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Karen Duves so trocken-lakonischer wie bitter-ironischer Roman über die junge Dichterin Annette von Droste-Hülshoff. Das historisch genaue Porträt einer jungen Frau in einer Welt, in der nichts so blieb, wie es war.Fräulein Nette ist eine Nervensäge! Dreiundzwanzig Jahre alt, heftig, störrisch und vorlaut, ist sie das schwarze Schaf, das nicht in die Herde ihrer adligen Verwandten passen will. Während ihre Tanten und Cousinen brav am Kamin sitzen und sticken, zieht sie mit einem Berghammer bewaffnet in die Mergelgruben, um nach Mineralien zu stöbern. Die Säume ihrer Kleider sind im Gr...
Karen Duves so trocken-lakonischer wie bitter-ironischer Roman über die junge Dichterin Annette von Droste-Hülshoff. Das historisch genaue Porträt einer jungen Frau in einer Welt, in der nichts so blieb, wie es war.
Fräulein Nette ist eine Nervensäge! Dreiundzwanzig Jahre alt, heftig, störrisch und vorlaut, ist sie das schwarze Schaf, das nicht in die Herde ihrer adligen Verwandten passen will. Während ihre Tanten und Cousinen brav am Kamin sitzen und sticken, zieht sie mit einem Berghammer bewaffnet in die Mergelgruben, um nach Mineralien zu stöbern. Die Säume ihrer Kleider sind im Grunde immer verschmutzt!
Das Schlimmste aber ist ihre scharfe Zunge. Wenn die Künstlerfreunde ihres Onkels August nach Bökerhof kommen, über Kunst und Politik sprechen, mischt sie sich ungefragt ein. Wilhelm Grimm bekommt bereits Panik, wenn er sie nur sieht.
Ein Enfant terrible ist sie, wohl aber nicht für alle. Heinrich Straube, genialischer Mittelpunkt der Göttinger Poetengilde, fühlt sich jedenfalls sehr hingezogen zu der Nichte seines besten Freundes. Seine Annäherungsversuche im Treibhaus der Familie bleiben durchaus nicht unerwidert. Allerdings ist er nicht der einzige. Was folgt ist eine Liebeskatastrophe mit familiärem Flächenbrand.
Fräulein Nette ist eine Nervensäge! Dreiundzwanzig Jahre alt, heftig, störrisch und vorlaut, ist sie das schwarze Schaf, das nicht in die Herde ihrer adligen Verwandten passen will. Während ihre Tanten und Cousinen brav am Kamin sitzen und sticken, zieht sie mit einem Berghammer bewaffnet in die Mergelgruben, um nach Mineralien zu stöbern. Die Säume ihrer Kleider sind im Grunde immer verschmutzt!
Das Schlimmste aber ist ihre scharfe Zunge. Wenn die Künstlerfreunde ihres Onkels August nach Bökerhof kommen, über Kunst und Politik sprechen, mischt sie sich ungefragt ein. Wilhelm Grimm bekommt bereits Panik, wenn er sie nur sieht.
Ein Enfant terrible ist sie, wohl aber nicht für alle. Heinrich Straube, genialischer Mittelpunkt der Göttinger Poetengilde, fühlt sich jedenfalls sehr hingezogen zu der Nichte seines besten Freundes. Seine Annäherungsversuche im Treibhaus der Familie bleiben durchaus nicht unerwidert. Allerdings ist er nicht der einzige. Was folgt ist eine Liebeskatastrophe mit familiärem Flächenbrand.
Karen Duve, 1961 in Hamburg geboren, lebt in der Märkischen Schweiz. Sie wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Ihre Romane Regenroman (1999), Dies ist kein Liebeslied (2002), Die entführte Prinzessin (2005) und Taxi (2008) waren Bestseller und sind in 14 Sprachen übersetzt. 2011 erschien ihr Selbstversuch Anständig essen, 2014 ihre Streitschrift Warum die Sache schiefgeht. Die Verfilmung ihres Romans Taxi kam 2015 in die Kinos. 2016 sorgte sie mit ihrem Roman Macht für Aufruhr und wurde mit dem Kasseler Literaturpreis für grotesken Humor (2017) ausgezeichnet. Für ihren Roman Fräulein Nettes kurzer Sommer (2018) wurde Karen Duve mit dem Carl-Amery-Preis, dem Düsseldorfer Literaturpreis und dem Solothurner Literaturpreis ausgezeichnet.
