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Volker Kutscher
Gebundenes Buch
Der nasse Fisch / Kommissar Gereon Rath Bd.1
Roman. Gereon Rahts erster Fall
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Der Tanz auf dem Vulkan: Volker Kutscher lässt in einem meisterhaften Kriminalroman das Berlin des Jahres 1929 gegenwärtig werden. Gereon Rath, neu in Berlin und abgestellt bei der Sitte, erlebt eine Weltstadt im Rausch und voller sozialer und politischer Spannungen. Nach dem Fund einer unidentifizierten Leiche schaltet sich der junge ehrgeizige Kommissar ungefragt in die stagnierenden Ermittlungen der Mordkommission ein und stößt in ein Wespennest.Mit diesem Großstadtroman beginnt eine sensationelle Serie, in der Kutscher den Kriminalkommissar Rath durch das Berlin der späten 20er- und ...
Der Tanz auf dem Vulkan: Volker Kutscher lässt in einem meisterhaften Kriminalroman das Berlin des Jahres 1929 gegenwärtig werden. Gereon Rath, neu in Berlin und abgestellt bei der Sitte, erlebt eine Weltstadt im Rausch und voller sozialer und politischer Spannungen. Nach dem Fund einer unidentifizierten Leiche schaltet sich der junge ehrgeizige Kommissar ungefragt in die stagnierenden Ermittlungen der Mordkommission ein und stößt in ein Wespennest.Mit diesem Großstadtroman beginnt eine sensationelle Serie, in der Kutscher den Kriminalkommissar Rath durch das Berlin der späten 20er- und frühen 30er-Jahre und mitten in die politischen und gesellschaftlichen Umbrüche der Zeit schickt. Dem Leser stockt der Atem, wenn er erste Anzeichen für das Erstarken des Nationalsozialismus bemerkt, die von den Romanhelden noch als harmlos abgetan werden. Und er fiebert mit dem jungen Ermittler, der in Köln aufwuchs, dort seine Karriere bei der Polizei begann und nach einem tödlichen Schuss die Stadt verlassen und in Berlin bei der Sitte neu anfangen muss. Fasziniert von der vibrierenden Atmosphäre der amerikanischsten Stadt Europas, entnervt von den Razzien in Nachtclubs und Bordellen, nutzt Rath die erste sich bietende Gelegenheit, um wieder als Mordermittler tätig zu werden.Ein Toter ohne Identität, der Spuren bestialischer Folterung trägt, gibt der Mordkommission Rätsel auf. Rath entdeckt eine Verbindung zu einem Kreis oppositioneller Exilrussen, die mit geschmuggeltem Gold Waffen kaufen wollen, um einen Putsch vorzubereiten. Auch andere sind hinter dem Gold und den Waffen her. Rath bekommt es mit Paramilitärs und dem organisierten Verbrechen zu tun. Er verliebt sich in Charly, Stenotypistin in der Mordkommission, und missbraucht ihr Insiderwissen für seine einsamen Ermittlungen. Dabei verstrickt er sich immer weiter in den Fall und macht sich schließlich selbst verdächtig.Volker Kutscher erzählt von einem einsamen und zu allem entschlossenen Kommissar und liefert das brillante Porträt einer Metropole, die in ihrer Rastlosigkeit, Buntheit und Vergnügungssucht erstaunlich modern und gegenwärtig wirkt und deren Schicksal vorgezeichnet ist.
Volker Kutscher, geb. 1962, arbeitete nach dem Studium der Germanistik, Philosophie und Geschichte zunächst als Tageszeitungsredakteur, bevor er seinen ersten Kriminalroman schrieb. Heute lebt er als freier Autor in Köln.

© Monika Sandel
Produktdetails
- Verlag: Kiepenheuer & Witsch
- Seitenzahl: 494
- Erscheinungstermin: August 2007
- Deutsch
- Abmessung: 220mm
- Gewicht: 621g
- ISBN-13: 9783462039320
- ISBN-10: 3462039326
- Artikelnr.: 22818096
Herstellerkennzeichnung
Die Herstellerinformationen sind derzeit nicht verfügbar.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Mit Begeisterung hat Hardy Reich diesen historischen Kriminalroman gelesen, für den sich Volker Kutscher viel vorgenommen hat: Den Untergang der Weimarer Republik nachzuzeichnen. Für den Rezensenten ist ganz klar, dass Kutscher dieser eigenen Ambition durchaus gerecht wird, alles sei "ganz und gar schlüssig". Der Roman spielt im Berlin des Jahres 1929: Der sozialdemokratische Polizeipräsident hat, um den Kommunisten einen Strich durch die Rechnung zu machen, die Mai-Umzüge verboten, es kommt zu den berühmten blutigen Mai-Unruhen mit Dutzenden Toten. Diese Umstände sind jedoch nicht nur Kulisse, sondern werden von Kutscher direkt mit der Krimihandlung verknüpft, in der ein aus Köln versetzter Kripo-Beamte gegen Unterwelt und höhere Politzirkel ermittelt. Das gefällt dem Rezensenten so gut, dass er dem Autor den etwas gezwungen lakonischen Stil nicht nachhaltig übel nimmt.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Die Machenschaften des Dr. Schmincke
Krimis, die Zeitgeschichte in homöopathischen Dosen verabreichen, haben Konjunktur. Volker Kutschers Roman über das Ende der Weimarer Republik geht es gewichtiger an.
