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Frühjahr 1858: Ein Brief verlässt eine kleine Insel in den Molukken. Sein Ziel ist Südengland, sein Inhalt: ein Aufsatz über den Ursprung der Arten. Kaum ein Jahr später sorgt die Schrift für Aufsehen und wird bekannt als Theorie der Evolution. Doch nicht der Verfasser des Briefes, der Artensammler Alfred Russel Wallace, erntet den Ruhm dafür, sondern sein Empfänger, der Naturforscher Charles Darwin. Von Wallace bleibt lediglich eine nach ihm benannte Trennlinie der Arten im Malaiischen Archipel.Einhundertfünfzig Jahre später stößt der Museumsnachtwächter Albrecht Bromberg auf das...
Frühjahr 1858: Ein Brief verlässt eine kleine Insel in den Molukken. Sein Ziel ist Südengland, sein Inhalt: ein Aufsatz über den Ursprung der Arten. Kaum ein Jahr später sorgt die Schrift für Aufsehen und wird bekannt als Theorie der Evolution. Doch nicht der Verfasser des Briefes, der Artensammler Alfred Russel Wallace, erntet den Ruhm dafür, sondern sein Empfänger, der Naturforscher Charles Darwin. Von Wallace bleibt lediglich eine nach ihm benannte Trennlinie der Arten im Malaiischen Archipel.Einhundertfünfzig Jahre später stößt der Museumsnachtwächter Albrecht Bromberg auf das Schicksal des vergessenen Wallace. Er begibt sich auf seine Spuren und je länger er mit Wallace unterwegs ist, desto mehr zweifelt Bromberg an, ob alles so bleiben muss, wie es ist. Er fasst einen Plan, der endlich denjenigen ins Licht rücken soll, der bisher im Dunkeln war, und erkennt: Geschichte wird nicht gemacht, sondern geschrieben.Mit seinem Debüt ist Anselm Oelze ein philosophischer Abenteuerroman gelungen, ein literarisches Denkmal für die Außenseiter des Lebens und der Geschichte.
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"Anselm Oelze, geboren 1986 in Erfurt, studierte Philosophie, Politikwissenschaft und Philosophical Theology in Freiburg und Oxford. Nach seiner Promotion an der Humboldt-Universität zu Berlin forschte und lehrte er an der Universität Helsinki und an der LMU München. 2019 erschien bei Schöffling & Co. sein Debütroman "Wallace", mit dem er für den Debütpreis der lit.COLOGNE nominiert war. Er lebt als freier Schriftsteller mit seiner Familie in Leipzig."
Produktdetails
- Verlag: Schöffling & Co.
- Seitenzahl: 264
- Erscheinungstermin: 5. Februar 2019
- Deutsch
- ISBN-13: 9783731761518
- Artikelnr.: 54636614
Vom Ursprung der Unarten
Anselm Oelze will Darwins Kollegen Alfred Russel Wallace als Entdecker der Evolutionstheorie rehabilitieren.
Auch in Wissenschaft und Literatur gilt das harte Gesetz der natürlichen Selektion: Nur die Stärksten, Wendigsten und am besten Angepassten überleben, nicht die zarten, selbstgenügsamen Naturen mit ihren Beiß- und Schreibhemmungen. Und wer zuerst kommt, mahlt zuerst. So gilt heute Newton und nicht Leibniz als Pionier der Infinitesimalrechnung, Tesla und nicht Ferraris als Genie des Zweiphasenwechselstroms, Darwin und nicht etwa sein Zeitgenosse Alfred Russel Wallace als Vater der Evolutionstheorie. Dabei kann man über das Erstgeburtsrecht durchaus streiten. 1858 schickte Wallace
Anselm Oelze will Darwins Kollegen Alfred Russel Wallace als Entdecker der Evolutionstheorie rehabilitieren.
