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1954: Siggi Jepsen befindet sich in einem Internat für straffällige Jugendliche. Er soll einen Aufsatz über "Die Freuden der Pflicht" schreiben. Siggi kommt sofort sein Vater in den Sinn: Der beflissene Dorfpolizist Jens Ole Jepsen setzt das 1943 von den Nazis gegen den Kunstmaler Max Ludwig Nansen verhängte Berufsverbot durch, obwohl dieser sein Freund ist. Siggi stellt sich auf die Seite des Künstlers.
Siegfried Lenz, geboren 1926 in Lyck (Ostpreußen), begann nach dem Krieg in Hamburg das Studium der Literaturgeschichte, Anglistik und Philosophie. Danach wurde er Redakteur. Er zählt er zu den profiliertesten deutschen Autoren. Seit 1951 lebte Siegfried Lenz als freier Schriftsteller in Hamburg. 1988 erhielt er den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. 2004 wurde ihm der Hannelore-Greve-Preis der Hamburger Autorenvereinigung verliehen, 2009 erhielt er den Lew-Kopelew-Preis für Frieden und Menschenrechte und 2010 wurde Siegfried Lenz mit dem Nonino International Prize ausgezeichnet. 2011 schließlich verlieh man ihm die Ehrenbürgerwürde seiner polnischen Geburtsstadt. Siegried Lenz verstarb 2014.

© Ingrid von Kruse
Produktdetails
- dtv Taschenbücher Bd.13411
- Verlag: DTV
- 41. Aufl.
- Seitenzahl: 576
- Erscheinungstermin: 13. Januar 2006
- Deutsch
- Abmessung: 191mm x 121mm x 29mm
- Gewicht: 460g
- ISBN-13: 9783423134118
- ISBN-10: 3423134119
- Artikelnr.: 14163162
Herstellerkennzeichnung
Die Herstellerinformationen sind derzeit nicht verfügbar.
»Ein Meisterwerk, dessen Ernst voller Trauer ist - wie es nur bei einem Beobachter sein mag, der Humor hat.« Die Zeit
"Deutschstunde", wiedergelesen
Was bedeuten die nationalsozialistischen Verstrickungen Emil Noldes für Siegfried Lenz' Roman, der den Maler zum Vorbild seiner zentralen Figur nahm?
Vor fünf Jahren hatten wir die ganze Diskussion schon mal. Da hing Emil Nolde auch schon im Kanzleramt - und wurde damals nicht abgehängt. Warum eigentlich nicht? Im Frankfurter Städel eröffnete im März 2014 eine Nolde-Retrospektive, die den Nationalsozialisten und Antisemiten Nolde zum Thema machte. "Was bleibt nun von seinem Werk?", wurde damals gefragt. Und mit Blick auf Siegfried Lenz' berühmten Roman "Deutschstunde", der nicht nur in Schulklassen, sondern auch sonst überall als ein Roman über Emil Nolde gelesen wurde: "Was passiert
Was bedeuten die nationalsozialistischen Verstrickungen Emil Noldes für Siegfried Lenz' Roman, der den Maler zum Vorbild seiner zentralen Figur nahm?
Vor fünf Jahren hatten wir die ganze Diskussion schon mal. Da hing Emil Nolde auch schon im Kanzleramt - und wurde damals nicht abgehängt. Warum eigentlich nicht? Im Frankfurter Städel eröffnete im März 2014 eine Nolde-Retrospektive, die den Nationalsozialisten und Antisemiten Nolde zum Thema machte. "Was bleibt nun von seinem Werk?", wurde damals gefragt. Und mit Blick auf Siegfried Lenz' berühmten Roman "Deutschstunde", der nicht nur in Schulklassen, sondern auch sonst überall als ein Roman über Emil Nolde gelesen wurde: "Was passiert
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mit einem Roman, dem mehr als vierzig Jahre nach dem Erscheinen seine zentrale Figur abhandenkommt - und damit auch ein Gutteil an Glaubwürdigkeit?"