Das Jahr 1929 gehört nicht unbedingt zu den markanten Geschichtsdaten, die sich im kollektiven Bewusstsein eingegraben haben. Und doch muss es im Rückblick wohl als das Jahr gelten, in dem sich das Schicksal der ersten deutschen Republik entschied. Noch im Vorjahr schien der junge Staat vergleichsweise gefestigt: Die Turbulenzen der Inflation lagen einige Jahre zurück, und nach den Reichstagswahlen, die den Sozialdemokraten starke Gewinne brachten, wurde eine große Koalition aus SPD, Zentrum, DDP und DVP gebildet.
Krimis, die Zeitgeschichte in homöopathischen Dosen verabreichen, haben Konjunktur. Volker Kutschers Roman über das Ende der Weimarer Republik geht es gewichtiger an.
Das Jahr 1929 gehört nicht unbedingt zu den markanten Geschichtsdaten, die sich im kollektiven Bewusstsein eingegraben haben. Und doch muss es im Rückblick wohl als das Jahr gelten, in dem sich das Schicksal der ersten deutschen Republik entschied. Noch im Vorjahr schien der junge Staat vergleichsweise gefestigt: Die Turbulenzen der Inflation lagen einige Jahre zurück, und nach den Reichstagswahlen, die den Sozialdemokraten starke Gewinne brachten, wurde eine große Koalition aus SPD, Zentrum, DDP und DVP gebildet.
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Im Herbst 1929 verlor die Republik durch den frühen Tod des Außenministers Gustav Stresemann ihren vermutlich begabtesten Politiker. Wenige Wochen später brach die Weltwirtschaftskrise aus.
Aber schon im Mai hatte sich etwas ereignet, was typisch für die Selbstschwächung der Weimarer Republik erscheint. Berlins sozialdemokratischer Polizeipräsident Karl Zörgiebel hatte, gestützt auf ein seit Ende 1928 geltendes Demonstrationsverbot, die traditionellen Umzüge der Arbeiterschaft am 1. Mai in der Hauptstadt untersagt und angeordnet, das Verbot mit aller Härte durchzusetzen. Diese Maßnahme war offenkundig gegen die Kommunisten gerichtet und erweckte somit den Verdacht, durch parteipolitische Rivalität motiviert zu sein. Als kommunistische Arbeiter sich dennoch versammelten, kam es vor allem in Neukölln und im Wedding zu schweren Kämpfen, die auch noch an den nächsten Tagen andauerten. Die Polizei schoss scharf. Mehr als dreißig Menschen kamen ums Leben; neben Kommunisten auch Unbeteiligte, jedoch keine Polizisten. Die Unruhen wurden zum Anlass genommen, den Rotfrontkämpferbund zu verbieten. Wie sehr dieser "Blutmai" dazu beitrug, unabhängige linke Intellektuelle, die bis dahin der Republik kritisch, aber loyal gegenübergestanden hatten, von ihr zu entfremden, wird aus Carl von Ossietzkys Artikeln in der "Weltbühne" deutlich. Ossietzky und andere Parteilose bildeten gemeinsam mit Vertretern der KPD einen inoffiziellen Untersuchungsausschuss mit öffentlichen Befragungen.
Einer der kommunistischen Teilnehmer dieses Ausschusses, der Neuköllner Arzt Dr. Schmincke, taucht in Volker Kutschers historischem Kriminalroman "Der nasse Fisch" als Randfigur unter dem Namen Dr. Völcker auf. Zörgiebel erscheint mit dem realen Namen und spielt eine wichtige Rolle im Romangeschehen, während sein eindrucksvollerer (von dem Kölner Germanisten Dietz Bering in die Erinnerung zurückgerufener) Stellvertreter Bernhard Weiß zwar erwähnt wird, aber nicht persönlich auftritt, obwohl er mit der Kriminalpolizei besonders befasst war. Vielleicht kommt Weiß, der - als Objekt antisemitischer Hasstiraden der nationalsozialistischen Zeitung "Angriff" und ihres Herausgebers Joseph Goebbels - aus eigener Erfahrung wusste, dass der Republik nicht nur von links Gefahr drohte, ja in einem späteren Buch eine eigene Rolle zu, denn "Der nasse Fisch" soll der Beginn einer Serie um den Kommissar Gereon Rath sein.
