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Benutzername: 
Dreamworx
Wohnort: 
Berlin

Bewertungen

Insgesamt 1333 Bewertungen
Bewertung vom 22.04.2024
Ich verspreche, dich zu finden
Dobson, Melanie

Ich verspreche, dich zu finden


ausgezeichnet

Wer oder was für Dich bestimmt ist, wird immer seinen Weg zu Dir finden. – Unbekannt
1940. Aus ihrem Baumhausversteck müssen der 13-jährige Dietmar und die 10-jährige Brigitte aus ihrem Spielversteck heimlich beobachten, wie ihre Eltern von den Nazis verhaftet werden und damit ihre unbeschwerte Kindheit abrupt beendet wird. Auf sich allein gestellt machen sich die beiden Kinder auf den Weg über Belgien nach England zu Dietmars Tante, doch kaum auf englischem Boden, werden die beiden getrennt. Doch Dietmar schwört, Brigitte wiederzufinden.
2017 recherchiert die erfolgreiche Investigativjournalistin Quenby Vaughn gerade in einem alten Spionagefall aus dem 2. Weltkrieg, als sie über den Anwalt Lucas Hough das Angebot seines Mandanten, dem Amerikaner Daniel Knight, erreicht, eine vermisste Frau ausfindig zu machen. Dem Auftrag kann Quenby aufgrund der Informationen einfach nicht widerstehen, zumal sie bald feststellen muss, dass es Verbindungen zwischen ihrem Spionagefall und der Suche nach der vermissten Frau gibt…
Melanie Dobson hat mit „Ich verspreche, Dich zu finden“ einen sehr berührenden, facettenreichen historischen Roman vorgelegt, der den Leser nicht nur in die Vergangenheit eintauchen lässt, sondern ihn gleichzeitig Protagonistin Quenby an die Seite stellt, um mit ihr die Rätsel der Vergangenheit aufzudecken und miteinander zu verknüpfen. Der flüssige, farbenfrohe und empathische Erzählstil lässt den Leser wechselweise in die Kriegstage des vergangenen Jahrhunderts sowie in die Gegenwart des Jahres 2017 reisen. Der Leser erlebt die beiden Kinderfreunde Brigitte und Dietmar bei ihrem gemeinsamen Spiel und beobachtet dann die Verhaftung der Eltern, die Flucht sowie die Trennung der beiden. Die starke Verbindung zwischen den beiden Kindern ist allgegenwärtig und durch nichts zu trennen. Gleichzeitig schaut der Leser Quenby bei ihren Recherchen über die Schulter, wobei er auch Quenbys eigenes Schicksal immer mehr kennenlernt. Die Autorin schafft es hervorragend, ihre Handlungsstränge nach und nach miteinander zu verknüpfen, so dass sich das Kaleidoskop der Geschichte langsam zusammenfügt. Dabei lässt sie nicht nur die Grausamkeiten der Kriegszeit im Kopf des Lesers lebendig werden, sondern berührt auch dessen Herz mit den einzigartigen Schicksalen ihrer Protagonisten, wobei sie es keine Minute an Spannung fehlen lässt. Die Handlung führt den Leser auf eine Achterbahn der Gefühle, immer in der Hoffnung, dass sich Dietmar und Brigitte endlich wiedersehen werden. Der christliche Aspekt, der sich mit Schuld, Verlust, Vergebung, Neuanfang und Vertrauen in Gott beschäftigt, hält sich in diesem Roman sehr im Hintergrund.
Die Charaktere wurden liebevoll ausgearbeitet und mit authentischen menschlichen Zügen ausgestattet. Der Leser hängt sich sofort an ihre Fersen, um keinen Augenblick der Ereignisse zu versäumen. Dietmar ist ein hilfsbereiter mutiger, starker Junge/Mann, der auch wenn ihn Jahrzehntelang Schuldgefühle plagen, immer zu dem Wort steht, das er einmal gegeben hat. Brigitte muss lange ein schwieriges Schicksal ertragen und sehnt sich doch insgeheim immer nach ihrem alten Freund Dietmar. Quenby hat selbst einiges auf ihren Schultern zu tragen, doch lässt sie sich davon nicht unterkriegen. Sie ist ehrlich, offen und sehr akribisch, wenn es um ihre Arbeit geht. Lucas ist ein integrer Mann mit einer guten Prise Humor, auf den man sich verlassen kann.
„Ich verspreche, Dich zu finden“ besticht nicht nur mit einer spannenden, berührenden historischen Handlung, sondern überzeugt vor allem mit den intensiven Schicksalen der Protagonisten, die den Leser mitten ins Herz treffen. Spannung, gut dosierte Wendungen sowie die Arbeit an der Zusammensetzung der Schicksalsfäden machen diesen Roman zur absoluten Leseempfehlung!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 22.04.2024
The Fortunate Ones
Hokin, Catherine

