Hwang Sok-Yong
Gebundenes Buch
Dämmerstunde
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Am Rand der südkoreanischen Megacity Seoul wächst Minu in einem von Bandenkriminalität beherrschten Armutsviertel auf. Er kann studieren, arbeitet sich hoch und bringt es als Architekt mit eigener Baufirma zu Ansehen und Wohlstand. Eines Tages erhält er eine Nachricht von seiner Jugendliebe, und auf einmal erwachen alte Erinnerungen. Als er den Ort seiner Kindheit aufsucht, findet er aber keinerlei Spuren der Vergangenheit mehr. Seine Geschichte kreuzt sich mit der einer jungen Frau. Uhi will ihren Traum, sich als Theaterregisseurin durchzusetzen, nicht aufgeben. Mit Nachtschichten in eine...
Am Rand der südkoreanischen Megacity Seoul wächst Minu in einem von Bandenkriminalität beherrschten Armutsviertel auf. Er kann studieren, arbeitet sich hoch und bringt es als Architekt mit eigener Baufirma zu Ansehen und Wohlstand. Eines Tages erhält er eine Nachricht von seiner Jugendliebe, und auf einmal erwachen alte Erinnerungen. Als er den Ort seiner Kindheit aufsucht, findet er aber keinerlei Spuren der Vergangenheit mehr. Seine Geschichte kreuzt sich mit der einer jungen Frau. Uhi will ihren Traum, sich als Theaterregisseurin durchzusetzen, nicht aufgeben. Mit Nachtschichten in einem 24-Stunden-Nahversorger kann sie kaum die Miete stemmen, doch sie verfolgt ihr Ziel, während Minu den Versäumnissen in seinem Leben nachgrübelt."Dämmerstunde" bildet eine tiefgründige Ergänzung zu "Vertraute Welt", diesem märchenhaften Roman, der auf der großen Mülldeponie am Rand von Seoul spielt. Hier wie dort geht es um die unterschwellige Wirkung einer fast ausgetilgten Welt auf die modernen Verhältnisse in einem Land, in dem beim Streben nach wirtschaftlicher Entwicklung wenig Rücksicht auf Verluste genommen wurde.
Hwang Sok-yong wurde 1943 im damaligen Mandschukuo (heute China) geboren. Schon als Jugendlicher gewann er mehrere Schreibwettbewerbe, brach aber die Schule ab, um als Wanderarbeiter auf Baustellen und in Fabriken Land und Leute seiner Heimat kennenzulernen. Als Philosophiestudent engagierte er sich im Widerstand gegen die Militärdiktatur und für den Schutz von Arbeiterrechten. Die Auseinandersetzung mit der politischen Unterdrückung und ökonomischen Ausbeutung durch die militant antikommunistische Regierung Südkoreas sollte ab den frühen 1970er-Jahren kennzeichnend für sein Werk werden. Wegen Verstoßes gegen das ¿Sicherheitsgesetz¿ wurde er 1993 in Seoul zu sieben Jahren Haft verurteilt, 1998 vom neugewählten Präsidenten Kim Dae-jung begnadigt. Eine Verarbeitung des Gefängnisaufenthalts ist der Dissidentenroman "Der ferne Garten" (1999). Seither hat Hwang in einer Reihe von Romanen, unter anderem "Die Lotosblüte" (2003) und "Prinzessin Bari" (2007), seine bisherigen Interessen mit dem Thema der internationalen Migration verknüpft, während er gleichzeitig verstärkt auf Stoffe und Motive aus der vormodernen koreanischen Erzähltradition zurückgreift. Mit zahlreichen nationalen und internationalen Literaturpreisen ausgezeichnet, gilt Hwang Sok-yong als Südkoreas aussichtsreichster und würdigster Nobelpreiskandidat.
Produktdetails
- Verlag: Europa Verlag München
- Artikelnr. des Verlages: 26000305
- Seitenzahl: 196
- Erscheinungstermin: 30. Juni 2022
- Deutsch
- Abmessung: 215mm x 139mm x 22mm
- Gewicht: 364g
- ISBN-13: 9783958903050
- ISBN-10: 3958903053
- Artikelnr.: 61464739
Herstellerkennzeichnung
Europa Verlag GmbH
Johannisplatz 15
81667 München
sp@europa-verlag.com
Ein Mann und eine Frau - Minu und Uhi - in Seoul sind die Protagonisten diesen Romans, die wechselweise jeweils aus ihrer Perspektive berichten. Beide nicht aus reichem Hause, beide hat es nach Seoul verschlagen, beide müssen ums Überleben kämpfen, jeder auf seine Art.
