Claire Keegan
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Reichlich spät
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Freitag, der 29. Juli in Dublin. Das Wetter ist wie vorhergesagt, die Stadt vor Cathals Bürofenster liegt in gleißendem Sonnenschein. Nach einem scheinbar ereignislosen Tag mit Budgetlisten und Bürokaffee nimmt Cathal den Bus nach Hause. Die Landschaft zieht an ihm vorüber, die waldigen Hügel, auf denen er noch nie gewesen ist, und er denkt an Sabine. Die ein bisschen schielt und die gut kochen kann, die auch im Winter barfuß am Strand spazieren geht, die die Hügel besteigt. Die zu viel Geld ausgibt und zu viel Raum einnimmt und zumindest über die Hälfte von allem bestimmen will. Die ...
Freitag, der 29. Juli in Dublin. Das Wetter ist wie vorhergesagt, die Stadt vor Cathals Bürofenster liegt in gleißendem Sonnenschein. Nach einem scheinbar ereignislosen Tag mit Budgetlisten und Bürokaffee nimmt Cathal den Bus nach Hause. Die Landschaft zieht an ihm vorüber, die waldigen Hügel, auf denen er noch nie gewesen ist, und er denkt an Sabine. Die ein bisschen schielt und die gut kochen kann, die auch im Winter barfuß am Strand spazieren geht, die die Hügel besteigt. Die zu viel Geld ausgibt und zu viel Raum einnimmt und zumindest über die Hälfte von allem bestimmen will. Die Frau, mit der er hätte sein Leben verbringen können, wäre er ein anderer Mann gewesen.In dieser kleinen Geschichte eines gescheiterten Paares erzählt Claire Keegan vom großen Thema Misogynie. Und wie sie das tut: kein Wort überflüssig, jeder Satz von durchscheinender Klarheit. Meisterhaft!
Claire Keegan, geboren 1968, wuchs auf einer Farm in der irischen Grafschaft Wicklow auf. Sie hat in New Orleans, Cardiff und Dublin studiert. Im Steidl Verlag sind von der vielfach ausgezeichneten Autorin bereits die Erzählungsbände Wo das Wasser am tiefsten ist (2004) und Durch die blauen Felder (2008) (in einem Band: Liebe im hohen Gras, 2017), Das dritte Licht (2013/ 2022) und Kleine Dinge wie diese (2022) erschienen. Das dritte Licht wurde mit dem renommierten Davy Byrnes Award ausgezeichnet und gehört für die englische Times zu den 50 wichtigsten Romanen des 21. Jahrhunderts. Claire Keegan lebt in Irland. Hans-Christian Oeser, 1950 in Wiesbaden geboren, lebt in Dublin und Berlin und arbeitet als Literaturübersetzer, Herausgeber und Autor. Er hat u.a. William Makepeace Thackeray, Mark Twain, Virginia Woolf, D. H. Lawrence, F. Scott Fitzgerald, Maeve Brennan und Sebastian Barry übersetzt. Für sein Lebenswerk wurde er 2010 mit dem Heinrich Maria Ledig-Rowohlt-Preis ausgezeichnet. 2020 erhielt er den Straelener Übersetzerpreis der Kulturstiftung NRW.
Produktdetails
- Verlag: Steidl
- 2. Aufl.
- Seitenzahl: 64
- Erscheinungstermin: 16. Mai 2024
- Deutsch
- Abmessung: 216mm x 134mm x 12mm
- Gewicht: 200g
- ISBN-13: 9783969993255
- ISBN-10: 3969993253
- Artikelnr.: 69593016
Herstellerkennzeichnung
Steidl GmbH & Co.OHG
Düstere Straße 4
37073 Göttingen
mail@steidl.de
Perlentaucher-Notiz zur Dlf Kultur-Rezension
Claire Keegans kurze Geschichte "Reichlich spät" hat es Rezensentin Stephanie von Oppen angetan. Auf nur 60 Seiten schildert die irische Autorin die misslungene Liebesbeziehung zwischen dem alternden, nun allein in seinem Büro sitzenden Cathal und der Halbfranzösin Sabine, die ihn kurz vor der Hochzeit verlassen hat - denn Cathal haben, wie von Oppen resümiert, fatale Kindheitsmuster eingeholt. Mit der Prägung durch den geizigen, frauenverachtenden Vater belastet, konnte er der Partnerin laut der Rezensentin nicht mit Großzügigkeit und Toleranz begegnen. Keegans Schilderung dieses in überkommenen Geschlechterklischees befangenen Mannes ist für die Kritikerin auch deshalb interessant, weil sie noch heute präsente misogyne Strukturen bloßlegt. Die Rezensentin lobt vor allem, wie meisterhaft Keegan die "Kunst der Auslassung" praktiziere, und kann diese zurückhaltende Erzählung sehr empfehlen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Warum ist er nur so?