The Fortunate Ones


ausgezeichnet

Nicht weil es schwer ist, wagen wir es nicht, sondern weil wir es nicht wagen, ist es schwer. – Seneca
1941-1956. Gerade erst 18 Jahre alt, ist die Zukunft der aus einer reichen Fabrikantenfamilie stammenden Inge Ackermann schon vorgezeichnet, denn ihr steht eine arrangierte Ehe mit dem 15 Jahre älteren Arzt Maximilian Eichel bevor, der noch dazu ein angesehenes Mitglied der NSDAP ist. Bevor Inge heiratet, lässt sie sich von ihrer Freundin Liesel zu einem nächtlichen Ausflug in ein Berliner Ballhaus überreden, wo sie auf den Druckerlehrling und Halbjuden Felix Thalberg trifft, der sofort ihr Herz erobert. Als die beiden sich trennen müssen, nennt Inge ihm zu ihrem eigenen Schutz einen falschen Namen, während Felix auf ein neues Treffen hofft. Inge sieht Felix erst im KZ Sachsenhausen wieder, wo sie mit ihrem Ehemann Max einen Rundgang macht. Die Begegnung ist nur kurz, denn Felix ist dort als Inhaftierter, während Inge die Ehefrau eines Lagerarztes ist. Doch sie reicht aus, um Felix das Leben fürs Erste zu retten und in der Druckerei des Lagers arbeiten zu lassen. Felix muss jeden Tag aufs Neue für sein Leben kämpfen, aber auch Inge muss eine harte Zeit überstehen. Werden sich Felix und Inge je wiedersehen?
Catherine Hokin hat mit „Alles Glück, das wir hatten“ einen sehr berührenden, historischen Roman vorgelegt, der dem Leser nicht nur das Schicksal zweier Menschen nahebringt, sondern auch in schonungsloser Art die Gräuel der Nazi-Zeit offenlegt. Der flüssige, bildgewaltige und emotionale Erzählstil bringt den Leser mitten in die Kriegsjahre des vergangenen Jahrhunderts, wo er abwechselnd mal an der Seite von Inge alias Helen, mal an der Seite von Felix steht und ihnen bei ihrem alltäglichen Leben über die Schulter sieht. Während man Inge dabei beobachtet, wie sie sich den Wünschen der gefühlskalten Eltern fügt und einen fast doppelt so alten Mann heiratet, der sie dann ebenfalls bevormundet und misshandelt, durchlebt der Leser bei Felix eine wahre Achterbahn der Gefühlswelt. Als Halbjude muss er nicht nur den Zusammenbruch seines Vaters und den Verlust seiner Eltern ertragen, er wird ebenfalls in ein KZ gesteckt, wo er Tag für Tag Folter über sich ergehen und ums Überleben kämpfen muss, bis er 1945 endlich von den Amerikanern befreit wird und sich ihm ein neues Leben eröffnet. Inge, die das wahre Gesicht ihres Ehemannes nur langsam erkennt sowie dessen unmenschlichen Behandlungsmethoden bei den Gefangenen herausfindet, sucht verzweifelt einen Ausweg, sich von Max zu befreien. Während der Leser Felix‘ schweren Weg emotional mitbegleitet, geht er zu Inge weitestgehend auf Distanz. Die Autorin schafft es sehr gut, beide Lebenswege mit dem historischen Hintergrund zu verknüpfen und viel Atmosphäre in die Geschichte zu bringen. Einige unvorhergesehene Wendungen bringen zudem Spannung hinein.
Die Charaktere sind realistisch ausgestaltet und besitzen glaubwürdige menschliche Eigenschaften. Der Leser hängt sich vor allem an Felix‘ Fersen, dessen Schicksal sehr zu Herzen geht. Felix ist ein liebenswerter, ehrlicher Mann, der mutig, stark und hilfsbereit ist, aber auch auf bestimmte Dinge sehr fixiert ist, die ihm den Blick auf anderes verstellen. Inge dagegen ist durchweg sehr naiv, wankelmütig und ohne jegliche Initiative. Erst in den letzten Kapiteln entwickelt sie sich zu einer starken Frau. Max Eichel ist ein manipulativer Widerling, der von der Nazi-Doktrin völlig verblendet ist und es genießt, andere klein zu halten und zu verletzen. Ebenso schrecklich sind Inges Eltern, wobei Mutter Gretes Kaltherzigkeit kaum zu überbieten ist.
„Alles Glück, das wir hatten“ ist ein sehr unterhaltsamer historischer Roman, der den Leser mit zwei Kriegsschicksalen durch eine wahre Gefühlsachterbahn schickt und ihn bis zum Ende an den Seiten kleben lässt. Absolute Leseempfehlung!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 22.04.2024
Eddas Aufbruch
Rösler, Beate

Eddas Aufbruch


gut

Manchmal musst du dich von etwas Altem trennen, um etwas Neues zu beginnen. - Unbekannt
1968. Die 19-jährige Edda stammt aus wohlhabendem Hause. Ihre Eltern haben ihre Zukunft schon verplant, doch Edda sehnt sich nach Freiheit und reist nach Paris, um dort für einige Zeit als Au-Pair zu arbeiten. Schon bald hat sie sich eingelebt und neue Freunde gefunden. Student Marcel lässt ihr Herz höher schlagen, allerdings ist der junge Mann voller Zorn und Hass auf alles Deutsche, was die sich anbahnende Beziehung immer wieder schwierig macht und auch in Edda den Wunsch weckt, mehr über ihre Eltern und deren Einstellung zum Nationalsozialismus zu wissen. Bisher sind diese ihr bei Fragen immer wieder ausgewichen, vor allem ihr Vater. Zurück im heimischen Frankfurt entdeckt Edda alte Feldpostbriefe ihres Vaters an ihre Mutter, die in Edda immer größere Fragen und Zweifel hervorrufen und sie diesen nachgeht. Als Marcel sie in Frankfurt besucht und Edda ihm von ihren Entdeckungen erzählt, muss ihre Beziehung durch eine harte Belastungsprobe. Marcel sinnt auf Rache, aber auch Edda muss einige Entscheidungen treffen…
Beate Rösler hat mit „Eddas Aufbruch“ einen unterhaltsamen historischen Roman vorgelegt, der in einer aufgeladenen Zeit in Deutschland verortet ist und sowohl die politischen motivierten Studentendemonstrationen als auch den von der jungen Generation gewünschten gesellschaftlichen Umbruch thematisiert. Der flüssige und bildhafte Erzählstil lässt den Leser schnell in die vergangene Zeit eintreten und sowohl die Demo gegen den Berliner Schah-Besuch als auch die Ermordung von Benno Ohnesorg hautnah miterleben. An der Seite von Edda reist der Leser mit nach Paris, beobachtet ihr Leben dort und vor allem die wachsende Beziehung zu Marcel, die Edda nachhaltig prägt. Marcels Hass auf alles Deutsche erklärt sich durch den Verlust der Mutter, die von den Nazis bei ihrer Arbeit im Widerstand ermordet wurde, was für Edda erst einen Kampf gegen Windmühlen bedeutet, aber dann zum eigenen Nachdenken und Hinterfragen zwingt. Die Sprachlosigkeit von Eddas Eltern verdeutlicht, wie sehr die damalige Generation eine Wand des Schweigens ob ihres eigenen Engagements in der Nazizeit aufbaute und die nachkommende Generation damit zusätzlich belastete, was die Gruppierung einer kriminellen Gruppe wie die RAF noch zusätzlich begünstigte. Die Autorin lässt den damaligen politischen Hintergrund gut in ihre Handlung einfließen, wenn diese auch teilweise recht langatmig sind und den Lesefluss etwas beeinträchtigen.
Die Charaktere sind mit menschlichen Ecken und Kanten versehen und wirken dadurch glaubwürdig und authentisch. Trotzdem kann der Leser keine richtige Nähe zu ihnen aufbauen und folgt ihnen als stiller Beobachter bei ihren Unternehmungen. Edda ist eine junge, sympathische Frau mit großem Freiheitsdrang hervorgerufen durch ihr sehr autoritäres Elternhaus. Sie ist gewitzt, aber oftmals auch sehr naiv, erst unter Marcels Einfluss stellt sie Dinge immer mehr in Frage. Marcel ist ein Mann voller Wut und Rachegedanken, die sich erst spät offenbaren und verdeutlichen, dass ihm die Gefühle anderer völlig egal sind. Eddas Ex-Freund Kai zeigt sich zu Beginn noch als ewiger Student, lustlos, nur auf sein Vergnügen bedacht, doch entwickelt er sich zu einem verlässlichen Mann.
„Eddas Aufbruch“ ist durchweg eine unterhaltsame Lektüre über eine Familiengeschichte mit gehütetem Geheimnis sowie der Generation der 60er Jahre mit gut recherchiertem historischem Hintergrund. Die sehr umfangreichen politischen Ausführungen führen leider oft zum Querlesen und zu einer eingeschränkten Leseempfehlung.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.03.2024
Sturmmädchen
Bernstein, Lilly