Peu à …
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Ein Mann und eine Frau - Minu und Uhi - in Seoul sind die Protagonisten diesen Romans, die wechselweise jeweils aus ihrer Perspektive berichten. Beide nicht aus reichem Hause, beide hat es nach Seoul verschlagen, beide müssen ums Überleben kämpfen, jeder auf seine Art.
Peu à peu wird deutlich, dass ihre Geschichten in irgendeiner Form zusammenhängen, dass es irgendwo einen Überschneidungspunkt gibt. Aber wo mag der sein?
Ein Roman, der mich mit seiner klaren reduzierten Sprache zwar anspricht, aber nicht berührt, geschweige denn fesselt oder packt. Nein, er lässt mich vielmehr seltsam reduziert zurück. Das wiederum hängt mit der Handlung zusammen.
So klar die Sprache - auch in der Übersetzung - ist, der Inhalt ist es nicht. Dieser ist im Gegenteil seltsam verwirrend und stellenweise schwer nachzuvollziehen, ich fühle mich sogar immer wieder aufs Abstellgleis geschoben. Ist es die im Titel vorkommende Dämmerung, die Zeit zwischen Tag und Nacht, die so verwirrt?
Auf eine bestimmte Art durchaus. Dämmerstunde - die Zeit zwischen Tag und Traum; hier vielleicht auch zwischen Vergangenheit und Zukunft, zwischen Leben und Tod? Hier lässt sie mich vor allem ratlos werden, ich fühle mich stellenweise, was die Handlung betrifft, geradezu aufs Abstellgleis geschoben..
Ein Roman, der einerseits die beiden Erzählstränge zusammenführt, die dadurch erlangte Klarheit jedoch auf der anderen Seite wieder zunichte macht. Ein Roman, der mich irritiert zurücklässt wie auch seltsam unberührt.
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Gesellschaftskritisches Verwirrspiel
„Dämmerstunde“ ist der zweite Roman, den ich von Hwang Sok-yong gelesen habe. Wie auch „Vertraute Welt“ führt er die Leser:innen in die Megacity Seoul.
Dabei stehen zwei Personen in unterschiedlichen Erzählsträngen …
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Gesellschaftskritisches Verwirrspiel
„Dämmerstunde“ ist der zweite Roman, den ich von Hwang Sok-yong gelesen habe. Wie auch „Vertraute Welt“ führt er die Leser:innen in die Megacity Seoul.
Dabei stehen zwei Personen in unterschiedlichen Erzählsträngen im Fokus, eine weitere Figur erweist sich als verbindendes Element.
Bak Minu blickt auf eine außergewöhnliche Karriere zurück. Er wächst unter ärmlichen Verhältnissen in einem kleinen Dorf am Rande der Megacity auf und zieht mit seiner Familie schließlich nach Seoul in einen Slum. Der Umstände zum Trotz gelingt ihm ein exzellenter Schulabschluss, der ihm den Zugang zu den besten Universitäten ermöglicht. Bak Minu wird Architekt, lebt einige Jahre in den USA, kehrt schließlich nach Seoul zurück, gründet eine eigene Baufirma und ist an zahlreichen Großbauprojekten beteiligt. Wir lernen Bak Minu als älteren Mann kennen. Seine Frau und Tochter leben schon lange ein von ihm getrenntes Leben in den USA, zwei seiner alten Wegbegleiter sind todkrank und die Frau, in die er als Jugendlicher verliebt war, nimmt Kontakt zu ihm auf. Bak Minu lässt sein Leben Revue passieren, erinnert sich und nimmt zum ersten Mal wahr, dass er mit seinen Bauprojekten auch für Zwangsumsiedlungen, Leid und eine anonyme Architektur verantwortlich ist.
Während Bak Minus Geschichte mehrere Jahrzehnte umfasst, lernen wir Uhi in einem kürzeren Abschnitt ihres Lebens in der Gegenwart kennen. Sie ist Ende zwanzig, träumt von einer Karriere als Theaterregisseurin. Da sie mit ihrer Theaterarbeit kaum etwas verdient, versucht sie sich mit anderen schlecht bezahlten, kräftezehrenden Arbeitsverhältnissen über Wasser zu halten. Uhi steht dabei stellvertretend für eine Generation gut ausgebildeter junger Menschen, deren Lebens- und Wohnsituation äußerst prekär ist.
