Christopher Kloeble
MP3-CD
Das Museum der Welt
Lesung mit Torben Kessler (1 mp3-CD), Lesung. 619 Min.
Regie: Bellmann, Ingeborg;Gesprochen: Kessler, Torben
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Bartholomäus ist ein Waisenjunge aus Bombay, mindestens zwölf Jahre alt, und spricht fast ebenso viele Sprachen. Deshalb engagieren ihn die deutschen Brüder Schlagintweit, die 1854 zur größten Forschungsexpedition ihrer Zeit aufbrechen, als Übersetzer für ihre Reise durch Indien und den Himalaya. Bartholomäus folgt ihnen fasziniert, aber auch misstrauisch: Warum vermessen ausgerechnet drei Deutsche das Land? Warum sammeln sie unzählige Objekte, wagen sich ins unbekannte Hochgebirge, riskieren ihr Leben? Es ist doch schließlich seine Heimat - und er will der Mann werden, der das erste...
Bartholomäus ist ein Waisenjunge aus Bombay, mindestens zwölf Jahre alt, und spricht fast ebenso viele Sprachen. Deshalb engagieren ihn die deutschen Brüder Schlagintweit, die 1854 zur größten Forschungsexpedition ihrer Zeit aufbrechen, als Übersetzer für ihre Reise durch Indien und den Himalaya. Bartholomäus folgt ihnen fasziniert, aber auch misstrauisch: Warum vermessen ausgerechnet drei Deutsche das Land? Warum sammeln sie unzählige Objekte, wagen sich ins unbekannte Hochgebirge, riskieren ihr Leben? Es ist doch schließlich seine Heimat - und er will der Mann werden, der das erste Museum Indiens gründet.Lesung mit Torben Kessler1 mp3-CD ca. 10 h 19 min
Christopher Kloeble ist ein vielfach ausgezeichneter Autor von Romanen, Erzählungen und Drehbüchern. Für sein Romandebüt »Unter Einzelgängern« erhielt er den Preis der Jürgen Ponto-Stiftung, für das Drehbuch zu »Inklusion« den ABU Prize für das beste TV-Drama. Zuletzt erschienen die Romane »Meistens alles sehr schnell« und »Die unsterbliche Familie Salz«. Kloeble lebt in Berlin und Delhi.
Produktdetails
- Verlag: Der Audio Verlag, Dav
- Gesamtlaufzeit: 619 Min.
- Erscheinungstermin: 21. Februar 2020
- Sprache: Deutsch
- ISBN-13: 9783742413659
- Artikelnr.: 58002667
Herstellerkennzeichnung
Audio Verlag Der GmbH
Hardenbergstraße 9A
10623 Berlin
info@der-audio-verlag.de
Weltaneignung in Klein
Eine humoristische Verkehrung von Cultural Appropriation? Christopher Kloeble beschreibt die Fremderforschung Indiens aus der Sicht eines indischen Jungen.
Indien, um 1854. Große Teile des Subkontinents fallen in den Herrschaftsbereich der East India Company, die regen Handel mit Tee, Gewürzen und Opium betreibt. Es ist die Zeit der "Doctrine of Lapse", einer vom britischen Parlament legitimierten Annexionspolitik, die die Kompanie dazu befähigt, jeden indischen Staat, dessen Herrscher mangels Erben ein Nachfolgeproblem hat oder der sich als "inkompetent" erweist, zu übernehmen.
Im Windschatten der Fremdherrschaft erblüht die Neugier der europäischen Wissenschaften auf den
Eine humoristische Verkehrung von Cultural Appropriation? Christopher Kloeble beschreibt die Fremderforschung Indiens aus der Sicht eines indischen Jungen.
Indien, um 1854. Große Teile des Subkontinents fallen in den Herrschaftsbereich der East India Company, die regen Handel mit Tee, Gewürzen und Opium betreibt. Es ist die Zeit der "Doctrine of Lapse", einer vom britischen Parlament legitimierten Annexionspolitik, die die Kompanie dazu befähigt, jeden indischen Staat, dessen Herrscher mangels Erben ein Nachfolgeproblem hat oder der sich als "inkompetent" erweist, zu übernehmen.