Claire Keegan stellt einen Frauenfeind
Cathal, ein Angestellter, sitzt in seinem Büro in Dublin, schaut aus dem Fenster und weiß nichts mit sich anzufangen. Er sieht "Kinder und üppige Blumenbeete", daran schließt sich die Überlegung an, "so vieles im Leben verlief reibungslos, ungeachtet des Gewirrs menschlicher Enttäuschungen und des Wissens, dass alles einmal enden muss" - ob Cathal das denkt oder die Erzählerin, bleibt offen. Cathal jedenfalls hätte allen Grund dazu, über Enttäuschungen und Endlichkeit nachzudenken, denn kurz zuvor, so wird bald deutlich, hat ihn seine Verlobte Sabine verlassen, und für just diesen Tag, an dem Keegans Text spielt, war eigentlich die
Claire Keegan stellt einen Frauenfeind
Cathal, ein Angestellter, sitzt in seinem Büro in Dublin, schaut aus dem Fenster und weiß nichts mit sich anzufangen. Er sieht "Kinder und üppige Blumenbeete", daran schließt sich die Überlegung an, "so vieles im Leben verlief reibungslos, ungeachtet des Gewirrs menschlicher Enttäuschungen und des Wissens, dass alles einmal enden muss" - ob Cathal das denkt oder die Erzählerin, bleibt offen. Cathal jedenfalls hätte allen Grund dazu, über Enttäuschungen und Endlichkeit nachzudenken, denn kurz zuvor, so wird bald deutlich, hat ihn seine Verlobte Sabine verlassen, und für just diesen Tag, an dem Keegans Text spielt, war eigentlich die
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Hochzeitsfeier vorbereitet worden.
Claire Keegans Erzählung "Reichlich spät", im Original 2022 und nun auf Deutsch bei Steidl erschienen, ist nur kurz - sie füllt netto knapp fünfzig luftig gesetzte Seiten des ausnehmend schön gestalteten Bandes. Aber sie tritt erkennbar an, mit ihren sparsamen Details das Drama eines Lebens und noch mehr zu beleuchten. Den Rahmen bildet Cathals Weg vom Büro, wo er unter den schwer zu deutenden Blicken der Kollegen die Form wahrt, zur Bushaltestelle und schließlich in die Wohnung, wo er die bereitgestellte Flasche Champagner in sich hineinkippt, vor dem Fernseher einschläft, aufwacht und ins Bett wankt, während er an seine Ex-Verlobte und andere Frauen denkt, die er mit einem sexistischen Kraftausdruck bedenkt - demselben Wort, das er der Französin Sabine gegenüber als zwar unter irischen Männern durchaus häufig verwendet bezeichnet hatte, das aber gleichwohl "nicht viel zu bedeuten" habe: "So reden wir halt."
Eingebettet in die Geschichte jenes Tages sind Erinnerungen Cathals an die Zeit mit Sabine, wobei seltsam blass bleibt, was beide aneinander finden. Sie treffen sich ein paar Mal, dann bleibt sie über Nacht, er fragt sie, ob sie bei ihm einziehen möchte, spricht von Kindern und kommt mit den Konsequenzen dieser Überlegungen nicht zurecht, etwa als ihm erst nach ihrem Umzug klar wird, dass er ihr ja Platz machen muss. Und auch die Ausgaben für ein gemeinsames Leben gefallen ihm nicht.
Es ist keine triviale Frage, wann diese Geschichte eigentlich spielt. Es ist ein Freitag, der 29. Juli, Lady Di ist schon tot, zudem sind Netflix und Mobiltelefone allgemein verbreitet - die Zeit der Handlung kann demnach nicht länger als zwei Jahrzehnte zurückliegen, eher weniger. Umso fassungsloser wird man beim Lesen, weil man viele von Cathals Vorstellungen, allen voran sein Frauenbild, eher in den Fünfzigern verortet hätte. Die Erzählerin, die insgesamt seine Perspektive einnimmt, gibt sich große Mühe, dies als Folge seiner Prägung durch die irische Gesellschaft zu erklären - er hat in seiner Familie gelernt, sich von Frauen bedienen zu lassen und es lustig zu finden, wenn seiner schuftenden Mutter am Abendbrottisch der Stuhl unter dem Hintern weggezogen wird, sodass sie mit den Tellern auf dem Boden landet.
Cathals Schuld aber, so die Erzählerin, ist es, die Zeichen nicht zu sehen und sein Verhalten nicht zu überdenken. Gelegenheit hätte er genug. "Falls ein Teil von ihm sich fragen wollte, wie er sich wohl entwickelt hätte, wäre sein Vater ein anderer Typ Mann gewesen und hätte nicht gelacht, so unterdrückte Cathal den Gedanken." Seinen Geiz hält ihm Sabine vor und identifiziert ihn als Kern aller Misogynie. Und selbst im Rahmen einer Busfahrt verweigert er die Begegnung mit einer neben ihm sitzenden Frau, die Roddy Doyles einschlägigen Roman "Die Frau, die gegen Türen rannte" liest, in dem Cathal einiges über familiär tradierte Frauenfeindlichkeit lernen könnte. Die Erzählerin konfrontiert ihn fast penetrant mit Warnhinweisen. An ihr liegt es nicht, wenn ihr Geschöpf nicht ist, wie es sein sollte.