Es passierte so gut wie nichts. In der öffentlichen Wahrnehmung blieb der Mythos Nolde unangetastet. Und die "Deutschstunde" wurde weiter als ein Lehrstück gelesen, in dem der expressionistische Maler Max Ludwig Nansen, gegen den im Jahr 1943 ein Malverbot verhängt wird, als Emil-Nolde-Figur verstanden wurde: ein Künstler, der in Zeiten des Nationalsozialismus inneren Widerstand leistet und sich gegen Schikanen behauptet. Welche Konsequenzen also hatte der bekanntgewordene Antisemitismus Noldes für die Leser des Romans? "Ganz einfach: keine", konnte man 2014 in der "Süddeutschen Zeitung" lesen, die die Diskussion darüber, ob sich in der Wahrnehmung des Werks etwas ändern müsse, auch noch vor einem halben Jahr als "überflüssige Debatte" bezeichnete. Das Nolde-Problem wurde so erfolgreich wegmoderiert, dass jetzt, wo im Hamburger Bahnhof in Berlin die große Nolde-Ausstellung eröffnet worden ist, sich alle wieder neu erschrecken, ganz so, als hätten sie vom Nazitum und Judenhass des Malers noch nie gehört.
Um zu verstehen, wieso bei Nolde das Vergessen so ungeheuer gut funktioniert, muss man wissen, dass die Nolde-Stiftung Seebüll über viele Jahre hinweg erfolgreich versucht hat, das Erbe des Malers makellos zu halten. Aber es ist nicht nur das. Man kommt auch an Siegfried Lenz' "Deutschstunde" nicht vorbei. Denn der 1968 veröffentlichte Roman, in dem ein Junge namens Siggi Jepsen wegen einer Reihe von Bilddiebstählen in einer Anstalt für schwererziehbare Jugendliche einsitzt und eine Strafarbeit über die "Freuden der Pflicht" schreiben muss, ist bis heute so sehr mit dem Namen Nolde verbunden, dass die Fiktion größer ist als die Wirklichkeit. Sie ist sogar so groß, dass viele, wenn sie an den Maler Emil Nolde denken, eigentlich Siegfried Lenz' Figur Max Ludwig Nansen im Kopf haben. Auch das ist eine Wirkung von Literatur.
Dem Jungen im Roman fällt beim Begriff "Pflicht" vor allem sein Vater ein, der als nördlichster Polizeiposten Deutschlands den Befehl erhält, den Künstler Nansen zu überwachen. Diesem ist von den Nazis ein Malverbot auferlegt worden. Der Polizist droht ihm die Beschlagnahmung und Zerstörung seiner Bilder an. Siggi Jepsen beobachtet seinen Vater. Er liegt in seinem Kinderversteck - und schlägt sich auf die Seite des Malers. Beide nehmen die Sache so ernst, dass sie auch nach dem Krieg nicht damit aufhören können: Der Vater verfolgt den Maler auch ohne Nazis weiter. Und der Sohn, der immer noch glaubt, den Maler schützen zu müssen, stiehlt dessen Werke aus einer Ausstellung, wofür er zu einer Jugendstrafe verurteilt wird.
Im Mai 1969, also ein Jahr nach Erscheinen des Romans, schrieb Marcel Reich-Ranicki, damals Literaturkritiker bei der "Zeit", einen Brief an seinen Freund Lenz: "Ist es vielleicht möglich, dass der Erfolg der ,Deutschstunde' nicht nur mit den starken, sondern auch und vor allem mit den schwachen Seiten dieses Buchs zusammenhängt?" Lenz antwortete, er habe wirklich noch nie von einem Leser gehört, der sich ein Buch kaufe, um sich "an den Schwächen und Makeln seines Autors zu begeistern". Aber Reich-Ranicki insistierte: "Die Frage ist, ob Du nicht mit gewissen eher fragwürdigen Elementen in dem Roman einem eher fragwürdigen Publikumsgeschmack entgegenkommst."
