Alois Hotschnig
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Der Silberfuchs meiner Mutter (MP3-Download)
Ungekürzte Lesung. 436 Min.
Sprecher: Berger, Wolfram
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Das einzige, was Heinz Fritz mit Gewissheit von seiner Mutter weiß, sind die Stationen ihrer ersten langen Reise: Oslo - Kopenhagen - Berlin - München - Hohenems. Verbürgt ist sie durch ein Schriftstück, das er sein Leben lang bei sich trägt: ein Dokument des SSLebensborn. Die Norwegerin hat sich mit dem Feind eingelassen. Und sie hat dem Falschen vertraut. Denn als sie in Österreich ankommt, wird sie nicht willkommen geheißen von der Familie ihres Verlobten, sondern abgewiesen. Zurück kann sie auch nicht, denn in Norwegen gilt sie nun als Kollaborateurin ... In einer großen, kompromi...
Das einzige, was Heinz Fritz mit Gewissheit von seiner Mutter weiß, sind die Stationen ihrer ersten langen Reise: Oslo - Kopenhagen - Berlin - München - Hohenems. Verbürgt ist sie durch ein Schriftstück, das er sein Leben lang bei sich trägt: ein Dokument des SSLebensborn. Die Norwegerin hat sich mit dem Feind eingelassen. Und sie hat dem Falschen vertraut. Denn als sie in Österreich ankommt, wird sie nicht willkommen geheißen von der Familie ihres Verlobten, sondern abgewiesen. Zurück kann sie auch nicht, denn in Norwegen gilt sie nun als Kollaborateurin ... In einer großen, kompromisslosen Selbstbefragung versucht der Erzähler des Romans - ihr Sohn -, die Rätsel seiner Herkunft zu lösen, die Wahrheit über seine Eltern freizulegen. Es ist eine Spurensuche, an deren Ende sich noch einmal alles dreht. Und eine zweite, "hellere" Version der düsteren Geschichte aufscheint. Ein großer Roman über Fremdsein und Selbstbehauptung und die lebensrettende Kraft des Erzählens.
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Alois Hotschnig, 1959 geboren in Kärnten, lebt als freier Autor in Innsbruck. 1992 wurde er beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb in Klagenfurt mit dem Preis des Landes Kärnten ausgezeichnet, im selben Jahr erschien sein Roman 'Leonardos Hände', für den er den Anna-Seghers-Preis erhielt. 2000 erschien sein zweiter Roman 'Ludwigs Zimmer'. 2002 wurde ihm der Italo-Svevo-Preis verliehen. Neben seinen Romanen verfasste er mehrere Erzählbände, zuletzt 'Im Sitzen läuft es sich besser davon' (2009). Für 'Die Kinder beruhigte das nicht' wurde er mit dem Erich-Fried-Preis ausgezeichnet, für sein erzählerisches Werk mit dem Gert-Jonke-Preis. 2022 erhielt er den Christine-Lavant-Preis. Die Bücher wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt.
Produktbeschreibung
- Verlag: argon
- Gesamtlaufzeit: 436 Min.
- Erscheinungstermin: 9. September 2021
- Sprache: Deutsch
- ISBN-13: 9783732456925
- Artikelnr.: 62501166
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Hymnisch bespricht Rezensent Paul Jandl den neuen Roman von Alois Hotschnig, der ihn in einen "perspektivischen Zauberkasten" blicken lässt. Angelehnt an die Geschichte des Schauspielers Heinz Fitz erzählt der österreichische Schriftsteller aus der Perspektive des Jungen, Sohn einer norwegischen, an Epilepsie erkrankten Schauspielerin und eines deutschen Wehrmachtssoldaten, den er nur zweimal im Leben zu Gesicht bekommt. Geführt von Hotschnigs lakonischer Sprache taucht der Kritiker ein in den "Orkus der Geschichte", liest von NS-Vergangenheit und Lebensborn-Heimen ebenso wie vom Leiden des Jungen unter der Krankheit der Mutter. Hotschnigs Einfühlungsvermögen verschlägt Jandl einmal mehr den Atem.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»In einer knappen, dichten und glasklaren Sprache entfaltet Hotschnig ein eindrucksvolles und zugleich bewegendes Zeitdokument, in dem sich sukzessive Puzzlesteine zu einem möglichen Mosaik zusammenfügen.« Maria Renhardt Die Furche 20221006
Der Ich- Erzähler Heinz erzählt rückblickend die Geschichte seiner Mutter, die mit ihm schwanger als "Nazi-Hure" auf den Hof ihres Verlobten nach Österreich fährt. Dort erwartet er sie jedoch nicht und stattdessen wird sie von seiner Familie verstossen. Anhand von …
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Der Ich- Erzähler Heinz erzählt rückblickend die Geschichte seiner Mutter, die mit ihm schwanger als "Nazi-Hure" auf den Hof ihres Verlobten nach Österreich fährt. Dort erwartet er sie jedoch nicht und stattdessen wird sie von seiner Familie verstossen. Anhand von gefundenen Aufzeichnungen verfolgt Heinz die jeweiligen Stationen bis zum Ende der Reise, an dem sie immer fremd und "die Norwegerin" blieb....