All das gibt sich diskret, ist aber so dick aufgetragen, dass die Botschaft überdeutlich wird und letztlich auch die Glaubwürdigkeit der zentralen Figur beschädigt. Cathal wird vorgeführt und angeprangert, gerade indem seine Perspektive eingenommen wird, ohne dass wir ihm tatsächlich näher kämen. Immerhin taugt die Erzählung als Beispiel dafür, was passiert, wenn man Protagonisten eine literarische Bühne bereitet, ohne sie letztlich zu respektieren. TILMAN SPRECKELSEN
Claire Keegan: "Reichlich spät". Erzählung.
Aus dem Englischen von Hans-Christian Oeser. Steidl Verlag, Göttingen 2024. 64 S., geb., 16,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt am Main.
Claire Keegans Erzählung "Reichlich spät", im Original 2022 und nun auf Deutsch bei Steidl erschienen, ist nur kurz - sie füllt netto knapp fünfzig luftig gesetzte Seiten des ausnehmend schön gestalteten Bandes. Aber sie tritt erkennbar an, mit ihren sparsamen Details das Drama eines Lebens und noch mehr zu beleuchten. Den Rahmen bildet Cathals Weg vom Büro, wo er unter den schwer zu deutenden Blicken der Kollegen die Form wahrt, zur Bushaltestelle und schließlich in die Wohnung, wo er die bereitgestellte Flasche Champagner in sich hineinkippt, vor dem Fernseher einschläft, aufwacht und ins Bett wankt, während er an seine Ex-Verlobte und andere Frauen denkt, die er mit einem sexistischen Kraftausdruck bedenkt - demselben Wort, das er der Französin Sabine gegenüber als zwar unter irischen Männern durchaus häufig verwendet bezeichnet hatte, das aber gleichwohl "nicht viel zu bedeuten" habe: "So reden wir halt."
Eingebettet in die Geschichte jenes Tages sind Erinnerungen Cathals an die Zeit mit Sabine, wobei seltsam blass bleibt, was beide aneinander finden. Sie treffen sich ein paar Mal, dann bleibt sie über Nacht, er fragt sie, ob sie bei ihm einziehen möchte, spricht von Kindern und kommt mit den Konsequenzen dieser Überlegungen nicht zurecht, etwa als ihm erst nach ihrem Umzug klar wird, dass er ihr ja Platz machen muss. Und auch die Ausgaben für ein gemeinsames Leben gefallen ihm nicht.
Es ist keine triviale Frage, wann diese Geschichte eigentlich spielt. Es ist ein Freitag, der 29. Juli, Lady Di ist schon tot, zudem sind Netflix und Mobiltelefone allgemein verbreitet - die Zeit der Handlung kann demnach nicht länger als zwei Jahrzehnte zurückliegen, eher weniger. Umso fassungsloser wird man beim Lesen, weil man viele von Cathals Vorstellungen, allen voran sein Frauenbild, eher in den Fünfzigern verortet hätte. Die Erzählerin, die insgesamt seine Perspektive einnimmt, gibt sich große Mühe, dies als Folge seiner Prägung durch die irische Gesellschaft zu erklären - er hat in seiner Familie gelernt, sich von Frauen bedienen zu lassen und es lustig zu finden, wenn seiner schuftenden Mutter am Abendbrottisch der Stuhl unter dem Hintern weggezogen wird, sodass sie mit den Tellern auf dem Boden landet.
Cathals Schuld aber, so die Erzählerin, ist es, die Zeichen nicht zu sehen und sein Verhalten nicht zu überdenken. Gelegenheit hätte er genug. "Falls ein Teil von ihm sich fragen wollte, wie er sich wohl entwickelt hätte, wäre sein Vater ein anderer Typ Mann gewesen und hätte nicht gelacht, so unterdrückte Cathal den Gedanken." Seinen Geiz hält ihm Sabine vor und identifiziert ihn als Kern aller Misogynie. Und selbst im Rahmen einer Busfahrt verweigert er die Begegnung mit einer neben ihm sitzenden Frau, die Roddy Doyles einschlägigen Roman "Die Frau, die gegen Türen rannte" liest, in dem Cathal einiges über familiär tradierte Frauenfeindlichkeit lernen könnte. Die Erzählerin konfrontiert ihn fast penetrant mit Warnhinweisen. An ihr liegt es nicht, wenn ihr Geschöpf nicht ist, wie es sein sollte.