Liest man das Buch jetzt wieder, meint man sofort zu verstehen, was Reich-Ranicki meinte. Denn die Figuren sind bei Lenz so klar umrissen, so überdeutlich gezeichnet (der Dorfpolizist als Pflichterfüller und Vertreter des Gesetzes, der Künstler ein Freigeist, der jugendliche Rebell als Retter eines widerständigen Vermächtnisses), dass sie zum Lehrstück besonders geeignet sein mögen, ihnen aber jede Ambivalenz fehlt. Siegfried Lenz selbst hielt den Maler in seinem Roman für "durchaus ambivalent". Das sagte er nach der Eröffnung der Nolde-Retrospektive 2014 bei einem Auftritt im Literaturarchiv Marbach, als er gefragt wurde, was er über den realen Nolde wusste. Der sei wohl "ein problematischer Mensch" gewesen und habe sich politisch "ein bisschen katastrophal" verhalten, sagte er. Mehr nicht.
Tatsächlich wusste er bereits bei der Arbeit an der "Deutschstunde" über die nationalsozialistischen Verstrickungen des Malers Bescheid, unter anderem durch eine Festrede, die der Rhetorikprofessor Walter Jens im August 1967 zum 100. Geburtstag Noldes in Seebüll gehalten und von dessen Idealen der "Reinrassigkeit" gesprochen hatte; von einem, der "die Zukunft der Kunst" mit "judenferner Kunst" gleichsetzte. Günter Berg hat dies in der Hamburger Ausgabe der Lenz-Werke zusammengefasst. In sein Buch nahm Lenz das nicht auf. Das musste er auch nicht. Er schrieb einen Roman. Der Maler darin hieß Nansen und nicht Nolde (der als Hans Emil Hansen geboren wurde). Das Problematische und Katastrophale seines realen Modells, die Ambivalenzen, interessierten ihn für seine "Deutschstunde" offenbar nicht. Aber es hätte uns interessieren müssen. Dass Angela Merkel das Nolde-Bild im Kanzleramt nun abgehängt hat, ist eine gute Entscheidung auch deshalb, weil damit die Routine unterbrochen ist, an die märchenhaft klar umrissenen Charaktere der "Deutschstunde" zu glauben. Der Roman bleibt der Roman. Man kann ihn finden, wie man will. Nolde aber ist nun nicht mehr der Maler aus der "Deutschstunde". Er ist der, der im Kanzleramt abgehängt wurde, und es gilt, sich zu erinnern, warum.
JULIA ENCKE
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Es passierte so gut wie nichts. In der öffentlichen Wahrnehmung blieb der Mythos Nolde unangetastet. Und die "Deutschstunde" wurde weiter als ein Lehrstück gelesen, in dem der expressionistische Maler Max Ludwig Nansen, gegen den im Jahr 1943 ein Malverbot verhängt wird, als Emil-Nolde-Figur verstanden wurde: ein Künstler, der in Zeiten des Nationalsozialismus inneren Widerstand leistet und sich gegen Schikanen behauptet. Welche Konsequenzen also hatte der bekanntgewordene Antisemitismus Noldes für die Leser des Romans? "Ganz einfach: keine", konnte man 2014 in der "Süddeutschen Zeitung" lesen, die die Diskussion darüber, ob sich in der Wahrnehmung des Werks etwas ändern müsse, auch noch vor einem halben Jahr als "überflüssige Debatte" bezeichnete. Das Nolde-Problem wurde so erfolgreich wegmoderiert, dass jetzt, wo im Hamburger Bahnhof in Berlin die große Nolde-Ausstellung eröffnet worden ist, sich alle wieder neu erschrecken, ganz so, als hätten sie vom Nazitum und Judenhass des Malers noch nie gehört.
Um zu verstehen, wieso bei Nolde das Vergessen so ungeheuer gut funktioniert, muss man wissen, dass die Nolde-Stiftung Seebüll über viele Jahre hinweg erfolgreich versucht hat, das Erbe des Malers makellos zu halten. Aber es ist nicht nur das. Man kommt auch an Siegfried Lenz' "Deutschstunde" nicht vorbei. Denn der 1968 veröffentlichte Roman, in dem ein Junge namens Siggi Jepsen wegen einer Reihe von Bilddiebstählen in einer Anstalt für schwererziehbare Jugendliche einsitzt und eine Strafarbeit über die "Freuden der Pflicht" schreiben muss, ist bis heute so sehr mit dem Namen Nolde verbunden, dass die Fiktion größer ist als die Wirklichkeit. Sie ist sogar so groß, dass viele, wenn sie an den Maler Emil Nolde denken, eigentlich Siegfried Lenz' Figur Max Ludwig Nansen im Kopf haben. Auch das ist eine Wirkung von Literatur.