Die politische Situation bildet in dem Roman des 1962 geborenen Autors nicht einfach nur den Hintergrund, vor dem die im Mai und Juni 1929 angesiedelte Krimihandlung abläuft. Im ersten der drei Teile stehen sogar die Maiunruhen im Mittelpunkt. Doch auch später bleibt der Kriminalfall aufs engste mit den politischen und gesellschaftlichen Umständen verknüpft. Vorzüglich gelingt es Kutscher, das Genre zu nutzen, ohne es zu missbrauchen: Auch wenn es ihm vor allem darum geht, ein Porträt Berlins und der Weimarer Republik zu zeichnen, gibt er doch, mit diffizilen Ermittlungen und verblüffenden Wendungen, dem Krimi, was des Krimis ist.
Die Hauptperson des Romans, der junge Kriminalkommissar Gereon Rath, stammt, wie der Name schon sagt, aus Köln. Dort hat er einen Mann erschossen, der seinerseits Schüsse auf "ahnungslose Passanten" abgegeben hat. Zwar wurde Rath freigesprochen, aber der Getötete war der Sohn des Zeitungsverlegers LeClerk (man soll wohl "DuMont" assoziieren), der daraufhin eine Pressekampagne gegen den Polizisten entfachte. Im Zusammenwirken mit dem einst ebenfalls aus Köln an die Spree gewechselten Zörgiebel hat Raths Vater, selbst ein hoher Kriminalbeamter, die stillschweigende Versetzung seines Sohnes nach Berlin organisiert. Die neuen Kollegen kennen diese Vorgeschichte anfänglich nicht, denn die Provinzpresse nimmt man in der Hauptstadt nicht zur Kenntnis. Da nur bei der Sittenpolizei eine Stelle frei ist, landet Rath zuerst dort. Es zieht ihn aber mit Macht zur Mordinspektion; nicht nur, weil er sich in eine dort tätige Sekretärin verliebt. Einen zufällig erlangten Wissensvorsprung nutzt er für private Ermittlungen in einer Mordsache, wobei sein Ehrgeiz und seine Eigenmächtigkeiten ihn zunehmend zwielichtig erscheinen lassen. Wieder kommt es zu einem fatalen Schusswaffengebrauch, dessen Folgen Rath zu vertuschen sucht.
Als er dann tatsächlich eine Stelle in der Mordinspektion erhält, muss er zunächst in eigener Sache ermitteln. Diesen Fall würde er liebend gerne zu den titelgebenden nassen Fischen - so werden die ungelösten Fälle genannt - legen, während er die Sache, der er ursprünglich auf der Spur war, durch geglückte Aufklärung vor diesem Schicksal zu bewahren bestrebt ist. Im Laufe der Ermittlungen stellt sich heraus, dass es um äußerst komplexe Vorgänge geht, in die russische Emigranten, politische Aktivisten, Berliner Unterweltgrößen und nicht zuletzt kriminelle Polizisten involviert sind. Doch der Oberschurke aus den eigenen Reihen kann dem Katholiken Rath schließlich nicht ganz grundlos entgegenhalten: "Tu doch nicht so, als hättest du weniger zu beichten als ich!"
In seiner Erzählsprache bevorzugt Kutscher kurze Sätze, die oft parataktisch aneinandergereiht werden. Eine typische Passage sieht so aus: "Die Ampel am Moritzplatz zeigte rotes Licht. Rath überprüfte seine Mauser. Die würde er gebrauchen, wenn der Kerl unangenehm werden sollte. Und das traute er dem Russen ohne weiteres zu." Vermutlich will der Autor der pointierten Lakonik eines Dashiell Hammett nacheifern. Dieses Vorbild erreicht er nur selten; und über die Wegstrecke von fast fünfhundert Seiten wäre dem Roman eine etwas größere stilistische Variationsbreite nicht schlecht bekommen. Die Personenrede entspricht zumeist dem Sprachgebrauch unserer Zeit und verzichtet weitgehend auf markante sprachliche Historisierungen. Manchmal muss Rath heute übliche Formulierungen, die er verwendet, seinen Zeitgenossen erklären, etwa wenn er einem Journalisten sagt, er könne ihm in Kürze "grünes Licht" für die Veröffentlichung vertraulicher Informationen geben: "Wie am Potsdamer Platz: Du hältst dich bereit, und wenn das Signal auf Grün springt, dann gibst du Gas!"