All das gibt sich diskret, ist aber so dick aufgetragen, dass die Botschaft überdeutlich wird und letztlich auch die Glaubwürdigkeit der zentralen Figur beschädigt. Cathal wird vorgeführt und angeprangert, gerade indem seine Perspektive eingenommen wird, ohne dass wir ihm tatsächlich näher kämen. Immerhin taugt die Erzählung als Beispiel dafür, was passiert, wenn man Protagonisten eine literarische Bühne bereitet, ohne sie letztlich zu respektieren. TILMAN SPRECKELSEN
Claire Keegan: "Reichlich spät". Erzählung.
Aus dem Englischen von Hans-Christian Oeser. Steidl Verlag, Göttingen 2024. 64 S., geb., 16,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt am Main.
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Diese Erzählung über einen Tag im Leben von Cathal ist nicht wirklich lang, aber vollkommen ausreichend, damit ich das Gefühl habe, ihn bereits seit langer Zeit zu kennen. Dies ist der Erzählkunst von Claire Keegan geschuldet, die es zustande bringt, auf wenigen Seiten so …
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Diese Erzählung über einen Tag im Leben von Cathal ist nicht wirklich lang, aber vollkommen ausreichend, damit ich das Gefühl habe, ihn bereits seit langer Zeit zu kennen. Dies ist der Erzählkunst von Claire Keegan geschuldet, die es zustande bringt, auf wenigen Seiten so unglaublich viel zu erzählen.
„Das war das Problem mit Frauen, denen die Liebe abhandenkommt: Der Schleier romantischer Gefühle fällt von ihren Augen, und sie schauen dich an und können in dir lesen.“ (Seite 41)
Bereits auf den ersten Seiten kann ich mich in den Protagonisten hineinversetzen, solche Tage kennt wahrscheinlich jeder zur Genüge. Je weiter die Erzählung aber voranschreitet, umso mehr schwindet meine Sympathie und macht einer leichten Abneigung Platz. Mit minimalem Aufwand erzielt die Autorin eine große Wirkung, ein solches Talent ist nur wenigen gegeben. Am Ende bin ich fast genauso erschöpft wie Cathal und habe das Gefühl, noch länger ertrage ich ihn nicht. Zufrieden klappe ich das Buch zu und lasse die Geschichte wirken. Absolut meisterhaft!
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In Claire Keegans kurzer Erzählung "Reichlich spät" verfolgen die Leser:innen einen Tag im Leben von Cathal, der scheinbar ereignislos in seinem Büro in Dublin beginnt und sich dann langsam zu einem reflektiven und emotionalen Rückblick auf seine vergangene Beziehung zu …
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In Claire Keegans kurzer Erzählung "Reichlich spät" verfolgen die Leser:innen einen Tag im Leben von Cathal, der scheinbar ereignislos in seinem Büro in Dublin beginnt und sich dann langsam zu einem reflektiven und emotionalen Rückblick auf seine vergangene Beziehung zu Sabine entwickelt. So wird in Cathals Gedankenwelt eingeführt, während er sich an seine gemeinsamen Erlebnisse mit Sabine in Dublin erinnert, die ihm jetzt als verlorene Möglichkeiten erscheinen. Die Geschichte enthüllt subtil die Komplexität ihrer Beziehung, wobei die Thematik der Misogynie als unterschwelliges Element präsent ist.
Durch Cathals Erinnerungen und Reflexionen taucht die Geschichte tiefer in Cathals Charakter ein, sodass deutlich wird, dass seine Vorstellung von Sabine von Enttäuschung und Unverständnis geprägt ist, die letztlich auch in seiner Lebensgeschichte begründet liegt. Er betrachtet sie als eine Frau, die zu viel Geld ausgibt und zu viel Raum einnimmt, und bedauert, dass sie nicht die Frau ist, mit der er sein Leben hätte verbringen können. Diese Einsichten regen zur Reflektion über die Natur von Beziehungen und Geschlechterdynamiken an.
Ich habe zum ersten Mal etwas von Claire Keegan gelesen und bin begeistert von ihrem eleganten, klaren und flüssigen Schreibstil, wodurch die Geschichte eine Atmosphäre erhält, die mich in ihren Bann gezogen hat. Sicherlich hat auch die Übersetzung hier gute Arbeit geleistet. Dadurch entsteht ein Text, der einerseits leicht zugänglich ist, andererseits durch die zahlreichen Leerstellen der kurzen Geschichte aber auch Raum für tiefgründige Interpretationen und persönliche Reflexionen lässt.
Insgesamt ist Claire Keegans "Reichlich spät" eine Erzählung, die ich aufgrund ihrer gut beobachteten Darstellung zwischenmenschlicher Beziehungen und ihres Erzählstils wärmstens empfehlen kann. Das war sicher nicht mein letzter Text von Keegan!