Im Gegensatz zu „Vertraute Welt“ habe ich zunächst schwer Zugang zu „Dämmerstunde“ bekommen. Lange Zeit wusste ich nicht, wohin uns der Autor mit dieser Geschichte führen will, konnte Verknüpfungen schwer herstellen. Ich habe das Buch bis zum letzten Drittel vor allem abwartend, distanziert und mit einem sehr neutralen Gefühl gelesen. Hwang Sok-yong berichtet gerafft und trotzdem dicht. Manchmal bin ich über sprachliche Ausdrücke gestolpert, die für mich im ersten Moment altbacken klangen wie z.B. „Strolch“ und viele weitere. Dass ich diese Wörter als ungewohnt empfinde, lässt sich eventuell mit der österreichischen Herkunft des Übersetzers erklären. Eine unvorhergesehene Wendung gegen Ende und der Schluss haben mich mit dem Roman versöhnt. Der Abschluss ist für mich rund und hat mir ausgesprochen gut gefallen. „Dämmerstunde“ wirkt vor allem im Nachhinein. Ich habe sehr viele Szenen aus dieser fremden Welt bildlich vor Augen und trotz der Kürze des Romans einen sehr guten Einblick in die Lebenssituation reicher und armer Menschen in Südkorea erhalten. Vieles steht zwischen den Zeilen, gesellschaftskritische Themen werden angesprochen, jedoch nicht in der Tiefe bearbeitet. „Dämmerstunde“ erfordert Konzentration beim Lesen - es handelt sich um ein vom Grundton distanziertes, von Wehmut geprägtes Werk, dessen Wirkung sich vor allem nach Beendigung der Lektüre entfaltet.
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„Dämmerstunde“ von Hwang Sok-Yong ist ein ruhiger, melancholischer Roman, der die Hoffnungen, Träume und tiefgreifenden Erkenntnisse innerhalb einer Gesellschaft erforscht, welche ihre sozialschwachen Mitglieder rücksichtslos unter Wirtschaftswachstum und Modernisierung zu …
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„Dämmerstunde“ von Hwang Sok-Yong ist ein ruhiger, melancholischer Roman, der die Hoffnungen, Träume und tiefgreifenden Erkenntnisse innerhalb einer Gesellschaft erforscht, welche ihre sozialschwachen Mitglieder rücksichtslos unter Wirtschaftswachstum und Modernisierung zu begraben pflegt. Hwang Sok-Yong ist ein außergewöhnlicher Geschichtenerzähler und erschafft hier ein hervorragendes und generationsübergreifendes Bild der sozialen Strukturen in der Megametropole Seoul.
Erzählt wird die Geschichte aus zwei wechselnden Perspektiven. Zum einen lernen wir die junge Theaterregisseurin Uhi kennen, die sich mit ihren ausbeuterischen Jobs gerade so über Wasser halten kann. Ihr Leben führt sie täglich an den Rand der Resignation, aber sie hat einen Traum, den sie mit eiserner Entschlossenheit verfolgt.
Und dann gibt es noch Bak Minu, der trotz aller Widrigkeiten alles und noch mehr erreicht hat, das er wollte. Doch der alternde Architekt findet Anlass auf sein Leben und seine Entscheidungen zurückzublicken, seine Verantwortung gegenüber der Gesellschaft in einem neuen Licht zu sehen und beginnt schließlich zu hinterfragen, ob der Preis für seine erfolgreiche Karriere nicht doch zu hoch gewesen ist.
Es sind zwei vollkommen unterschiedliche Lebenswege; zwei Personen, die sich unter normalen Umständen wohl nie begegnet wären. Aber die Begegnung mit einer alten Liebe und einer neuen Freundin führen diese beiden Wege auf überraschende Weise zusammen.
„Dämmerstunde“ war mein erster Roman von Hwang Sok-Yong und ich habe ihn als anspruchsvolle, aber auch sehr einnehmende Lektüre empfunden. Je länger ich über den Inhalt und das Gelesene nachdachte, umso mehr gefiel er mir.