Produktdetails
- Verlag: Galiani ein Imprint im Kiepenheuer & Witsch Verlag
- Artikelnr. des Verlages: 4001791
- 12. Aufl.
- Seitenzahl: 592
- Erscheinungstermin: 7. September 2018
- Deutsch
- Abmessung: 220mm x 150mm x 47mm
- Gewicht: 773g
- ISBN-13: 9783869711386
- ISBN-10: 3869711388
- Artikelnr.: 52437505
Herstellerkennzeichnung
Galiani, Verlag
Friedrichstraße 119
10117 Berlin
produktsicherheit@kiwi-verlag.de
In die Schulbücher eingehen, das hätte sie nicht gewollt
Karen Duves Romanporträt "Fräulein Nettes kurzer Sommer" begleitet Annette von Droste-Hülshoff durch entscheidende Lebensjahre.
Von Andrea Diener
Dieses Freifräulein Annette ist ein seltsames Wesen: Stickt nicht, strickt nicht, stattdessen schreibt sie Gedichte, und zwar viel zu abgründige, um sie der Großmutter zum Geburtstag zu schenken. Morgens verschwindet sie mit dem Hammer in den Wald, um Mineralien zu sammeln, und wenn die Männer reden, weiß sie es oft besser und fällt ihnen ungefragt ins Wort. Annette kämpft den ewigen Kampf der klugen Frau, die auf den ihr angeblich zustehenden Platz verwiesen wird, und das meistens von Männern, die deutlich
Karen Duves Romanporträt "Fräulein Nettes kurzer Sommer" begleitet Annette von Droste-Hülshoff durch entscheidende Lebensjahre.
Von Andrea Diener
Dieses Freifräulein Annette ist ein seltsames Wesen: Stickt nicht, strickt nicht, stattdessen schreibt sie Gedichte, und zwar viel zu abgründige, um sie der Großmutter zum Geburtstag zu schenken. Morgens verschwindet sie mit dem Hammer in den Wald, um Mineralien zu sammeln, und wenn die Männer reden, weiß sie es oft besser und fällt ihnen ungefragt ins Wort. Annette kämpft den ewigen Kampf der klugen Frau, die auf den ihr angeblich zustehenden Platz verwiesen wird, und das meistens von Männern, die deutlich
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weniger brillant sind als sie. Dieses in den Augen ihrer Zeitgenossen vorlaute Fräulein Nette wird später als Annette von Droste-Hülshoff mit ihrer "Judenbuche" in den Kanon schulbuchgeeigneter Novellen eingehen, mit der Generationen junger Menschen traktiert und nicht selten gelangweilt werden.
Das hätte sie wohl nicht gewollt. Jedenfalls nicht jene Annette, die in Karen Duves Roman als "Fräulein Nette" durch drei Sommer hindurch begleitet wird. Es sind entscheidende Jahre in ihrem Leben. Durch ihren Onkel August von Haxthausen, wie die ganze Sippe aus altem westfälischen Adel stammend und mit Landgut, Besitz und schwindenden Einkünften mehr befrachtet als gesegnet, kommt Annette mit einem Rudel Göttinger Studenten in Kontakt und mit denen, die da noch so dranhängen - vor allem den Grimms, den malenden wie den märchensammelnden. Und mit dem bitterarmen, unansehnlichen Studenten Heinrich Straube, zu allem Überfluss auch noch ein Protestant, der von Onkel August alimentiert wird, weil er ihn für ein Genie hält. Ebenso unseligerweise mit dem schönen August von Arnswald, der vor allem sich selbst für ein Genie hält. Zwischen Annette und Straube herrscht ein stilles harmonisches Einverständnis, das beide recht bald für Liebe halten. Und Arnswald, so viel ist verbürgt, wird mit einer Intrige dazwischenfahren, die Annette vor den Augen der gesamten Verwandtschaft unmöglich macht. Das ist, in einer Zeit, in der nichts so sehr zählt wie der äußere Anschein von Anstand, so mit das Schlimmste, was einer jungen Frau zustoßen kann.
Dreiundzwanzig Jahre alt ist Annette von Droste-Hülshoff, als ihr dieses Trauma widerfährt. In den Jahren, die darauf folgen, hört man wenig von ihr. Beschämt zieht sie sich zurück, heiraten wird sie nie. Es ist vor allem ihre Mutter, die sie fördert und ein umfangreiches Werkverzeichnis schon von Annettes Kindheit an führt. Doch Anerkennung in den literarischen Zirkeln der Zeit, etwa dem Bökendorfer Kreis um ihre Onkel Werner und August von Haxthausen, erfährt sie, die später Bedeutendste von allen, nie. Sie geht ihnen allen einfach gegen den Strich.
