Michael Ondaatje
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Kriegslicht
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- Verlag: Büchergilde Gutenberg
- ISBN-13: 9783763270903
- Artikelnr.: 57019523
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Genuss für die Freunde feiner Filetarbeiten
Ein Künstler schafft die subtilsten Textgewebe: Michael Ondaatjes neuer Roman "Kriegslicht" bietet all das, was diesen Autor so faszinierend macht.
Der Romantitel klingt nach Sparmaßnahme, Notration oder Verdunkelung. Kriegslicht kann man sich nicht hell und klar vorstellen. Tatsächlich spielt Beleuchtungstechnik eine starke Rolle und folgt, wie sich bald erweist, einer subtilen Lichtregie: von der "submarinen Beleuchtung" eines Restaurants über das schwarzweiße Flackern der Gesichter eines Kinopublikums oder den Widerschein von Gewitterblitzen auf der Haut beim jugendlichen Sex bis hin zum Schein der Kerze, mit dem Jahre später der Erzähler seinen Versuch beschreibt, das
Ein Künstler schafft die subtilsten Textgewebe: Michael Ondaatjes neuer Roman "Kriegslicht" bietet all das, was diesen Autor so faszinierend macht.
Der Romantitel klingt nach Sparmaßnahme, Notration oder Verdunkelung. Kriegslicht kann man sich nicht hell und klar vorstellen. Tatsächlich spielt Beleuchtungstechnik eine starke Rolle und folgt, wie sich bald erweist, einer subtilen Lichtregie: von der "submarinen Beleuchtung" eines Restaurants über das schwarzweiße Flackern der Gesichter eines Kinopublikums oder den Widerschein von Gewitterblitzen auf der Haut beim jugendlichen Sex bis hin zum Schein der Kerze, mit dem Jahre später der Erzähler seinen Versuch beschreibt, das
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Erlebte, aber kaum Begriffene, aus dem Dunkel der Vergangenheit zu holen: "als schriebe ich bei Kerzenlicht. Als könnte ich nicht sehen, was im Dunkel jenseits der Bewegung dieses Stifts geschieht. Als wären es Momente ohne Zusammenhang."
Doch mit den Titeln hat es bei Michael Ondaatje eine Bewandtnis, man muss sie überdenken und, je mehr man von der Geschichte erfährt, neu verstehen lernen. So trägt etwa der Titelheld seines Welterfolgs "Der englische Patient" die nationale Bezeichnung nicht etwa, weil er Engländer ist, sondern weil er sich vorübergehend in englischer Pflege befindet - eine Zuschreibung von außen also, die seine wahre Identität lange Zeit verdeckt. "Der englische Patient" erschien vor 25 Jahren und hat kürzlich, nach öffentlichem Votum einer internationalen Leserschaft, die Sonderauszeichnung als bester der in fünfzig Jahren mit dem Booker-Preis geehrten Romane erhalten. In seiner Dankesrede erklärte der Autor, dass er sein Erfolgsbuch seit Erscheinen selbst nicht mehr gelesen habe. Mit "Kriegslicht" aber knüpft er unverkennbar daran an, als wollte er dessen packende Geschichte aus verschobener Perspektive noch einmal erkunden - eine Rückkehr in die vierziger Jahre, in eine Nachkriegswelt von offenen Wunden, voller Minen und Ruinen, Spione und Schmuggler, Rächer und Missionen. Ein erzählerischer Glücksfall. Ein Triumph.
Er beginnt mit einem Aufbruch. Im Sommer 1945 erklären die Eltern, dass sie beruflich für ein Jahr nach Singapur müssen und ihre beiden Teenager in London für diese Zeit in die Obhut eines "Kollegen" (wie sie ihn vertrauensstiftend nennen) übergeben wollen. Der vierzehnjährige Nathaniel und seine etwas ältere Schwester fügen sich anfänglich in ihr Schicksal, auch wenn sie dem "Kollegen", der binnen kurzem eine ganze Schar zweideutiger Gestalten ins Haus bringt, allerhand Verbindungen in die Halb- und Unterwelt zutrauen. Doch dann mehren sich die Zeichen, dass ihnen etwas vorgemacht werden soll. Im Keller findet sich der Überseekoffer, der für die angebliche Fernostreise gepackt worden war; vom Vater gibt es künftig keine Lebenszeichen, doch die Mutter taucht, wie es scheint, hin und wieder flüchtig auf, auch wenn es Nathaniel nie gelingt, sie sicher zu erkennen oder anzusprechen.
Er ist mit seiner Pubertät beschäftigt, mit Schulproblemen, Jobs als Liftboy, Küchenjunge oder Schmuggelhelfer und vor allem mit seiner ersten Liebe. Erst durch eine dramatische Zuspitzung zeigt sich plötzlich, in welch tödlicher Gefahr er die ganze Zeit gelebt hat und wie sehr sich seine Mutter zu Recht um die Kinder sorgen musste. Vierzehn Jahre später, als die Mutter nicht mehr lebt, der Vater längst verschollen und der Kontakt zur Schwester abgerissen ist, beginnt Nathaniel, den Spuren der verlorenen Familie nachzugehen und aus Archiven, Fotos, Tonbändern oder Erinnerungen Stück für Stück zu sammeln, was ihm helfen mag, das Vorgefallene zu begreifen und die düsteren Nachkriegswirren, in die er seinerzeit geraten ist, allmählich zu entwirren.