Im Windschatten der Fremdherrschaft erblüht die Neugier der europäischen Wissenschaften auf den
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Vielvölkerstaat. Unzählige britische und auch unter preußischer Flagge stehende Expeditionen, Forschungsreisende mit geologischem, botanischem oder "rassenkundlichem" Interesse ziehen los, um den Kontinent zu vermessen. Viele werden nicht zurückkehren. Diejenigen, denen es gelingt, bringen Landkarten, Schädel und Mineralien zurück nach Hause. Ihre Erkundungen schaffen Wissen für das Empire und damit Macht für imperiale Eroberungen.
Unter den Forschungsreisenden sind auch die bayerischen Brüder Schlagintweit, deren historischer Expedition sich Christopher Kloebles Roman "Das Museum der Welt" annimmt. Hermann, Adolph und Robert sind schon in jungen Jahren profilierte Wissenschaftler. Auf Empfehlung Alexander von Humboldts erteilt ihnen die East India Company den Auftrag zur Kartierung entlegener Regionen Indiens, die Kosten trägt der preußische König. Nur zwei der Brüder kehren drei Jahre später nach Berlin zurück, im Gepäck Tausende von Karten und Aquarellen sowie Gipsabdrücke von Gesichtern, die dem Ziel dienen, eine Taxonomie der indischen Ethnien aufzustellen.
Kloeble ist ein ausgezeichnet informierter Autor. Für seinen Roman hat er die Schriften der Schlagintweits und die Humboldts studiert und sich ausführlich mit Flora und Fauna Indiens beschäftigt. Dabei ist ihm wohl zugutegekommen, dass er, wie er häufig in Interviews zu Protokoll gibt, die Hälfte des Jahres in Neu-Delhi lebt. Auch für die Erzählperspektive hat er sich, nicht unbedingt zum Vorteil seiner Leser, Besonderes überlegt. "Es gibt genug Bücher, in denen aus Sicht eines westlichen Mannes beschrieben wird, wie er das Fremde erlebt", sagt Kloeble in einem Interview über den Roman. Deswegen hat er den Spieß umgedreht und die Expedition aus Sicht eines indischen Jungen erzählt.
Bartholomäus ist "mindestens zwölf Jahre alt", wie es im Buch heißt, und ein genialer Übersetzer genauso vieler Sprachen. Seinen unwahrscheinlichen Namen, die Eloquenz und wohl auch die manierierte Altklugheit hat er von einem opiumabhängigen bayerischen Jesuitenpater, der ihn in einem Bombayer Waisenhaus zum Medium für die westliche Welt erzieht. Der Jesuit ist Bartholomäus gewogen, unterrichtet ihn in Deutsch, Farsi, Englisch, Hindi, Gujarati und anderen Sprachen und erzählt von Kant, Schlegel und Schiller. Was der Geistliche weiß, aber vor dem Jungen geheim hält: Bartholomäus hat einen preußischen Vater, der als Soldat an der Seite der Briten gegen den indischen Widerstand kämpfte. Danach verließ er das Land und seine indische Frau, die den Jungen den Jesuiten übergab. Bartholomäus ist also ein "Indo-Europäer", wie es im Buch heißt, und dass er vielleicht nur deshalb aus der Menge der namenlosen Waisen, die "die Anderen" genannt werden, herausgepickt wurde, hinterlässt einen faden Beigeschmack, ist aber eine der unterschwelligen Botschaften des Buches: Eigenes bleibt uns stets das Nächste.
Bartholomäus, der brillante Übersetzer, wird von den Schlagintweits zur Unterstützung ihrer Expedition angeheuert. Er reist mit ihnen kreuz und quer über den Kontinent, von Bombay über Pune nach Kalkutta und schließlich nach Nordindien und Nepal. Für die Brüder macht er sich unentbehrlich, weil er nicht nur, wie er sagt, die Sprachen, sondern auch das Land übersetzt. Nebenbei füllt er in elaboriertem Deutsch ein Notizbuch mit eigenen Beobachtungen. Er hat das Ziel, Indiens erstes Museum der Objekte zu gründen, was die fiktive Strukturparallele zu dem unermüdlichen Erfassungsdrang der Wissenschaftler darstellt. Hier beginnen die sprachlichen und inhaltlichen Manierismen, die die über fünfhundert Seiten des Romans in eine zähe Lektüre verwandeln.