Sturmmädchen


ausgezeichnet

Den guten Steuermann lernt man erst im Sturme kennen. – Seneca
1933 Monschau/Eifel. Elli, Käthe und Margot kennen sich von klein auf. Sie sind enge Freundinnen, die alles miteinander teilen, vor allem ihre Lebensträume. Die Machtergreifung der Nationalsozialisten allerdings bringt nicht nur ihre Freundschaft gefährlich ins Wanken, auch ihre jeweiligen Zukunftspläne sind davon bedroht. Käthe lässt sich schnell von der Nazi-Ideologie einfangen, während Margot mit ihrer Familie als Juden plötzlich von der Gesellschaft geächtet und verfolgt wird. Und für Elli, die aufgrund einer Gehbehinderung sowieso schon dem Gespött der Bevölkerung ausgesetzt ist, wird jeder Schritt zu einem Spießrutenlauf. Trotzdem setzt sich gerade Elli für die Schwächeren ein und möchte vor allem ihrer Freundin Margot und deren Familie helfen, die immer mehr unter der braunen Herrschaft zu leiden haben. Wird die Freundschaft der drei Frauen diese harte Zeit überstehen oder kommt es zum endgültigen Bruch?
Lilly Bernstein hat mit „Sturmmädchen“ einen sehr spannenden Roman vor historischer Kulisse vorgelegt, der den Leser nicht nur in die dunkelste Zeit deutscher Geschichte zurückführt, sondern auch die Veränderung innerhalb einer Freundschaft aufzeigt, wenn sich durch gefährliche politische Ideologie das menschliche Verhalten ändert. Der flüssige, bildhafte und fesselnde Erzählstil ermöglicht es dem Leser, unsichtbar in die Mitte der drei Freundinnen seinen Platz zu finden, um dort ihre jeweilige Lebenssituation sowie deren Gedanken- und Gefühlswelt zu erkunden. Margot stammt aus einer wohlhabenden jüdischen Familie, die nach der Machtübernahme der Nazis immer mehr Repressalien, Anfeindungen und ständiger Angst ausgesetzt ist, am Ende sogar um ihr Leben fürchten muss. Käthe und ihre Familie haben sich von der Nazi-Propaganda regelrecht einlullen lassen, weshalb sie sich vor allem von ihrer Freundin Margot distanziert. Elli lebt allein mit ihrer Mutter Alma, die als Hebamme arbeitet und ihre Tochter aufgrund deren Handikaps immer beschützen möchte. Während die Autorin mit wohlgesetzten Pinselstrichen die Landschaft sowie deren Bewohner für den Leser zeichnet, macht sie auch nicht vor deren Veränderungen halt, die durch die Nazis immer mehr zutage treten. Da werden Nachbarn und Freunde auf einmal zu Feinden, niemand weiß mehr, wem er noch trauen kann, die Gesellschaft scheint regelrecht vergiftet, denn jeder möchte in diesen Zeiten möglichst unsichtbar sein und vor allem überleben, koste es, was es wolle. Bernstein erzählt nicht nur eine auf wahren Tatsachen beruhende Geschichte, sondern kann dem Leser die unterschiedlichsten Emotionen wunderbar vermitteln, indem sie die gesamte Klaviatur des Gefühlsbarometers ausspielt. Von der Handlung dermaßen gefesselt, kann man sich von den Seiten kaum trennen.
Die Charaktere sind liebevoll mit menschlichen Ecken und Kanten ausgestattet und glaubwürdig in Szene gesetzt. Der Leser fühlt sich vor allem Elli schnell sehr verbunden und heftet sich an ihre Fersen, um keinen Augenblick zu verpassen. Margot strahlt zu Beginn noch Optimismus aus, ist liebenswert und hilfsbereit, doch verliert sie ihre positive Weltsicht immer mehr, je schlimmer sie und ihre Familie zu leiden haben. Hat man als Leser Käthe am Anfang noch als Teil der Freundinnen betrachtet, rückt dieser Eindruck immer mehr in den Hintergrund, je mehr sie die Nazi-Ideologie verinnerlicht. Eigentlich ist sie als junge Frau ein Opfer, denn sie hat womöglich nicht die Kraft, sich gegen ihre Familie aufzulehnen. Umso mehr muss man Elli lieben und bewundern für ihre Warmherzig- und Menschlichkeit, für ihren Mut und ihre Stärke, alles für diejenigen zu tun, die ihr am Herzen liegen.
„Sturmmädchen“ begeistert nicht nur mit einer spannenden Geschichte um den Wert der Freundschaft, sondern brilliert auch durch einen wunderbaren Erzählstil, der den Leser atemlos und emotional berührt zurücklässt, wenn die letzte Seite gelesen ist. Absolute Leseempfehlung!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 13.03.2024
Töchter des Aufbruchs / Das Pensionat an der Mosel Bd.1
Pierre, Marie