Für mich ist es erstaunlich, wie authentisch es der Autor Alois Hotsching (Jahrgang 1959) geschafft hat, den alten Mann Heinz von den Erlebnissen aus (Nach)Kriegszeiten erzählen zu lassen als wäre er selbst dabei gewesen bzw. schildere seine eigenen Erfahrungen. Die Umsetzung durch den Hörbuchsprecher Wolfram Berger ist dabei viel mehr als einfach gelungen - hier passen Geschichte und Stimme perfekt zusammen. Im Nachlass meines Grossvaters habe ich eine Kassette gefunden, in dem sein Freund seinen Werdegang nach der Kapitulation in der Festung Breslau bis in die 70er Jahre berichtete. Im Vergleich damit ist dieses Hörbuch, mit seinen Formulierungen, Pausen und (kurzen) Wiederholungen zum "Aufgreifen" des Fadens, absolut authentisch!!
Inhaltlich hat das Buch mich jedoch etwas enttäuscht, so begeistert ich von der realistischen Wiedergabe des Sprechers bin, so sehr fehlt mir die eigentliche Aussage. Vieles bleibt diffus und der Interpretation des Lesers überlassen. Ich würde dieses Buch deshalb nicht noch einmal lesen.
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Gebundenes Buch
„Nichts ist so wechselhaft wie Identität.“ (Stefan Hölscher)
1942. Die norwegische Krankenschwester Gerd Hörvold hat sich mit dem deutschen Soldaten Anton Halbleben eingelassen und ist schwanger geworden. Deshalb gilt sie in ihrer Heimat als Nazi-Hure als persona non …
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„Nichts ist so wechselhaft wie Identität.“ (Stefan Hölscher)
1942. Die norwegische Krankenschwester Gerd Hörvold hat sich mit dem deutschen Soldaten Anton Halbleben eingelassen und ist schwanger geworden. Deshalb gilt sie in ihrer Heimat als Nazi-Hure als persona non grata. Sie reist von Norwegen ins österreichische Hohenems, um bei Antons Familie unterzukommen, bis dieser aus dem Krieg zurückkehrt. Aber seine Familie will nichts von ihr wissen, auch Anton lässt sie fallen und bricht jeden Kontakt ab. Sohn Heinz wird Ende 1942 geboren und kommt erst in einem Lebensbornheim unter und danach in eine Pflegefamilie, wo ihn seine Mutter 1946 mit Hilfe des Roten Kreuzes wiederfindet und zu sich nimmt. Doch auch bei seiner Mutter, die erneut geheiratet hat, wird Heinz immer ein Außenseiter sein, denn sein Stiefvater lehnt ihn ab und auch die eigene Mutter hat nicht viel Liebe für ihn übrig. So irrt Heinz aufgrund der dauerhaften Ablehnung seines engsten Umfeldes viele Jahre durch sein Leben auf der Suche nach seiner wahren Identität, wird Schauspieler und erst im Alter von 60 Jahren unternimmt er einen neuen Versuch, seinen Wurzeln näher zu kommen…
Alois Hotschnig hat mit „Der Silberfuchs meiner Mutter“ einen sehr komplexen Roman vorgelegt, der mit einer berührenden Lebensgeschichte überzeugen kann, die sich aus Fiktion und Wahrheit zusammensetzt. Der Erzählstil ist emotional, wenn nicht gerade einfach zu lesen, spiegelt aber sehr gut die Zerrissenheit des Protagonisten Heinz wieder, der sein gesamtes Leben auf der Suche ist und dessen Erinnerungen mit Träumereien vermischt für den Leser eine Herausforderung darstellen. Oftmals wird man das Gefühl nicht los, der Autor habe seine eigenen Erfahrungen zu Papier gebracht. In Ich-Form erhält der Leser Einblick in die Erinnerungen des