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Auf der Heimfahrt lässt Cathal die missglückte Beziehung mit Sabine Revue passieren. Er schon älter, geprägt durch die irisch-katholische Erziehung und die männlichen Vorbilder seiner Familie, mit einem Frauenbild im Kopf, das aus den fünfziger Jahren zu stammen …
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Auf der Heimfahrt lässt Cathal die missglückte Beziehung mit Sabine Revue passieren. Er schon älter, geprägt durch die irisch-katholische Erziehung und die männlichen Vorbilder seiner Familie, mit einem Frauenbild im Kopf, das aus den fünfziger Jahren zu stammen scheint. Sie, eine lebensfrohe irisch-französische Frau, die mit beiden Beinen im Leben steht und auf den ersten Blick eigentlich alles in sich vereint, was er sich von seiner zukünftigen Ehefrau erhofft. Bis auf ihre Verschwendungssucht, und dann ist da ja auch noch der unnütze Krempel, den sie bei ihrem Einzug anschleppt und von ihm erwartet, dass er Platz macht. Und doch, wahrscheinlich hätte er ihr dieses Verhalten nach der Hochzeit schon ausgetrieben. Aber es hat nicht funktioniert, sie hat die Flucht ergriffen. Ist vielleicht auch besser so, denn eigentlich kann er froh sein, dass sie ging.
Die irische Autorin Claire Keegan beweist in ihrer kurzen Erzählung „Reichlich spät“ einmal mehr sehr eindrucksvoll, dass es nicht vieler Worte bedarf, um strukturelle Probleme der irisch-katholischen Gesellschaft aufzuweisen. Im vorliegenden Fall ist das die Geringschätzung, die Abwertung der Frauen, die tief in Cathal eingegraben ist, der nie gelernt hat, tolerant zu sein und einer Partnerin auf Augenhöhe zu begegnen.
Wer seinen Roddy Doyle gelesen hat, ist mit diesem Verhalten und den zugrunde liegenden Strukturen vertraut, weshalb die gerade einmal 50 Seiten, gesetzt in großer Schrift, wenig Neues bieten. Und leider verliert diese Erzählung durch die Kürze für mich ihre Eindringlichkeit, wirkt eher unfertig. Auch wenn das von Keegan so beabsichtigt war, mir fehlen hier Zwischenschritte sowie Sabines Reaktionen und Emotionen auf Cathals Verhalten. Warum hat Sabine die Alarmzeichen nicht früher erkannt und die Notbremse gezogen? Warum diese Passivität? Warum hat sie nicht die Auseinandersetzung gesucht? Warum ist sie nicht für sich eingetreten?
Leise Töne und verbale Verknappungen sind ja recht schön und gut, aber unterm Strich iwar mir das dann doch zu wenig des Guten.
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Überzeugt durch seine Pointiertheit;
Bei so wenigen Seiten hatte ich mich vorab gefragt, wie viel dieser Roman oder Essay transportieren kann, aber ich bin angenehm überrascht. Die pointierte Schreibweise der Autorin begeistert. Es gibt keine unnötigen Informationen, die Charaktere …
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Überzeugt durch seine Pointiertheit;
Bei so wenigen Seiten hatte ich mich vorab gefragt, wie viel dieser Roman oder Essay transportieren kann, aber ich bin angenehm überrascht. Die pointierte Schreibweise der Autorin begeistert. Es gibt keine unnötigen Informationen, die Charaktere werden trotzdem so klar und tief beschrieben, dass man sich ihre Beziehung sehr gut vorstellen kann, weil man so etwas schon einmal gesehen oder erlebt hat. Ein gelungener Kniff ist für mich die Perspektive Cythals, der mit seiner bewussten, teils unbewussten Mysogynie die ganze Geschichte, sein Leben und die Geschichte seiner Beziehung zu Sabine bestimmt. Auch die Erinnerungen an seine Familie und Erziehung sind bezeichnend und überzeugend. Ich werde dieses Buch auf jeden Fall ein zweites Mal lesen, da sich viele kleine Details sicher noch als bedeutungsvoller erweisen werden, als ich sie beim ersten Mal wahrgenommen habe.
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Auf gewohnt unspektakuläre Art beschreibt die Autorin den schicksalhaften Tag eines Mannes, der darüber nachsinnt, wie er seine Zukünftige kurz vor der Hochzeit verloren hat. Schuld ist neben seinem Schweigen im richtigen Moment seine frauenverachtende Art, die ihm erst, da seine …
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Auf gewohnt unspektakuläre Art beschreibt die Autorin den schicksalhaften Tag eines Mannes, der darüber nachsinnt, wie er seine Zukünftige kurz vor der Hochzeit verloren hat. Schuld ist neben seinem Schweigen im richtigen Moment seine frauenverachtende Art, die ihm erst, da seine Verlobte ihn mit der Nase darauf gestoßen hat, bewusst wird. Was wäre wenn...doch leider ist er wie er ist: geizig, undankbar, ein Mann wie sein Vater. Und nun ist es nicht nur reichlich, sondern definitiv zu spät.
Fazit: Die Geschichte hat auf mich nicht so eindringlich und nachhaltig gewirkt wie andere Werke, ist aber dennoch überzeugend und trägt unverkennbar die Handschrift von Claire Keegan.
