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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
© Perlentaucher Medien GmbH
eines Eisbären
Als April dem Eisbären zum ersten Mal begegnet, erlebt das Mädchen etwas, das die Ästhetik-Theorie als das Erhabene bezeichnen würde: „Langsam hob sie den Blick. Und da am Strand, etwa fünfzig Meter von ihr entfernt, war das prächtigste Wesen, das sie je gesehen hatte.“ Ein männlicher Eisbär, etwas abgemagert, aber dennoch riesig, steht vor ihr. Er ist beeindruckend, gefährlich. Und er ist ganz allein. Die Freundschaft mit einem Tier ist ein klassischer Topos der Kinderliteratur. Aber die britische Autorin Hannah Gold macht daraus etwas Aufregendes und Zeitgemäßes. „Der letzte Bär“ handelt vom Klimawandel, von dessen Gefahr für die Tiere und von einer Kinderfantasie, die Gold so ernst nimmt, dass ihre eigentlich realistische Erzählung immer wieder ins Fantastische kippt: April reitet auf dem Bären über eine Polarinsel, er bringt ihr bei, wie man so brüllt wie er.
April lernt, mit ihm zu kommunizieren. Sie schafft das, weil sie ein besonders empathisches Kind ist. Fürs Reden mit Tieren ist das ein Vorteil. Ein Nachteil ist es, wenn man einen Vater wie Aprils hat. Er ist Meteorologe, ohnehin introvertiert und seit dem Tod von Aprils Mutter so in sich gekehrt, dass er seine Tochter kaum wahrnimmt. April versteht das und deshalb rebelliert sie nicht, sondern ergibt sich ihrer Einsamkeit, um den Vater zu schonen. Es ist das Drama des begabten Kindes.
Zusammen ziehen die zwei für ein Sommerhalbjahr auf die „Bäreninsel“. Die gibt es wirklich, sie liegt auf halbem Weg nach Spitzbergen, von Nordnorwegen aus gesehen. Trotz ihres Namens: Bären gibt es dort nicht. Das verschwundene Packeis hat sie vom Rest der Arktis abgeschnitten. Die Tiere kommen nicht mehr hin. Aber im Buch ist ein einziger übrig geblieben. Am Ende muss April allen Mut aufbringen, um ihn zu retten.
„Der letzte Bär“ ist eine wunderbare Abenteuergeschichte, voller Gefühl und Spannung. Illustriert hat sie der vielfach ausgezeichnete Grafiker Levi Pinfold mit beeindruckenden Bleistiftzeichnungen, die den Bären so zeigen, wie Hannah Gold ihn beschreibt: nicht als niedliches Knuddeltier, sondern als das Wilde, Majestätische schlechthin.
KATHLEEN HILDEBRAND
Hannah Gold: Der letzte Bär. Aus dem Englischen von Sylke Hachmeister. Von Hacht Verlag2022. 300 S., 18 Euro. Ab 10 Jahren.
Foto: Imago/Nature Picture Library
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