Auch in Wissenschaft und Literatur gilt das harte Gesetz der natürlichen Selektion: Nur die Stärksten, Wendigsten und am besten Angepassten überleben, nicht die zarten, selbstgenügsamen Naturen mit ihren Beiß- und Schreibhemmungen. Und wer zuerst kommt, mahlt zuerst. So gilt heute Newton und nicht Leibniz als Pionier der Infinitesimalrechnung, Tesla und nicht Ferraris als Genie des Zweiphasenwechselstroms, Darwin und nicht etwa sein Zeitgenosse Alfred Russel Wallace als Vater der Evolutionstheorie. Dabei kann man über das Erstgeburtsrecht durchaus streiten. 1858 schickte Wallace
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seinem verehrten Kollegen Darwin einen Aufsatz mit Beobachtungen und Gedanken zur natürlichen Zuchtwahl im Tierreich; ein Jahr später erschien Darwins "Ursprung der Arten". Darwin wurde weltberühmt, Wallace ist heute allenfalls noch Wissenschaftshistorikern bekannt als Entdecker der Wallace-Linie, die im Südpazifik die australische von der asiatischen Fauna trennt.
Darwin hat seinen jungen Kollegen durchaus gewürdigt, so wie Wallace umgekehrt nie schlecht über seinen Lehrmeister sprach. Aber es gab auch schon früh den bösen Verdacht, Darwin habe Wallace schamlos plagiiert, hintergangen oder jedenfalls um den verdienten Anteil am Ruhm betrogen. Ein solcher Fall von vergangenem Unrecht schreit nach den Gesetzen des Buchmarkts und der Opfer-Idealisierung heute nach postumer Wiedergutmachung, und so reiht sich jetzt auch ein junger deutscher Schriftsteller in die gar nicht so kleine Schar der angelsächsischen Wallace-Rächer ein: Anselm Oelze, 1986 in Erfurt geboren, derzeit noch Philosophiedozent in München, aber schon mit Ideen für drei oder vier Romane ausgerüstet.
In seinem Erzähldebüt lässt Oelze Wallace späte Gerechtigkeit widerfahren: Dass nur Darwin im kollektiven Gedächtnis überlebte, verdankt sich nicht dessen Genie oder auch Infamie, sondern Wallace' sympathischer Bescheidenheit und Schüchternheit. Zwei gelehrte Laien wollen den zu spät gekommenen Naturforscher mit einem "kleinen Schubs" rehabilitieren: Oelze mit seinem Roman und darin ein Wallace-Fan mit einem gefälschten Brief. "Selbstverständlich ist dies eine wahre Geschichte", heißt das Motto. Aber so einfach funktioniert verspätete Wahrheitskonstruktion nicht.
Oelzes Roman zerfällt in zwei nicht gerade innig verzahnte Hälften. Die eine erzählt, sichtlich auf den Spuren von Daniel Kehlmanns "Vermessung der Welt", das Leben und Streben eines verkannten Forschers aus dem 19. Jahrhundert: autodidaktische Studien, erste Forschungsreisen ins Amazonasgebiet, herbe Rückschläge (auf der Rückfahrt von Brasilien verlor Wallace durch einen Schiffsbrand fast alle 25 000 Objekte, die er in vierjähriger Arbeit gesammelt, erforscht und beschrieben hatte), neue Expeditionen, kleine Abenteuer und Anfechtungen in den traurigen Tropen. Oelze schmückt seine brav nacherzählte Wallace-Biographie mit Joseph-Conrad-Atmosphäre, etwas zu vielen Adjektiven (der paddelnde Indianer, der dösende Molukke, "der malaiische Maat in seiner ockergelben Puffhose") und Kapitelüberschriften wie aus einem barocken Schelmenroman ("Worin der junge Bärtige in Amazonien einen Sandfloh aus seinem Fuß entfernt, ein Krokodil verspeist, auf Eingeborene trifft und sich im Urwald verläuft"). Auf die Dauer nervt dieser altväterlich-neckische Tonfall mit seinen verschnörkelten Satzgirlanden und seinen Kaskaden nutzlosen Wissens über Primzahlen und Zikaden, die Geschichte der Kartenprojektionen oder die Erfindung des Gin Tonic. Oelzes Marotte, Wallace immer nur als "der junge Bärtige" auftreten zu lassen, soll vielleicht den Gegensatz zu dem vierzehn Jahre älteren, backenbärtigen Darwin herausarbeiten.