So setzt der Roman nach einem guten Drittel abermals an und wandelt sich von einer Adoleszenzgeschichte zu einer melancholischen Spionageerzählung, die allerdings mit jeder Wendung, statt das Dunkle zu erhellen, nur immer weitere Düsternisse freilegt. Wie sich herausstellt, war die Mutter jahrelang im Auftrag des britischen Geheimdiensts tätig, musste in Italien und andernorts heikle Missionen übernehmen, die womöglich nicht durchgehend moralischer Bewertung standhalten, und hat den Rückzug ins Privatleben, nach dem sie sich so sehnte, nie mehr richtig vollziehen können. Ihr Deckname lautet "Viola", vielleicht nach einer Shakespeare-Heldin, deren verzweifelter Stoßseufzer in diesem Roman vielfach widerhallt: "O Zeit, du selbst entwirre dies, nicht ich. / Ein zu verschlungener Knoten ist's für mich."
Uns Lesern wird das ständige Entwirren und neuerliche Verknoten bald zur größten Lust. Denn zunehmend geraten wir in die Funktion dieses Erzählers, aus verstreuten Bruchstücken etwas zu formen und die ganze Wahrheit, die sich stets entzieht, versuchsweise zusammenzusetzen. Und wie bei Nathaniel das Erinnern fast unmerklich ins Erzählen übergeht, bis der Spurensucher zum Erfinder der Geschichte wird, die er doch lediglich rekonstruieren wollte, so geraten auch wir unversehens ins Fabulieren und stellen uns nur zu gern vor, dass und wie die losen Enden, die beim episodischen Erzählen bleiben, sich verknüpfen könnten.
So gewinnt bald auch der Titel einen anderen Sinn. Alle kriegsbedingte Verdunkelung ist nicht einfach Taktik oder Tarnung, sondern produktive Kraft und Antrieb zum Erzählen: "Wir ordnen unser Leben dank kaum näher ausgeführter Geschichten. Als hätten wir uns in einer verwirrenden Umgebung verlaufen und sammelten nun, was unsichtbar und unausgesprochen war", erklärt Nathaniel zum Ende. Durchweg erscheint er als akribischer Erzähler, der sich redlich müht, jeden Fetzen des Vergangenen, den er zu fassen bekommt, festzuhalten und mit den anderen, die er schon gesammelt hat, zu einem größeren Zusammenhang zu fügen, buchstäblich zu vernähen, um sich mit dieser Patchwork-Technik allmählich dem Gesamtbild anzunähern. "Stitch" lautet daher schon der Kosename, den seine Mutter ihm verleiht und der auf diese Tätigkeit vorausweist. Doch wie so oft bei Ondaatje, gewinnt seine Geschichte ihre magisch-suggestive Macht aus dem, was sich gerade nicht zusammenbringen oder vernähen lässt, was sie verbirgt oder verschweigt und allenfalls zwischen den Zeilen - oder Stichen - zu verstehen gibt. Die Stärke seines Werks ist hier wie stets das Flickwerk.
"Kriegslicht" ist Ondaatjes siebter Roman in mehr als fünf Jahrzehnten literarischer Arbeit, die mit Gedichtveröffentlichungen begann. Bei der Lektüre gewinnt man abermals den Eindruck, dass der kanadische Autor weiterhin lyrische Texte schreibt, da er dem erzählerischen Gestus, durch Worte einen großen Weltentwurf zu schaffen, misstraut und durch Aussparungen, Andeutungen und Nuancen bleibende Wirkung erzeugt. Das gilt zumal - und das ist deutschsprachigen Lesern ein zusätzlicher Lustgewinn - für Anna Leubes Übersetzung, die mit herrlichem Registerreichtum und Gespür arbeitet, viele schöne, rare Wörter findet - "Fender", "Priel", "vernestelte Beziehungen" - und dennoch niemals auftrumpft; dabei gelingt es ihr bisweilen sogar, lyrische Akzente zu setzen, wo der Ausgangstext eher prosaisch daherkommt, etwa wenn sie für das unbestimmte Morgengrauen - im Englischen steht "unrecorded hour" - die wunderbare Formulierung "die Stunde zwischen Tau und Tag" bietet.
Denn solche Zwischenstufen sind es, Grautöne, unmerkliche Übergänge sowie feinste Abschattierungen, die "Kriegslicht" derart faszinierend anreichern, dass man die Dämmerungsszenarien, die hier entstehen, schier nicht mehr aus dem Sinn bekommt. Wer also von Ondaatje vor allem opulente Bilder aus Anthony Minghellas Filmversion des "Englischen Patienten" im Gedächtnis hat, der sollte diesen Roman unbedingt lesen; alle anderen wissen ohnehin, dass der wahre Triumph dieses Autors dort entsteht, wo andere nur tristes Dunkel jenseits der Beleuchtung finden. Wenn sich die Königlich Schwedische Akademie in nächster Zeit wieder auf ihre Arbeit konzentrieren und die Entscheidungsfindung für den Literaturnobelpreis in seriöse Bahnen lenken sollte, wird sie an Ondaatjes Werk schwer vorbei können.
TOBIAS DÖRING
Michael Ondaatje:
"Kriegslicht". Roman.