Dem Jungen im Roman fällt beim Begriff "Pflicht" vor allem sein Vater ein, der als nördlichster Polizeiposten Deutschlands den Befehl erhält, den Künstler Nansen zu überwachen. Diesem ist von den Nazis ein Malverbot auferlegt worden. Der Polizist droht ihm die Beschlagnahmung und Zerstörung seiner Bilder an. Siggi Jepsen beobachtet seinen Vater. Er liegt in seinem Kinderversteck - und schlägt sich auf die Seite des Malers. Beide nehmen die Sache so ernst, dass sie auch nach dem Krieg nicht damit aufhören können: Der Vater verfolgt den Maler auch ohne Nazis weiter. Und der Sohn, der immer noch glaubt, den Maler schützen zu müssen, stiehlt dessen Werke aus einer Ausstellung, wofür er zu einer Jugendstrafe verurteilt wird.
Im Mai 1969, also ein Jahr nach Erscheinen des Romans, schrieb Marcel Reich-Ranicki, damals Literaturkritiker bei der "Zeit", einen Brief an seinen Freund Lenz: "Ist es vielleicht möglich, dass der Erfolg der ,Deutschstunde' nicht nur mit den starken, sondern auch und vor allem mit den schwachen Seiten dieses Buchs zusammenhängt?" Lenz antwortete, er habe wirklich noch nie von einem Leser gehört, der sich ein Buch kaufe, um sich "an den Schwächen und Makeln seines Autors zu begeistern". Aber Reich-Ranicki insistierte: "Die Frage ist, ob Du nicht mit gewissen eher fragwürdigen Elementen in dem Roman einem eher fragwürdigen Publikumsgeschmack entgegenkommst."
Liest man das Buch jetzt wieder, meint man sofort zu verstehen, was Reich-Ranicki meinte. Denn die Figuren sind bei Lenz so klar umrissen, so überdeutlich gezeichnet (der Dorfpolizist als Pflichterfüller und Vertreter des Gesetzes, der Künstler ein Freigeist, der jugendliche Rebell als Retter eines widerständigen Vermächtnisses), dass sie zum Lehrstück besonders geeignet sein mögen, ihnen aber jede Ambivalenz fehlt. Siegfried Lenz selbst hielt den Maler in seinem Roman für "durchaus ambivalent". Das sagte er nach der Eröffnung der Nolde-Retrospektive 2014 bei einem Auftritt im Literaturarchiv Marbach, als er gefragt wurde, was er über den realen Nolde wusste. Der sei wohl "ein problematischer Mensch" gewesen und habe sich politisch "ein bisschen katastrophal" verhalten, sagte er. Mehr nicht.
Tatsächlich wusste er bereits bei der Arbeit an der "Deutschstunde" über die nationalsozialistischen Verstrickungen des Malers Bescheid, unter anderem durch eine Festrede, die der Rhetorikprofessor Walter Jens im August 1967 zum 100. Geburtstag Noldes in Seebüll gehalten und von dessen Idealen der "Reinrassigkeit" gesprochen hatte; von einem, der "die Zukunft der Kunst" mit "judenferner Kunst" gleichsetzte. Günter Berg hat dies in der Hamburger Ausgabe der Lenz-Werke zusammengefasst. In sein Buch nahm Lenz das nicht auf. Das musste er auch nicht. Er schrieb einen Roman. Der Maler darin hieß Nansen und nicht Nolde (der als Hans Emil Hansen geboren wurde). Das Problematische und Katastrophale seines realen Modells, die Ambivalenzen, interessierten ihn für seine "Deutschstunde" offenbar nicht. Aber es hätte uns interessieren müssen. Dass Angela Merkel das Nolde-Bild im Kanzleramt nun abgehängt hat, ist eine gute Entscheidung auch deshalb, weil damit die Routine unterbrochen ist, an die märchenhaft klar umrissenen Charaktere der "Deutschstunde" zu glauben. Der Roman bleibt der Roman. Man kann ihn finden, wie man will. Nolde aber ist nun nicht mehr der Maler aus der "Deutschstunde". Er ist der, der im Kanzleramt abgehängt wurde, und es gilt, sich zu erinnern, warum.