Der Autor scheint selbst gespürt zu haben, dass seinem Helden eine bartlose "Schattenfigur" guttäte - und so stellt er ihm in der Gegenwart einen ebenso weltfremden, ehrgeiz- und glücklosen Bücherschrat zur Seite: Albrecht Bromberg, Museumsnachtwächter, Pfeifenraucher und Mitglied der Elias-Birnstiel-Gesellschaft, einer Stammtischrunde alter Besserwisser und Antiquare. Bromberg stolpert im "Museum des Verworfenen" zufällig über Wallace und vergräbt sich immer tiefer in dessen Lebensgeschichte. Sein Plan, Wallace "eine postume Nachhilfe in Sachen Glück" zu gewähren, stößt freilich auf Unverständnis. Selbst Brombergs alter Jugendfreund plädiert als erfolgreicher Banker naturgemäß dafür, der Evolution nicht ins Handwerk zu pfuschen. "Die Geschichte ist geschehen, und ich fürchte, sie ist so zu akzeptieren, wie sie geschehen ist": Was sich in der Natur bewährt, überlebt und pflanzt sich fort; was zu schwach ist, wird zu Recht ausgemerzt.
Bromberg will sich mit diesem zynischen Fatalismus nicht zufriedengeben und durch einen gefälschten Brief Darwin nachträglich moralisch und wissenschaftlich ins Unrecht setzen. Oelze macht daraus eine Art "Schtonk"-Klamotte in der scientific community und verschenkt damit nicht nur das komische Potential, sondern auch die Pointe der natürlichen Zuchtwahl durch Scheitern und Versagen. "Wallace" ist eine anekdotenselige Schnurre, aber weder eine wissenschaftshistorische Pioniertat noch ein erzählerisches Meisterwerk: Die Figuren bleiben flach und konturlos, die theoretischen Schlussfolgerungen banal. Die Geschichte der Evolution muss jedenfalls nicht neu geschrieben werden. Wie in der Natur, so entpuppen sich auch in der Literatur oft "berühmt-berüchtigte Knaller am Ende als armselige, kleine Böllerchen".
MARTIN HALTER
Anselm Oelze:
"Wallace". Roman.
Verlag Schöffling & Co., Frankfurt am Main 2019.
263 S., geb., 22,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Darwin hat seinen jungen Kollegen durchaus gewürdigt, so wie Wallace umgekehrt nie schlecht über seinen Lehrmeister sprach. Aber es gab auch schon früh den bösen Verdacht, Darwin habe Wallace schamlos plagiiert, hintergangen oder jedenfalls um den verdienten Anteil am Ruhm betrogen. Ein solcher Fall von vergangenem Unrecht schreit nach den Gesetzen des Buchmarkts und der Opfer-Idealisierung heute nach postumer Wiedergutmachung, und so reiht sich jetzt auch ein junger deutscher Schriftsteller in die gar nicht so kleine Schar der angelsächsischen Wallace-Rächer ein: Anselm Oelze, 1986 in Erfurt geboren, derzeit noch Philosophiedozent in München, aber schon mit Ideen für drei oder vier Romane ausgerüstet.
In seinem Erzähldebüt lässt Oelze Wallace späte Gerechtigkeit widerfahren: Dass nur Darwin im kollektiven Gedächtnis überlebte, verdankt sich nicht dessen Genie oder auch Infamie, sondern Wallace' sympathischer Bescheidenheit und Schüchternheit. Zwei gelehrte Laien wollen den zu spät gekommenen Naturforscher mit einem "kleinen Schubs" rehabilitieren: Oelze mit seinem Roman und darin ein Wallace-Fan mit einem gefälschten Brief. "Selbstverständlich ist dies eine wahre Geschichte", heißt das Motto. Aber so einfach funktioniert verspätete Wahrheitskonstruktion nicht.