Aus dem Englischen von Anna Leube. Hanser Verlag, München 2018.
320 S., geb., 24,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Doch mit den Titeln hat es bei Michael Ondaatje eine Bewandtnis, man muss sie überdenken und, je mehr man von der Geschichte erfährt, neu verstehen lernen. So trägt etwa der Titelheld seines Welterfolgs "Der englische Patient" die nationale Bezeichnung nicht etwa, weil er Engländer ist, sondern weil er sich vorübergehend in englischer Pflege befindet - eine Zuschreibung von außen also, die seine wahre Identität lange Zeit verdeckt. "Der englische Patient" erschien vor 25 Jahren und hat kürzlich, nach öffentlichem Votum einer internationalen Leserschaft, die Sonderauszeichnung als bester der in fünfzig Jahren mit dem Booker-Preis geehrten Romane erhalten. In seiner Dankesrede erklärte der Autor, dass er sein Erfolgsbuch seit Erscheinen selbst nicht mehr gelesen habe. Mit "Kriegslicht" aber knüpft er unverkennbar daran an, als wollte er dessen packende Geschichte aus verschobener Perspektive noch einmal erkunden - eine Rückkehr in die vierziger Jahre, in eine Nachkriegswelt von offenen Wunden, voller Minen und Ruinen, Spione und Schmuggler, Rächer und Missionen. Ein erzählerischer Glücksfall. Ein Triumph.
Er beginnt mit einem Aufbruch. Im Sommer 1945 erklären die Eltern, dass sie beruflich für ein Jahr nach Singapur müssen und ihre beiden Teenager in London für diese Zeit in die Obhut eines "Kollegen" (wie sie ihn vertrauensstiftend nennen) übergeben wollen. Der vierzehnjährige Nathaniel und seine etwas ältere Schwester fügen sich anfänglich in ihr Schicksal, auch wenn sie dem "Kollegen", der binnen kurzem eine ganze Schar zweideutiger Gestalten ins Haus bringt, allerhand Verbindungen in die Halb- und Unterwelt zutrauen. Doch dann mehren sich die Zeichen, dass ihnen etwas vorgemacht werden soll. Im Keller findet sich der Überseekoffer, der für die angebliche Fernostreise gepackt worden war; vom Vater gibt es künftig keine Lebenszeichen, doch die Mutter taucht, wie es scheint, hin und wieder flüchtig auf, auch wenn es Nathaniel nie gelingt, sie sicher zu erkennen oder anzusprechen.
Er ist mit seiner Pubertät beschäftigt, mit Schulproblemen, Jobs als Liftboy, Küchenjunge oder Schmuggelhelfer und vor allem mit seiner ersten Liebe. Erst durch eine dramatische Zuspitzung zeigt sich plötzlich, in welch tödlicher Gefahr er die ganze Zeit gelebt hat und wie sehr sich seine Mutter zu Recht um die Kinder sorgen musste. Vierzehn Jahre später, als die Mutter nicht mehr lebt, der Vater längst verschollen und der Kontakt zur Schwester abgerissen ist, beginnt Nathaniel, den Spuren der verlorenen Familie nachzugehen und aus Archiven, Fotos, Tonbändern oder Erinnerungen Stück für Stück zu sammeln, was ihm helfen mag, das Vorgefallene zu begreifen und die düsteren Nachkriegswirren, in die er seinerzeit geraten ist, allmählich zu entwirren.
So setzt der Roman nach einem guten Drittel abermals an und wandelt sich von einer Adoleszenzgeschichte zu einer melancholischen Spionageerzählung, die allerdings mit jeder Wendung, statt das Dunkle zu erhellen, nur immer weitere Düsternisse freilegt. Wie sich herausstellt, war die Mutter jahrelang im Auftrag des britischen Geheimdiensts tätig, musste in Italien und andernorts heikle Missionen übernehmen, die womöglich nicht durchgehend moralischer Bewertung standhalten, und hat den Rückzug ins Privatleben, nach dem sie sich so sehnte, nie mehr richtig vollziehen können. Ihr Deckname lautet "Viola", vielleicht nach einer Shakespeare-Heldin, deren verzweifelter Stoßseufzer in diesem Roman vielfach widerhallt: "O Zeit, du selbst entwirre dies, nicht ich. / Ein zu verschlungener Knoten ist's für mich."
Uns Lesern wird das ständige Entwirren und neuerliche Verknoten bald zur größten Lust. Denn zunehmend geraten wir in die Funktion dieses Erzählers, aus verstreuten Bruchstücken etwas zu formen und die ganze Wahrheit, die sich stets entzieht, versuchsweise zusammenzusetzen. Und wie bei Nathaniel das Erinnern fast unmerklich ins Erzählen übergeht, bis der Spurensucher zum Erfinder der Geschichte wird, die er doch lediglich rekonstruieren wollte, so geraten auch wir unversehens ins Fabulieren und stellen uns nur zu gern vor, dass und wie die losen Enden, die beim episodischen Erzählen bleiben, sich verknüpfen könnten.