Wenn etwa Bartholomäus unwahrscheinliche Scheindialoge mit einem indischen Widerstandskämpfer über die Neutralität von Wissenschaft führt und darauf besteht, Humboldt sei "der größte Wissenschaftler unserer Zeit" und so zu achten wie "Mangos im perfekten Reifezustand". Ohnehin führt seine eifrige Begeisterung für den Westen zu einigen altersungemäßen Betrachtungen. Er sinniert über den schönen Klang des Wortes "Freundschaft". "Auf Deutsch hat mir dieses Wort immer am besten geschmeckt, besser noch als auf Hindi oder Marathi", und später: "Ist Schadenfreude nicht eines der besten deutschen Worte? Sie macht mein Herz groß." Wären dieser Stilblüten nicht so viele, könnte man von einer humoristischen Verkehrung kultureller Aneignung sprechen. Unfreiwillig heiter wird es da, wo Bartholomäus sich selbst als der größte unter den Kolonialherren erweist. Einmal stellt er fest, die geschätzte eifrige Köchin habe die Küche so rasch unter ihre Kontrolle gebracht wie die Briten ein indisches Königreich. Ein anderes Beispiel: die Freude des Jungen darüber, dass die Brüder Schlagintweit in ihrem wissenschaftlichen Weltaneignungsgestus alles benennen, was ihnen den Weg kreuzt. Bartholomäus lernt "Gelbnackenspecht", "Schwarznarbenkröte" oder "Kletternatter" und bilanziert stolz: "Mein Wortschatz wächst täglich." Hatten diese Tiere nicht schon eine Bezeichnung in einer der indischen Sprachen, derer er auch mächtig ist?
Doch Bartholomäus hat viele Seelen in seiner Brust. Neben der Fetischisierung westeuropäischer Hochkultur wird er nämlich geplagt von einem angeborenen Widerspruchsgeist gegen das, was die Brüder als Zivilisation verstehen, die "in der weißen Rasse am kräftigsten" blühe. So fragt er sich, was an einem breit aufgestellten Schienennetz zur Fortbewegung nach europäischem Vorbild wohl attraktiv sei. Schließlich würde dadurch das Leben durch die Schienen so festgelegt "wie von den Konstellationen der Sterne". Oder wenn er das Reisen in der Sänfte ablehnt und lieber zu Fuß geht, um "in Berührung mit Indien" zu bleiben. Dieser artifizielle Primitivismus klingt im Roman häufig an. Die Imago des friedlichen Exoten erinnert an den Disney-Kassenschlager "Pocahontas", in dem die britischen Kolonisatoren von der schönen Häuptlingstochter singend gebeten werden, das nordamerikanische "Farbenspiel des Winds" zu achten.
Literarische Fiktion kann jede Perspektive einnehmen. Und es ist nicht ausgeschlossen, dass jeder, der Talent hat, auch jede Perspektive erfinden kann. Was das angeht, hat Christopher Kloeble sich mit der Schilderung einer europäischen Forschungsreise in Kolonialzeiten aus der Sicht eines indischen Jungen eine schwierige Aufgabe vorgenommen. Wenn es das erklärte Anliegen des Autors ist, "all jenen eine Stimme" zu geben, "die damals auch dabei waren, und die bisher nie gehört wurden", dann scheitert er an seinem Anspruch. Denn sein Ausnahmeprotagonist steht eben nicht für die Ungehörten, sondern dient als geschwätzige Echokammer all jener Kolonialphantasmen, die der Roman vorgibt auf Distanz zu bringen. So weit von sich selbst entfernt wie Bartholomäus können nur schlecht ausgedachte Subalterne sprechen.
MIRYAM SCHELLBACH
Christopher Kloeble:
"Das Museum der Welt".
Roman.
dtv, München 2020. 528 S., geb., 24,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Unter den Forschungsreisenden sind auch die bayerischen Brüder Schlagintweit, deren historischer Expedition sich Christopher Kloebles Roman "Das Museum der Welt" annimmt. Hermann, Adolph und Robert sind schon in jungen Jahren profilierte Wissenschaftler. Auf Empfehlung Alexander von Humboldts erteilt ihnen die East India Company den Auftrag zur Kartierung entlegener Regionen Indiens, die Kosten trägt der preußische König. Nur zwei der Brüder kehren drei Jahre später nach Berlin zurück, im Gepäck Tausende von Karten und Aquarellen sowie Gipsabdrücke von Gesichtern, die dem Ziel dienen, eine Taxonomie der indischen Ethnien aufzustellen.