In seiner Erzählweise ist das Buch sehr direkt und fast schon herausfordernd Nüchtern. Das hat es mir gerade zu Anfang etwas erschwert, Zugang zu den Figuren und der Erzählung zu bekommen. Der Schreibstil unterscheidet sich doch sehr von westlicher Literatur und für jemanden, der wenig bis kaum Literatur aus dem Asiatischen Raum liest, kann dieses Ungewohnte schnell zur Hürde werden. Lässt man sich aber möglichst unvoreingenommen auf diesen schnörkellosen und geradlinigen Schreibstil ein, fällt es sehr leicht, sich von den Worten davontragen zu lassen. Ich habe eine Weile gebraucht, bis ich ins Buch hineingefunden habe, wurde dann aber von der Atmosphäre und Entwicklung irgendwann gepackt.
Der Autor lässt sich Zeit mit seinen Figuren, baut ihre Welt und ihren Werdegänge in hingebungsvoller Ausführlichkeit aus und auch wenn ich zu den Charakteren keine wirklich emotionale Bindung aufbauen konnte, haben mich ihre Lebensgeschichten sehr berührt und mitfühlen lassen. Eingangs war es etwas schwer, die vielen Namen einzelner Figuren auseinander- und dabei den Überblick zu behalten, aber auch das Problem hat sich mit der Zeit gelegt.
Am meisten und wohl auch am nachhaltigsten hat mich aber die subtile Auseinandersetzung mit den gesellschaftlichen Missständen innerhalb der Südkoreanischen Gesellschaft beeindruckt. „Dämmerstunde“ erzählt die Geschichten individueller Figuren und zeichnet damit ein eindringliches und äußerst realistisches Bild einer ganzen Gesellschaft. In seinem Nachwort schreibt der Autor: „(...) Reue und Scham einer ganzen Gesellschaft: Beides prägt uns. Ist man aber mittendrin im Geschehen, ist einem nie ausreichend bewusst, wie eng das Individuelle und das Gesamtgesellschaftliche immer schon zusammengehören.“ Man muss eine Menge zwischen den Zeilen des Romans lesen, um zu begreifen, wie sehr er von diesem Gedanken durchdrungen ist. Mir hat sehr gefallen, dass das ein Buch ist, welches einem nicht auf Anhieb all seine Geheimnisse verrät, sondern einem als Leser auch einiges an Überlegungen abverlangt.
Generell würde ich sagen, dass „Dämmerstunde“ vielleicht nicht Jedermanns Buch ist und ein gewisses Maß an Aufgeschlossenheit von seinen Lesern verlangt. Wer allerdings wieder einmal Lust auf eine anspruchsvollere Lektüre hat, sollte an dieser def
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Ich habe Dämmerstunde von Hwang Sok-Yong innerhalb weniger Tage durchgelesen, da mich die Geschichte relativ schnell in ihren Bann gezogen hat. Anfangs wusste ich nicht, worauf das alles hinausläuft, aber spätestens ab Kapitel 2 war ich im Lesefluss. Das Buch hat mich dazu inspiriert, …
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Ich habe Dämmerstunde von Hwang Sok-Yong innerhalb weniger Tage durchgelesen, da mich die Geschichte relativ schnell in ihren Bann gezogen hat. Anfangs wusste ich nicht, worauf das alles hinausläuft, aber spätestens ab Kapitel 2 war ich im Lesefluss. Das Buch hat mich dazu inspiriert, mich näher mit der koreanischen Gesellschaft und jüngeren Geschichte zu befassen - und ich habe mittlerweile ein paar Podcastfolgen und jede Menge Wikipedia-Artikel folgen lassen.
Den zwei Handlungssträngen, die hier erzählt werden, konnte ich gut folgen und wartete die ganze Zeit gespannt darauf, wie das aufgelöst wird und wie die beiden Handlungsstränge ineinandergreifen. Ich möchte hier gar nicht zu viel von der Geschichte verraten, nur so viel: Letzten Endes hat mich das Ende überrascht, obwohl ich die ganze Zeit über aufmerksam gerätselt habe, worauf das alles hinausläuft. Ich habe es als traurig, aber sehr gelungen empfunden.
Ich kann die Dämmerstunde allen Leser*innen sehr empfehlen, die daran interessiert sind, in eine fremde Kultur einzutauchen. Für mich war es nicht nur ein tolles Leseerlebnis, sondern ich habe sehr viel über die koreanische Gesellschaft gelernt.
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Seiner Vergangenheit hat der erfolgreiche koreanische Architekt Bak Minu schon lange den Rücken zugewandt, bis eine Nachricht einer Jugendliebe ihn schmerzhaft an sein Leben im Armenviertel Seouls erinnert.