Wie wichtig man sich in diesen verschworenen Kreisen nahm, wie ambitioniert und voller Sendungsbewusstsein die jungen Studenten waren, das erzählt Karen Duve in diesem Buch auch, und es sind mit die unterhaltsamsten Kapitel in diesem durchweg sehr munteren Roman. Dann wieder begleiten wir Annette bei ewigen Routinebesuchen ihrer weitverzweigten Verwandtschaft, sind dabei, wie sie und die Schwester Jenny im Jahr ohne Sommer in der Kutsche durch Schlamm und Schnürlregen fahren, um irgendwann in einer zugigen Burg anzukommen, wo gichtige, schlechtgelaunte Patriarchen am Feuer sitzen und auf die modernen Zeiten schimpfen. Und mit der Großmutter geht es ins ehrenwerte Bad Driburg zur Kur, Wässerchen trinken, Bäder absolvieren und aufdringliche Tischgesellschaften ertragen. Es ist ein durchritualisiertes Dasein, das einem als junge Frau abverlangt wird, mit nur wenigen Freiheiten, und man fragt sich allmählich, wann Annette überhaupt je zum Schreiben gekommen ist.
Und das ist vielleicht das Einzige, was man an Karen Duves gelungenem Zeit- und Gesellschaftsporträt überhaupt vermissen kann. Alles, vom Mesmerismus bis zur Geschichte der Göttinger Universitätsbauten, hat sie genauestens recherchiert, wie man beim Lesen ahnt und durch das umfangreiche Literaturverzeichnis im Anhang auch bestätigt bekommt. Die Details fallen zwischendurch und beiläufig, geben der Sache Farbe und Gestalt und wirken niemals bildungshubernd. Was aber hat die Droste gelesen, was hat sie geschrieben? Wie sahen die Textwelten aus, in denen sie sich gewandter bewegte als in den Damenkränzchen ihrer Gegenwart? Das bleibt allzu oft merkwürdig blass, gerade im Gegensatz zu den ausgefeilten Gedankengebäuden der Göttinger Studentenpoeten, die alle bald zusammenfielen, als aus den meisten der wilden jungen Herren ordentliche Juristen und Beamte wurden und sich dann doch niemand als Genie entpuppte, schon gar nicht als eines, das größer war als Goethe, dem damals offiziell geltenden Maßstab für Genialität. Im Gegensatz zur oft belächelten Nichte Annette, aber da hätte man doch gerne etwas mehr erfahren. Denn ans Herz wachsen kann einem dieses seltsame westfälische Freifräulein bei der Lektüre durchaus.
Karen Duve: "Fräulein Nettes kurzer Sommer".
Roman.
Galiani Verlag, Berlin 2018. 592 S., geb., 25,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Das hätte sie wohl nicht gewollt. Jedenfalls nicht jene Annette, die in Karen Duves Roman als "Fräulein Nette" durch drei Sommer hindurch begleitet wird. Es sind entscheidende Jahre in ihrem Leben. Durch ihren Onkel August von Haxthausen, wie die ganze Sippe aus altem westfälischen Adel stammend und mit Landgut, Besitz und schwindenden Einkünften mehr befrachtet als gesegnet, kommt Annette mit einem Rudel Göttinger Studenten in Kontakt und mit denen, die da noch so dranhängen - vor allem den Grimms, den malenden wie den märchensammelnden. Und mit dem bitterarmen, unansehnlichen Studenten Heinrich Straube, zu allem Überfluss auch noch ein Protestant, der von Onkel August alimentiert wird, weil er ihn für ein Genie hält. Ebenso unseligerweise mit dem schönen August von Arnswald, der vor allem sich selbst für ein Genie hält. Zwischen Annette und Straube herrscht ein stilles harmonisches Einverständnis, das beide recht bald für Liebe halten. Und Arnswald, so viel ist verbürgt, wird mit einer Intrige dazwischenfahren, die Annette vor den Augen der gesamten Verwandtschaft unmöglich macht. Das ist, in einer Zeit, in der nichts so sehr zählt wie der äußere Anschein von Anstand, so mit das Schlimmste, was einer jungen Frau zustoßen kann.