Kloeble ist ein ausgezeichnet informierter Autor. Für seinen Roman hat er die Schriften der Schlagintweits und die Humboldts studiert und sich ausführlich mit Flora und Fauna Indiens beschäftigt. Dabei ist ihm wohl zugutegekommen, dass er, wie er häufig in Interviews zu Protokoll gibt, die Hälfte des Jahres in Neu-Delhi lebt. Auch für die Erzählperspektive hat er sich, nicht unbedingt zum Vorteil seiner Leser, Besonderes überlegt. "Es gibt genug Bücher, in denen aus Sicht eines westlichen Mannes beschrieben wird, wie er das Fremde erlebt", sagt Kloeble in einem Interview über den Roman. Deswegen hat er den Spieß umgedreht und die Expedition aus Sicht eines indischen Jungen erzählt.
Bartholomäus ist "mindestens zwölf Jahre alt", wie es im Buch heißt, und ein genialer Übersetzer genauso vieler Sprachen. Seinen unwahrscheinlichen Namen, die Eloquenz und wohl auch die manierierte Altklugheit hat er von einem opiumabhängigen bayerischen Jesuitenpater, der ihn in einem Bombayer Waisenhaus zum Medium für die westliche Welt erzieht. Der Jesuit ist Bartholomäus gewogen, unterrichtet ihn in Deutsch, Farsi, Englisch, Hindi, Gujarati und anderen Sprachen und erzählt von Kant, Schlegel und Schiller. Was der Geistliche weiß, aber vor dem Jungen geheim hält: Bartholomäus hat einen preußischen Vater, der als Soldat an der Seite der Briten gegen den indischen Widerstand kämpfte. Danach verließ er das Land und seine indische Frau, die den Jungen den Jesuiten übergab. Bartholomäus ist also ein "Indo-Europäer", wie es im Buch heißt, und dass er vielleicht nur deshalb aus der Menge der namenlosen Waisen, die "die Anderen" genannt werden, herausgepickt wurde, hinterlässt einen faden Beigeschmack, ist aber eine der unterschwelligen Botschaften des Buches: Eigenes bleibt uns stets das Nächste.
Bartholomäus, der brillante Übersetzer, wird von den Schlagintweits zur Unterstützung ihrer Expedition angeheuert. Er reist mit ihnen kreuz und quer über den Kontinent, von Bombay über Pune nach Kalkutta und schließlich nach Nordindien und Nepal. Für die Brüder macht er sich unentbehrlich, weil er nicht nur, wie er sagt, die Sprachen, sondern auch das Land übersetzt. Nebenbei füllt er in elaboriertem Deutsch ein Notizbuch mit eigenen Beobachtungen. Er hat das Ziel, Indiens erstes Museum der Objekte zu gründen, was die fiktive Strukturparallele zu dem unermüdlichen Erfassungsdrang der Wissenschaftler darstellt. Hier beginnen die sprachlichen und inhaltlichen Manierismen, die die über fünfhundert Seiten des Romans in eine zähe Lektüre verwandeln.