Töchter des Aufbruchs / Das Pensionat an der Mosel Bd.1


ausgezeichnet

Erfahrung ist der Anfang aller Kunst und jedes Wissens. - Aristoteles
1910 Elsaß-Lothringen. Lehrerin Pauline Martin hat nach dem Tod ihrer Patentante die Leitung deren Pensionats für höhere Töchter übernommen und unterrichtet sie in einem modernen Stil, um ihnen Selbstbewusstsein und Eigenständigkeit zu vermitteln. Unter den Schülerinnen, die sowohl aus verschiedenen Landesregionen Deutschlands, Frankreich und Luxemburgs kommen, ist auch Paulines Nichte Suzette, die schon bald mit ihrer unbedachten Art das gesamte Pensionat in Aufruhr versetzt. Sie verabredet sich unerlaubt nachts mit einem Soldaten und verschwindet spurlos, was nicht nur Pauline und ihr Pensionat in Schwierigkeiten bringt, sondern auch den preußischen Hauptmann Erich von Pliesnitz auf den Plan ruft. Als auch noch der neue geheimnisvolle Gärtner Vincent ungewollt für einiges an Unruhe sorgt, muss endlich eine Lösung her, damit der Ruf des Pensionats nicht weiter leidet. Obwohl Pauline und von Pliesnitz unterschiedliche Auffassungen haben, müssen sie hier zusammenarbeiten. Ob es ihnen gelingen wird, alles aufzuklären und die Wogen zu glätten?
Marie Pierre alias Maria W. Peter hat mit „Töchter des Aufbruchs“ den Auftaktband ihrer neuen Pensionat-Trilogie vorgelegt, der den Leser nicht nur mit interessantem historischen Hintergrundwissen versorgt, sondern ihn einlädt, am sehr unterhaltsamen Pensionatsleben teilzunehmen. Der flüssige, farbenfrohe und gefühlvolle Erzählstil bringt den Leser sofort in die Vergangenheit, wo ihm die Türen zum Pensionat geöffnet werden. Während er sich unter den Schülerinnen und dem Personal tummelt, tritt nach und nach so manches Geheimnis zutage. Pauline hat alle Hände voll zu tun, ihren Schülerinnen nicht nur den Lehrstoff zu vermitteln, sondern muss sich nebenbei auch noch um die Erweiterung des Lehrpersonals kümmern, als eine Lehrerin kündigt. Nichte Suzette macht ihr mit ihrer aufsässigen Art das Leben schwer und droht, den Ruf des Pensionats und aller Bewohner in Misskredit zu bringen. Die unvermeidliche Hilfesuche bei Hauptmann von Pliesnitz ist Pauline zuerst äußerst unangenehm, doch je näher die beiden sich kennenlernen, umso mehr wissen sie den anderen zu schätzen. Währenddessen sucht der durch einen Schicksalsschlag traumatisierte Vincent Unterschlupf als Gärtner im Pensionat und wird ausgerechnet dort mit seiner Vergangenheit konfrontiert. Die Autorin versteht es meisterhaft, ihre kurzweilige, spannende Geschichte mit gut recherchierter Historie zu ummanteln, so dass der Leser das Gefühl hat, hautnah dabei und Teil der Handlung zu sein. Die geheimnisvollen Umstände fordern zum Miträtseln auf, während gleichzeitig die damaligen gesellschaftlichen Regeln und Normen allseits präsent sind.
Die Charaktere sind liebevoll ausgestaltet und in Szene gesetzt, sie überzeugen mit glaubwürdigen menschlichen Eigenschaften, so dass der Leser sich in ihrer Mitte sofort wohl fühlt und sich an ihre Fersen heftet. Pauline ist eine patente, herzensgute und weltoffene Frau, die sich ihre Selbständigkeit hart erkämpft hat. Sie liebt ihre Arbeit, besitzt viel Einfühlungsvermögen und eine natürliche Sensibilität für ihre Schützlinge, wobei sie auch eine führende Hand nicht vermissen lässt. Erich von Pliesnitz ist der typische Soldat mit Führungsqualitäten. Negative Erfahrungen mit dem weiblichen Geschlecht lassen ihn hart erscheinen, doch besitzt er einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn sowie eine angeborene Spürnase. Vincent Lehmann umweht zwar ein Geheimnis, doch er ist freundlich, rechtschaffend und fürsorglich. Suzette ist ein egoistisches, aufmüpfiges junges Ding, dass sich ihrer Taten gar nicht bewusst sein will, Hauptsache sie bekommt ihren Willen.
„Töchter des Aufbruchs“ ist ein wunderbarer Trilogiestart, der mit einer sehr unterhaltsamen Geschichte überzeugt, die nicht nur gut recherchierte Historie, sondern neben dem Pensionatsleben auch mit einiges an Spannung punkten kann. Absolute Leseempfehlung für ein echtes Highlight!