JULIA ENCKE
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"Eine beispielhafte Geschichte um blindes Mitläufertum und pervertiertes Pflichtbewusstsein in der NS-Zeit."
Maxi 03/2009
Maxi 03/2009
Als ob man selbst dabei war
Ist es Zufall, dass der Höhepunkt der antiautoritären Bewegung in Deutschland im Jahre 1968, in Zeiten einer quasi oppositionslosen großen Koalition also, gleichzeitig das Erscheinungsjahr des wichtigsten und erfolgreichsten Romans von Siegfried Lenz …
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Als ob man selbst dabei war
Ist es Zufall, dass der Höhepunkt der antiautoritären Bewegung in Deutschland im Jahre 1968, in Zeiten einer quasi oppositionslosen großen Koalition also, gleichzeitig das Erscheinungsjahr des wichtigsten und erfolgreichsten Romans von Siegfried Lenz war, der «Deutschstunde»? Das Buch passte jedenfalls genau in diese Zeit, war eine feinsinnige Aufarbeitung der jüngeren Vergangenheit gerade auch in Hinblick auf die Frage nach der Anpassung des Individuums an die jeweilige gesellschaftliche Situation. Was die Achtundsechziger damals bekämpften war ja nichts anderes als das Wiedererstarken einer kritiklosen, obrigkeitsgläubigen deutschen Bevölkerung, die beflissentlich das tut, was man ihr sagt, ohne weiter darüber nachzudenken.
«Die Freuden der Pflicht» heißt denn auch treffend der Deutschaufsatz, den Siggi, der in einer Hamburger Besserungsanstalt einsitzende Ich-Erzähler, schreiben muss. Die Entstehung dieses Aufsatzes, zu dem er fast unbegrenzt viel Zeit hat, bildet den äußeren Rahmen der Handlung. Im Aufsatz des geradezu schreibwütigen Siggi, der inneren Geschichte, lesen wir von seiner Jugend am Deich, von seinem Elternhaus und den Nachbarn in schleswig-holsteinischen Rugbühl, wo sein Vater als Dorfpolizist den «nördlichsten Polizeiposten Deutschlands» innehat. Die unbeirrbare, sture, geradezu unmenschliche Auffassung des Vaters von Pflicht gipfelt in der Auseinandersetzung mit seinem Nachbarn und Freund Max, einem an Emil Nolde erinnernden, expressionistischen Maler, dem er 1943 das Malverbot aus Berlin überbringt, dessen Einhaltung er persönlich zu überwachen habe. Obwohl Max ihn als Jugendlicher vor dem Ertrinken gerettet hat, ist der Polizist geradezu zwanghaft bemüht, diesen Auftrag akribisch zu erfüllen, menschliche Regungen sind ihm völlig fremd in seiner unreflektierten Pflichterfüllung. Die übrigens noch lange über das Kriegsende hinaus fortdauert, nur weil man ihm nicht gesagt hat, dass damit auch sein Auftrag endet.
Lenz hat autobiografisch inspiriert in seiner schlichten, aber wirkmächtigen Sprache ein großartiges literarisches Portrait der Küstenlandschaft und ihrer Bewohner geschaffen, einer rauen Welt, die immer wieder äußerst detailreich und so liebevoll geschildert wird, dass sie selbst einem ortsfernen, süddeutschen Leser wie mir unwillkürlich ans Herz wächst. Der Plot ist raffiniert in Kapitel gegliedert, die das Geschehen aus verschiedenen Perspektiven beleuchten und mit Zeitsprüngen voranbringen. So wird zum Beispiel mehrfach das Manuskript eines jungen Psychologen mit einbezogen, in dessen Diplomarbeit das Seelenleben des arretierten Helden wird. Sehr amüsant sind die Einschübe, in denen Siggi als Autor über den Fortgang seiner Geschichte sinniert und damit den Leser an seinen Überlegungen beim Schreiben teilnehmen lässt. Überhaupt ist in diesen Roman voller Trauer und Bitternis häufig ein trockener Humor eingewoben, der die Lektüre angenehm locker werden lässt, ein markantes Merkmal der großartigen und anrührenden Erzählkunst von Siegfried Lenz. Wie er zum Beispiel einen Geburtstagstisch schildert oder minutiös über ungewöhnliche Riten und seltsame Angewohnheiten seiner wahrlich illustren Figuren berichtet, das zeugt von großer Scharfsicht und Lebensklugheit.