Oelzes Roman zerfällt in zwei nicht gerade innig verzahnte Hälften. Die eine erzählt, sichtlich auf den Spuren von Daniel Kehlmanns "Vermessung der Welt", das Leben und Streben eines verkannten Forschers aus dem 19. Jahrhundert: autodidaktische Studien, erste Forschungsreisen ins Amazonasgebiet, herbe Rückschläge (auf der Rückfahrt von Brasilien verlor Wallace durch einen Schiffsbrand fast alle 25 000 Objekte, die er in vierjähriger Arbeit gesammelt, erforscht und beschrieben hatte), neue Expeditionen, kleine Abenteuer und Anfechtungen in den traurigen Tropen. Oelze schmückt seine brav nacherzählte Wallace-Biographie mit Joseph-Conrad-Atmosphäre, etwas zu vielen Adjektiven (der paddelnde Indianer, der dösende Molukke, "der malaiische Maat in seiner ockergelben Puffhose") und Kapitelüberschriften wie aus einem barocken Schelmenroman ("Worin der junge Bärtige in Amazonien einen Sandfloh aus seinem Fuß entfernt, ein Krokodil verspeist, auf Eingeborene trifft und sich im Urwald verläuft"). Auf die Dauer nervt dieser altväterlich-neckische Tonfall mit seinen verschnörkelten Satzgirlanden und seinen Kaskaden nutzlosen Wissens über Primzahlen und Zikaden, die Geschichte der Kartenprojektionen oder die Erfindung des Gin Tonic. Oelzes Marotte, Wallace immer nur als "der junge Bärtige" auftreten zu lassen, soll vielleicht den Gegensatz zu dem vierzehn Jahre älteren, backenbärtigen Darwin herausarbeiten.
Der Autor scheint selbst gespürt zu haben, dass seinem Helden eine bartlose "Schattenfigur" guttäte - und so stellt er ihm in der Gegenwart einen ebenso weltfremden, ehrgeiz- und glücklosen Bücherschrat zur Seite: Albrecht Bromberg, Museumsnachtwächter, Pfeifenraucher und Mitglied der Elias-Birnstiel-Gesellschaft, einer Stammtischrunde alter Besserwisser und Antiquare. Bromberg stolpert im "Museum des Verworfenen" zufällig über Wallace und vergräbt sich immer tiefer in dessen Lebensgeschichte. Sein Plan, Wallace "eine postume Nachhilfe in Sachen Glück" zu gewähren, stößt freilich auf Unverständnis. Selbst Brombergs alter Jugendfreund plädiert als erfolgreicher Banker naturgemäß dafür, der Evolution nicht ins Handwerk zu pfuschen. "Die Geschichte ist geschehen, und ich fürchte, sie ist so zu akzeptieren, wie sie geschehen ist": Was sich in der Natur bewährt, überlebt und pflanzt sich fort; was zu schwach ist, wird zu Recht ausgemerzt.
Bromberg will sich mit diesem zynischen Fatalismus nicht zufriedengeben und durch einen gefälschten Brief Darwin nachträglich moralisch und wissenschaftlich ins Unrecht setzen. Oelze macht daraus eine Art "Schtonk"-Klamotte in der scientific community und verschenkt damit nicht nur das komische Potential, sondern auch die Pointe der natürlichen Zuchtwahl durch Scheitern und Versagen. "Wallace" ist eine anekdotenselige Schnurre, aber weder eine wissenschaftshistorische Pioniertat noch ein erzählerisches Meisterwerk: Die Figuren bleiben flach und konturlos, die theoretischen Schlussfolgerungen banal. Die Geschichte der Evolution muss jedenfalls nicht neu geschrieben werden. Wie in der Natur, so entpuppen sich auch in der Literatur oft "berühmt-berüchtigte Knaller am Ende als armselige, kleine Böllerchen".
MARTIN HALTER
Anselm Oelze:
"Wallace". Roman.
Verlag Schöffling & Co., Frankfurt am Main 2019.
263 S., geb., 22,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Eine fabulierstarke, spannende Spurensuche im Forschermilieu." rbb Inforadio
Gebundenes Buch
Gleich mit seinem Debütroman hat Anselm Oelze eine Geschichte ganz nach meinem Geschmack geschrieben:
Der Wissenschaftsroman erzählt in zwei Zeitebenen, zum einen Mitte des 19. Jahrhunderts vom britischen Forschungsreisenden Alfred Foster Wallace, zum anderen von einem Nachtwächter …
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Gleich mit seinem Debütroman hat Anselm Oelze eine Geschichte ganz nach meinem Geschmack geschrieben:
Der Wissenschaftsroman erzählt in zwei Zeitebenen, zum einen Mitte des 19. Jahrhunderts vom britischen Forschungsreisenden Alfred Foster Wallace, zum anderen von einem Nachtwächter in einem Naturkundemuseum, in nicht genauer bezifferter Jetztzeit.