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REICHLICH SPÄT
Claire Keegan
Cathal sieht in seinem Büro aus seinem Fenster. Es ist ein sonniger Tag - heute, am 29. Juli in Dublin. Er versucht sich auf seine Arbeit zu konzentrieren, aber seine Gedanken schweifen immer wieder ab. Er möchte auch mit keinem reden, versucht sich …
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REICHLICH SPÄT
Claire Keegan
Cathal sieht in seinem Büro aus seinem Fenster. Es ist ein sonniger Tag - heute, am 29. Juli in Dublin. Er versucht sich auf seine Arbeit zu konzentrieren, aber seine Gedanken schweifen immer wieder ab. Er möchte auch mit keinem reden, versucht sich unsichtbar zu machen, doch es will ihm nicht gelingen.
Schließlich nimmt er den Bus nach Hause, doch auch hier spricht ihn die Sitznachbarin an. Als diese endlich ihr Buch zur Hand nimmt, denkt er an Sabine. Wie er sie kennenlernte und wie sie zu viel Platz in seinem Leben einnahm. Außerdem war sie verschwenderisch.
Cathal resümiert über eine 2-jährige Beziehung, die nicht nur aus Liebe bestand.
Es geht um Misogynie und ihre Auswirkungen.
Ein schmales, feines Buch mit gerade einmal 48 Seiten und wie wir es von Claire Keegan gewohnt sind, war es viel zu schnell zu Ende. Ich hätte noch so gerne weiter gelesen und noch mehr erfahren.
Die wunderbare Sprache, diese Kunst des Weglassens, hat mich wieder tief beeindruckt. Ich werde über dieses Buch noch ein wenig nachdenken und bestimmt ein weiteres Mal lesen.
Fazit:
Wunderbar! Und dieses wunderschöne Cover!
#coverliebe #coverschockverliebt #🍒
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Cathal ist ein einfacher Angestellter, der in Irland lebt. Aus seiner Sicht wird ein typischer Tag, Freitag, der 29. Juli, erzählt. Zunächst wirkt Cathal noch sympathisch: er kehrt von der Arbeit heim und ist nicht zufrieden in seinem Leben. Als er zu Hause den Duft einer Frau riecht, …
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Cathal ist ein einfacher Angestellter, der in Irland lebt. Aus seiner Sicht wird ein typischer Tag, Freitag, der 29. Juli, erzählt. Zunächst wirkt Cathal noch sympathisch: er kehrt von der Arbeit heim und ist nicht zufrieden in seinem Leben. Als er zu Hause den Duft einer Frau riecht, erinnert er sich an eine frühere Beziehung mit Sabine und der Leser geht gemeinsam mit ihm auf eine Reise in die Vergangenheit.
Das Cover hat mich zunächst verwirrt: die Kirschen sind übergroß dargestellt, in der Buchhandlung hätte ich wahrscheinlich nicht zu dem Buch gegriffen, auch wegen seiner Kürze mit knapp fünfzig Seiten. Doch nach der Lektüre passt das Cover umso mehr zur Geschichte und die Kirschen sind durchaus gut gewählt.
Der Einstieg in das Buch fällt leicht, es wird ein typischer Tag im Leben Cathals beschrieben, wie ihn die meisten Menschen tagtäglich erleben. Er wirkt wie ein sympathischer Mann, aber dieses Bild wird auf wenigen Seiten immer mehr zerstört. Er beginnt von seiner Beziehung mit Sabine zu erzählen und es kristallisiert sich immer mehr heraus, dass Cathal keineswegs der "nette Typ von nebenan" ist.
Sabine bringt Cathals Leben (wie es in Beziehungen und bei einem Zusammenzug in eine Wohnung nun mal so ist) ziemlich durcheinander: sie bringt Möbel mit, Badutensilien und beansprucht nicht nur den Platz in seiner Wohnung sondern auch in seinem Leben. Nach und nach kommt Cathals wahrer Charakter zum Vorschein: für ihn ist es selbstverständlich, dass sich die Frau um den Haushalt und die Finanzen kümmert, während er sich ein entspanntes Leben zurecht rückt. Immer mehr kommt seine allgemeine Ablehnung Frauen gegenüber ans Licht und auch das Thema Misogynie wird hier hervorragend heraus gearbeitet. Sabine verlässt Cathal, für sie zum Glück, noch rechtzeitig vor der Hochzeit.
"Reichlich spät" ist eine leise, unaufgeregte Geschichte, die auf wenigen Seiten viele wichtige Themen behandelt und eindringlich und auf den Punkt erzählt wird. Eine große Leseempfehlung von mir!
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Die Bücher dieser irischen Autorin sind immer etwas ganz Besonderes. Bei ihr sitzt jedes Wort, jedes Bild ist präzise gewählt, jeder Satz eine Aussage, die in Erinnerung bleibt.
Das gilt natürlich genauso für dieses neue schmale Bändchen, das nicht mehr ist als eine …
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Die Bücher dieser irischen Autorin sind immer etwas ganz Besonderes. Bei ihr sitzt jedes Wort, jedes Bild ist präzise gewählt, jeder Satz eine Aussage, die in Erinnerung bleibt.