Hwang Sok-yongs distanzierter und pragmatischer Schreibstil erfordert …
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Seiner Vergangenheit hat der erfolgreiche koreanische Architekt Bak Minu schon lange den Rücken zugewandt, bis eine Nachricht einer Jugendliebe ihn schmerzhaft an sein Leben im Armenviertel Seouls erinnert.
Hwang Sok-yongs distanzierter und pragmatischer Schreibstil erfordert Aufmerksamkeit beim Lesen. Der ruhige und fast dokumentarische Stil lässt ein besonderes Bild entstehen. Die Protagonisten treten in den Hintergrund und lassen dem gesellschaftlichen Leben in Seoul viel Raum. Der Hauptprotagonist Bak Minu hat es als einer der wenigen Slumbewohner geschafft, sich seinem vorgezeichneten Weg zu entziehen. Rückblickend wird sein Werdegang aus seiner Sicht in einem Erzählstrang dargestellt.
Parallel dazu wechselt man in die Gegenwart zur jungen Uhi, die versucht, sich als junge Frau allein als Regisseurin in der Theaterwelt zu behaupten. Ihr Dasein hat wenig Lebenswertes und es schmerzt, die nüchterne Sprache über fehlende Mahlzeiten und katastrophale Lebensbedingungen zu lesen. Sehr interessant sind die geschichtlichen Parallelen zu wahren Geschehnissen in Korea, von denen ich bisher wenig wusste.
Obwohl Bak Minu seine ganze Kindheit und Jugend in einem Armenviertel verbracht hat, zögert er keinen Moment, als er als angestellter Architekt einer Baufirma für die Umgestaltung dieser Gegend engagiert wird.
"Meine berufliche Tätigkeit bestand eigentlich im Plattwalzen, Wegräumen und Entsorgen von anderer Leute Erinnerungen."
Erst als ihm ein flüchtig zugesteckter Zettel einer alten Liebe im Alter zugesteckt wird, erinnert er sich an seine Wurzeln. Diese eindringliche Erinnerung ist sehr bewegend beschrieben. Die "Neues Dorf Bewegung" in den 70er-Jahren hat in Korea viele Orte sprichwörtlich planiert und eingeebnet. Den Bewohnern wurde gerade einmal Zeit gegeben, das Nötigste aus den Häusern mitzunehmen, bevor die Bulldozer alles zerstörten. Es gibt keinen Ort, an den man zurückkehren kann, keine Gebäude, Bäume, die einem Erinnerung an Vergangenes schenken.
"Ich hatte keine Gedanken an jene verschwendet, die sich nicht sagen konnten, dass sie jetzt ein lebenswertes Leben führten, dass sie glücklicherweise nicht auf der Strecke geblieben sind."
Besonders die kleinen Ausflüge in den Alltag der Bewohner eines solchen Viertels gehen nah. Im Nichts wird versucht zu überleben: Fischreste werden zu besonderen Delikatessen verarbeitet, Schuhputzer-Gangs kämpfen um die besten Plätze und eine kleine Romanze zwischen zwei jungen Menschen erblüht und verwelkt fast gleichzeitig. Diese trostlose Hoffnungslosigkeit, die sich beim Lesen einstellt, ist schwer zu ertragen, vor allem wenn man im westlichen Überfluss leben darf.
Die gegensätzlichen Erzählstränge von Vergangenheit und Gegenwart wollten anfangs nicht zueinander passen und mussten konzentriert verfolgt werden. Die ungewohnten koreanischen Namen und Bezeichnungen taten ihr Übriges, um im Gelesenen keinen Zusammenhang zu finden. Am Ende wurde aber klar, warum die Handlungen so lange unverknüft parallel erzählt wurden.
Dieser Roman hat mir Korea und seine Vergangenheit sehr deutlich nahe gebracht und die Sicht auf menschliche Schicksale außerhalb der europäischen Komfortzone geöffnet. Lediglich die anfänglich deutsch/österreichische Übersetzung einiger Begriffe (z. B. Treppenstiege, Pappenstiel) hat ein wenig verwirrt.
Für Lesende, die gerne über den Tellerrand herausschauen, eine Leseempfehlung.