Dreiundzwanzig Jahre alt ist Annette von Droste-Hülshoff, als ihr dieses Trauma widerfährt. In den Jahren, die darauf folgen, hört man wenig von ihr. Beschämt zieht sie sich zurück, heiraten wird sie nie. Es ist vor allem ihre Mutter, die sie fördert und ein umfangreiches Werkverzeichnis schon von Annettes Kindheit an führt. Doch Anerkennung in den literarischen Zirkeln der Zeit, etwa dem Bökendorfer Kreis um ihre Onkel Werner und August von Haxthausen, erfährt sie, die später Bedeutendste von allen, nie. Sie geht ihnen allen einfach gegen den Strich.
Wie wichtig man sich in diesen verschworenen Kreisen nahm, wie ambitioniert und voller Sendungsbewusstsein die jungen Studenten waren, das erzählt Karen Duve in diesem Buch auch, und es sind mit die unterhaltsamsten Kapitel in diesem durchweg sehr munteren Roman. Dann wieder begleiten wir Annette bei ewigen Routinebesuchen ihrer weitverzweigten Verwandtschaft, sind dabei, wie sie und die Schwester Jenny im Jahr ohne Sommer in der Kutsche durch Schlamm und Schnürlregen fahren, um irgendwann in einer zugigen Burg anzukommen, wo gichtige, schlechtgelaunte Patriarchen am Feuer sitzen und auf die modernen Zeiten schimpfen. Und mit der Großmutter geht es ins ehrenwerte Bad Driburg zur Kur, Wässerchen trinken, Bäder absolvieren und aufdringliche Tischgesellschaften ertragen. Es ist ein durchritualisiertes Dasein, das einem als junge Frau abverlangt wird, mit nur wenigen Freiheiten, und man fragt sich allmählich, wann Annette überhaupt je zum Schreiben gekommen ist.
Und das ist vielleicht das Einzige, was man an Karen Duves gelungenem Zeit- und Gesellschaftsporträt überhaupt vermissen kann. Alles, vom Mesmerismus bis zur Geschichte der Göttinger Universitätsbauten, hat sie genauestens recherchiert, wie man beim Lesen ahnt und durch das umfangreiche Literaturverzeichnis im Anhang auch bestätigt bekommt. Die Details fallen zwischendurch und beiläufig, geben der Sache Farbe und Gestalt und wirken niemals bildungshubernd. Was aber hat die Droste gelesen, was hat sie geschrieben? Wie sahen die Textwelten aus, in denen sie sich gewandter bewegte als in den Damenkränzchen ihrer Gegenwart? Das bleibt allzu oft merkwürdig blass, gerade im Gegensatz zu den ausgefeilten Gedankengebäuden der Göttinger Studentenpoeten, die alle bald zusammenfielen, als aus den meisten der wilden jungen Herren ordentliche Juristen und Beamte wurden und sich dann doch niemand als Genie entpuppte, schon gar nicht als eines, das größer war als Goethe, dem damals offiziell geltenden Maßstab für Genialität. Im Gegensatz zur oft belächelten Nichte Annette, aber da hätte man doch gerne etwas mehr erfahren. Denn ans Herz wachsen kann einem dieses seltsame westfälische Freifräulein bei der Lektüre durchaus.
Karen Duve: "Fräulein Nettes kurzer Sommer".
Roman.
Galiani Verlag, Berlin 2018. 592 S., geb., 25,- [Euro].
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Rezensentin Frauke Meyer-Gosau ist hin und weg: Karen Duve hat einen Roman geschrieben über die Zurichtung der Annette Droste-Hülshoff im frauenfeindlichen Biedermeier, der höchst vergnüglich zu lesen ist. Dass ihre Sympathie dabei ganz auf der Seite der Dichterin ist, versteht sich. Mit Witz und scharfem Blick zeichnet Duve laut Rezensentin das Milieu der Droste-Hülshoff: kleine Adlige, deren studentische Nachkommenschaft nach dem Fall Napoleons die Sau rauslässt, ein weibliches Umfeld, dass den lebhaften, neugierigen Kuckuck in seiner Mitte zur Not mit männlicher Hilfe klein hält - und die Brüder Grimm als "ängstliche Stubenhocker" mittendrin. Zur Karikatur wird trotzdem niemand gemacht, versichert Meyer-Gosau, nur dem virtuos "komödiantischen Blick" der Autorin entkommt keiner. Dass die Droste-Hülshoff sich nicht kleinkriegen ließ, kann sie dennoch am Ende kaum glauben. Aber so war's.