Das gilt natürlich genauso für dieses neue schmale Bändchen, das nicht mehr ist als eine Erzählung. Gerade einmal 55 mit großer Schrift bedruckte Seiten umfasst diese Geschichte, in der es um einen Mann und sein Frauenbild geht.
Wir begleiten diesen Mann auf dem Weg in seinen Feierabend, folgen seinen Gedanken während der Busfahrt, beobachten ihn beim Essen und Trinken. Und wir erleben seine Erinnerungen an die Frau, die er eigentlich an diesem Tag heiraten wollte.
Doch sie hat ihn verlassen, nur weiß er eigentlich bis heute nicht, warum. Während er sich an ihr Kennenlernen erinnert, an die Momente, in denen er sie nicht verstand, in denen sie seine Gewohnheiten, sein Weltbild durcheinanderbrachte, entsteht eine Vorstellung davon, wie eben dieses Weltbild aussieht.
Es sind kleine, normalerweise bedeutungslose Vorkommnisse, die zeigen, wie er aufwuchs, wie er erzogen wurde, welches Beispiel Vater und Bruder ihm boten. Gerade da gibt es diese eine Szene, die so schrecklich ist, dass man sie so schnell nicht wieder vergisst. Es ist vor allem diese Szene, die schonungslos zeigt, woher sein Frauenbild, sein Frauenhass – heute oft mit dem aus dem Altgriechischen stammenden, etwas inflationär genutzten Wort Misogynie bezeichnet – kommt.
So versteht man am Ende sehr wohl, warum die Frau ihn verließ, auch wenn sie das in seinen Augen „reichlich spät“ tat.
Diese Erzählung ist wieder so eindeutig Claire Keegans Stil, wunderbar geschrieben. Und dennoch ist es eben doch kein Roman, es ist wenig Raum für mehr Tiefe in den Figuren, für nuanciertere Charakterisierungen, für mehr Hintergrund. Doch natürlich bleibt auch so diese Geschichte lange im Kopf.
Claire Keegan - Reichlich spät
aus dem Englischen von Hans-Christian Oeser
Steidl, April 2024
Gebundene Ausgabe, 59 Seiten, 15,00 €
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Bei "Reichlich spät" (Originaltitel 'So late in the day') von Claire Keegan; übersetzt ins Deutsche von Hans-Christian Oeser, erschien (HC, geb., 64 Seiten) handelt es sich um eine Erzählung, die im Steidl-Verlag, Göttingen 2024 erschienen ist.
Vorausschicken …
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Bei "Reichlich spät" (Originaltitel 'So late in the day') von Claire Keegan; übersetzt ins Deutsche von Hans-Christian Oeser, erschien (HC, geb., 64 Seiten) handelt es sich um eine Erzählung, die im Steidl-Verlag, Göttingen 2024 erschienen ist.
Vorausschicken möchte ich, dass ich von "Kleine Dinge wie diese" mehr als begeistert war und den glasklaren, perlenden Schreibstil der Autorin faszinierend finde: In "Reichlich spät" findet sich zwar kein Bill Furlong, aber dafür zwei Hauptprotagonisten, die reichlich Grund dazu geben, zwischen den Zeilen zu lesen (was ich sehr mag) und sich eigene Gedanken zur recht kurzen Erzählung zu machen: Trotz der Kürze bietet Claire Keegan hier jede Menge Interpretationsmöglichkeiten und Spielraum, die sie dem geneigten Leser anbietet...
Man begleitet Cathal, der einen recht eintönigen Bürojob ausübt, an einem sonnigen Tag Ende Juli in Dublin, wo die Geschichte spielt: Sein Chef (10 Jahre jünger als Cathal und stets korrekt gekleidet) rät ihm, nach Hause zu gehen und fragt ihn, ob es ihm gut gehe. Auch einer Kollegin gegenüber (er meidet Menschen und Konversation, besonders Frauen) äußert er sich auf diese Frage mit einem "bestens": Dem Leser bzw. der Leserin dürfte bald klar werden, dass sich seine wahren Gefühle nicht mit dieser Aussage decken: Er hatte sich diesen Tag vermutlich gänzlich anders vorgestellt.
Vor zwei Jahren hatte er Sabine, eine zierliche brünette Frau bei einer Konferenz in Toulouse kennengelernt; wie sich herausstellte, arbeitete sie auch in Dublin (Gallery) und beide freundeten sich an: Sabine schien ihm "in sich selbst zu ruhen und gleichzeitig für alles um sie herum empfänglich zu sein" (Zitat), was ihn sofort für sie einnahm. Wie sich herausstellte - er wollte, dass sie zu ihm zog, konnte fabelhaft kochen; auch wenn sie den Einkauf teurer Lebensmittel nicht scheute. Cathal spielte mit der Möglichkeit, Sabine zu heiraten und fragte sie eines Tages....