So gewinnt bald auch der Titel einen anderen Sinn. Alle kriegsbedingte Verdunkelung ist nicht einfach Taktik oder Tarnung, sondern produktive Kraft und Antrieb zum Erzählen: "Wir ordnen unser Leben dank kaum näher ausgeführter Geschichten. Als hätten wir uns in einer verwirrenden Umgebung verlaufen und sammelten nun, was unsichtbar und unausgesprochen war", erklärt Nathaniel zum Ende. Durchweg erscheint er als akribischer Erzähler, der sich redlich müht, jeden Fetzen des Vergangenen, den er zu fassen bekommt, festzuhalten und mit den anderen, die er schon gesammelt hat, zu einem größeren Zusammenhang zu fügen, buchstäblich zu vernähen, um sich mit dieser Patchwork-Technik allmählich dem Gesamtbild anzunähern. "Stitch" lautet daher schon der Kosename, den seine Mutter ihm verleiht und der auf diese Tätigkeit vorausweist. Doch wie so oft bei Ondaatje, gewinnt seine Geschichte ihre magisch-suggestive Macht aus dem, was sich gerade nicht zusammenbringen oder vernähen lässt, was sie verbirgt oder verschweigt und allenfalls zwischen den Zeilen - oder Stichen - zu verstehen gibt. Die Stärke seines Werks ist hier wie stets das Flickwerk.
"Kriegslicht" ist Ondaatjes siebter Roman in mehr als fünf Jahrzehnten literarischer Arbeit, die mit Gedichtveröffentlichungen begann. Bei der Lektüre gewinnt man abermals den Eindruck, dass der kanadische Autor weiterhin lyrische Texte schreibt, da er dem erzählerischen Gestus, durch Worte einen großen Weltentwurf zu schaffen, misstraut und durch Aussparungen, Andeutungen und Nuancen bleibende Wirkung erzeugt. Das gilt zumal - und das ist deutschsprachigen Lesern ein zusätzlicher Lustgewinn - für Anna Leubes Übersetzung, die mit herrlichem Registerreichtum und Gespür arbeitet, viele schöne, rare Wörter findet - "Fender", "Priel", "vernestelte Beziehungen" - und dennoch niemals auftrumpft; dabei gelingt es ihr bisweilen sogar, lyrische Akzente zu setzen, wo der Ausgangstext eher prosaisch daherkommt, etwa wenn sie für das unbestimmte Morgengrauen - im Englischen steht "unrecorded hour" - die wunderbare Formulierung "die Stunde zwischen Tau und Tag" bietet.
Denn solche Zwischenstufen sind es, Grautöne, unmerkliche Übergänge sowie feinste Abschattierungen, die "Kriegslicht" derart faszinierend anreichern, dass man die Dämmerungsszenarien, die hier entstehen, schier nicht mehr aus dem Sinn bekommt. Wer also von Ondaatje vor allem opulente Bilder aus Anthony Minghellas Filmversion des "Englischen Patienten" im Gedächtnis hat, der sollte diesen Roman unbedingt lesen; alle anderen wissen ohnehin, dass der wahre Triumph dieses Autors dort entsteht, wo andere nur tristes Dunkel jenseits der Beleuchtung finden. Wenn sich die Königlich Schwedische Akademie in nächster Zeit wieder auf ihre Arbeit konzentrieren und die Entscheidungsfindung für den Literaturnobelpreis in seriöse Bahnen lenken sollte, wird sie an Ondaatjes Werk schwer vorbei können.
TOBIAS DÖRING
Michael Ondaatje:
"Kriegslicht". Roman.
Aus dem Englischen von Anna Leube. Hanser Verlag, München 2018.
320 S., geb., 24,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Eltern verschwinden, zwei Geschwister sind in London auf sich zurückgeworfen. Behutsam erzählt, aus Sicht der Kinder." Susanne Mayer, Die Zeit, 22.11.18
"Ein poetischer Agentenroman voller Spannung und überraschender Wendungen, erzählt von einem absoluten Könner." Zeit Literatur, 41/2018
"Das ist eine wirkliche literarische Tat ... Sehr, sehr empfehlenswert." Denis Scheck, ARD Druckfrisch, 07.10.18
"Ondaatje beschreibt atmosphärisch so dicht, dass man gerne mit ihm nach den Bruchstücken welcher Wahrheit auch immer sucht. Der kanadische Schriftsteller ist eben ein Großmeister seiner Zunft". Antje Weber, Süddeutsche Zeitung, 08.09.18
"Bereits Ondaatjes erster Satz packt den Leser und wird ihn 300 Seiten
"Ein poetischer Agentenroman voller Spannung und überraschender Wendungen, erzählt von einem absoluten Könner." Zeit Literatur, 41/2018
"Das ist eine wirkliche literarische Tat ... Sehr, sehr empfehlenswert." Denis Scheck, ARD Druckfrisch, 07.10.18
"Ondaatje beschreibt atmosphärisch so dicht, dass man gerne mit ihm nach den Bruchstücken welcher Wahrheit auch immer sucht. Der kanadische Schriftsteller ist eben ein Großmeister seiner Zunft". Antje Weber, Süddeutsche Zeitung, 08.09.18
"Bereits Ondaatjes erster Satz packt den Leser und wird ihn 300 Seiten
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lang nicht mehr loslassen: 'Im Jahr 1945 gingen unsere Eltern fort und ließen uns in der Obhut zweier Männer zurück, die möglicherwiese Kriminelle waren.'" Sigrid Löffler, Ö1 Ex libris, 02.09.18
"Ondaatjes Roman liest sich wie eine verspätete, fabelhafte B-Seite des 'englischen Patienten': Wieder ist es eine große Erzählung über das Trauma des Krieges und die Träume danach." Christoph Farkas, Stern, 30.08.18
"Die Ondaatje-Atmosphäre nimmt einen in 'Kriegslicht' erneut gefangen." Sacha Verna, NZZ am Sonntag, 26.08.18
"Ein packender Roman von der ersten bis zur letzten Seite." Sigrid Löffler, Deutschlandfunk Kultur, 23.08.18