© Perlentaucher Medien GmbH
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600 fabelhafte Seiten (...) Eine Momentaufnahme von großer Tiefe, zugleich ein historischer Roman ohne jede Tümelei. Vieles, was auf den Straßen der Republik gerade zu Schaum vor dem Mund führt, lässt sich mit diesem Buch besser verstehen, viel deutscher Un- und Fehlsinn dort in seiner Entstehung hochkomisch verfolgen. Erschütternd, bei aller Leichtigkeit der Lektüre, die buchstäbliche wie psychische Einschnürung des weiblichen Lebens in einer Epoche, die als bürgerlicher Aufbruch gilt. Elke Schmitter Der Spiegel
Annette von Droste-Hülshoff oder Nette, wie das adlige Fräulein in Familienkreisen genannt wird, hat es nicht so mit Weiberkram: weder mit Handarbeiten noch mit Pflanzen und schon gar nicht mit Küchenkram! Nein, die junge Frau findet Männergespräche wesentlich interessanter …
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Annette von Droste-Hülshoff oder Nette, wie das adlige Fräulein in Familienkreisen genannt wird, hat es nicht so mit Weiberkram: weder mit Handarbeiten noch mit Pflanzen und schon gar nicht mit Küchenkram! Nein, die junge Frau findet Männergespräche wesentlich interessanter - in denen geht es um Politik, Finanzen oder sogar - und das ist ihr das Liebste- um Literatur.
Vor allem im Freundeskreis ihres Onkels August von Haxthausen, der in Göttingen studiert und sie alle kennt - die Grimms - noch sind sie nicht als die Brüder Grimm bekannt -, den Hoffmann (von Fallersleben) und vor allem den Straube. Er, der so gar nicht von blauem Blut ist und von August aufgrund seiner dichterischen Begabung durchgefüttert wird, hat nämlich ein Auge auf Fräulein Nette geworfen. Und sie auf ihn. Soweit es ihr möglich ist - sie ist nämlich stockblind, zumindest jedoch extremst kurzsichtig. Auch ansonsten ist sie gesundheitlich nicht ganz auf dem Damm.
Weswegen ihr keine Brille und weitere Hilfmittel, sondern eine Trinkkur in Bad Driburg gemeinsam mit der Großmutter verordnet wird - eines der absoluten Highlights im Roman! Autorin Karen Duve, von der ich bereits einiges gelesen - und genossen - habe, hat hier aus meiner Sicht ihr absolutes Paradestück abgeliefert. In einer wunderbaren, gleichzeitig dem Zeitalter des Biedermeier und der Romantik wie auch der Gegenwart gerecht werdenden Sprache öffnet sie uns die Augen für die Welt des Fräulein Nette.
Stets schwing ein sanfter, warmherziger Humor mit, mehr als nur ein Hauch davon und richtig grob wird er nur dann, wenn es dem Fräulein Nette mal wieder an den Kragen geht. Was - im übertragenen Sinne - fast ununterbrochen der Fall ist, denn sie ist nicht von ihrer Welt. Also von der damaligen Welt. In diejenige unserer Zeit hingegen würde sie um einiges besser passen, denn hier müsste sie nicht in allem und jedem den Männern den Vorrang lassen, ja sogar hinnehmen, dass diese sie hinsichtlich ihrer literarischen Ambitionen so gar nicht ernst nehmen. Obwohl sie ihnen nicht nur ein Mal den Wind aus den Segeln nimmt.
Die Autorin rächt sich ein bisschen, rächt vielmehr sie, unser reizendes Fräulein Nette also, indem sie das starke Geschlecht in der Auseinandersetzung mit ihr das ein oder andere Mal ganz schön dumm dastehen lässt. In engen Grenzen, versteht sich, denn die wurden damals ja leider gezogen, was auch in diesem Roman wieder und wieder deutlich wird.
Aber gerade deswegen ist dieser Roman so wichtig: Karen Duve räumt auf mit dem bieder(meier)en Bild der Dichterin Annette von Droste-Hülshoff und setzt ihr Denkmal um. Oder neu!
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Feminismus zu Beginn des 19. Jahrhunderts
Lange habe ich mich gefragt, welches Buch Karen Duve geschrieben hat. Eine Biografie von Annette von Droste-Hülshoff ist es nicht. Vielmehr geht es um das Verhältnis von Göttinger Studenten mit Annette.
Wir erfahren viel über das …
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Feminismus zu Beginn des 19. Jahrhunderts
Lange habe ich mich gefragt, welches Buch Karen Duve geschrieben hat. Eine Biografie von Annette von Droste-Hülshoff ist es nicht. Vielmehr geht es um das Verhältnis von Göttinger Studenten mit Annette.