inzwischen gealterten Heinz, der innerhalb der Ehe seiner Mutter so einiges zu ertragen hatte: einen Stiefvater, der ihn zwar verachtet, aber ihn als Hilfskraft gern für sich arbeiten ließ. Die Mutter, die allen Fragen konstant aus dem Weg ging und ihm sogar Schuldgefühle verursachte, da sie immer epileptische Anfälle bekam, wenn er eine Aussprache wollte. Der leibliche Vater, der ihn als 16-jährigen verleugnet und ihm eine erlogene Geschichte vorgaukelt, um dann Jahrzehnte später endlich doch einzugestehen, dass Heinz sein Sohn ist. Heinz verarbeitet seine Erfahrungen als Schauspieler auf der Bühne, seine Seele jedoch findet dadurch kaum Linderung, zu schwer nagen die Ablehnung und die unbeantworteten Fragen an ihm. So wie Heinz wird es vielen in jener Zeit geborenen Kindern gegangen sein, die bei ihren Fragen immer wieder auf eine Mauer des Schweigens gestoßen sind und nur unter schwierigsten Bedingungen ihrem Ziel vielleicht ein Stück näher kamen.
Die Charaktere werden erst nach und nach für den Leser zugänglich, der die Geschichte zu Beginn mit Distanz liest. Doch je mehr er in die Erinnerungen von Heinz eintaucht, umso mehr kann er die Gefühlslage von Heinz nachvollziehen. Heinz ist ein zutiefst zerrissener Mensch, der seine Erfahrungen in seinen Rollen auslebt, um irgendwie damit umgehen zu können. Er fühlt sich seiner Identität beraubt, belogen und abgelehnt, ist jedoch mutig und stark genug, immer wieder Anlauf zu nehmen und den Dingen auf den Grund zu gehen. Seine Mutter ist eine verletzte Frau, die sich vor ihrem Sohn die Blöße nicht geben will, eine uneheliche Mutter zu sein und die Ausgrenzungen, deren sie ausgesetzt war, preiszugeben. Anton verleugnet fast sein ganzes Leben die Beziehung zu Heinz‘ Mutter und seine Vaterschaft, doch am Ende seines Lebens kommt ihm die Erkenntnis, dass er der Welt mit Heinz doch etwas hinterlässt.
„Der Silberfuchs meiner Mutter“ ist eine Suche nach der eigenen Identität und eine gleichzeitig Tragödie, die nach dem Krieg viele ereilt hat. Die Sprachlosigkeit der damaligen Generation, die Vorbehalte sowie die Härte gegenüber seinen eigenen Kindern sind schwer zu ertragen, doch sind sie ein Zeitzeugnis für eine ve
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Gebundenes Buch
„Der Silberfuchs meiner Mutter“ von Alois Hotschnig ist in vielerlei Hinsicht kein einfaches Buch. Nein vielmehr ist die Lebensgeschichte von Heinz, dem in Österreich geborenen Sohn einer norwegischen Mutter und eines Wehrmachtsoldaten, wirklich schwere Kost und der für mich …
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„Der Silberfuchs meiner Mutter“ von Alois Hotschnig ist in vielerlei Hinsicht kein einfaches Buch. Nein vielmehr ist die Lebensgeschichte von Heinz, dem in Österreich geborenen Sohn einer norwegischen Mutter und eines Wehrmachtsoldaten, wirklich schwere Kost und der für mich sehr sperrige Stil des Autors machte mir das Buch auch nicht zugänglicher. Die Grundlage für das Buch bildet das Leben des Schauspielers Heinz Fitz (der Protagonist heißt Heinz Fritz), allerdings sagte mir auch der Name nichts, ich bin bei österreichischen Mimen nicht besonders bewandert. Und ich gestehe, auch Alois Hotschnig war mir bis dato unbekannt.