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Bak Minu und Dschong Uhi, die beiden so unterschiedlichen Charaktere, leben und arbeiten in Südkoreas Megacity Seoul. Eine Stadt der Gegensätze. Während die einen am Rande stehen, bis zur Erschöpfung arbeiten und doch nie viel haben werden, haben die anderen keinerlei …
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Bak Minu und Dschong Uhi, die beiden so unterschiedlichen Charaktere, leben und arbeiten in Südkoreas Megacity Seoul. Eine Stadt der Gegensätze. Während die einen am Rande stehen, bis zur Erschöpfung arbeiten und doch nie viel haben werden, haben die anderen keinerlei Existenzsorgen.
Gleich mal begegnen wir Minu, dem erfolgreichen Architekten. In den Slums aufgewachsen, kennt er den täglichen Kampf ums Überleben nur zu gut. Sein Blick zurück zeigt anschaulich, wie es damals war, als er noch unter denen in den Armutsvierteln lebte, immer wieder abgelöst von den heutigen Bildern, von seinem einsamen Leben. Die Familie ist weg, er hatte sowieso keine Zeit für sie, die Arbeit stand stets im Vordergrund. Gefühle werden nicht gezeigt, man lächelt über alles hinweg.
Dem Theater gehört Uhis ganze Leidenschaft, auch wenn sie ihren Lebensunterhalt anderweitig bestreiten muss. Bis zur Erschöpfung malocht sie sich von Job zu Job, ihre Wohnung ist eher eine heruntergekommene Schlafstätte.
Hwang Sok-yong zeichnet anhand dieser beiden Charaktere ein nüchternes Bild der koreanischen Gesellschaft. Am Ende seines arbeitsreichen Lebens erkennt Minu, was er hätte anders, was er hätte besser machen können. "...Ich war ja doch auch ein anderer geworden, mein Horizont war ein anderer und damit auch mein Gefühlshaushalt..." Auch die Ausbeutung derer, die sich am Rande der Gesellschaft befinden, ist stets präsent und mit Uhi sehr anschaulich geschildert. Ihre Rechte stehen lediglich auf dem Papier, Arbeitsvertrag hin oder her. Wer nicht spurt, kann gehen. Der Nächste wartet schon.
Der Autor setzte sich schon früh für die Rechte der Arbeiter ein, war aktiv in der Demokratiebewegung, seine Werke erzählen davon. „Vertraute Welt“ habe ich von ihm gelesen, ich habe hineingeblickt in diese Welt der Gegensätze. Das Hineinfinden in seine „Dämmerstunde“ hat schon etwas gedauert, an die nüchterne und sprunghafte Erzählweise musste ich mich erst gewöhnen. Dranbleiben lohnt sich, vieles erschließt sich nach und nach, die Zusammenhänge werden sichtbar. Die anfangs so unnahbaren Figuren werden zugänglicher, der Erzählstil bleibt zwar kühl und doch begreift man deren Tun, nimmt an deren Leben teil.
„Dämmerstunde“ ist kein Buch, das man nebenbei liest. Die schnell wechselnden Zeitebenen fordern volle Aufmerksamkeit, es ist ein intensiver Blick ins heutige Südkorea, in eine für uns so fremde Welt.
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Bak Minu ist ein erfolgreicher Architekt, der ins letzte Viertel seines Lebens eintritt. Ein Kollege stirbt an Krebs und eine alte Freundin lässt von sich hören. Das veranlasst ihn, sein Leben Revue passieren zu lassen.
Uhi Dschong hat ihr Studium beendet und versucht im Theater Fuss …
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Bak Minu ist ein erfolgreicher Architekt, der ins letzte Viertel seines Lebens eintritt. Ein Kollege stirbt an Krebs und eine alte Freundin lässt von sich hören. Das veranlasst ihn, sein Leben Revue passieren zu lassen.
Uhi Dschong hat ihr Studium beendet und versucht im Theater Fuss zu fassen. Sie lebt in prekären Verhältnissen, denn sie kämpft für ihren Traum, der leider kein Essen auf den Tisch bringt. Doch sie kennt ihre Prioritäten.
Durch diesen zwei gegenteiligen Lebensentwürfen zeigt uns Hwang Son-Yong wie man in Seoul leben kann.
Bak Minu ist ein Aufsteiger. Früh war ihm klar, dass der Weg aus dem Slum nur durch Bildung möglich ist. Mit Ausdauer, Ehrgeiz und einen großen Stück Glück ist ihm das hervorragend gelungen. Doch seine Ehe ist zerrüttet, seine Frau und Tochter leben einen Ozean entfernt und Freunde hat er auch nicht sehr viele. Einsamkeit beginnt ihn bereits zu umgeben.