Wenn etwa Bartholomäus unwahrscheinliche Scheindialoge mit einem indischen Widerstandskämpfer über die Neutralität von Wissenschaft führt und darauf besteht, Humboldt sei "der größte Wissenschaftler unserer Zeit" und so zu achten wie "Mangos im perfekten Reifezustand". Ohnehin führt seine eifrige Begeisterung für den Westen zu einigen altersungemäßen Betrachtungen. Er sinniert über den schönen Klang des Wortes "Freundschaft". "Auf Deutsch hat mir dieses Wort immer am besten geschmeckt, besser noch als auf Hindi oder Marathi", und später: "Ist Schadenfreude nicht eines der besten deutschen Worte? Sie macht mein Herz groß." Wären dieser Stilblüten nicht so viele, könnte man von einer humoristischen Verkehrung kultureller Aneignung sprechen. Unfreiwillig heiter wird es da, wo Bartholomäus sich selbst als der größte unter den Kolonialherren erweist. Einmal stellt er fest, die geschätzte eifrige Köchin habe die Küche so rasch unter ihre Kontrolle gebracht wie die Briten ein indisches Königreich. Ein anderes Beispiel: die Freude des Jungen darüber, dass die Brüder Schlagintweit in ihrem wissenschaftlichen Weltaneignungsgestus alles benennen, was ihnen den Weg kreuzt. Bartholomäus lernt "Gelbnackenspecht", "Schwarznarbenkröte" oder "Kletternatter" und bilanziert stolz: "Mein Wortschatz wächst täglich." Hatten diese Tiere nicht schon eine Bezeichnung in einer der indischen Sprachen, derer er auch mächtig ist?
Doch Bartholomäus hat viele Seelen in seiner Brust. Neben der Fetischisierung westeuropäischer Hochkultur wird er nämlich geplagt von einem angeborenen Widerspruchsgeist gegen das, was die Brüder als Zivilisation verstehen, die "in der weißen Rasse am kräftigsten" blühe. So fragt er sich, was an einem breit aufgestellten Schienennetz zur Fortbewegung nach europäischem Vorbild wohl attraktiv sei. Schließlich würde dadurch das Leben durch die Schienen so festgelegt "wie von den Konstellationen der Sterne". Oder wenn er das Reisen in der Sänfte ablehnt und lieber zu Fuß geht, um "in Berührung mit Indien" zu bleiben. Dieser artifizielle Primitivismus klingt im Roman häufig an. Die Imago des friedlichen Exoten erinnert an den Disney-Kassenschlager "Pocahontas", in dem die britischen Kolonisatoren von der schönen Häuptlingstochter singend gebeten werden, das nordamerikanische "Farbenspiel des Winds" zu achten.
Literarische Fiktion kann jede Perspektive einnehmen. Und es ist nicht ausgeschlossen, dass jeder, der Talent hat, auch jede Perspektive erfinden kann. Was das angeht, hat Christopher Kloeble sich mit der Schilderung einer europäischen Forschungsreise in Kolonialzeiten aus der Sicht eines indischen Jungen eine schwierige Aufgabe vorgenommen. Wenn es das erklärte Anliegen des Autors ist, "all jenen eine Stimme" zu geben, "die damals auch dabei waren, und die bisher nie gehört wurden", dann scheitert er an seinem Anspruch. Denn sein Ausnahmeprotagonist steht eben nicht für die Ungehörten, sondern dient als geschwätzige Echokammer all jener Kolonialphantasmen, die der Roman vorgibt auf Distanz zu bringen. So weit von sich selbst entfernt wie Bartholomäus können nur schlecht ausgedachte Subalterne sprechen.
MIRYAM SCHELLBACH
Christopher Kloeble:
"Das Museum der Welt".
Roman.
dtv, München 2020. 528 S., geb., 24,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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»Mit sprühendem Witz und auf so herzzerreißende wie tiefgründige Weise erkundet 'Das Museum der Welt' die Ambivalenz menschlicher Beziehungen in der Kolonialzeit.« Francesca Melandri
'Das Museum der Welt' von Christopher Kloeble ist ein schillernder Abenteuerroman. Thomas Neubacher-Riens Frankfurter Neue Presse 20201019
Die Geschichte der gewaltsamen Kolonisation großer Teile der Welt im neunzehnten Jahrhundert ist definitiv keine schöne und in ihr zeigt sich allzu oft der Gedanke der Ungleichwertigkeit von Menschen abhängig von der Herkunft, der Hautfarbe, der Religion etc.
Genau um so ein …
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Die Geschichte der gewaltsamen Kolonisation großer Teile der Welt im neunzehnten Jahrhundert ist definitiv keine schöne und in ihr zeigt sich allzu oft der Gedanke der Ungleichwertigkeit von Menschen abhängig von der Herkunft, der Hautfarbe, der Religion etc.