Die Norwegerin Gerd Hörvold lernte als Krankenschwester den verletzten Soldaten Anton Halbleben kennen und lieben. Sie verloben sich, Gerd wird schwanger. In Norwegen kann sie nicht bleiben, dort ist sie als Liebschaft eines feindlichen Soldaten nicht sicher. Also reist sie mit einem Silberfuchs um den Hals, der ihr von ihrem Verlobten als Pfand gegeben wurde, von Kirkenes in Nord-Ost-Norwegen, heim ins Reich“. Die Hoffnung, dem ungeborenen Kind im vorarlbergischen Hohenems eine Familie bieten zu können, zerschlägt sich, aus Heirat und Familie wird nichts, wie schon in Norwegen stößt Gerd auf Ablehnung, bis zum Schluss wird sie in Österreich „die Norwegerin“ bleiben.
Als Heinz 1942 geboren wird, landet er erst in einem Lebensbornheim, dann in einer Pflegefamilie. 1946 findet seine Mutter ihn durch das Rote Kreuz wieder. Sie heiratet, Heinz bekommt einen Stiefvater, der ihn ablehnt und mit dem er nur den Nachnamen Fritz gemeinsam hat. Allenfalls wenn es darum ging, ihm beim Schlachten zu helfen, da war der Junge dem Mann der Mutter gut genug. Mit 16 Jahren sucht er Kontakt zu seinem leiblichen Vater, der ihn aber ebenfalls ablehnt. Er behauptet sogar, Heinz sei nicht sein Sohn, sondern der eines ertrunkenen Russen. Und selbst die Mutter glaubt, er sei im Heim vertauscht worden. Obwohl die beiden mit der Liebe zum Schauspiel etwas gemeinsam haben, ist die Mutter nicht immer gut zu ihrem Sohn, so streut sie ihm unerklärlicherweise Putzmittel über sein Essen.
So verbringt Heinz lange Jahre seines Lebens mit der Suche nach seiner Identität und seinen Wurzeln. Die unter epileptischen Anfällen leidende Mutter ist ihm bei den Nachforschungen keine Hilfe, „wann immer ich nach ihm fragte, kam wieder ein Anfall, und so habe ich nicht mehr gefragt. Den einzigen Halt findet Heinz im Schauspiel, anfangs weil er die Anfälle der Mutter erschreckend realistisch nachspielen kann. Mit 60 Jahren wagt er einen neuen Anlauf, seinen leiblichen Vater kennenzulernen und dann kommt plötzlich: „Du darfst Vater zu mir sagen“.
Eine Biografie oder gar Autobiografie ist das Buch nicht, obwohl es manchmal durch die Erzählung aus der Ich-Perspektive den Anschein erwecken mag. Es ist ein teils fiktiver Roman auf Basis einer realen Lebensgeschichte. Und die lässt sich schon allein durch den teils fragmentierten Erzählstil nicht einfach so „weglesen“. Dabei passt der Stil eigentlich sehr gut zu den Puzzleteilen, aus denen sich der Protagonist sein Leben zusammenbaut. Auf mich wirkte er aber eher sperrig und leserunfreundlich. Dazu die Ablehnung und Gewalt, die Heinz erleben muss und den Verlust seiner Identität, die er später mühsam wieder zusammensetzen muss – nein, das Buch ist keine leichte Lektüre. Mit dem Stil tat ich mich schon schwer, mit dem Inhalt aber noch mehr, vor allem mit dem, was sich an Gewalt und Kriegstraumata zwischen den Zeilen herauslesen lässt.
Für die Geschichte über einen, der im eigenen Leben fremd zu sein scheint, von mir wegen des für mich schwierigen fragmentierten Mololog-Stils und der teilweise diffus-vagen Andeutungen vier Sterne.
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Gebundenes Buch
Wahrheit gibt es ja sowieso nicht
In seinem neuen Roman «Der Silberfuchs meiner Mutter» erzählt der österreichische Schriftsteller Alois Hotschnig eine berührende Geschichte. «Dieses Buch gäbe es nicht ohne die Begegnung mit dem Schauspieler Heinz Fitz, der …
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Wahrheit gibt es ja sowieso nicht
In seinem neuen Roman «Der Silberfuchs meiner Mutter» erzählt der österreichische Schriftsteller Alois Hotschnig eine berührende Geschichte. «Dieses Buch gäbe es nicht ohne die Begegnung mit dem Schauspieler Heinz Fitz, der es mir erlaubt hat, entlang seiner Lebensgeschichte diesen Roman frei zu entwickeln», erklärt er in seiner Danksagung. Ich-Erzähler des Romans ist, wenig originell, Heinz Fritz, ebenfalls Schauspieler, der erst als Sechzigjähriger seinen richtigen Vater kennengelernt hat und zeitlebens auf den äußerst dürftigen Spuren seiner Herkunft das Schicksal seiner Mutter Gerda aufzuklären sucht.