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 13.03.2024
Die Pension am Meer
Klassen, Julie

Die Pension am Meer


ausgezeichnet

Nichts in der Geschichte des Lebens ist beständiger als der Wandel. – Charles Darwin
1819 Devonshire. Familie Summer hofft, dass sich mit einem Umzug nach Sidmouth am Meer die Gesundheit der kranken Mutter bessert. Doch dann stirbt unerwartet der Vater, der seiner Frau und den vier Töchtern nur das Haus „Sea View“ hinterlässt. Damit die Familie nicht am Hungertuch nagen muss, beschließen Sarah und ihre drei jüngeren Schwestern Georgiana, Viola und Emily, das Haus zu einem Gästehaus zu machen und sich gleichzeitig um ihre Mutter zu kümmern. Schon bald ziehen die ersten Gäste in die Seepension und bereichern mit ihren Aufenthalten das Leben der Familie. Jede der Schwestern meistert die neue Herausforderung auf ihre Weise und entdeckt sich neu…
Julie Klassen hat mit „Die Pension am Meer“ den ersten Band ihrer neuen historischen Serie „Die Sea View-Schwestern“ vorgelegt, der den Leser nicht nur per Zeitreise in eine vergangene Epoche entführt, sondern mit einer warmherzigen und tiefgründigen Geschichte aufwartet, die den Leser in Herz und Seele trifft. Der flüssige, farbenfrohe und gefühlvolle Erzählstil beamt den Leser direkt ins 19. Jahrhundert, wo er sich als unsichtbarer Gast der Familie Summer in der Pension einmietet, um die Geschicke der Mutter nebst vier Töchtern mitzuerleben und die einziehenden Gäste zu begutachten. Als Älteste muss Sarah nach dem Tod des Vaters die Verantwortung für die restlichen Familienmitglieder übernehmen, obwohl sie selbst ganz eigene Sorgen und Nöte hat. Das Zuhause ihrer Familie zur Pension zu machen und für Fremde zu öffnen, ist ein großer Schritt, doch spült er dringend benötigte Einnahmen für den Lebensunterhalt aller in die Kasse. Ihre jüngere Schwester Viola, von Geburt an mit einem äußerlichen Makel gezeichnet, muss sich mit der neuen Situation erst anfreunden, doch je mehr sie die Herausforderung annimmt, umso mehr verändert sich ihr Leben ins Positive. Klassen hat das wunderbare Talent, mit wenigen Worten die damalige Zeit, die gesellschaftlichen Gepflogenheiten sowie die Atmosphäre der Epoche und die Lebensumstände sehr wirklichkeitsnah zu beschreiben, so dass dem Leser nicht nur ein unterhaltsames Kopfkino geboten wird, sondern er auch durch eine Achterbahn der Gefühle geht, während ihm das Schicksal der einzelnen Protagonisten offenbart wird. Obwohl die Geschichte keine großen Spannungsmomente enthält, fliegen die Seiten nur so dahin durch die verschiedenen zwischenmenschlichen Beziehungen und die Gedanken, Gefühle, Sorgen und Nöte der Protagonisten. Der christliche Aspekt wurde unaufdringlich, aber allzeit präsent, in die Handlung eingewebt und behandelt Themen wie Vergebung, Vertrauen in Gott und sich selbst sowie Hoffnung.
Die Charaktere wurden liebevoll ausgestaltet und überzeugen durch menschliche Ecken und Kanten. Ihre Authentizität lässt den Leser sich ihnen schnell anschließen und ihren Weg auf Schritt und Tritt begleiten. Sarah ist eine junge Frau, die eine große Verantwortung auf ihre Schultern lädt und sich liebevoll um alle kümmert. Dabei hat sie ihren eigenen Kummer in sich verschlossen, um nach außen stark zu sein. Viola, von Geburt an gezeichnet, hat sich mit einem Schleier vor der Welt versteckt. Doch je mehr sie mit anderen Menschen in Kontakt kommt, umso mehr verlässt sie ihr Schneckenhaus, wird mutig und stellt sich der Welt. Auch die Pensionsgäste mit ihren unterschiedlichsten Charaktereigenschaften bringen einiges an Unterhaltungswert in die Handlung.
„Die Pension am Meer“ überzeugt mit einem wunderschönen, atmosphärischen Erzählstil und einer warmherzigen Geschichte, die einmal mehr zeigt, dass man Neuanfänge mutig annehmen und in ihnen eine Chance fürs Leben sehen sollte. Absolute Leseempfehlung für zauberhafte Lesestunden!

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 13.03.2024
Sieben Helden für Penelope
Witemeyer, Karen