Wallace formulierte im Roman wie im wahren Leben eine Abhandlung über eine neue Idee zur Entstehung der Arten. Er stand dazu im Briefwechsel mit Charles Darwin, der darauf hin seine eigene, praktisch identische Evolutionstheorie publizierte und seither als Vater ebendieser gilt.
Oelze hat die Geschichte nicht nur fundiert recherchiert, sondern daraus einen intelligent und witzig erzählten Plot entwickelt, der etliche g rundlegende Fragen des Lebens aufwirft. So zum Beispiel, was die Wahrheit ist, wann wir etwas für wahr halten, wie Forschung und Ruhm verknüpft sind und was im Leben (oder auch danach) zählt.
Oelzes Sprache ist sehr abwechslungsreich und fordert den Leser durchaus. Da kann sich ein Schachtelsatz mit zahlreichen Einschüben und Nebensätzen schon mal über zehn oder mehr Zeilen erstrecken. Gelungen ist in der historische Duktus in den Kapiteln, die in der Vergangenheit spielen. Hier vermittelt die gewählte Sprache Authentizität.
Schlaue Unterhaltung mit viel Diskussionsstoff, unbedingt lesen!
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Gebundenes Buch
Den meisten Menschen der Welt, die das Glück hatten und haben, eine Schule besuchen zu dürfen, ist Charles Darwin vermutlich ein Begriff. Der Begründer der Evolutionstheorie. Weniger bekannt dürfte den Meisten hingegen Alfred Russell Wallace sein, der praktisch parallel zu den …
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Den meisten Menschen der Welt, die das Glück hatten und haben, eine Schule besuchen zu dürfen, ist Charles Darwin vermutlich ein Begriff. Der Begründer der Evolutionstheorie. Weniger bekannt dürfte den Meisten hingegen Alfred Russell Wallace sein, der praktisch parallel zu den gleichen Ergebnissen gelangte, mit denen zeitlebens Charles Darwin verbunden ist.
Als Alfred Bromberg, Nachtwächter im Museum für Natur- und Menschheitsgeschichte, zufällig auf ein Foto von Wallace stößt und von einem befreundeten Antiquar dessen Lebensgeschichte erfährt, beginnt er auf eigene Faust Nachforschungen anzustellen, ob Darwins Ruhm nicht eigentlich Wallace zusteht. Kann er, Bromberg, ihm Gerechtigkeit widerfahren lassen?
Abwechselnd zu Brombergs Geschichte wird auch von Wallaces Leben erzählt, seinen Reisen nach Südamerika wie auch Asien. Der Autor besitzt einen herrlichen, leicht altertümlich liebenswürdigen Stil, der einem praktisch die gesamte Lesezeit ein Lächeln ins Gesicht zaubert. Ein richtiger Lesegenuss! („Umringt von den Kindern räumte er seine Kisten an Land. Ein kleines, langhaariges Mädchen befühlte zaghaft den groben Stoff seiner Hose, ein anderes grub, während er sich nach unten beugte, vorsichtig ihr dünnes Händchen in das haarige Knäuel unter seinem Kinn.“ Oder „… (er) wünschte, es würde sich in diesem Moment seine Diarrhö bemerkbar machen. Mit jenem Grummeln im Unterleib, das von außen so klang und sich von innen so anfühlte, als braue sich ein Gewitter zusammen.“)
In den Erzählungen über die beiden Männer finden sich neben manch naturwissenschaftlichen Abhandlungen (die problemlos zu lesen und zu verstehen sind) auch Exkurse zu philosophischen Gedanken: Was ist Gerechtigkeit? Gibt es sie überhaupt? Ist ein Mensch mehr wert als der andere? Stets sehr anschaulich und unterhaltsam geschrieben, was bei solchen Themen nicht unbedingt selbstverständlich ist.
Dennoch störte mich etwas. Die Beziehung Brombergs zu Wallace leuchtete mir während des Lesens immer weniger ein. Mir blieb unklar, weshalb diese historische Persönlichkeit einen solch großen Einfluss auf Brombergs Leben zu nehmen beginnt. Und so empfand ich den Zusammenhang der beiden Geschichten immer weniger glaubwürdig, fast schon aufgesetzt. Schade, denn beide Teile für sich genommen sind überaus lesenswert! Nichtsdestotrotz bleibt es eine empfehlenswerte Lektüre.