Der ruhige und genüssliche, weit ausholende Erzählstil des Autors hat mich tief in eine ereignisreiche «Deutschstunde» hineingezogen, in der die Spannung bis zum Ende anhält. Man mag manche Naturschilderungen als zu langatmig empfinden, die gleiche Detailtreue aber ist bei den vielen Figuren höchst erwünscht, lässt die fast durchweg sympathischen Protagonisten geradezu lebendig werden, man fühlt sich, als ob man selbst dabei war. Mehr kann man von einem Roman nun wirklich nicht erwarten.
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Antworten 8 von 8 finden diese Rezension hilfreich
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Siggi Jepsen soll einen Aufsatz über "die Freuden der Pflicht" schreiben. Ein supertoller Roman über Pflicht und Pflichterfüllung, die zur Kriegszeit vor allem seinen Vater betreffen. Siegfried Lenz hat mit seinem tollen Schreibstil und dieser außerordentlich …
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Siggi Jepsen soll einen Aufsatz über "die Freuden der Pflicht" schreiben. Ein supertoller Roman über Pflicht und Pflichterfüllung, die zur Kriegszeit vor allem seinen Vater betreffen. Siegfried Lenz hat mit seinem tollen Schreibstil und dieser außerordentlich interessanten Geschichte einen Roman erster Klasse erstellt.
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Antworten 7 von 8 finden diese Rezension hilfreich
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Über die "Freuden der Pflicht"
Gehorsamkeit und Widerstand im nationalsozialistischen Alltag.
Der 1926 im ostpreußischen Lyck geborene Siegfried Lenz gehört zu den bekanntesten deutschen Autoren der Gegenwart. Für sein Werk hat er viele Ehrungen und Auszeichnungen …
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Über die "Freuden der Pflicht"
Gehorsamkeit und Widerstand im nationalsozialistischen Alltag.
Der 1926 im ostpreußischen Lyck geborene Siegfried Lenz gehört zu den bekanntesten deutschen Autoren der Gegenwart. Für sein Werk hat er viele Ehrungen und Auszeichnungen bekommen, dazu gehören unter anderem der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels und der Goethe-Preis der Stadt Frankfurt.
Lenz' Kindheit und Jugend sind von den Ereignissen des Dritten Reiches geprägt. Im Alter von 13 Jahren trat er der HJ bei, machte 1943 sein Notabitur und wurde dann Soldat bei der Marine der Reichswehr. Er desertierte in Dänemark und kam in englische Kriegsgefangenschaft. Diese Erlebnisse beeinflussen sein journalistisches und literarisches Werk.
In seinem Roman "Die Deutschstunde", der 1968 erschien, setzt sich Lenz kritisch mit dem Dritten Reich auseinander. Der Protagonist des Romans ist Siggi Jepsen, ein Zögling einer Anstalt für schwererziehbare Jugendliche, der einen Deutschaufsatz zum Thema 'Die Freude der Pflicht' schreiben muss. Darin thematisiert Siggi den Konflikt mit seinem Vater, der zur Zeit des Nationalsozialismus Polizist im norddeutschen Rugbüll ist.
Siggis Vater ist mit dem Maler Nansen befreundet, doch die NS-Zeit verändert diese Freundschaft. "Die Deutschstunde" schildert, wie der Polizist Jepsen die Durchsetzung des Malverbots für Nansen zu dessen persönlichem Feldzug macht. Nahezu blind erfüllt der Vater seine Pflicht, während der Sohn versucht, die Kunstwerke zu retten. Das Ende des Dritten Reiches bringt keine Veränderung. Der Vater wird kurzfristig interniert, kehrt jedoch später auf seinen Posten zurück, ungebrochen autoritätsgläubig.
