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Tsubame

Bewertungen

Insgesamt 45 Bewertungen
Bewertung vom 31.05.2021
Die Geschichte von Kat und Easy
Pásztor, Susann

Die Geschichte von Kat und Easy


sehr gut

Susann Pásztors neuer Roman nimmt die Freundschaft zweier Mädchen unter die Lupe: da ist auf der einen Seite die etwas verpeilte, aber gut aussehende Isi- oder eben Easy, weil's einfach cooler klingt -, auf der anderen Seite die abgeklärte und extrem kurzsichtige Kat. Es ist das Jahr 1973; das Jahr in dem Kat 16 wird und es für beide Teenager gilt, eine persönliche To Do-Liste abzuarbeiten. Dumm nur, dass sich beide ausgerechnet in denselben Typen verlieben ...

In einem zweiten Erzählstrang treffen wir Kat und Easy in ihren 60ern wieder. Kat führt inzwischen einen erfolgreichen Blog für Lebensberatung und erhält von Easy eine Nachricht. Die beiden treffen sich auf Kreta, wo Easy ein heruntergekommenes Haus besitzt, und obwohl Kat alles erdenkliche versucht, um sich vor dieser Situation zu drücken, läuft doch alles auf eine sehr persönliche und unangenehme Frage hinaus: Was geschah eigentlich genau im Sommer 1973 und welche Rolle spielte Fripp, der coole Typ aus dem Jugendzentrum, dabei?

Meine Meinung: Ich habe vor Jahren den Roman "Die einen sagen Liebe, die anderen sagen nichts" von Susann Pásztor gelesen und war damals schon gefesselt von der eher ungewöhnlichen Geschichte. Auch diesmal hat mich Pásztors Roman in seinen Bann gezogen, denn das mit dem "Freund ausspannen" kenne ich auch aus meiner Jugendzeit. Daher fand ich es umso spannender zu lesen, wie unterschiedlich die beiden Freundinnen mit diesem Thema umgehen und wie lange diese Erfahrung aus ihrer Jugendzeit doch noch in ihnen nachhallt. Auch wenn ich selbst kein Kind der wilden 60er Jahre bin (ich war damals noch zu klein) fand ich es faszinierend zu lesen, wie naiv die Einstellung der damals 16jährigen gegenüber Drogen war und wie lässig man mit diesen experimentierte.

Zwar ist der Roman für mich kein 5Sterne-Buch, aber unterhaltsam fand ich ihn doch und zum Schluss wurde es meiner Meinung nach sogar noch richtig spannend.

Bewertung vom 30.03.2021
Genug
Dalsgaard, Louise Juhl

Genug


sehr gut

Ungewöhnliches Buch

"Genug" von Louise Juhl Dalsgaard ist ein ungewöhnliches Buch: eine Mischung aus Roman, Gedankenfetzen und Einträgen aus diversen Patientenakten.
Erzählt wird die Geschichte von einer jungen Frau, die nach dem Abi den Entschluss fasst, gesünder zu leben, Sport zu treiben und abzunehmen.
Das mit dem gesünder Leben klappt nicht ganz, statt dessen fängt sie an zu hungern, bis sie in eine Klinik eingewiesen werden muss.
Als Leser(in) nimmt man teil an dieser Abwärtskurve, den Gedanken der Frau und den Beobachtungen der betreuenden Sozialarbeiterinnen und Ärzte.
Man erfährt von der schwierigen Beziehung zu den Eltern, Erfahrungen mit Männern, ohne dass allerdings klar wird, was die genaue Ursache für die Magersucht ist. Wahrscheinlich sind es mehrere Faktoren, die dabei eine Rolle gespielt haben.
Mir haben vor allem die Gedanken der Protagonistin gefallen, Beobachtungen zu ihrer Familie wie z.B. dem Vater.

"Das Wichtigste ist nicht, was du einpackst, sondern was du auspackst", sagt mein Vater.
Dann ruft er an und fragt, wie es mir geht. Ich sage, dass ich traurig bin. Er sagt: "Dann sieh mal zu, dass du wieder fröhlich wirst."

Eine Passage, die für sich selbst spricht ...

Der Weg zurück in die Normalität gleicht einer Berg- und Talfahrt, aber das Buch gibt Hoffnung, dass der Ausstieg aus einer Magersucht möglich ist.
Für mich war dies die erste Auseinandersetzung mit dem Thema "Magersucht" und "Genug" ein Buch, das mich sehr nachdenklich gemacht hat.

