schnell deutlich, dass jeder etwas Dramatisches in seiner Vergangenheit erlebt hat. An einem Morgen überschlagen sich die Ereignisse und so kommt es dazu, dass die vier Fremden zusammenhalten und sich auf einen Roadtrip wiederfinden.
Der Autor bedient sich vieler Metaphern und es gibt viele Sätze, die ich mir notiert habe, weil sie einfach schön und so viel ausdrücken. Teilweise ist der Schreibstil auch schnörkelig und sehr bildgebend. Es ist defintiv sarkastisch und selbstkritisch. Die Charaktere haben eine gute Tiefe, haben Ecken und Kanten und sie machen Fehler. Jeder von den Vieren hat in seiner Vergangenheit viele schlimme Dinge erlebt oder gesehen. Es ist schockierend und kann auch ein Trigger sein. Das sollte man sich vorher bewusst sein, wenn man das Buch lesen möchte. Der Autor schreibt in der Ich Erzählung aus der Sicht von Ante. Ich mochte es, dass Ante sich immer wieder selbst reflektierte, nach dem er von all den tragischen Geschichten erfahren hat. Es findet auch bei den anderen Charaktere eine Veränderung statt. Manchmal hätte ich mir gewünscht, dass sich der Autor mehr Zeit für die jeweiligen Entwicklungen genommen hätte. Vor allem gegen Ende wirkte es eher übereilt. Trotz allem ist es für mich ein Buch über Freundschaft; für einander da sein, auch wenn es noch so dunkel scheint. In dem Buch gibt es so viele schöne Momente darüber, die ich am Anfang nicht für möglich gehalten habe.
Die ersten Abschnitte im Buch haben mir ganz gut gefallen, aber gegen Ende verliert das Buch ein bisschen den roten Faden. Ja klar, es ist skurril, sarkastisch und bis zu einem gewissen Zeitpunkt funktionierte das auch gut. Es wirkte für mich am Ende etwas unrund. Auch wenn ich den ersten Teil wirklich mochte, vor allem die selbstkritischen Teile, die dazu anhielten Dinge vielleicht anders zu bewerten oder neu zu bewerten. Ich kann das Buch trotz das, für mich unrunden letzten Teil des Buches, empfehlen.
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