Die Bewohner des Berghangslums hingegen sind fast wie eine große Familie. Allein ist man da selten, aber der Alltag ist auch geprägt von Arbeit, Entbehrungen und Gewalt; die Möglichkeiten sich aus dem Sumpf zu arbeiten begrenzt.
Mit Dämmerstunde zeichnet der Autor ein Porträt der Gesellschaft Seouls. Da sind die Slumbewohner, die aus verschiedensten Gründen auf den Berghängen gelandet sind und die der Willkür der Stadtverwaltung ausgeliefert sind. Da ist die Mittelschicht, der es kaum besser geht. Arbeiterrechte und faire Bezahlung sind ein Traum, der vielleicht irgendwann Realität wird. Und da ist eine Oberschicht, die ihre Wurzeln vergessen hat und eine Dekadenz auslebt, als gäbe es nichts als Profit.
Was einem am Ende des Lebens dämmert, hängt davon ab, welch ein Mensch man war.
Auch dieses Buch des Autors hat mir ausgesprochen gut gefallen. Es liest sich etwas eigenwillig. Die abwechselnden Erzählstimmen verwirren anfangs, aber es fügt sich alles am Ende. Der Autor spielt hier ein bisschen mit Namen, Zugehörigkeiten und Zeitebenen. Als Leser*in muss man einfach nur geduldig sein. Er hält seine Fäden gekonnt in der Hand und am Ende hat Sok-Yong eine interessant Geschichte erzählt und sämtliche Wirrnisse beseitigt!
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Die arme Künstlerin, der erfolgreiche Architekt, der alte Freund im Koma, die bezaubernde Schülerin aus armen Verhältnissen, der skrupellose Ganove mit Ehrgefühl, der Dan-Träger, der beim offenen Straßenkampf keine Chance hat. Diese unterschiedlichen Figuren begegnen …
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Die arme Künstlerin, der erfolgreiche Architekt, der alte Freund im Koma, die bezaubernde Schülerin aus armen Verhältnissen, der skrupellose Ganove mit Ehrgefühl, der Dan-Träger, der beim offenen Straßenkampf keine Chance hat. Diese unterschiedlichen Figuren begegnen uns in Whang Sok-yongs Roman „Dämmerstunde“ und es wirkt zu Beginn, als würden etwas verworrene, unzusammenhängende Kurzgeschichten erzählt. Aber dann löst sich der Knoten, die Charaktere tauchen erneut auf, interagieren, Beziehungen und Zeitebenen werden deutlich und die Handlungsstränge sichtbar.
Der Leser muss aktive Mitarbeit leisten, um die Nebelwand zu durchbrechen, wird dann aber auch durch Aha-Erlebnisse und eine faszinierende Aussicht belohnt.
Eine spannende Erzählung, die uns in eine fremde Welt entführt, in der Armut, Korruption, Existenznot, Gewalt und Suizid allgegenwärtig sind, aber auch Überlebenswille, Glücksmomente, Freundschaft und Familie, Ehre, Heimat und Zugehörigkeit. Es geht um politisch und gesellschaftlich aktuelle Themen, die Verteilung des Geldes, die Vergabe von Bauaufträgen, Riesenprojekten, Bestechung, Schaffung von Wohnraum für Reiche und Zerstörung desselbigen der Ärmsten, Luxus-Immobilien auf der einen und Slums auf der anderen Seite. Die Gegensätze werden herausgearbeitet, die Wellblechhütten der Slumbewohner und die Nobelvillen der Privilegierten.
Es gibt nur einen Wanderer zwischen den Welten, aber anhand seiner Biografie wird fraglich, inwieweit Geld und finanzieller Erfolg glücklich machen. Ein schaler Geschmack bleibt, die Verhältnisse, die sind halt so.
Wo bleibt die Gerechtigkeit? Die Chance zum Glücklichsein?
Ein gewisser Optimismus ist für mich aber dennoch sichtbar - die Kritik am System, an der Korruption, an der Unmöglichkeit der Selbstverwirklichung der Armen - das ist eine Art Aufklärung, die die Perspektive ändert und das ist durchaus positiv – das Gefühl, was wäre wenn… denn eine Gesellschaft, deren Strukturen so festgefahren und ungerecht erscheinen, hat die Veränderung und Öffnung, die Selbstbestimmung des einzelnen dringend nötig!
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