Der erste Streit bahnt sich wegen recht teurer Kirschen an, aus denen Sabine (in der Normandie aufgewachsen) Tarte Clafoutis backen wollte; später nörgelt Cathal über den Verlobungsring, der (Sonderanfertigung des Juweliers) einen Aufpreis beinhaltete.....
Mit Cathal lernen wir einen wütenden Mann kennen, der das absolute Gegenteil von Bill Furlong zu sein scheint: Selbst in einem frauenverachtenden Haushalt aufgewachsen, passt ihm nicht, dass "sie (Sabine) nicht hören wollte und gut die Hälfte der Dinge auf ihre Weise tun wollte" (S. 35); das war für Cathal Teil des Problems. Der Dialog zwischen den beiden, was im Kern Frauenfeindlichkeit ausmache (Frage von Sabine an Cathal), fand ich sehr interessant und richtig. Eine Kollegin von Cathal beschreibt die irischen Männer, die hierbei nicht sonderlich gut abschneiden (was ich nicht beurteilen kann, jedoch annehme, dass sich diese Aussage nicht nur auf irische Männer beschränkt). Leider kann Cathal das Muster nicht erkennen, mit dem er selbst aufwuchs und das er in seiner Beziehung zu Sabine lebt; daher hält sich mein Mitleid sehr in Grenzen, würde ihm aber Veränderung wünschen. Sabine wiederum kann ich nur zu ihrer Entscheidung beglückwünschen.
Der Stil von Claire Keegan, die hier das Scheitern einer Beziehung skizziert und jedes Wort treffend gewählt, keines zuviel ist, gefällt mir sehr: Sie schreibt pointiert, unaufdringlich und doch beharrlich in Sätzen durchscheinender Klarheit. Ich kann diese Erzählung absolut weiterempfehlen und hoffe, dass sie eine gute Diskussionsgrundlage z.B. in Paarbeziehungen ist, in denen es vielleicht gerade 'kriselt' und finde besonders positiv, dass die Autorin hier viel Spielraum für eigene Interpretationsmöglichkeiten und Gedanken gegeben hat. Dies ist in wenigen Worten das Markenzeichen von Claire Keegan.
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Misogynie
Claire Keegan wirft hier in „Reichlich spät“ einen Blick nach Irland. Einen leicht dahin plätschernden Blick. Aus den Augen eines Mannes. Einen Blick, der vor Frauenverachtung nur so trieft, ohne dass dies dem Betrachter klar ist. Denn er ist so erzogen und stellt …
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Misogynie
Claire Keegan wirft hier in „Reichlich spät“ einen Blick nach Irland. Einen leicht dahin plätschernden Blick. Aus den Augen eines Mannes. Einen Blick, der vor Frauenverachtung nur so trieft, ohne dass dies dem Betrachter klar ist. Denn er ist so erzogen und stellt dies natürlich nicht in Frage. Denn für ihn ist dies ja bequem so. Meint er zumindest. Denn das genau dieser plätschernde Blick ihm selbst eine Falle stellt, das übersieht er. Ihm sein eigenes Gefängnis schafft. Dann noch etwas Polemik. Und der Weg zum Incel ist hier sicher nicht weit.
Denn die Frau ist hier natürlich schuld. Hach, wie einfach.
Claire Keegan zeichnet hier ein Bild über Irland. Doch diese verkrachten Existenzen gibt es überall. Sie gab es früher, mit deutlich mehr Macht, siehe vorherige Rezension und sie gibt es heute in der gesamten patriarchalen Welt. Ja, richtig gelesen. In der patriarchalen Welt. Und dies bedeutet, dass das Patriarchat da einen großen Anteil hat.
Genauso wie es bedeutet, dass es auch anders gehen kann. Matriarchal zum Beispiel. Die Gesellschaften der Khasi in Indien, der Mosuo in China, der Zapoteken in Juchitlan in Mexiko und noch viele mehr sprechen über diese andere Gesellschaftsordnung und zeigen diese anderen Welten.
Muss man halt nur wissen. Denn diese patriarchale Vorherrschaft muss so nicht weitergehen, kann so eigentlich auch nicht weitergehen. Es ist halt nur verdammt schwer dagegen vorzugehen.
Denn das Patriarchat wehrt sich natürlich, es möchte seine Macht nicht verlieren.
Und hier mal wieder so eine Frage, die nicht zum Buch passt, aber bei näherer Betrachtung wieder schon. In welchen Parteien sind die Frauen in etwas gleicher Zahl wie männliche Kollegen vertreten? Wenn man dann als Frau die patriarchale Welt verachtet, warum wählt man dann nicht dementsprechend? Wir sind ja mehr als die Hälfte der Bevölkerung. Weil auch wir Frauen indoktriniert sind. Dies muss Frau nur klar werden!
Und Literatur ist ein guter Weg zum Überwinden der eigenen Grenzen.
Noch dazu, wenn die Literatur so auf dem Silbertablett daherkommt, wie bei Claire Keegan!
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