"Ein atmosphärisch starkes Buch, das auch von den unausgesprochenen Traumata des Krieges erzählt." Christoph Schröder, Deutschlandfunk, 20.08.18
"Es sind Zwischenstufen, Grautöne, unmerkliche Übergänge sowie feinste Abschattierungen, die 'Kriegslicht' derart faszinierend anreichern." Tobias Döring, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11.08.18
"Sensationell. Ein richtig aufregendes Thema." Thea Dorn, ZDF Literarisches Quartett, 10.08.18
"'Kriegslicht' ist ein Roman großer literarischer Könnerschaft, mit der Routine eines brillanten Autors geschrieben." Thomas E. Schmidt, Die Zeit, 09.08.18
"Michael Ondaatje fühlt sich als Autor wohl im Dunkel, dort wo unter der Oberfläche des für alle Sichtbaren eine zweite Welt existiert, in der sich seine Figuren bewegen ... Wir haben es mit Agenten zu tun. Mit Menschen, die verschlüsselte Botschaften senden ... Wenn Ondaatje loserzählt, wachsen seinem Roman Flügel." Verena Lueken, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 05.08.18
"Je länger Sie ihn lesen, desto wacher werden Sie es tun. Es sind so viele Schönheiten in diesen Text eingewoben ... Ein Glücksgefühl." Arno Widmann, Frankfurter Rundschau, 11.08.18
"Der Roman hat nur gut 300 Seiten, aber wirkt erfüllend wie ein Epos, der das Wesen einer Ära einfängt."Anne Haeming, Spiegel Online, 11.08.18
"Ondaatjes Roman liest sich wie eine verspätete, fabelhafte B-Seite des 'englischen Patienten': Wieder ist es eine große Erzählung über das Trauma des Krieges und die Träume danach." Christoph Farkas, Stern, 30.08.18
"Die Ondaatje-Atmosphäre nimmt einen in 'Kriegslicht' erneut gefangen." Sacha Verna, NZZ am Sonntag, 26.08.18
"Ein packender Roman von der ersten bis zur letzten Seite." Sigrid Löffler, Deutschlandfunk Kultur, 23.08.18
"Ein atmosphärisch starkes Buch, das auch von den unausgesprochenen Traumata des Krieges erzählt." Christoph Schröder, Deutschlandfunk, 20.08.18
"Es sind Zwischenstufen, Grautöne, unmerkliche Übergänge sowie feinste Abschattierungen, die 'Kriegslicht' derart faszinierend anreichern." Tobias Döring, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11.08.18
"Sensationell. Ein richtig aufregendes Thema." Thea Dorn, ZDF Literarisches Quartett, 10.08.18
"'Kriegslicht' ist ein Roman großer literarischer Könnerschaft, mit der Routine eines brillanten Autors geschrieben." Thomas E. Schmidt, Die Zeit, 09.08.18
"Michael Ondaatje fühlt sich als Autor wohl im Dunkel, dort wo unter der Oberfläche des für alle Sichtbaren eine zweite Welt existiert, in der sich seine Figuren bewegen ... Wir haben es mit Agenten zu tun. Mit Menschen, die verschlüsselte Botschaften senden ... Wenn Ondaatje loserzählt, wachsen seinem Roman Flügel." Verena Lueken, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 05.08.18
"Je länger Sie ihn lesen, desto wacher werden Sie es tun. Es sind so viele Schönheiten in diesen Text eingewoben ... Ein Glücksgefühl." Arno Widmann, Frankfurter Rundschau, 11.08.18
"Der Roman hat nur gut 300 Seiten, aber wirkt erfüllend wie ein Epos, der das Wesen einer Ära einfängt."Anne Haeming, Spiegel Online, 11.08.18
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
In Michael Ondaatjes Roman "Kriegslicht" geht es laut Rezensent Arno Widmann um den Sohn einer Geheimdienstagentin im Britannien der Nachkriegszeit, der erst spät entdeckt, warum er und seine Schwester immer wieder bedroht wurden und zu ihrem eigenen Schutz bei zwielichtigen Freunden der Familie aufwachsen mussten. Außerdem handele das Buch von einem Freeclimber, der nachts auf Londoner Häuserfassaden anderen Adrenalinsüchtigen begegne. Gerade weil der Roman von Extremsituationen erzählt, kann er umso besser zeigen, wie die Menschen wirklich sind, findet der Rezensent. Außerdem hat ihn die liebevolle Komposition der Geschichte mit ihren vielen Bezügen und Rückbezügen stark beeindruckt. Eine klare Empfehlung ist dem begeisterten Rezensenten fast zu wenig, er sieht den Roman als regelrechtes Muss.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH
Gebundenes Buch
Eine bewegende Geschichte
Kurz nach Beendigung des 2. Weltkriegs erleben der vierzehnjährige Nathaniel und seine zwei Jahre jüngere Schwester Rachel eine entscheidende Wendung in ihrem Leben. Ohne die beiden über die Hintergründe zu informieren verschwinden zunächst ihr …
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Eine bewegende Geschichte
Kurz nach Beendigung des 2. Weltkriegs erleben der vierzehnjährige Nathaniel und seine zwei Jahre jüngere Schwester Rachel eine entscheidende Wendung in ihrem Leben. Ohne die beiden über die Hintergründe zu informieren verschwinden zunächst ihr Vater und kurz darauf ihre Mutter. Sie befinden sich von nun an in der Obhut eines zwielichtigen Mannes, den sie den "Falter" nennen und müssen sich erst an ihn und das veränderte Leben gewöhnen. Als lange Zeit später die Mutter zu den Kindern zurückkehrt, findet sie lediglich zu Nathaniel Zugang. Er versucht die Mutter zu verstehen und die geheimnisvolle Vergangenheit der Eltern aufzuklären...