Sieben Helden für Penelope


ausgezeichnet

Es muss von Herzen kommen, was auf Herzen wirken soll. – J.W. von Goethe
1892 Texas. Penelopes Zuhause war das Waisenhaus, wo die Köchin ein Auge auf sie hatte. Nun als schöne, junge Frau ist sie auf sich allein gestellt und muss ihren Lebensunterhalt verdienen. Unscheinbar gekleidet nimmt sie eine Anstellung als Assistentin der berühmt-berüchtigten Schauspielerin Narzissa LaBelle an. Leider funktioniert die Zusammenarbeit gar nicht gut aufgrund des bösartigen, exzentrischen Charakters von Madame LaBelle, die keinerlei Konkurrenz neben sich duldet und Penelope am liebsten um die Ecke bringen würde. Diese findet sich alsbald fast unbekleidet gefesselt an einem Baum mitten in der Wildnis wieder und wird von dem Ranger Titus Kingsley aus ihrer misslichen Lage befreit, der sie auf die Diamond-D-Farm seines Großvaters in Sicherheit bringt, der dort mit einigen alten Rangerfreunden in einer Art WG lebt. Schon bald ist Penelope der auserkorene Liebling aller Farmbewohner, nur Titus geht ihr aus dem Weg, hat er doch mit Frauen so manch negative Erfahrung gemacht. Als Penelope aber erneut Schwierigkeiten bekommt, gerät seine Zurückhaltung ins Wanken…
Karen Witemeyer hat mit „Sieben Helden für Penelope“ einen sehr unterhaltsamen historischen Roman vorgelegt, der den Leser per Zeitreise nicht nur in den Wilden Westen des 19. Jahrhunderts beamt, sondern dabei das Märchen „Schneewittchen“ in diesem Setting neu zum Leben erweckt. Der flüssige, bildhafte und empathische Erzählstil lässt den Leser schnell an Penelopes Seite gleiten, um sie und ihr Leben kennenzulernen sowie ihre Gedanken- und Gefühlswelt zu erkunden. Penelope hatte bisher nicht so viel Glück im Leben, immer wieder werfen andere ihr Knüppel zwischen die Beine, doch sie gibt nicht auf und stellt sich allen Problemen. Ihre Begegnung mit Titus und der Aufenthalt auf der Farm zwischen all den Senioren ist das Beste, was ihr passieren konnte. Endlich wird sie aufgrund ihres Wesens geschätzt und erhält eine Atempause, die leider nicht lange währt. Doch diesmal ist sie nicht allein, sondern hat eine Armee von alten Rangern hinter sich stehen, die sie zu beschützen versuchen. Nur Titus, selbst geschädigt durch schlechte Erfahrungen, braucht etwas länger, bis er sich schützend vor Penelope stellt. Witemeyer hat das wunderbare Talent, neben den landschaftlichen Gegebenheiten auch ihre unterschiedlichen Protagonisten so lebensecht zu gestalten, dass der Leser sie durch ein perfektes Kopfkino direkt vor sich sehen kann. Mitgehangen, mitgefangen, das betrifft auch die Gefühlsachterbahn, die der Leser während der Lektüre durchläuft. Neben einem gut dosierten Spannungslevel ist auch der christliche Aspekt geschickt in die Handlung eingearbeitet, der sich mit Oberflächlichkeit, Vergebung, Neuanfang und Gottvertrauen beschäftigt.
Die Charaktere sind liebevoll mit glaubwürdigen menschlichen Eigenschaften ausstaffiert, die den Leser sofort an sich zu binden wissen, der ihnen als unsichtbarer Schatten bei ihrem Abenteuer Leben über die Schulter sieht. Penelope ist eine freundliche, gutmütige Frau, die sich ihrer Schönheit gar nicht so sehr bewusst sein will. Sie vertraut lieber auf innere Werte. Titus ist ein rechtschaffender Mann, der allerdings einiges an Misstrauen in sich trägt und hart daran arbeiten muss, dies abzulegen. Madame LaBelle ist die personifizierte Boshaftigkeit, die vor nichts zurückschreckt, um ihr Ziel zu erreichen. Die Ranger sind ein buntgewürfelter liebenswerter Haufen, die aufgrund ihrer Lebenserfahrung das Gute im Menschen erkennen.
„Sieben Helden für Penelope“ ist ein wunderbar aufgemotztes Märchen mit Liebesgeschichte, Wild West Touch und vielen alltagstauglichen Weisheiten, das den Leser von der ersten Seite einfängt und bis zum Finale nicht mehr loslässt. Die Gebrüder Grimm hätten ihren Heidenspaß gehabt, so geht es auch dem Leser bei der Lektüre. Absolute Leseempfehlung für ein Lesehighlight!!!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 29.02.2024
There With You / Die Adairs Bd.2
Young, Samantha