Genau um so ein Stück Geschichte handelt das vorliegende Buch. Der Waisenjunge Bartholomäus wird von drei deutschen Forschern engagiert, um sie als Übersetzer während ihrer Erkundungen und Forschungen in Indien zu unterstützen. Dabei wird deutlich, mit welchen absolut fragwürdigen Blick die drei Indien betrachten, wie die Unterdrücker_innen das indische Volk knechten und wie die katholische Kirche Waisenkinder meistbietend zur Vergewaltigung freigibt.
Das Buch ist definitiv interessant und spannend geschrieben, der Inhalt ist aber definitiv nichts für zarte Gemüter.
Wer gerne historische Bücher liest und sich für die massiven Gräueltaten der westlichen Verbrecher_innen in Indien interessiert wird hier in diesem Buch bestimmt viele gute Impulse erhalten.
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Autor Christopher Kloeble hat mit diesem Roman eine originelle Idee umgesetzt: Er schreibt über eine der größten Expeditionen Mitte des 19. Jahrhunderts, nämlich die der drei bayrischen Brüder Schlagintweit, die durch Unterstützung Humboldts Indien und den Himalaya …
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Autor Christopher Kloeble hat mit diesem Roman eine originelle Idee umgesetzt: Er schreibt über eine der größten Expeditionen Mitte des 19. Jahrhunderts, nämlich die der drei bayrischen Brüder Schlagintweit, die durch Unterstützung Humboldts Indien und den Himalaya bereisten und erforschten. Dabei stellt Kloeble den Brüdern den fiktiven indischen Waisenjungen Bartholomäus zur Seite, der enormes Sprachtalent besitzt und ihnen fortan als Dolmetscher dient.
Ein Junge als Protagonist und auktorialer Erzähler ist an sich nicht nicht besonders originell, wohl aber wie der Autor dies nutzt: Zum einen blitzt immer wieder ein ganz eigener Humor auf, etwa wenn der Junge eigene Bezeichnungen für Dinge erfindet, weil in seinen Augen die englischen Kolonialherren auch alles einfach so benennen, wie es ihnen beliebt.
Außerdem - und das ist eine große Stärke des Romans - verdeutlicht er dem europäischen Leser wie überheblich, oder besser gesagt: rassistisch und unmenschlich die Kolonialpolitik war. Und auch wie überheblich (und teils auch rassistisch) unser postkoloniales Denken immer noch ist.
Leider konnte mich die Geschichte aber nicht durchgehend fesseln. Zum einen lag das daran, dass der Autor unzählige Worte in Hindi verwendet, ohne dass diese in einem Glossar oder in Fußnoten übersetzt werden. Zwar kann man sich die meisten Begriffe aus dem Kontext grob erschließen, aber ich möchte gerne genau wissen, was ich lese. Daher habe ich die Worte online übersetzen lassen, was die Lektüre immer wieder unterbrochen und mich zunehmend genervt hat. Zum anderen habe ich leider nicht alle politischen Hintergründe verstanden, so dass ich etwas verloren war; hier wäre eine Zeittafel hilfreich gewesen. Stattdessen findet man eine historische Karte im Anhang, die jedoch leider von derart schlechter Druckqualität ist, dass man kaum etwas erkennen kann. Schade, es wäre durchaus interessant gewesen, die Route der Schlagintweits nachschlagen zu können.
In manchen Kapiteln kam Spannung auf, es gibt einige schöne Landschaftsbeschreibungen und interessante Charaktere. Allerdings habe ich mich auch oft gelangweilt, die Geschichte weist einige Längen auf. Protagonist Bartholomäus wirkt für einen "mindestens" 12jährigen reichlich altklug, und die Charakterisierung der Brüder Schlagintweit hätte ausführlicher ausfallen können.
Dennoch: Wer sich auf die Geschichte einlässt, wird mit einer anderen Sicht auf die Welt belohnt.