Der einzige konkrete Beleg ist ein Dokument der Lebensborn-Organisation der SS, die in ihrem Arierwahn seine norwegische Mutter mit ihrem Sohn über Oslo, Kopenhagen, Berlin, München nach Hohenems in Vorarlberg geschickt hat, zur Familie seines Vaters. Der war Anfang 1942 als Obergefreiter verwundet nach Kirkenes im Norden Norwegens gekommen, sie war Krankenschwester dort und hatte sich mit dem Feind eingelassen. Das äußere Symbol ihrer Verbundenheit war der Silberfuchs, den Anton ihr dort geschenkt hat. Als sie dann schwanger wurde, hat ein Teil ihrer Familie sie als «Nazi-Hure» brüsk verstoßen. Aber auch in Hohenems ging es ihr nicht besser, die schöne Frau wurde von der österreichischen Familie ihres Geliebten als «Norweger-Hure» zunehmend abgelehnt, teils spielten allerdings auch religiöse Gründe eine Rolle dabei. Und sogar der leibliche Vater distanzierte sich plötzlich von ihr. Das Kind sei nicht von ihm, behauptete er, sondern von einem Russen, der ertrunken sei. Sie musste sich also allein durchschlagen, ein Zurück nach Norwegen gab es für sie als Kollaborateurin nun nicht mehr. Ende 1942 kam dann Heinz zu Welt, aus gesundheitlichen Gründen brachte sie ihn bei einem Bauern unter und sah ihn erst 4 Jahre später wieder. Als seine Mutter wieder heiratet, leidet Heinz sehr unter dem übergriffigen, sadistischen Stiefvater. Seinen leiblichen Vater aber hat er nur zweimal im Leben kurz gesehen, er hat jeden Kontakt abgelehnt.
Dieser Roman ist der breit angelegt Versuch des Ich-Erzählers, aus den offensichtlichen Lügen, ungeheuren Begebenheiten und aus den allerkleinsten Erinnerungs-Fetzen seine eigene Biografie zu rekonstruieren. Nicht nur seine Mutter, auch er selbst kommt in seelische Abgründe, begeht sogar unbeholfene Suizid-Versuche. Gleichwohl verbinden sie die Bücher, die Mutter liest ihm aus «Peer Gynt» vor, später auch aus «Andorra», und weckt damit sein Interesse an Literatur. Begeistert spielen sie einzelne Szenen nach, womit der berufliche Lebensweg von Heinz bereits vorgezeichnet ist. Er strebt eine Laufbahn als Schauspieler an und bereitet sich mit Hilfe seiner diversen Brot- und Butter-Jobs auf die Schauspiel-Schule vor.
«Bis ich mit sechzig Jahren, erst mit sechzig meinen richtigen Vater kennengelernt habe, diesen Anton Halbsleben in Hohenems, durch einen Theaterportier, der auch aus Hohenems war.» Unbekümmert um Grammatik verwendet Alois Hotschnig schon im ersten Satz eine holperige, häufig stockende, monologische Sprache. Die ist dazu angetan, dem Denken seines wurzellosen Helden einen Möglichkeits-Raum zu schaffen, um moralische und ethische Grenzen zu überwinden. «Wen lässt der Autor sprechen und wie» ist für Hotschnig die entscheidende stilistische Frage. In diesem düsteren und beklemmenden Psychogram geht es um die verzweifelte Suche eines zutiefst zerrissenen Menschen nach Liebe. Das Einzige übrigens, was zählt, denn Wahrheit gibt es ja sowieso nicht. Prompt wird das dann bestätigt, wenn ganz am Ende mit dem plötzlichen Auftauchen von Briefen der Mutter einige der bisherigen Gewissheiten ins Wanken kommen. Neben dem sperrigen Stil stören auch die seltsam blutleer bleibenden Figuren bei der Lektüre, was übrigens auch für beide Protagonisten gilt, vor allem aber ist ein nur rudimentäres Handlungsgerüst das größte Manko für den enttäuschten Leser.