Mit "Der englische Patient" hat der Autor Michael Ondaatje einen Welterfolg erzielt. Der Film konnte mich damals beeindrucken und so bin ich mit sehr großen Erwartungen in das neue Werk des Autors gestartet. Der Krieg nimmt auch in "Kriegslicht" wieder eine bedeutende Rolle in der Geschichte ein und es ist schon bemerkens-wert, mit wieviel Ruhe und Feinfühligkeit sich Michael Ondaatje seinen Charakteren in dieser schwierigen Zeit nähert. Er legt keinen Wert auf spektakuläre oder effekthaschende Situationen, sondern wendet sich ausschließlich seinen Protagonisten mit ihren Gedanken und Gefühlen zu. Das Ganze wirkt dabei sehr emotionsvoll und "normal", ohne aber den Leser bzw. den Hörer nicht zu fesseln. Das Schicksal der damaligen Kinder, die Auswirkungen des Krieges und der Umgang mit der Zukunft bergen so viel Spannungspotential, dass die knapp neun Stunden des Hörbuchs unglaublich schnell ein Ende finden.
Die Umsetzung der Hörbuchfassung ist dem Audiobuch-Verlag mit Frank Stieren als Sprecher unglaublich gut gelungen. Zugegebener weise musst ich mich zunächst an die sehr ruhige und pointierte Stimme gewöhnen, aber im Fortlauf der Geschichte stellte ich immer wieder fest, dass es sich um einer perfekte Besetzung handelte.
Insgesamt hat mich "Kriegslicht" von Michael Ondaatje in der Hörbuchfassung absolut fesseln können, so dass ich es sehr gerne weiterempfehle und selbstverständlich mit den vollen fünf von fünf Sternen bewerte!!
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Gebundenes Buch
Michael Ondaatje, Kriegslicht, Hanser Verlag 2018
Nathaniel und seine Schwester Rachel werden mitten in der Pubertät 14- bzw. 16-jährig von ihren Eltern in der Obhut des »Falters« in London zurückgelassen. Michael Ondaatje erzählt in »Kriegslicht« die …
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Michael Ondaatje, Kriegslicht, Hanser Verlag 2018
Nathaniel und seine Schwester Rachel werden mitten in der Pubertät 14- bzw. 16-jährig von ihren Eltern in der Obhut des »Falters« in London zurückgelassen. Michael Ondaatje erzählt in »Kriegslicht« die Geschichte der geschwisterlichen Suche nach Orientierung und Geborgenheit. Dabei erzeugt er Spannung durch eine Atmosphäre der Unsicherheit. Nichts ist so wie es im ersten Moment scheint. Mutter Rose ist keine fürsorgliche, beschützende Mutter, der Vater nicht nur – wenn überhaupt – der Asienchef von Unilever, der »Falter« kein Ersatzvater im herkömmlichen Sinn. Erst in den vielfältigen Rückblenden erfährt der Leser peu à peu etwas mehr über die Handelnden, aber nie so viel, dass sie wirklich für ihn fassbar werden. Jeder der Protagonisten birgt noch am Ende dieses zutiefst poetischen Romans seine Geheimnisse. Die Charakterisierungen bleiben gewollt bruchstückhaft, vage. Selbst die Eigennamen der Beteiligten sind uneindeutig: Rose/Viola, Nathaniel/Stitch, Rachel/Wren, der Falter/Walter etc. Die Schilderungen des Ich-Erzählers Nathaniel sind konkret wie fiktiv: So hat/könnte es sich zugetragen haben. Auf der Suche nach »irgendeiner Version der Wahrheit« bleibt Nathaniel bei all seinen akribischen Vergangenheits-Recherchen letztlich geschädigt in einem Hortus conclusus in Suffolk und in einem ebenso abgeschlossenen Arbeitsplatz im Archiv des britischen Geheimdienstes gefangen. An diesen Orten findet er die Sicher- und Geborgenheit, die er als Jugendlicher durch die Abwesenheit der Eltern nicht erfahren hat. In seinem Bemühen, »Licht« in die Aktivitäten seiner Mutter Rose während des Zweiten Weltkriegs und in der Nachkriegszeit zu bringen, geht ein vorstellbares eigenbestimmtes Leben zusammen mit seiner Freundin Agnes/Sophie an ihm vorüber. Er existiert nur im Irrgarten des Lebens seiner Mutter, wie er selbst einräumt.