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Klappentext:
„Bartholomäus ist ein Waisenjunge aus Bombay, mindestens zwölf Jahre alt, und er spricht fast ebenso viele Sprachen. Deshalb engagieren ihn die deutschen Brüder Schlagintweit, die 1854 mit Unterstützung Humboldts zur größten Forschungsexpedition …
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Klappentext:
„Bartholomäus ist ein Waisenjunge aus Bombay, mindestens zwölf Jahre alt, und er spricht fast ebenso viele Sprachen. Deshalb engagieren ihn die deutschen Brüder Schlagintweit, die 1854 mit Unterstützung Humboldts zur größten Forschungsexpedition ihrer Zeit aufbrechen, als Übersetzer für ihre Reise durch Indien und den Himalaya. Bartholomäus folgt ihnen fasziniert, aber auch misstrauisch: Warum vermessen ausgerechnet drei Deutsche das Land? Warum sammeln sie unzählige Objekte, wagen sich ins unbekannte Hochgebirge, riskieren ihr Leben? Es ist doch schließlich seine Heimat – und er will der Mann werden, der das erste Museum Indiens gründet.“
Christopher Kloeble hat mit „Das Museum der Welt“ ein ganz besonderes Buch geschaffen! Wir dürfen mit dem Waisenjungen Bartholomäus in eine ganz andere Zeit reisen. Er nimmt uns mit und lässt uns nicht nur in seine kleine Kinderseele blicken, sondern auch wie die geschichtliche Situation der damaligen Zeit in Indien war. Es war die Zeit des Entdeckens, der Neugier und des großen Wissensdurstes. Mit den Brüdern Schlagintweit hat der kleine Junge sehr große und bekannte „Führer/Lehrer“ bekommen. Seine gewisse misstrauische Art konnte ich wirklich gut spüren beim lesen und auch nachvollziehen. Man lässt niemanden gern in sein Land in so einer ungewissen Zeit, alles schien wie das große Wohnzimmer Bartholomäus‘ und er musste sie gewähren lassen. Viele viele Fragen tauchen auf und diese werden sehr gekonnt und faszinierend beantwortet. Auch bei der Wortwahl und der Schreibweise war Kloeble nicht geizig. Er trifft zu jeder Zeit den Nerv des Lesers und erscheint nie langweilig. Gerade die Sichtweise des Jungen so zu nutzen war wirklich ein Highlight! Als wir dann auch noch seine Wünsche erfahren, hat er spätestens jeden Leser um den finger gewickelt. Man fiebert mit ob es wirklich von Erfolg gekrönt ist und wünscht dem Jungen einfach alles Glück der Welt!
Dieses Buch ist eine ganz besondere Zeitreise mit einem besonderen Protagonisten. Sehr sehr lesenswert und deshalb gibt es 5 von 5 Sterne!
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Eine Ode an die Verschrobenheit
Nämlich an die der drei bayerischen Brüder Schlagintweit, die in den 1850er Jahren in Indien auf den Spuren Alexander von Humboldts forschen wollten - und mehr noch an die des mindestens 12jährigen einheimischen Waisenjungen Bartholomäus, der …
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Eine Ode an die Verschrobenheit
Nämlich an die der drei bayerischen Brüder Schlagintweit, die in den 1850er Jahren in Indien auf den Spuren Alexander von Humboldts forschen wollten - und mehr noch an die des mindestens 12jährigen einheimischen Waisenjungen Bartholomäus, der sie auf ihrer Reise - teils als Übersetzer, teils als Maskottchen - begleitete.
Und unterwegs ein Museum schuf - eines in Schriftform nämlich. Und dabei viele, viele Details zum Alltag des Trains - wir würden heute wohl Treck sagen - festhielt. Ein ganz besonderer Roman, in dem die Sicht des indischen Jungen - und nur die seinige - maßgeblich ist.
Bei der es viele drollige Schlussfolgerungen zu genießen geben, es allerdings ebenso deutlich wird, wie erbarmungslos das Leben damals war - vor allem, aber nicht nur das Leben der Einheimischen. Wobei Bartholomäus trotz seiner Sprachfertigkeiten das untereste Glied an der Kette war.
Ein Roman über eine Tour, die tatsächlich stattgefunden hat, bei der jedoch vieles hinzu erfunden wurde. Und in dem es vor den zahllosen kleinen und köstlichen Ideen des Autors Christopher Kloeble nur so wimmelt.
Wobei man stellenweise einen langen Atem braucht und sich zudem damit abfinden muss, dass einiges ungeklärt bleibt. Ein Glossar zu den lokalen Begriffen, von denen nicht gerade wenige Eingang in die Handlung gefunden haben, sucht man nämlich vergeblich. Aber abgesehen von diesen eher kleinen Kritikpunkten habe ich diesen ausgesprochen ungewöhnlichen Roman sehr genossen!