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Gebundenes Buch
Ein Monolog über die Lücken im eigenen Leben
„Unsere gemeinsame Welt war aus ihrem Koffer gekommen, aus einem Buch und aus einer Geschichte über eine Mutter und ihren verlorenen Sohn. Diese Welt war von nun an unser Versteck, und eine ganze Welt als Versteck, das war schon …
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Ein Monolog über die Lücken im eigenen Leben
„Unsere gemeinsame Welt war aus ihrem Koffer gekommen, aus einem Buch und aus einer Geschichte über eine Mutter und ihren verlorenen Sohn. Diese Welt war von nun an unser Versteck, und eine ganze Welt als Versteck, das war schon nicht nichts.“ (Zitat Pos. 220)
Inhalt
Gerd Hörvold ist Norwegerin, verlobt mit dem deutschen Soldaten Anton Halbleben. Als sie schwanger wird, ist sie in ihrer Heimat nicht mehr sicher, sie ist die Nazi-Hure und muss Norwegen verlassen. Über Oslo und Berlin kommt sie nach Hohenems, wo sich Antons Familie um sie kümmern soll, so lange er noch im Krieg ist. Doch auch die Menschen hier lehnen sie ab, Anton behauptet, das Kind sein von einem unbekannten Russen und verbietet sich jeden Kontakt. Ende 1942 kommt ihr Sohn Heinz zur Welt, es folgen Kinderheim und Pflegefamilie. 1946 findet die Mutter Heinz durch das Rote Kreuz und sie ziehen nach Lustenau, immer wieder gibt es Unterbrüche durch die Epilepsie seiner Mutter. Die Frage, was damals wirklich geschehen ist, lässt Heinz nicht los, immer wieder begibt er sich auf der Suche nach Antworten auf die Frage, wer er wirklich ist, während er im Leben immer wieder ein eine neue Rolle gleitet. Als Kind und Jugendlicher flieht er in die Geschichten, die er selbst erfindet, später auf der Theaterbühne und im Film als Schauspieler.
Thema und Genre
Dieser Roman erzählt die Suche nach der Wahrheit über die eigenen Wurzeln, über die Geschichte seiner Mutter und die Frage, warum sein Vater und dessen Familie seine Mutter und ihn plötzlich ablehnen. Es geht um das Aufwachsen im ländlichen, engen Vorarlberg nach dem Krieg, um Armut und Vorurteile, um das beharrliche Schweigen einer Generation. Diese Geschichte handelt von den vielen möglichen Varianten von Erinnerung und Wahrheit.
Charaktere
Um von den Menschen, die ihn umgeben, Ruhe zu haben, hat Heinz schon früh gelernt, sich selbst als Rolle zu spielen.
Handlung und Schreibstil
Dieser Roman ist der Monolog eines nun alten Ich-Erzählers, seine Erinnerung in Verbindung mit den Erinnerungen anderer, die sie ihm erzählt haben. Es ist die Geschichte seiner Mutter und zugleich die Geschichte seines eigenen Lebens. Dies verbindet sich mit seinen Gedanken, Gefühlen, den Fragen, die er sich immer wieder stellt, warum er von seinem Vater und dessen Familie plötzlich verleugnet wurde. Seine Erfahrungen vernetzt er später mit den Rollen, die er im Theater und im Film spielt. Es sind harte, raue Bedingungen, unter denen er aufwächst und so ist es auch ein harter, rauer Text, in dem die schönen Erinnerungen und glücklichen Momente rasch von der Realität des Alltags überdeckt werden. Daran ändert sich für mich auch nichts, als gegen Ende noch ein Schwenk in eine mögliche, zweite Variante auftaucht, denn dies bleibt ein Fragment, lose Enden, offene Fragen zwischen Schein und Wirklichkeit. Auch die Sprache ist eine direkte und raue Umgangssprache, manchmal ausufernd, langatmig, wenn das erzählende Ich in den eigenen Gedanken und Geschichten versinkt.
Fazit
Die als Monolog geschilderte Suche nach der Wahrheit im Leben des 1942 geborenen Ich-Erzählers Heinz Fritz und seiner norwegischen Mutter Gerd. Eine tragische, harte Geschichte eines Lebens voller Lücken, die sich von Heinz trotz seiner intensiven Fragen nicht füllen lassen.
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