Genial in seiner Beherrschung der Sprache , die die Übersetzerin Anna Leube gekonnt umsetzt, waren einzelne Episoden so beeindruckend, dass ich, nachdem ich den Roman zu Ende gelesen hatte und die Gespanntheit auf das Ende befriedigt war, am nächsten Abend wieder von vorne zu lesen begonnen habe. Episoden wie die Unterhaltung zwischen Harry Nkoma und Mrs Rafferty oder der gesottene Ziegenkopf, den der »Boxer« und die sympathische autarke Olive Lawrence verzehren, oder die Nachtspaziergänge von Rachel, Nathaniel und Olive Lawrence über die bewaldeten Hügel von Streatham, und nicht zu vergessen die Muschelbootfahrten auf der Themse und den angrenzenden Kanälen – dies alles werde ich lange in Erinnerung behalten.
»Kriegslicht« oder »Warlight«, wie der Titel im Original lautet, meint die nächtliche Verdunklung. Und das schafft Ondaatje. Eher als dass Klarheit in den sich entwickelnden Geschichten der Protagonisten einkehrt, bleibt das Vage, Geheimnisvolle, Unklare vorherrschend.
Fazit: »Kriegslicht« ist ein nachhaltiges Leseerlebnis eines genialen Autors unter dem Motto »Menschen sind nicht die, für die wir sie halten, und sie sind auch nicht dort, wo wir sie vermuten.«
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In dem Roman „Kriegslicht“ lässt Michael Ondaatje den Leser mit dem erwachsenen Nathaniel auf Spurensuche gehen. Nathaniel versucht das Leben seiner Mutter zu rekonstruieren.
In der Nachkriegszeit des Jahres 1945 müssen die Eltern für ein Jahr nach Singapur und geben den …
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In dem Roman „Kriegslicht“ lässt Michael Ondaatje den Leser mit dem erwachsenen Nathaniel auf Spurensuche gehen. Nathaniel versucht das Leben seiner Mutter zu rekonstruieren.
In der Nachkriegszeit des Jahres 1945 müssen die Eltern für ein Jahr nach Singapur und geben den 14-jährigen Nathaniel und seine zwei Jahre ältere Schwester Rachel in die Obhut des mysteriösen Falters, der ebenso mysteriöse Freunde hat. Erst Jahre später kommt die Mutter zurück. Aber sie gibt keine Erklärungen ab und entschuldigt sich auch nicht. Ihre Kinder reagieren sehr unterschiedlich auf die Mutter.
Wir erfahren zwar ein Nathaniels Rückblicken und Recherchen eine Menge von kleinen Begebenheiten, aber alles bleibt ziemlich im Ungewissen. Erst ziemlich am Schluss des Buches klärt sich, warum die Eltern weggehen mussten. Viele Fragen bleiben die ganze Zeit offen. Warum mussten die Eltern weg? Was ist der Mutter in den Jahren bis zu ihrer Rückkehr passiert? Was ist mit dem Vater?
Falter und seine Freunde werden zu einer Art Ersatzfamilie für Nathaniel und Rachel. Dabei haben die Geschwister relativ viele Freiheiten, doch diese Art des Aufwachsens hinterlässt Spuren in ihrem Leben.
Zwölf Jahre später, als Erwachsener, hat Nathaniel aufgrund seines Berufes die Möglichkeit, all das Verborgene über seine Mutter aufzudecken. Endlich fügt sich alles zusammen.
Es ist ein Buch, das die ganze Aufmerksamkeit erfordert, denn in Nathaniels Erinnerungen gibt es häufige Sprünge zwischen Personen und Zeiten.
Die ruhige und angenehme Sprechweise von Frank Stieren passt sehr gut zu dieser tiefgründigen Geschichte.
Eine ungewöhnliche, berührende und gleichzeitig spannende Familiengeschichte.
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„Kriegslicht“ von Michael Ondaatje, gelesen von Frank Stieren, habe ich sehr gern gehört. Es ist eine ungewöhnliche Familiengeschichte, dazu unkonventionell und sehr gekonnt erzählt.
Kopfkino war sofort da und blieb bis zur letzten Minute. Erst erzählt der …
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„Kriegslicht“ von Michael Ondaatje, gelesen von Frank Stieren, habe ich sehr gern gehört. Es ist eine ungewöhnliche Familiengeschichte, dazu unkonventionell und sehr gekonnt erzählt.
Kopfkino war sofort da und blieb bis zur letzten Minute. Erst erzählt der 14-jährige Nathaniel, dass er und seine Schwester zunächst für ein Jahr ohne Eltern leben müssen, in Obhut eines seltsamen Mannes, den sie den Falter nennen. Dann kommt ein weiterer Mann dazu, der Boxer, der dem Jungen rät, er soll sich seine eigene Familie selbst suchen. Am Ende werden diese Worte in einem ganz anderen Kontext wieder präsent.
Nach Jahren kommt die Mutter zurück. Nathaniel verbringt auch Zeit mit ihr, lernt sie aber nicht wirklich kennen.
Später erzählt der erwachsene Nathaniel, was aus den beiden zurückgelassenen Kindern geworden, wie es ihnen ohne Eltern ergangen, was aus Rachel geworden war, wie unterschiedlich die Kinder auf das Verschwinden und Wiederauftauchen der Mutter reagiert haben.