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Gebundenes Buch
„Wallace“ ist der Debütroman von Anselm Oelze. Er hat sich mit dem Leben und Wirken des Naturforschers Wallace beschäftigt, der vor mehr als 150 Jahren herausgefunden hat, weshalb die Dinge so sind, wie sie sind; Wallace hat beobachtet, wie Arten sich entwickeln und er war …
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„Wallace“ ist der Debütroman von Anselm Oelze. Er hat sich mit dem Leben und Wirken des Naturforschers Wallace beschäftigt, der vor mehr als 150 Jahren herausgefunden hat, weshalb die Dinge so sind, wie sie sind; Wallace hat beobachtet, wie Arten sich entwickeln und er war maßgeblich an der Evolutionstheorie beteiligt, ohne dass er mit seinem Wissen die Berühmtheit Darwins erlangt hätte, der zu gleicher Zeit wie Wallace mit denselben Forschungen beschäftigt war und sich den Ruhm dafür gesichert hat.
Der Autor ist der Frage nachgegangen, ob die Dinge – auch wenn sie so sind, wie sie sind – nicht auch ganz anders hätten sein können. Daraus ist dieser Roman entstanden.
Auf der einen Seite entführt Oelze den Leser in die Welt und in das Leben Wallace‘, zunächst in den Regenwald Brasiliens. Der Schreibstil ist der damaligen Zeit angepasst. Oft sind es lange Schachtelsätze, die erst gewöhnungsbedürftig, dann allerdings flüssig zu lesen sind. Durch blumig ausgeschmückte Sätze mit wunderbaren Worten, die es „in der richtigen Welt“ vielleicht gar nicht gibt, werden Komik und Tragik seiner Unternehmungen durchaus spürbar übermittelt und lassen mich gleichermaßen mitlachen, aber auch mitleiden. Ungewöhnlich ist, dass Wallace nicht mit seinem Namen genannt wird, sondern dass nur von „dem jungen Bärtigen“ und später von „dem Bärtigen“ die Rede ist. Das kam mir zu Beginn etwas merkwürdig vor, doch bald hatte ich mich nicht nur daran gewöhnt, sondern auch Gefallen daran gefunden, weil seine Besonderheit dadurch gut zum Ausdruck kam.
Die andere Seite führt in die Gegenwart. Hier ist es der Eigenbrödler Alfred Bromberg, ein sehr gewissenhafter, pünktlicher und ordnungsliebender Nachtwächter des Museums für Natur- und Menschheitsgeschichte. Es ist nur ein „Stolperer“ Brombergs, der ihn zufällig auf ein Foto blicken lässt, das ihm nicht mehr aus dem Kopf geht. Dieses Foto entdeckt er im Schaufenster des Antiquariats seines Freundes Schulzen. Schulzen hat so manche Eigenarten, ist aber durch seine eigene Art sehr liebenswert. Er weiß, dass das Foto Wallace zeigt, und versorgt Bromberg sogleich mit passenden Informationen und einem Buch. Nun ist es nur noch ein Katzensprung dahin, dass Bromberg für sich erkennt, dass es eine große Ungerechtigkeit ist, dass Wallace so gar nichts vom Ruhm seiner Forschungen abbekommen hat, und dass er, Bromberg, etwas unternehmen muss, um das richtigzustellen. Eine Idee, wie das funktionieren könnte, ist bald gefunden. Ehre, wem Ehre gebührt!
Gern empfehle ich dieses Buch. Es enthält eine wunderbare Geschichte, die für mich Realität und Fiktion – unterhaltsam und mit Wissenswertem gespickt – miteinander verbindet. Oelze selbst sagt: „Selbstverständlich ist dies eine wahre Geschichte“.
Das Buch, veröffentlicht von Schöffling & Co., ist auf edlem Papier gedruckt. Das Cover zeigt einen stark vergrößerten Käfer in schillernden Farben, der das Thema der Geschichte gut vertritt. Der Einband in der blauen Farbe, die sich auch in den Farben des Käfers wiederfindet, und ein Lesebändchen machen das edle Buch komplett.