Wir erfahren viel über das Leben einer Adelsfamilie mit unzählbar vielen Kindern, so dass wir dankbar auf den Familienstammbaum im Einband zurückgreifen können.
Einer von Ihnen, Onkel August, der wie der Stammbaum zeigt nur 5 Jahre älter als seine Nichte Nette ist, war tatsächlich Student in Göttingen. Als er die Uni verlassen musste, um den elterlichen Bökerhof zu verwalten, kommen seine Kommilitonen dorthin zu Besuch.
Da auch Nette oft die Verwandtschaft besucht, lernt sie den von August am meisten geförderten Dichter Straube kennen, der aber nicht so talentiert ist wie sie. Dennoch darf Nette das nur denken, weil die eigentliche Aufgabe einer Frau ist es, eher schweigend den Männergesprächen zu folgen als eine eigene Meinung zu vertreten. Aber Nette hält sich nicht an die Etikette.
Wir erleben das langweilige Leben der adligen Frauen am Hof mit und da hat Frau Westermann aus dem Quartett recht, zu lange und zu oft.
Als sie mit dem verarmten Protestanten Straube auch noch eine Liebesbeziehung anfängt, ist sie bei der Familie ganz unten durch. Dann will noch Arnstwaldt, eine anderer Student, mit Nette verkehren will, angeblich im Sinne Straubes, um sie auf die Probe zu stellen, sie lehnt ihn aber ab. Als dieser dann noch Straube verrät, er habe das Herz Annettes gewonnen, muss Nette sich schuldig bekennen. Die Beziehung zu den Literaten bricht ganz ab, die zur Verwandtschaft am Bökerhof ruht, aber in den späteren Jahren hat man sich wohl noch versöhnt.
Eigentlich könnte das Buch so auf S.474 enden, aber diese Geschichte wird auserzählt, ja sogar Harry Heine taucht als Göttinger Student noch auf. Ich vermute Karen Duve hat in der Göttinger Uni so viel interessantes Material entdeckt, dass sie uns die zweifellos spannende, aber doch wenig zum Thema passende, Erlebnisse Heines in Göttingen nicht vorenthalten wollte. Im Epilog wird die Geschichte von Personen erzählt, die ich im Laufe der Erzählung bereits vergessen hatte. Und damit meine ich nicht die Gebrüder Grimm, die ich noch nicht genannt habe.
Gut gefällt mir übrigens die Einordnung in die Zeitgeschichte, mit dem Ausbruch eines indonesischen Vulkans 1817, der zu Missernten und nach Hans-Erhard Lessing auch zur Erfindung des Fahrrads führte, die Ermordung Kotzebue und das Erwachen des deutschen Nationalbewusstseins.
Wegen gewisser Längen 4 Sterne.
Lieblingszitat:
Die Religion ist nicht dafür da, zu verdammen, sondern zu befreien. Zu befreien und fröhlich zu machen. (S.391)
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Frauenfeindliche Spätromantik
Mit dem Katastrophenjahr der Anette von Droste-Hülshoff hat die äußerst vielseitige Schriftstellerin Karen Duve einen faszinierenden Stoff gefunden, mit dem sie der berühmten Dichterin in ihrem Roman «Fräulein Nettes kurzer …
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Frauenfeindliche Spätromantik
Mit dem Katastrophenjahr der Anette von Droste-Hülshoff hat die äußerst vielseitige Schriftstellerin Karen Duve einen faszinierenden Stoff gefunden, mit dem sie der berühmten Dichterin in ihrem Roman «Fräulein Nettes kurzer Sommer» ein weiteres Denkmal gesetzt hat. Die fiktional angereicherte Geschichte spielt im kleinadeligen Milieu ihrer weitverzweigten, im Münsterschen angesiedelten Familie, ergänzt um viele Geistesgrößen der Zeit, die als gerngesehene Gäste dort verkehren. Mit «kurzer Sommer» im Titel wird auf eine Zäsur im Leben des im Familienkreis nur «Nette» genannten, aufmüpfigen Freifräuleins angespielt, die sich nicht nur prägend auf das weitere Leben der Dichterin, sondern auch auf ihr späteres Werk ausgewirkt hat.