Bewertung vom 30.03.2021
Kim Jiyoung, geboren 1982
Cho, Nam-joo

Kim Jiyoung, geboren 1982


gut

Nichts wirklich Neues

Wahrscheinlich liegt es an meinem Japanologie-Hintergrund, dass ich vom Schicksal Kim Jiyoungs nicht sonderlich geschockt bzw. überrascht war, aber das koreanische Frauenbild unterscheidet sich eben nicht wesentlich von dem japanischen. Neu ist allerdings die Methode, in Romanform einen Blick auf das Leben koreanischer Mädchen/Frauen zu werfen und so steht der Titel "Kim Jiyoung, geboren 1982" für eine ganze Generation und weniger für eine individuelle Persönlichkeit.

Das macht die Figur der Kim Jiyoung allerdings auch ziemlich farblos und so liest man zwar über all die Ungerechtigkeiten, die dem Kind und später dann der jungen Frau in den Jahren 1982 - 2015 widerfahren, empört sich und schüttelt womöglich den Kopf, man kann sich aber nicht so richtig mit ihr identifizieren. Zumindest mir erging es so.

Einzig die Stelle, wo sie ihren Lehrer anfleht, sie von ihrem Klassenkameraden wegzusetzen, der sie unablässig ärgert, kam mir irgendwie bekannt vor. Denn das habe ich als Kind auch erlebt und genau wie Kim Jiyoung konnte ich in diesem Verhalten keinerlei "Sympathiebekundung" erkennen. Dass man in diesem Alter leidet und sich schämt, kann ich also gut nachvollziehen, dass die Scham aber bis ins Erwachsenenalter Begleiter ist, empfinde ich als schade, denn ich habe im Laufe der Jahre dann doch gelernt, meinen Mund aufzumachen. Nicht so Kim Jiyoung. Sie schweigt, obwohl sie sich gerne zur Wehr setzen würde.

Die Erfahrungen, die Kim Jiyoung im Berufsleben macht, Mutterschaft, Kündigung und die Rückkehr in einen unterbezahlten Job, werden von der Autorin alle mit Verweisen auf diverse Quellen untermauert.

Mit seinen gerade mal 207 Seiten ist das Buch eine schnelle Lektüre, vom Stil her eher nüchtern und weniger Roman als vielmehr Studie.

Ich fand die Figur der Kim Jiyoung leider etwas blass und desorientiert. Zum Schluss hatte ich den Eindruck, dass sie überhaupt nicht weiß, was sie eigentlich will. Aber mit 33 Jahren bleibt einem ja eigentlich noch genug Zeit, das herauszufinden.

Bewertung vom 30.03.2021
Big Sky Country
Wink, Callan

Big Sky Country


sehr gut

Eine Jugend in Michigan und Montana

August heißt der Heranwachsende in dem Roman "Big Sky Country" von Callan Wink. Seine Eltern waren einmal verliebt in einander, sind es aber bereits nicht mehr, als wir August im Alter von zwölf Jahren kennenlernen. Er soll im Auftrag seines Vaters der Katzenplage Herr werden, die sich in der Scheune ausgebreitet hat. Einen Dollar für jeden abgeschnittenen Schwanz bietet ihm dieser und so beginnt das Buch gleich mit einer unerfreulichen Szene.

Während Augusts Vater und später auch dessen Freundin Lisa im "neuen Haus" auf dem Hof leben, bewohnt Augusts Mutter nur ein paar Meter weiter das "alte Haus", in dem sie ihr Sohn täglich besuchen kommt.

Nach einem Zwischenfall in Augusts Schule packt seine Mutter ihren Sohn und zieht mit ihm nach Grand Rapids, wo sie ihr Studium nachholt und den Master in Bibliothekswissenschaft erlangt. Zusammen mit August zieht sie nach Montana, um dort eine Stelle anzutreten.

Wieder pendelt August zwischen seinen Eltern hin und her. Die Ferien verbringt er beim Vater in Michigan, seinen Lebensmittelpunkt hat er jetzt aber bei seiner Mutter in Montana. Doch irgendwann verlässt er auch das mütterliche Nest und begibt sich auf die Suche nach seinem eigenen Weg.

August ist ein langsamer, eher wortkarger Typ, den ich August "Ganz ok" getauft habe, da das die Worte sind, die er am häufigsten verwendet, wenn ihn jemand fragt, wie es ihm geht. Er macht (fast) alles mit, entwickelt aber schließlich doch noch die Fähigkeit zwischen "richtig" und "falsch" zu unterscheiden und macht sich seine eigenen Gedanken über seine Eltern, die Frauen und das, was man ihm alles zuträgt. Während einem die Männer im Big Sky Country zwar nicht unbedingt ans Herz wachsen, gelingt es dem Autor dennoch, einen ganz bestimmten Menschenschlag glaubhaft zum Leben zu erwecken.