There With You / Die Adairs Bd.2


sehr gut

Manch einer, der vor der Versuchung flieht, hofft doch heimlich, dass sie ihn einholt. – Giovanni Guareschi
Der exklusive schottische Privatclub Ardnoch Estate und ihre dort lebende Schwester Robyn sind das Ziel von Regan Penhaligon, ist sie doch auf der Flucht vor einem Stalker, der ihr das Leben bereits einmal zur Hölle gemacht hat und sie immer noch verfolgt. Aber bei ihrer Ankunft muss Regan erst einmal bei Robyn Buße tun, denn sie hat ihre Schwester sträflich im Stich gelassen und sich ewig nicht bei ihr gemeldet. Obwohl Robyn sauer auf Regan ist, kann sie ihr nicht lange böse sein, so dass auch Robyns Verlobter Lachlan Adair Regan Unterschlupf gewährt. Regan, die schon oft als Kindermädchen gearbeitet hat, springt bei Lachlans verwitwetem Bruder Thane ein und kümmert sich liebevoll um dessen zwei Kinder, die sie schnell ins Herz schließen, während Thane wieder voll ins Berufsleben einsteigt. Schon bald knistert es zwischen Thane und Regan, doch beide stemmen sich mit allen Mitteln dagegen, da es nur Probleme bereiten würde. Doch dann holt Regan ihre Vergangenheit ein, denn ihr Stalker ist ganz in der Nähe und bringt Menschen in Gefahr, die ihr ans Herz gewachsen sind…
Samantha Young hat mit „There with you” den zweiten Teil ihrer Adair-Reihe vorgelegt, der dem Auftaktband nicht nur an Spannung, sondern auch mit der Liebesgeschichte an Unterhaltungswert in nichts nachsteht. Der farbenfrohe, flüssige und gefühlvolle Erzählstil zieht den Leser sofort in die Handlung hinein, wo er durch wechselnde Perspektiven Regan und Thane sehr gut kennenlernt, aber auch Anteil an Robyns und Lachlans Leben nimmt. Regan hat Robyn sträflich vernachlässigt, sich nach deren Verletzung aus dem Staub gemacht und seither nicht gemeldet. Nachdem sie lange durch die Welt gegondelt ist, wird ihr aufgrund eines unschönen Ereignisses bewusst, dass sie selbst durch ihr Handeln ganz allein dasteht und ihre Angst allein nicht in den Griff bekommt. Die Versöhnung mit Robyn ist ihr eine Herzensangelegenheit, denn die Schwestern sind eigentlich eng miteinander verbunden. Aber Regan möchte auch ihre Unabhängigkeit behalten und nicht mehr von ihrer Angst beherrscht werden. Thane dagegen ist nach dem Tod seiner Frau alleinerziehend und möchte nun als Architekt wieder voll arbeiten und seine Kinder gut versorgt wissen. Auch er wird mit einem unschönen Ereignis aus der Vergangenheit konfrontiert, dass ihn womöglich eines seiner Kinder kostet. Regan und er kämpfen gemeinsam, dabei können sie die gegenseitige Anziehung nicht mehr verleugnen. Young verwebt ihre Liebes- und Familiengeschichte geschickt mit kriminalistischen Elementen und steigert die Spannung mit jeder gelesenen Seite. Der Leser ist mittendrin und hautnah dabei, was ihn das Buch kaum aus der Hand legen lässt.
Die Charaktere wirken mit ihren menschlichen Eigenschaften sehr lebendig und authentisch. Sie ziehen den Leser schnell in ihre Mitte, der ihnen nur zu gern bei ihren Unternehmungen über die Schulter schaut. Regan wirkt zu Beginn noch etwas sprunghaft, doch bald gewinnt der Leser den Eindruck einer verantwortungsvollen jungen Frau, die nicht nur ein Händchen im Umgang mit Kindern hat, sondern Missverständnisse, Probleme und Unannehmlichkeiten sofort aus der Welt räumen will. Thane ist ein liebevoller Vater, den ein gut gehütetes Geheimnis umweht und dem schnell die Sympathien zufliegen. Jedoch ist es gerade die Art und Weise, wie er mit Regan umspringt, die ihn Sympathiepunkte kostet. Robyn sowie Lachlan halten den Familienclan nebst ihren Freunden zusammen, wobei der eine oder andere sehr geheimnisvoll wirkt und man hoffentlich in weiteren Bänden noch die Hintergründe geliefert bekommt.
„There with you“ trumpft neben Freundschaft und einer Familiengeschichte mit einer Liebesgeschichte sowie jeder Menge Spannung durch Regans und Thanes Geheimnisse auf, die gemeinsam mit dem Leser aufgedeckt werden. Unterhaltsame Lesestunden mit schönem Kopfkino haben eine Leseempfehlung mehr als verdient!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 27.02.2024
Hopes Made of Pearls / Made of Bd.3
Schaper, Fam

Hopes Made of Pearls / Made of Bd.3


sehr gut

Wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren. - Bertolt Brecht
Schon immer träumte Lorena Kronenberger davon, einmal die Führung Münchner Luxuskaufhaus ihrer Familie anzutreten. Doch traditionsgemäß wird ihr Bruder die Leitung des Familienunternehmens übernehmen, während Lorena nach dem Wunsch ihrer Eltern heiraten und eine Familie gründen soll. Doch Lorena hat ihren eigenen Kopf und erreicht durch einige Vorschläge, dass sie probeweise die Leitung einer Abteilung übertragen bekommt. Ausgerechnet Milo, den sie an Silvesterabend kennengelernt hat, arbeitet aushilfsweise in dieser Abteilung, um seine Familie nach dem Tod seiner Mutter zu unterstützen. Sein Wunsch, Konditor zu werden, scheitert immer wieder daran, dass er bei jedem familiären Notfall alles stehen und liegen lässt, um sich um die Familie zu kümmern. Lorena und Milo wollen sich gegenseitig nur von ihrem jeweiligen Liebeskummer ablenken, doch dann kommen die beiden sich immer näher und auch im Kaufhaus unterstützen sie sich gegenseitig…
Fam Schaper hat mit „Hopes made of pearls” den Abschlussband ihrer Trilogie vorgelegt, der nicht nur mit einer turbulenten Lovestory, sondern auch mit wandelbaren Protagonisten aufwartet, deren Entwicklung gut nachvollziehbar ist. Der flüssige, bildhafte und gefühlvolle Erzählstil nimmt den Leser sofort für sich ein, der mal an der Seite von Lorena, mal an der von Milo deren jeweilige Familiengeschichte sowie deren Gefühls- und Gedankenwelt kennenlernt. Lorena steht, obwohl mit dem goldenen Löffel im Mund geboren, mit beiden Beinen im Leben und möchte endlich mit ihren innovativen Ideen die Familientradition brechen. Doch ihre Eltern legen ihr immer wieder Steine in den Weg, nehmen ihre Wünsche nicht ernst und wollen ihr nur ihre eigenen Vorstellungen aufzwingen. Milo dagegen hat nach dem Tod seiner Mutter eine riesige Verantwortung auf sich geladen, in dem er sich um seine kleineren Geschwister und um seinen nach einem Unfall gelähmten Vater kümmert. Immer, wenn in der Schule oder daheim etwas passiert, lässt er alles fallen und eilt nach Hause, um die Scherben zusammenzukehren. Das macht kein Arbeitgeber auf Dauer mit, und so wird es nichts mit einer abgeschlossenen Ausbildung oder einer festen Anstellung. Zwischen Lorena und Milo entsteht erst eine Art Zweckgemeinschaft, da beide ihre Ex-Partner vergessen wollen. Doch immer mehr wird deutlich, wie gut sich beide ergänzen, was sie nicht nur beruflich, sondern vor allem privat zusammenwachsen lässt. Schaper erzählt mit viel Empathie und Einfühlungsvermögen, dabei lässt im Kopf des Lesers die Handlung wie einen Kinofilm ablaufen. Oftmals möchte man beide Protagonisten kräftig schütteln. Themen wie Gleichberechtigung sowie Brechen von Traditionen werden überzeugend in die Handlung eingewebt.
Die Charaktere sind authentisch und glaubwürdig gestaltet, so dass der Leser sie gerne auf Schritt und Tritt begleitet. Lorena hat den Kopf voller Ideen, um den Umsatz des Kaufhauses zu steigern. Sie packt mit an, ist einfühlsam und pflegt ein gutes Verhältnis zu ihren Mitarbeitern. Doch privat stößt sie bei ihrer Familie ständig auf Widerstand und muss gegen Windmühlen kämpfen. Milo ist verantwortungsbewusst und fühlt sich auch irgendwie schuldig. Er unterdrückt seine eigenen Wünsche, um allem gerecht zu werden. Milos Vater ist ein netter Mann, jedoch macht er es sich leicht, die Verantwortung für die Familie auf seinen ältesten Sohn abzuwälzen. Lorenas Mutter ist eine schreckliche Frau, die mit ihrer Ignoranz das Leben ihrer Tochter zur Hölle macht.
„Hopes made of pearls“ unterhält mit einer romantischen Liebesgeschichte ebenso wie mit den Herausforderungen, denen sich die Hauptprotagonisten stellen müssen. Während die Seiten dahinsegeln, hat der Leser ein schönes Kopfkino. Verdiente Leseempfehlung!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 26.02.2024
Das Holz, aus dem wir geschnitzt sind
Spratte, Annette