«Was tatsächlich im Sommer 1820 auf dem Böckerhof vorgefallen ist, liegt im Dunkeln», heißt es im ersten Satz des dickleibigen Romans. Heinrich Straube, ewiger Student in Göttingen, von seinem Studienfreund August von Haxthausen, dem Onkel von Nette, alimentiert und als neuer Goethe hoffungslos überschätzt, ist 1819 Gast der Familie. Er wird von August überschwänglich als «Phänomen an scharfem Verstande» vorgestellt, «… von dem schon jetzt das Licht des zukünftigen Ruhmes ausstrahlt», «… und ein Geruch wie von einem nassen Hund», ergänzt Nette vorlaut. Trotz dieses peinlichen Fauxpas verliebt Straube sich in die wenig attraktive, aber geistig brillante Nichte seines Freundes und stellt ihr nach. Als sich das Freifräulein in einem schwachen Moment von dem eher hässlichen jungen Mann küssen lässt, wähnt der sich am Ziel seiner Wünsche, «Sein Glück war gemacht», heißt es dazu im Roman. Eine grandiose Fehleinschätzung, denn sowohl der Standesunterschied als auch die konträren Konfessionen der Beiden lässt eine Ehe absolut undenkbar erscheinen.
Nach dieser Einleitung und einem kurzen Hinweis auf den verheerenden Ausbruch des Vulkans Sumbava östlich von Java, der das Wetter weltweit auf Jahre hin verändert hat und durch monatelangen Dauerregen auch in Westfalen Missernten und Hungersnöte zu Folge hatte, erzählt Karen Duve im Rückblick vom ereignislosen Leben ihrer Protagonistin im Kreise der adeligen Großfamilie auf ihren verschiedenen Landgütern, ein im Ritual erstarrtes Dasein. Sie berichtet zudem vom lustigen Studentenleben in Göttingen, von langweiligen Kuraufenthalten und beschwerlichen Reisen. Neben anderen Bewerbern bemüht sich der charismatische Jurastudent August von Arnswaldt um Nette, insgeheim und vorgeblich, um ihre Treue zu testen, was dem Schönling denn auch gelingt, - die ach so sittsame Nette lässt sich von ihm küssen. Als Fräulein Nette ihn nach diesem Ausrutscher strikt zurückweist und ihre unverbrüchliche Liebe zu Straube beteuert, berichtet Arnswaldt Straube von diesem Vorfall. Beide wenden sich von ihr ab und sehen sie nie wieder, und auch die Familie hat sie nun gegen sich, alle hacken auf ihr herum, - ein Katastrophenjahr für sie!
Mit fleißig recherchierter Detailfülle, von der ein zwölfseitiges Literaturverzeichnis zeugt, erzählt Karen Duve in ihrem spätromantischen Gesellschaftsroman kenntnisreich vom Leben auf den westfälischen Landgütern und von den vielen interessanten Gästen und Freunden. Zu denen gehören die eifrig Märchen sammelnden Gebrüder Grimm ebenso wie Hoffmann von Fallersleben. Und sogar Heinrich Heine taucht darin auf und widerspricht Straube, der ihn im Gespräch den letzten Romantiker nennt: «Ich bin die Überwindung der Romantik!» Die eher lakonisch erzählte Geschichte ist unterhaltsam und bereichernd zugleich, sie vermittelt ein authentisch wirkendes Bild dieser frauenfeindlichen Epoche. Leider bleibt ausgerechnet die berühmte Protagonistin in ihren literarischen Aspekten ziemlich blass in diesem ansonsten in epischer Breite erzählten Roman, der mir speziell beim ritualisierten, immer gleichen Familienleben denn doch zu ereignislos erscheint. Trotzdem ist er eine den Horizont des Lesers erweiternde, angenehme Lektüre.
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Broschiertes Buch
Erfolgsautorin Karen Duve konzentriert sich mit ihrer Romanbiografie auf vier Jahre im Leben Annette von Droste-Hülshoffs (1817 - 1821), als diese Anfang bis Mitte Zwanzig ist. Man sollte meinen, dass der Fokus auf diese überschaubare Zeitspanne der Erzählung gut tut, …
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Erfolgsautorin Karen Duve konzentriert sich mit ihrer Romanbiografie auf vier Jahre im Leben Annette von Droste-Hülshoffs (1817 - 1821), als diese Anfang bis Mitte Zwanzig ist. Man sollte meinen, dass der Fokus auf diese überschaubare Zeitspanne der Erzählung gut tut, schließlich hat Droste-Hülshoff, die zu den bedeutendsten deutschen Dichterinnen des 19. Jahrhunderts zählt, nicht nur ein umfangreiches Werk hinterlassen, sondern sowohl ihr Leben wie auch ihr Œuvre sind Gegenstand zahlloser Veröffentlichungen.