An zeithistorischen Krimis besteht derzeit großes Interesse, wie vor allem die Bestseller-Erfolge von Anna Maria Schenkel zeigen. Zu diesen schmalen Büchern bildet "Der nasse Fisch" nicht nur hinsichtlich des Umfangs eine Art Gegenpol. In "Tannöd" wird Zeitgeschichte nur in homöopathischen Dosen verabreicht. Kutschers Projekt, den Untergang der Weimarer Republik im Medium des Kriminalromans darzustellen, ist ungleich ambitionierter und dabei ganz und gar schlüssig. Es bleibt zu hoffen, dass es die verdiente Beachtung findet.
HARDY REICH
Volker Kutscher: "Der nasse Fisch". Roman.
Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2007. 496 S., geb., 19,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Aber schon im Mai hatte sich etwas ereignet, was typisch für die Selbstschwächung der Weimarer Republik erscheint. Berlins sozialdemokratischer Polizeipräsident Karl Zörgiebel hatte, gestützt auf ein seit Ende 1928 geltendes Demonstrationsverbot, die traditionellen Umzüge der Arbeiterschaft am 1. Mai in der Hauptstadt untersagt und angeordnet, das Verbot mit aller Härte durchzusetzen. Diese Maßnahme war offenkundig gegen die Kommunisten gerichtet und erweckte somit den Verdacht, durch parteipolitische Rivalität motiviert zu sein. Als kommunistische Arbeiter sich dennoch versammelten, kam es vor allem in Neukölln und im Wedding zu schweren Kämpfen, die auch noch an den nächsten Tagen andauerten. Die Polizei schoss scharf. Mehr als dreißig Menschen kamen ums Leben; neben Kommunisten auch Unbeteiligte, jedoch keine Polizisten. Die Unruhen wurden zum Anlass genommen, den Rotfrontkämpferbund zu verbieten. Wie sehr dieser "Blutmai" dazu beitrug, unabhängige linke Intellektuelle, die bis dahin der Republik kritisch, aber loyal gegenübergestanden hatten, von ihr zu entfremden, wird aus Carl von Ossietzkys Artikeln in der "Weltbühne" deutlich. Ossietzky und andere Parteilose bildeten gemeinsam mit Vertretern der KPD einen inoffiziellen Untersuchungsausschuss mit öffentlichen Befragungen.
Einer der kommunistischen Teilnehmer dieses Ausschusses, der Neuköllner Arzt Dr. Schmincke, taucht in Volker Kutschers historischem Kriminalroman "Der nasse Fisch" als Randfigur unter dem Namen Dr. Völcker auf. Zörgiebel erscheint mit dem realen Namen und spielt eine wichtige Rolle im Romangeschehen, während sein eindrucksvollerer (von dem Kölner Germanisten Dietz Bering in die Erinnerung zurückgerufener) Stellvertreter Bernhard Weiß zwar erwähnt wird, aber nicht persönlich auftritt, obwohl er mit der Kriminalpolizei besonders befasst war. Vielleicht kommt Weiß, der - als Objekt antisemitischer Hasstiraden der nationalsozialistischen Zeitung "Angriff" und ihres Herausgebers Joseph Goebbels - aus eigener Erfahrung wusste, dass der Republik nicht nur von links Gefahr drohte, ja in einem späteren Buch eine eigene Rolle zu, denn "Der nasse Fisch" soll der Beginn einer Serie um den Kommissar Gereon Rath sein.
Die politische Situation bildet in dem Roman des 1962 geborenen Autors nicht einfach nur den Hintergrund, vor dem die im Mai und Juni 1929 angesiedelte Krimihandlung abläuft. Im ersten der drei Teile stehen sogar die Maiunruhen im Mittelpunkt. Doch auch später bleibt der Kriminalfall aufs engste mit den politischen und gesellschaftlichen Umständen verknüpft. Vorzüglich gelingt es Kutscher, das Genre zu nutzen, ohne es zu missbrauchen: Auch wenn es ihm vor allem darum geht, ein Porträt Berlins und der Weimarer Republik zu zeichnen, gibt er doch, mit diffizilen Ermittlungen und verblüffenden Wendungen, dem Krimi, was des Krimis ist.