Das Buch ist gut geschrieben und obwohl ich eine ganze Weile gebraucht habe, mit den Charakteren einigermaßen warm zu werden, war ich ein bisschen traurig, als die Geschichte schließlich zu Ende war. Warum? Das bleibt wohl das Geheimnis des Erzählers Callan Wink ...

Bewertung vom 30.03.2021
Das Flüstern der Bienen
Segovia, Sofía

Das Flüstern der Bienen


ausgezeichnet

Es gibt Bücher, die haben ein tolles Cover, aber einen enttäuschenden Inhalt. Dann gibt es noch solche, bei denen es sich genau umgekehrt verhält. Dass mich Geschichte UND Cover ansprechen ist eher selten, aber in diesem Fall zu 100% geglückt.

Sofía Segovia ist eine wirklich große Geschichtenerzählerin. Man durchlebt mit ihren Figuren nicht nur die Spanische Grippe, das Dorfleben von Linares, einem Ort im Nordosten Mexikos oder das Leben auf dem Landgut der Familie Morales, man lernt darüber hinaus lauter skurrile Charaktere kennen wie etwa Nana Reja, die alte Amme, die mit ihrer dunklen Brust schon ganze Generationen von Morales-Säuglingen gestillt hat oder Simonopio, das Findelkind mit dem entstellten Gesicht, der sich mit den Bienen, die ihn stets umschwirren, verständigen kann, Anselmo Espiricueta, den Erntehelfer, Pächter und "Kojoten", der dem Kind als "Teufelsbalg" zeitlebens nach dem Leben trachtet und natürlich die Familienmitglieder der Familie Morales: den Gutsbesitzer Francisco Morales, seine Frau Beatriz, ihre zwei Töchter und den spätgeborenen Sohn Francisco, der die Geschichte - bereits selbst alt und grau geworden - einem Taxifahrer auf dem Weg von Monterrey in sein Heimatdorf Linares erzählt.

Zwar kann man sich mit dem Buch in eine andere Zeit und in ein anderes Land träumen, aber mit dem Auftreten der Spanischen Grippe fühlt man sich sofort an die heutige Corona-Pandemie erinnert. Schon damals galt die komplette Isolation als bester Schutz gegen Ansteckung und Tod.

Mir hat das Buch mit seiner ungewöhnlichen Geschichte sehr gut gefallen. Es macht Lust darauf, wieder mehr lateinamerikanische Literatur zu lesen.

Für mich definitiv ein Lesehighlight!

Bewertung vom 27.03.2021
Der große Sommer
Arenz, Ewald

Der große Sommer


ausgezeichnet

Frieder kann vom Fünfmeterbrett springen, hat aber ein Problem mit Mathe und Latein. Und so heißt es für ihn in diesem Sommer bei den Großeltern für die Nachprüfungen büffeln, während der Rest der Familie ohne ihn in die Ferien fährt.

Wenn da nicht die zufällige Begegnung mit Beate, dem Mädchen im flaschengrünen Badeanzug im Schwimmbad gewesen wäre, die ihm nicht mehr aus dem Kopf gehen will, wäre Frieders Sommer somit gelaufen. Ihm graut vor der Begegnung mit dem distanzierten Großvater, den er viele Jahre siezen musste und von dessen Art er sich eingeschüchtert fühlt.

Doch dank Frieders jüngerer Schwester Alma, die während des Sommers im Altersheim ein Praktikum macht und seinem besten Freund Johann und natürlich Beate wird aus diesem so gefürchteten Sommer der eine große Sommer, nach dem nichts mehr so sein wird wie es einmal war.

Mir als Leserin hat es großen Spaß gemacht, dabei zu sein, und dank der herrlich spritzigen Jugenddialoge, der eingefangenen Stimmungen und einer berührenden Geschichte, war ich mitten drin und fühlte mich manchmal in die Sommer meiner eigenen Jugend zurückversetzt.

Ich habe das Buch gerne gelesen und finde es auch optisch sehr ansprechend. Dass die Luftblasen bei Frieders Sprung ins Wasser auf dem Buchdeckel tastbar sind, trägt zum sinnlichen Erleben bei und macht das Buch zu einem besonderen Schatz im Bücherregal.