Doch "Fräulein Nettes kurzer Sommer" konnte mich nur in Teilen überzeugen. Wohl hat Duve ein detail- und kenntnisreiches Sittengemälde der Biedermeierzeit gezeichnet. Die Studenten "lassen es krachen", nachdem die französische Besatzung mit dem Sieg der Befreiungskriege ein Ende hatte und das deutsche Nationalbewusstsein wieder erstarkt. Das aufstrebende Bürgertum wird vom Adel in die "gottgewollten" Schranken gewiesen, die Aufklärung wird eher als Bedrohung der eigenen Privilegien empfunden. ("Das frühere Verhältnis des Gutsherren zu ihren Leibeigenen kann nur als wohltätig bezeichnet werden. Man ändert doch nichts, was sich so gut bewährt hat.") Gelungen webt die Autorin zeitgeschichtliche Ereignisse in den Alltag der Romanfiguren ein. So erfährt man von den verheerenden Missernten und der Hungersnot der Landbevölkerung, die der Ausbruch des Vulkans Tambora 1815 in der Folgezeit aufgrund des extremen Winters und der Starkregenfälle im Sommer verursachte. Auch vom sogenannten Mesmerismus habe ich mit Interesse gelesen, heutzutage würde man diese alternative Heilmethode wohl auf Esoterik-Messen finden. Gut unterhalten haben mich auch zahlreiche Auftritte bekannter Zeitgenossen Anettes, von Karl Drais, der auf der von ihm erfundenen Draisine den späteren Mörder August von Kotzebues über den Haufen fährt, bis zu Harry (nach seiner Taufe: Heinrich) Heine, den Brüdern Grimm oder Freiherrn von Knigge.
Viel zu kurz kommt meines Erachtens jedoch Titelfigur "Nette". Die extrem kurzsichtige junge Frau ist belesen und schlagfertig, sie mischt sich in männliche Konversation ein und vertritt ihre eigene Meinung, auch wenn diese vom Gegenüber abweicht. Damit entspricht sie so gar nicht dem Schönheitsideal einer jungen Adligen. Frauen sollen hübsch und simpel sein, auf keinen Fall zu intelligent. Wünschenswert sind weiterhin Sanftmut und Unterordnung unter die männliche Dominanz, ein Mangel an weiblichem Selbstbewusstsein wird geschätzt. All dies sucht man bei der jungen Nette vergebens, und zu allem Überfluss muss sie sich auch noch als Schriftstellerin betätigen. Damit setzt sie nach dem Urteil von Familie und Freunden ihre Weiblichkeit aufs Spiel. Lange behauptet sich Annette gegen die gesellschaftlichen Zwänge, doch eine niederträchtige Intrige von Familie und Freunden bricht ihren Widerstand und sie fügt sich. Dies ist erschütternd zu lesen, aber gleichzeitig kommt Annette in diesem Roman zu kurz. Es mutet seltsam an, dass gerade in einer Geschichte, die so voller Ungerechtigkeiten gegenüber Frauen strotzt, die Protagonistin weniger zu Wort kommt, als die männlichen Anverwandten und deren Freunde. Auch über Annettes Dichtung hätte ich gern mehr erfahren, über ihre Motivation zu schreiben, ihre Vorbilder usw.
Sprachlich ist die Erzählung sehr gelungen, nur leider schreitet die Handlung anfangs sehr zäh voran; erst in der zweiten Hälfte wird es ereignisreicher und spannend.
Fazit: Meine Empfehlung für alle, die sich ein Bild über die Biedermeierzeit verschaffen wollen, wer sich für die Dichterin Annette von Droste-Hülshoff interessiert, für den gibt es bessere Bücher.
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Broschiertes Buch
Der kurze Sommer ist ein Buch, das man aus meiner Sicht aus vielen Gründen lesen sollte, selbst wenn man kein ausgeprägter Droste-Fan ist. Die Darstellung der Zeit und ihrer Gesellschaft lohnt sich auf jeden Fall. Zudem ist das Buch ausgesprochen pointiert und witzig geschrieben. …
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Der kurze Sommer ist ein Buch, das man aus meiner Sicht aus vielen Gründen lesen sollte, selbst wenn man kein ausgeprägter Droste-Fan ist. Die Darstellung der Zeit und ihrer Gesellschaft lohnt sich auf jeden Fall. Zudem ist das Buch ausgesprochen pointiert und witzig geschrieben. Bedauerlich finde ich nur, dass das literarische Werk der Droste-Hülshoff thematisch etwas untergeht.
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