Mit der "Deutschstunde" konfrontiert Siegfried Lenz seine Leserschaft schonungslos mit scheinbar unpolitischer Pflichterfüllung und Heimattreue, welche in der Nachkriegszeit als tragender Pfeiler des Nationalsozialismus demaskiert wurde.
Lenz zählt seit langem zu den bedeutendsten Autoren der deutschsprachigen Nachkriegs- und Gegenwartsliteratur. Sein literarisch unvergleichliches Werk wurde mit zahlreichen Auszeichnungen bedacht und alle Preise rühmten das unerschrockene Engagement des Autors. Seine Werke sind Bilder einer Epoche. Lernz starb 2014
Eines der wichtigsten Werke der deutschen Nachkriegsliteatur. Zweifellos ein Klassiker, immer noch gut zu lesen. Zudem mit viel norddeutschem Lokalkolorit versehen. Nimmt man immer wieder gerne zur Hand, wie auch die Romane Walter Kempowskis. Schade, dass der Autor nicht mehr unter uns weilt. Eine wichtige Stimme ist verstummt. Für immer.
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dieses buch ist absolut ein highlight und ein muß für jeden leser. absolut pefekte darstellung der geschichte. hier merkt man sofort, dass hier ein könner am werk war. dieses erzählung ist absolut fesselnd und schildert "die freuden der pflicht" und zeigt die …
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dieses buch ist absolut ein highlight und ein muß für jeden leser. absolut pefekte darstellung der geschichte. hier merkt man sofort, dass hier ein könner am werk war. dieses erzählung ist absolut fesselnd und schildert "die freuden der pflicht" und zeigt die konfrontation der gesellschaft während und nach dem 2. weltkrieg in dem kleinen ort rugbühl in norddeutschland.
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Buch einwandfrei,schnell geliefert.
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Siggi Jepsen gibt ein leeres Heft ab, als es einen deutschen Aufsatz zu schreiben gilt. Daraufhin wird er eingeschlossen und bekommt als Strafarbeit nochmals das Thema "Die Freuden der Pflicht" in einen Aufsatz zu formulieren. Von den Erinnerungen die er dazu hat, handelt das ganze Buch. …
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Siggi Jepsen gibt ein leeres Heft ab, als es einen deutschen Aufsatz zu schreiben gilt. Daraufhin wird er eingeschlossen und bekommt als Strafarbeit nochmals das Thema "Die Freuden der Pflicht" in einen Aufsatz zu formulieren. Von den Erinnerungen die er dazu hat, handelt das ganze Buch. Siggis Kindheit an der Nordsee während des Krieges war geprägt von seinem strengen Vater, dem örtlichen Polizeiposten. Als dieser das Malverbot von Max Ludwig Nansen zu überwachen hat, befindet sich Siggi in einem Zwiespalt, den er ist mit dem Maler befreundet. Fortan "rettet" er viele Bilder die konfisziert werden sollen.
Siegfried Lenzs Buch ist in zwei Zeitebenen unterteilt. Zum einen spielt es in der Jugendstrafanstalt wo Siggi seine Strafarbeit schreibt, zum anderen tauchen wir in die Erinnerungen des Protagonisten ein und erleben eine Jugend im Krieg. Die Sprache ist wunderschön und macht die Erzählung sehr lebendig. Besonders die Beschreibungen der Nordseelandschaft und ihrer Bewohner gefiel mir. Nebenbei wird anschaulich anhand Siggis Bruder - eines Desserteurs - und des Malers geschildert, welche Auswirkungen das Regime im Dritten Reich auf die andersdenkende Bevölkerung hat.