Bewertung vom 20.10.2020
Der Moment zwischen den Zeiten (eBook, ePUB)
Orriols, Marta

Der Moment zwischen den Zeiten (eBook, ePUB)


gut

Der Moment zwischen den Zeiten

Marta Orriols Roman besteht aus 3 Teilen: dem VORHER, dem DANACH, aber vor allem dem Moment DAZWISCHEN. Dieser zweite Teil nimmt den größten Raum ein, denn er erzählt davon, wie Paula, die Protagonistin des Buches, mit ihrem doppelten Verlust klar kommt:

Ihr langjähriger Partner Mauro hat ihr beim gemeinsamen Mittagessen offenbart, dass er sie für eine jüngere Frau verlassen will. Kurze Zeit später stirbt er an den Folgen eines Verkehrsunfalls.

Wie geht man um mit solch einer Situation? Überwiegt die Wut oder die Trauer? Wie findet man zurück ins Leben?

Paula, die sich mit ihren widersprüchlichen Gefühlen auseinandersetzen muss, stürzt sich zunächst in die Arbeit. Sie ist Neonatologin und kümmert sich um die Frühchen auf einer Kinderstation. Schon vor der Tragödie war sie so etwas wie ein Workaholic, doch nach Mauros Tod schläft und isst sie kaum noch, verschließt sich vor den anderen und grübelt darüber nach, wann ihre Beziehung die ersten Risse bekam.

Mir fiel es mitunter schwer, mich auf Paulas Gedanken- und Gefühlswelt einzulassen, vielleicht, weil mir z.Zt. selbst viele Dinge durch den Kopf gehen. Leider konnte mich die Geschichte trotz spannender Thematik emotional nicht berühren und so war ich etwas enttäuscht von dem Buch, das so viele Leserinnen in Spanien begeistert haben soll.

Nicht mein Buch, würde ich sagen, aber vielleicht stoße ich ja irgendwann auf einen Roman aus Spanien, der auch mich begeistern kann.

Bewertung vom 24.08.2020
Wilde Freude
Chalandon, Sorj

Wilde Freude


sehr gut

Der Autor Sorj Chalandon ist gebürtiger Tunesier und gilt als einer der wichtigsten zeitgenössischen Schriftsteller Frankreichs. Ohne es genauer begründen zu können, fand ich sein Buch sehr 'französisch', was dafür spricht, dass er schon lange in Frankreich lebt und arbeitet.

Das Thema, dem sich Sorj Chalandon in seinem Roman "Wilde Freude" angenommen hat, ist ein sehr weibliches. Es geht um 4 Frauen, von denen 3 an Brustkrebs erkrankt sind. Die Geschichte wird aus Sicht von Jeanne Hervineau erzählt, einer eher ängstlichen Buchhändlerin, die sich für alles und jedes entschuldigt, was ihr bei den anderen schon bald den Namen "Jeanne Sorry" einträgt.

Alle 4 Frauen haben schlechte Erfahrungen mit Männern gemacht, Jeannes Ehemann Matt kommt mit der Erkrankung seiner Frau nicht klar und verlässt sie, nachdem ihr die Haare ausfallen und sich Jeannes Zustand nicht mehr verbergen lässt.

Das liest sich z.T. sehr beklemmend und man ist froh, dass sich da 4 Gleichgesinnte gefunden haben, um dem Krebs gemeinsam den Krieg zu erklären. Doch nicht nur das. Der Musketierspruch "Einer für alle, alle für einen" wird hier auch in anderen Situationen auf weibliche Art und Weise umgesetzt. Um einer der ihren zu helfen, beschließen die Frauen, einen Juwelier auszurauben...

Mir hat das Buch gefallen, auch wenn es mich nicht gleich mitgerissen hat. Das Thema "Brustkrebs" aus der Feder eines Mannes hätte auch leicht daneben gehen können, aber ich fand, der Autor hat das gut gemeistert und den Frauen bei all dem Elend doch ihre Würde gelassen. Zu guter Letzt kann der Roman noch mit einer überraschenden Wende aufwarten. Leserherz, was willst du mehr?

Bewertung vom 24.06.2020
Das Holländerhaus
Patchett, Ann

Das Holländerhaus


sehr gut

Ein amerikanisches Märchen

Allein vom Titel her hätte ich nicht vermutet, dass die Geschichte des Romans "Das Holländerhaus" in der Umgebung von Philadelphia spielt. Doch da sich Amerika aus vielen unterschiedlichen Einwanderernationen zusammensetzt, waren sicherlich auch ein paar Holländer darunter - in diesem Fall die Familie VanHoebeek, die ihr Vermögen durch den Großhandel mit Zigaretten gemacht hatte und sich von dem Geld ein ein prachtvolles Haus errichten ließ, dessen Beschreibungen fast wie im Märchen anmuten:

"Aus der Ferne betrachtet, von gewissen Aussichtspunkten aus, schien es ein Stückchen über dem Hügel zu schweben, auf dem es errichtet war. Die Fensterscheiben links und rechts der gläsernen Haustür waren so groß wie Schaufenster und wurden von schmiedeisernen Weinranken an Ort und Stelle gehalten. Die Fenster ließen die Sonne nicht nur ins Hausinnere, sondern warfen ihr Licht gleichzeitig auf den weitläufigen Rasen vorm Haus zurück." (S.17)

In diesem Haus leben später die Geschwister Maeve und Danny zusammen mit ihren Eltern. Doch während sich der Vater über das Schnäppchen freut, das er durch einen günstigen Handel erworben hat, ist die Mutter von dem Reichtum irritiert und verlässt die Familie, um in Indien Gutes zu tun.

Ihre Nachfolgerin ist eine deutlich jüngere Frau, die prompt mit ihren beiden eigenen Kindern einzieht und sich als die böse Stiefmutter entpuppt, wie man sie aus zahlreichen Märchen kennt. Sie vertreibt Maeve und Danny aus dem Paradies, als deren Vater überraschend an einem Herzinfarkt stirbt. Als echte Hexe hat sie natürlich schon zu Lebzeiten dafür gesorgt, dass allein ihre eigenen Kinder Begünstigte des Vermögens sind. Nur einen Ausbildungsfond hat sie vergessen, und um ihre Stiefmutter ordentlich zu schröpfen, schmiedet Maeve den Plan, dass ihr jüngerer Bruder Danny Medizin studieren soll.

Nun könnte man denken, man wüsste wie dieses Märchen ausgeht. Schließlich werden alle bösen Stiefmütter letztendlich bestraft und es gibt ein paar glückliche Gewinner. Doch so einfach ist es in der Geschichte von Ann Patchett dann doch wieder nicht, denn das wahre Leben sieht in der Regel anders aus. Und so begleitet man die beiden Geschwister durch ihr Leben und stellt fest, dass die Zeit vielleicht nicht alle Wunden heilt, manches im Laufe der Jahre aber doch unwichtiger erscheinen lässt.

Die rund 400 Seiten des Romans sind unterhaltsam und fesselnd erzählt, man erfährt einiges über das Wirtschaftswachstum der 50er und 60er Jahre, doch ein paar Längen gab es meiner Meinung nach leider auch. Daher 'nur' 4 Sterne von mir, aber lesenswert ist die Geschichte auf jeden Fall!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 01.03.2020
Hotel Cartagena / Chas Riley Bd.9
Buchholz, Simone

Hotel Cartagena / Chas Riley Bd.9


sehr gut

Ein Krimi mit Sogwirkung

Da ich bereits den Vorgängerband von "Hotel Cartagena" gelesen hatte, war ich an den eigenwilligen Schreibstil der Autorin Simone Buchholz schon ein wenig gewöhnt. Doch in diesem Buch setzt sie noch einen drauf. Das Ganze wirkt fast experimentell.

Doch worum geht es überhaupt? Staatsanwältin Chastity Riley feiert mit ihren Kollegen den Abschied von Hauptkommissar Faller, der in den Ruhestand geht. Man hat sich für das Fest die Bar eines luxuriösen Hotels am Hamburger Hafen ausgesucht. Doch aus der Feier wird mit einem Schlag eine Geiselnahme, als eine Gruppe bewaffneter Männer in die Hotelbar eindringt.

In einem weiteren Erzählstrang erfährt man von einem gewissen Henning, der einst nach Südamerika aufbrach, um in der Welt sein Glück zu suchen.
Wie das alles zusammenhängt, wird erst allmählich klar. Zunächst wissen weder die Geiseln noch der Leser, worum es in dieser Geschichte genau geht.
Eins ist jedoch von Anfang an klar: es geht um große Gefühle und komplizierte Beziehungen, die Simone Buchholz in ihrem typischen Erzählstil offenlegt. Dabei spielt sie mit unterschiedlichen Tempi und irgendwann hatte ich tatsächlich das Gefühl, als befände ich mich inmitten eines Musicals, wo die Akteure plötzlich zu singen und zu tanzen anfangen (ich spiele da auf die Stelle mit dem 'Karussell' an). Das mag nicht jedem gefallen, aber ich fand es irgendwie innovativ.

Weniger gefallen hat mir das überstürzte Ende, zu dem ich aber nichts näher verraten möchte.
Alles in allem ein rasantes Lesevergnügen und ein Krimi, der mal so ganz anders daher kommt, als man es als Leser gewohnt ist.