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Klapptext:
Ein großer Abenteuerroman und ein unvergesslicher Held
Bartholomäus ist ein Waisenjunge aus Bombay, er ist mindestens zwölf Jahre alt und spricht fast ebenso viele Sprachen. Als Übersetzer für die deutschen Brüder Schlagintweit, die 1854 mit …
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Klapptext:
Ein großer Abenteuerroman und ein unvergesslicher Held
Bartholomäus ist ein Waisenjunge aus Bombay, er ist mindestens zwölf Jahre alt und spricht fast ebenso viele Sprachen. Als Übersetzer für die deutschen Brüder Schlagintweit, die 1854 mit Unterstützung Alexander von Humboldts zur größten Forschungsexpedition ihrer Zeit aufbrechen, durchquert er Indien und den Himalaya. Bartholomäus verfolgt jedoch einen ganz eigenen Plan: Er selbst möchte das erste Museum seines großen und widersprüchlichen Landes gründen. Dafür riskiert er alles, was ihm etwas bedeutet, sogar sein Leben.
Meine Meinung:
Ich hatte große Erwartungen an diesen Roman und ich wurde nicht enttäuscht.Der Autor hat mich mit dieser Lektüre sofort in den Bann gezogen.Die Seiten flogen nur so dahin.Und trotz des 500 seitigen dicken Buches lies es sich sehr angenehm lesen.
Ich habe den jungen Waisenknaben Batholomäus kennen gelernt.Gemeinsam mit ihm und den Brüdern Schlaginweit ging ich auf Forschungsreise quer durch Indien.Dabei erlebte ich viele interessante Momente.
Die Protagonisten wurden sehr gut beschrieben.Ich konnte sie mir klar und deutlich vorstellen.Es gab viele unterschiedliche Charaktere welche bestens ausgearbeitet wurden.Besonders sympatisch fand ich Barholomäus und habe ihn gleich in mein Herz geschlossen.Aber auch alle anderen Personen waren interessant.
Der Autor hat hier einen wirklich großartigen Roman geschrieben.Viele Szenen wurden sehr detailliert dargestellt und so war ich teilweise direkt im Geschehen dabei.In mir war Kopfkino.Vor meinen Augen sah ich die Expeditionsteilnehmer,die wunderschönen Landschaften von Indien und natürlich den Himalaya.Durch die sehr bewegende und zugleich fesselnde Erzählweise wurde ich förmlich in die Geschichte hinein gezogen.Diese wurde aus Sichtweise von Bartholomäus erzählt.Dadurch konnte ich mich in seine Gedankenwelt hinein versetzen und ihn verstehen.Das hat mir wahnsinnig gut gefallen.Auf der Forschungsreise gab es viel zu sehen,viel zu entdecken und ich war hautnah dabei.Besonders Bartholomäus der ein wirklich intelligenter und kluger Junge ist,hat mich begeistert.Er hinterfragt alles und ist sehr wissbegierig.Christopher Kloeble hat es hervorragend geschafft historische Fakten und Fiction in dieser Geschichte zu verbinden.Durch die sehr guten Recherchen habe ich viel Wissenswertes über die Forschungsarbeiten zu der damaligen Zeit erfahren.Auch das Thema" Sinn des Lebens und seine Bedeutung sowie Selbstfindung" hat der Autor geschickt in die Handlung eingebaut.Dadurch wird der Leser selbst zum Nachdenken angeregt.Das Buch ist einfach so fantastisch geschrieben das mir zur keiner Zeit langweilig wurde.Fasziniert haben mich auch die sehr ansprechenden bildhaften Beschreibungen der einzelnen Schauplätze.So hatte ich das Gefühl selbst an diesen Orten zu sein und alles mit zu erleben.Viel zu schnell war ich am Ende des Buches angekommen.Ich hätte noch ewig weiter lesen können.
Auch das Cover finde ich sehr gut gewählt.Es passt perfekt zu dieser Geschichte.Für mich rundet es das geniale Werk ab.
Ich hatte viele wundervolle und bewegende Momente mit dieser Geschichte.Natürlich vergebe ich glatte 5 Sterne.
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