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Gebundenes Buch
Wir wollten mal auf Großfahrt gehn'
bis an das End' der Welt.
Und auch, wenn dieses - was auch immer für jeden Einzelnen dahinter steckte - im 19. Jahrhundert für die meisten Menschen unerreichbar schien und auch war, gab es einige Wenige, die sich ganz weit fort wagten. Viele …
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Wir wollten mal auf Großfahrt gehn'
bis an das End' der Welt.
Und auch, wenn dieses - was auch immer für jeden Einzelnen dahinter steckte - im 19. Jahrhundert für die meisten Menschen unerreichbar schien und auch war, gab es einige Wenige, die sich ganz weit fort wagten. Viele von ihnen waren Händler. Und manche waren Forscher: Geographen, Geologen, Archäologen. Und zunehmend auch Artenforscher, im weitesten Sinne (heute durchaus gängigen) Sinne also Biologen. So wie der Bärtige, zunächst als der junge Bärtige tituliert.
Der Bärtige, der im gesamten Erzählverlauf nicht ein einziges Mal beim Namen genannt wird, dafür aber umso prominenter ganz vorn auf dem Buch, nämlich als Titel: das ist der Artensammler Alfred Russel Wallace, der Darwin in Bezug auf die Entwicklung der Evolutionstheorie um eine Nasenlänge voraus war. Was aber keiner weiß, weil er damit nämlich nicht an die Öffentlichkeit ging.
Im vorliegenden Roman jedoch verläuft die Entwicklung ein wenig anders, weil es nämlich einen zweiten Erzählstrang gibt um einen gewissen Bromberg, seines Zeichens Nachtwächter im Naturkundemuseum und streckenweise meine absolute Lieblingsfigur im Roman. Er nämlich entdeckt rein zufällig Wallace und dessen Werk und hat etwas vor - was, das erfahren Sie durch die Lektüre dieses Buches.
Ja, Bromberg und die Charaktere um ihn herum - ich habe sie wirklich geliebt und genossen, bis just dieser Erzählstrang streckenweise zu einer Räuberpistole verkam, die sich dergestalt entwickelte, dass es mir einfach zu viel wurde. Auch, wenn ich das Buch gern gelesen habe. Wirklich.
Da die Biologie eine exakte Wissenschaft ist, möchte ich meine persönliche Evaluation, nämlich die dieses Buches auch möglichst exakt, vielmehr akribisch genau, vollenden und es im Hinblick auf meine Abschlussbewertung nicht bei einer groben Schätzung belassen: ich vergebe exakt (!) 3,5 Punkte, Sterne, Käfer, Inseln oder was auch immer für dieses Buch - wo nicht anders möglich, runde ich großzügig auf.
Ich empfehle dieses Buch toleranten und geduldigen Freunden der Naturwissenschaften, weiter Reisen und verschrobener Menschen. Jenen, die sich für eigenartige Männerbünde, fremde Völker und seltsame Orte (nah und fern) interessieren, Bärtige (bzw. deren Erwähnung auf Schritt und Tritt) mögen und denen nicht bange wird, wenn der Protagonist auch mal selbst an sich herumdoktert. Lesern, die gewillt sind, hier und da mal ein Auge zuzudrücken. Vor allem, wenn es um den geradezu inflationären Gebrauch von Adjektiven, gerne auch solchen aus eigener "Werkstatt" geht und um extreme, nicht immer passende (aus meiner Sicht) Wendungen der Geschichte.