Das Holz, aus dem wir geschnitzt sind


ausgezeichnet

„Der Zimmermann bearbeitet das Holz, der Schütze krümmt den Bogen, der Weise formt sich selbst.“ - Buddha

18. Jh. Westerwald. Schon als Kind liebt der sensible Karl die Schnitzerei, was ihm in der eigenen Familie viel Hohn und Spott einbringt, einzig sein Großvater Jakob macht ihm immer wieder Mut, seinen Weg weiter zu verfolgen und weiht ihn zudem in ein Geheimnis ein, dass Karl bewahren soll. Nach Jakobs Tod nehmen die Spannungen innerhalb der Familie dermaßen zu, was zu einem folgenschweren Unfall führt. Karl hält es nicht länger aus, und flüchtet mit seinem Hab und Gut, um sich andernorts allein ein eigenes Leben aufzubauen. Bei seinem Onkel Adam kann er schließlich unterkommen. Doch auch dort hält er es aufgrund einer weiteren Pechsträhne nicht lange aus. Als er in einem Kloster Unterschlupf findet, entdeckt er dort von seinem Großvater Jakob gefertigte Schnitzereien. Das ihm von Jakob anvertraute Geheimnis treibt Karl um, deshalb begibt er sich auf Spurensuche. Ob die Lösung Karls Leben endlich Ruhe und Glück bescheren wird?
Annette Spratte hat mit „Das Holz, aus dem wir geschnitzt sind“ einen wunderschönen und berührenden historischen Roman vorgelegt, der nicht nur durch seine unterschiedlichen Zeitebenen, sondern auch durch die Familiengeschichte mit seinen Parallelen eine spannende Lektüre verspricht. Der gefühlvolle, flüssige und empathische Erzählstil katapultiert den Leser schnell in die Vergangenheit, wo er sich mal an der Seite von Karl, mal 30 Jahre früher an Großvater Jakobs Seite wiederfindet, um ihren Lebensweg zu begleiten und ihr Schicksal mitzuverfolgen. Karl findet in seiner Familie keinerlei Rückhalt, wird von seinem Vater sowie den Brüdern schikaniert und belacht ob seiner Vorliebe für die Schnitzerei. Den einzigen Rückhalt erfährt Karl durch seinen Großvater Jakob, der ihn in seinem Talent bestärkt und ihm für sein späteres Leben mit der Einweihung in ein Geheimnis Rüstzeug mit auf den Weg gibt. Doch es braucht einige Schicksalsschläge und eine Reifung Karls, bis dieser aus dem ihm zuteil gewordenen Geheimnis seinen Nutzen ziehen kann. Rückblenden in Großvater Jakobs Vergangenheit legen offen, dass auch dieser mit einigem zu kämpfen hatte, aber sein Glaube seine Hoffnung auf das Leben genährt hat. Welch großes Geschenk Jakob Karl vermacht hat, begreift Karl erst viel später, als er sich daran macht, dass Vermächtnis seines Großvaters zu lüften. Erst danach ist er selbst fähig, die Dinge in einem anderen Licht zu sehen und dadurch sein persönliches Glück zu erfahren. Spratte vermag es hervorragend, den Leser mit ihrer Geschichte zu vereinnahmen und ihn während der Lektüre durch eine Gefühlsachterbahn zu schicken. Der christliche Aspekt wurde unaufdringlich in die Handlung mit eingewebt und thematisiert Gottvertrauen, Vergebung und Hoffnung.
Die Charaktere sind wunderbar gezeichnet und ziehen den Leser mit ihren glaubwürdigen Ecken und Kanten sofort an ihre Seite. Karl ist ein introvertierter, sensibler und feinfühliger Mann, der die Stille und die Arbeit mit Holz liebt. Er gibt nie auf und nimmt mutig alle Hürden, die ihm im Weg stehen. Er ist seinem Großvater Jakob sehr ähnlich, dessen Lebensweg viele Parallelen zu Karls aufzeigen. Beide Männer eint ihr tiefer Glaube und die Hoffnung, die sie nie verlieren. Auch Anna ist bemerkenswert, denn sie hält Karl auch während der Trennung die Treue und gibt die Hoffnung nie auf.
Der Titel „Das Holz, aus dem wir geschnitzt sind“ beschreibt genau das: jeder Mensch ist in all seinen Facetten einzigartig und liebenswert. Die traurige Familiengeschichte Karls und sein beschwerlicher Lebensweg, der ihn am Ende zur Ruhe kommen lässt sowie auch Jakobs Vergangenheit fließen hier wunderbar ineinander und bescheren dem Leser nicht nur Weisheiten für das eigene Leben, sondern unterhält zudem mit einer berührenden Geschichte vor historischem Hintergrund, die ihresgleichen sucht. Wunderbar erzählt – absolute Leseempfehlung!

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