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Siggi Jepsen gibt ein leeres Heft ab, als es einen deutschen Aufsatz zu schreiben gilt. Daraufhin wird er eingeschlossen und bekommt als Strafarbeit nochmals das Thema "Die Freuden der Pflicht" in einen Aufsatz zu formulieren. Von den Erinnerungen die er dazu hat, handelt das ganze Buch. …
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Siggi Jepsen gibt ein leeres Heft ab, als es einen deutschen Aufsatz zu schreiben gilt. Daraufhin wird er eingeschlossen und bekommt als Strafarbeit nochmals das Thema "Die Freuden der Pflicht" in einen Aufsatz zu formulieren. Von den Erinnerungen die er dazu hat, handelt das ganze Buch. Siggis Kindheit an der Nordsee während des Krieges war geprägt von seinem strengen Vater, dem örtlichen Polizeiposten. Als dieser das Malverbot von Max Ludwig Nansen zu überwachen hat, befindet sich Siggi in einem Zwiespalt, den er ist mit dem Maler befreundet. Fortan "rettet" er viele Bilder die konfisziert werden sollen.
Siegfried Lenzs Buch ist in zwei Zeitebenen unterteilt. Zum einen spielt es in der Jugendstrafanstalt wo Siggi seine Strafarbeit schreibt, zum anderen tauchen wir in die Erinnerungen des Protagonisten ein und erleben eine Jugend im Krieg. Die Sprache ist wunderschön und macht die Erzählung sehr lebendig. Besonders die Beschreibungen der Nordseelandschaft und ihrer Bewohner gefiel mir. Nebenbei wird anschaulich anhand Siggis Bruder - eines Desserteurs - und des Malers geschildert, welche Auswirkungen das Regime im Dritten Reich auf die andersdenkende Bevölkerung hat.
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Siggi Jepsen gibt ein leeres Heft ab, als es einen deutschen Aufsatz zu schreiben gilt. Daraufhin wird er eingeschlossen und bekommt als Strafarbeit nochmals das Thema "Die Freuden der Pflicht" in einen Aufsatz zu formulieren. Von den Erinnerungen die er dazu hat, handelt das ganze Buch. …
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Siggi Jepsen gibt ein leeres Heft ab, als es einen deutschen Aufsatz zu schreiben gilt. Daraufhin wird er eingeschlossen und bekommt als Strafarbeit nochmals das Thema "Die Freuden der Pflicht" in einen Aufsatz zu formulieren. Von den Erinnerungen die er dazu hat, handelt das ganze Buch. Siggis Kindheit an der Nordsee während des Krieges war geprägt von seinem strengen Vater, dem örtlichen Polizeiposten. Als dieser das Malverbot von Max Ludwig Nansen zu überwachen hat, befindet sich Siggi in einem Zwiespalt, den er ist mit dem Maler befreundet. Fortan "rettet" er viele Bilder die konfisziert werden sollen.
Siegfried Lenzs Buch ist in zwei Zeitebenen unterteilt. Zum einen spielt es in der Jugendstrafanstalt wo Siggi seine Strafarbeit schreibt, zum anderen tauchen wir in die Erinnerungen des Protagonisten ein und erleben eine Jugend im Krieg. Die Sprache ist wunderschön und macht die Erzählung sehr lebendig. Besonders die Beschreibungen der Nordseelandschaft und ihrer Bewohner gefiel mir. Nebenbei wird anschaulich anhand Siggis Bruder - eines Desserteurs - und des Malers geschildert, welche Auswirkungen das Regime im Dritten Reich auf die andersdenkende Bevölkerung hat.
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Ich habe dieses Buch in der Schule gelesen und war anfangs davon sehr gelangweilt. Dann habe ich es ein zweites Mal gelesen und war begeistert.
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Das war eines der besten Bücher, die ich jemals gelesen habe. Es wird die Geschichte von Siggi Jepsen erzählt, der während der Nazizeit Bilder eines Malers versteckt. Dieser Maler hat Malverbot. Lenz beschreibt sehr deutlich den Konflikt zwischen Siggi und seinem Vater, der das …
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Das war eines der besten Bücher, die ich jemals gelesen habe. Es wird die Geschichte von Siggi Jepsen erzählt, der während der Nazizeit Bilder eines Malers versteckt. Dieser Maler hat Malverbot. Lenz beschreibt sehr deutlich den Konflikt zwischen Siggi und seinem Vater, der das Malverbot zu überwachen hat.
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