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Gebundenes Buch
„Selbst die größten Umwälzungen der Geschichte beginnen bekanntlich mit einer Kleinigkeit. Und selbst die kleinste Kleinigkeit ist kaum klein genug, um nicht doch am Ende eine große Wirkung zu zeitigen.“
Albrecht Bromberg arbeitet als Nachtwächter im Museum …
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„Selbst die größten Umwälzungen der Geschichte beginnen bekanntlich mit einer Kleinigkeit. Und selbst die kleinste Kleinigkeit ist kaum klein genug, um nicht doch am Ende eine große Wirkung zu zeitigen.“
Albrecht Bromberg arbeitet als Nachtwächter im Museum für Natur- und Menschheitsgeschichte. Um sich die monotone Arbeit ein wenig interessanter zu gestalten, pflegt er Kreuzworträtsel im Kopf zu lösen, Vokabellisten des Mordwinischen zu erstellen sowie sich um seine prächtige Sammlung Epiphyten zu kümmern. Den Feierabend lässt er für gewöhnlich mit vier Freunden ausklingen, die sich selbst die Elias-Birnstiel-Gesellschaft nennt. Hier wird, zur großen Erheiterung des Lesers, glühend über Berufe und dazugehörende IQ-Werte, Autoren und ihre Übersetzer sowie das Prinzip der natürlichen Selektion diskutiert. Brombergs eingefahrene Routine wird jäh von einer Fotografie gestört, über die er während einer seiner Museumsgänge stolpert. Auf dieser ist ein bärtiger Mann mit wissendem Schmunzeln im Blick zu sehen, das Bromberg nicht mehr loslässt. Wie er bei seinem befreundeten Antiquariatsbesitzer Schulzen alsbald erfahren soll, handelt es sich bei jenem um den Forschungsreisenden Alfred Russel Wallace, der gleichzeitig mit Darwin die Evolutionstheorie formulierte. In die Analen der Weltgeschichte ist jedoch nur Charles Darwin eingegangen. Warum ist dem allerdings so? Aufkeimender Gerechtigkeitssinn und ein immer stärker werdendes Pflichtgefühl lassen Bromberg den Weg der Wahrheitssuche und Wiedergutmachung einschlagen. Doch lässt sich die Geschichte tatsächlich umschreiben?
Parallel zu Brombergs Ermittlung lernt der Leser den Naturkundler und Forschungsreisenden Alfred Russel Wallace unmittelbar kennen. Er durchstreift mit ihm die Tropenwälder Brasiliens, jagt seltenen Schmetterlingsarten nach und wundert sich über Kakadus auf Lombok. Er kann nicht anders als dem Forscher, den Wissensdurst die Gefahren und Strapazen langer Reisen auf sich nehmen ließ, Bewunderung und Sympathie entgegen zu bringen. Weit entfernt vom Kehlmannschen Karikieren und Durch-den-Dreck-ziehen bedeutender historischer Persönlichkeiten, zeichnet Anselm Oelze ein einfühlsames Portrait eines Forschers, den die Geschichte auf ewig dazu verdammt hat in Darwins Schatten zu stehen. Ob den Mann, der die Einsamkeit liebte, das jedoch jemals gestört hat?
Anselm Oelze ist mit seinem Roman ein vielschichtiges Werk über Alfred Wallace und seine Zeit gelungen. Es besticht durch fundiertes Wissen, Sprachvirtuosität, lebhafte Figuren, spritzige Dialoge und Situationskomik. Gleichzeitig liefert sein Roman Denkanstöße zu wichtigen Themen wie der Frage nach Gerechtigkeit. Als romankompositorischen Missklang empfand ich lediglich den Weg, welchen Bromberg einschlägt, um Wallace zu dem wohlverdienten Platz in der Weltgeschichte zu verhelfen. Nach meinem Empfinden steht dieser in innerer Unstimmigkeit zum restlichen Werk. Sehr gut gefallen hat mir dagegen die deutliche sprachliche Trennung zwischen den Kapiteln, die Bromberg respektive Wallace gewidmet sind. In den Wallace-Kapiteln greift der Autor gekonnt die attributschwangere, verschachtelte Sprache der vergangenen Jahrhunderte auf. Markante Merkmale früherer Romane mit Wiedererkennungswert sind nicht zuletzt auch die kurzen Kapitelinhaltsangaben, die wir unter anderem aus Daniel Defoes „Robinson Crusoe“ oder Henry Fieldings „Tom Jones“ kennen, sowie das augenzwinkernde „Selbstverständlich ist dies eine wahre Geschichte“, das der Autor in Anspielung an die früher oftmals praktizierte Herausgeberfiktion an den Romananfang setzt. Nicht zuletzt ist Anselm Oelzes Roman somit als eine Art Hommage an die Literatur der vergangenen Jahrhunderte zu verstehen. Ich spreche hiermit gerne eine warme Empfehlung für diesen komplexen Roman aus!
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