Nach Mutters Tod, kraft seines Jobs, erhält Nathaniel den Zugang zu den relevanten Daten, die die bis dahin geheimnisvolle Lebensgeschichte seiner Mutter ganz anders beleuchten. Nach und nach, aus mehreren Puzzlestücken setzt sich die wahre Geschichte zusammen. Auch die beiden Betreuer, der Falter und der Boxer, haben ihre wahren Geschichten, die zum Schluss auch ans Licht kommen und z.T. eine ganz schöne Überraschung bereiten.
Oft wurde zwischen den Zeiten, Personen und Ereignissen gewechselt. Die Orientierung ist aber absolut kein Problem. So wirkt das Ganze authentischer, als ob man Nathaniel vor sich hat und seinen Erinnerungen an seine Kindheit und seine Familie lauscht, die manchmal vllt rein assoziativ einander folgen.
Der Roman regt schön zum Nachdenken an: Was ist eine glückliche Kindheit? Was ist eine glückliche Familie? Wie weit darf der Job in das Leben der Familie eingreifen? Wie nachhaltig beeinflusst der Krieg das Leben der Kinder, auch nach dem er beendet wurde? Und noch vieles mehr. Die Rolle der Mutter, Mutter-Sohn, Mutter-Tochter Beziehung, die Rolle der Väter, sowie die Beziehung der beiden Geschwister wurden eingängig thematisiert und von mehreren Blickwinkeln betrachtet.
Am Ende hat Nathaniel die Antworten auf die ihn umtreibenden Fragen gefunden, und die Tür im Haus seiner verstorbenen Mutter, auch im symbolischen Sinn, zugesperrt.
Frank Stieren hat kongenial gelesen. Seiner professionell ausgebildeten, wohlklingenden Stimme habe ich sehr gern gelauscht. Alle Figuren und ihre Gemütszustände konnte ich prima heraushören. Die 512 Minuten der ungekürzten Ausgabe waren schnell vorbei. Laut Klappentext „…brilliert er (Frank Stieren, meine Anmerkung) mit seiner Interpretation und verleiht Ondaatjes facettenreichem Roman einen zusätzlichen Zauber.“ Das stimmt, sehe ich auch so.
Die 2 mp3 CDs wurden in einer praktischen Klappbox aus festem Karton mit glatter, wasserabweisender Oberfläche geliefert. Prima als Geschenk.
Fazit: Ein toller Roman. Unbedingt hören!
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Ein tolles Werk
Kriegslicht von Michael Ondaatje
England Ende des zweiten Weltkrieges:
Der vierzehnjährige Nathaniel und seine ältere Schwester Rachel werden von den Eltern zurückgelassen. Zwei vermeintliche Kriminelle sollen nun für die beiden Sorgen. Der Falter, so …
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Ein tolles Werk
Kriegslicht von Michael Ondaatje
England Ende des zweiten Weltkrieges:
Der vierzehnjährige Nathaniel und seine ältere Schwester Rachel werden von den Eltern zurückgelassen. Zwei vermeintliche Kriminelle sollen nun für die beiden Sorgen. Der Falter, so nennen die Kinder ihn, wohnt mit Ihnen im Elternhaus und kümmert sich um alle Belange der beiden. Der Boxer, ein weiterer Freund der Familie, unterstützt ihn dabei, geht häufig ein und aus.
Die Geschichte wird als Rückblick des mittlerweile 28 Jahre alten Nathaniel erzählt. Er versucht im Nachhinein herauszufinden, warum die Eltern diesen Schritt unternommen haben. Er entdeckt dabei viel über die Tätigkeit seiner Mutter, die über Umwege zum Geheimdienst kam, und dort viele Jahre fungierte. Natürlich bringt so ein Job viele Risiken mit sich, schnell macht man sich Feinde. Schnell wird dem Leser klar, dass der Falter nicht nur als Vaterersatz dient.
Ondaatje verzauberte mich bereits mit seinem preisgekrönten Roman " Der englische Patient". Hier in Kriegslicht konnte er mich erneut überzeugen. Er erzählt die Geschichte sehr glaubhaft, setzt gekonnt die Eindrücke um, die man in so einer Situation bei einem Jugendlichen vermuten würde.
Er gibt immer nur ein wenig Details preis, und auch am Ende bleibt einiges ungesagt. Die Mutter stellt in diesem Roman ein großes Geheimnis dar, auch wenn der Leser im Laufe des Romans alle wichtigen Aspekte ihres Jobs erfährt, bleibt sie als Mensch doch eher ein Rätsel. Eine Tatsache, die diesen Roman und vor allem die Beziehung zu ihrem Sohn in einem verzerrten Bild darstellt. Man fragt sich die ganze Zeit, ob die Eindrücke des damals 14 ihn geprägt haben, oder ob seine Mutter wirklich so verschlossen war. Wahrscheinlich ist es eine Mischung aus beidem, doch hier überlässt Ondaatje dem Leser die Regie. Er fordert ihn sogar heraus sich selbst eine Meinung zu bilden, denn wie im wahren Leben ist in diesem Roman nicht alles schwarz oder weiß. Ein gelungenes Werk, absolut lesenswert.
Habe Kriegslicht als Hörbuchfassung genossen, und möchte erwähnen, dass der Sprecher Frank Stieren mich wunderbar durch das Hörbuch begleitet hat.
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