Die Hauptperson des Romans, der junge Kriminalkommissar Gereon Rath, stammt, wie der Name schon sagt, aus Köln. Dort hat er einen Mann erschossen, der seinerseits Schüsse auf "ahnungslose Passanten" abgegeben hat. Zwar wurde Rath freigesprochen, aber der Getötete war der Sohn des Zeitungsverlegers LeClerk (man soll wohl "DuMont" assoziieren), der daraufhin eine Pressekampagne gegen den Polizisten entfachte. Im Zusammenwirken mit dem einst ebenfalls aus Köln an die Spree gewechselten Zörgiebel hat Raths Vater, selbst ein hoher Kriminalbeamter, die stillschweigende Versetzung seines Sohnes nach Berlin organisiert. Die neuen Kollegen kennen diese Vorgeschichte anfänglich nicht, denn die Provinzpresse nimmt man in der Hauptstadt nicht zur Kenntnis. Da nur bei der Sittenpolizei eine Stelle frei ist, landet Rath zuerst dort. Es zieht ihn aber mit Macht zur Mordinspektion; nicht nur, weil er sich in eine dort tätige Sekretärin verliebt. Einen zufällig erlangten Wissensvorsprung nutzt er für private Ermittlungen in einer Mordsache, wobei sein Ehrgeiz und seine Eigenmächtigkeiten ihn zunehmend zwielichtig erscheinen lassen. Wieder kommt es zu einem fatalen Schusswaffengebrauch, dessen Folgen Rath zu vertuschen sucht.
Als er dann tatsächlich eine Stelle in der Mordinspektion erhält, muss er zunächst in eigener Sache ermitteln. Diesen Fall würde er liebend gerne zu den titelgebenden nassen Fischen - so werden die ungelösten Fälle genannt - legen, während er die Sache, der er ursprünglich auf der Spur war, durch geglückte Aufklärung vor diesem Schicksal zu bewahren bestrebt ist. Im Laufe der Ermittlungen stellt sich heraus, dass es um äußerst komplexe Vorgänge geht, in die russische Emigranten, politische Aktivisten, Berliner Unterweltgrößen und nicht zuletzt kriminelle Polizisten involviert sind. Doch der Oberschurke aus den eigenen Reihen kann dem Katholiken Rath schließlich nicht ganz grundlos entgegenhalten: "Tu doch nicht so, als hättest du weniger zu beichten als ich!"
In seiner Erzählsprache bevorzugt Kutscher kurze Sätze, die oft parataktisch aneinandergereiht werden. Eine typische Passage sieht so aus: "Die Ampel am Moritzplatz zeigte rotes Licht. Rath überprüfte seine Mauser. Die würde er gebrauchen, wenn der Kerl unangenehm werden sollte. Und das traute er dem Russen ohne weiteres zu." Vermutlich will der Autor der pointierten Lakonik eines Dashiell Hammett nacheifern. Dieses Vorbild erreicht er nur selten; und über die Wegstrecke von fast fünfhundert Seiten wäre dem Roman eine etwas größere stilistische Variationsbreite nicht schlecht bekommen. Die Personenrede entspricht zumeist dem Sprachgebrauch unserer Zeit und verzichtet weitgehend auf markante sprachliche Historisierungen. Manchmal muss Rath heute übliche Formulierungen, die er verwendet, seinen Zeitgenossen erklären, etwa wenn er einem Journalisten sagt, er könne ihm in Kürze "grünes Licht" für die Veröffentlichung vertraulicher Informationen geben: "Wie am Potsdamer Platz: Du hältst dich bereit, und wenn das Signal auf Grün springt, dann gibst du Gas!"
An zeithistorischen Krimis besteht derzeit großes Interesse, wie vor allem die Bestseller-Erfolge von Anna Maria Schenkel zeigen. Zu diesen schmalen Büchern bildet "Der nasse Fisch" nicht nur hinsichtlich des Umfangs eine Art Gegenpol. In "Tannöd" wird Zeitgeschichte nur in homöopathischen Dosen verabreicht. Kutschers Projekt, den Untergang der Weimarer Republik im Medium des Kriminalromans darzustellen, ist ungleich ambitionierter und dabei ganz und gar schlüssig. Es bleibt zu hoffen, dass es die verdiente Beachtung findet.
HARDY REICH
Volker Kutscher: "Der nasse Fisch". Roman.
Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2007. 496 S., geb., 19,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Hier steckt alles drin, was man braucht, um Fernseher und Kino mal für ein paar Wochen vergessen zu lassen. [...] Eine echte Alternative zum klassischen Schwedenkrimi [...].", NDR Info Sommerbücher
Ich bin Kölnerin, liebe Berlin, historische Romane und Regionalkrimis - besser könnte es ein Buch nicht treffen, das als Protagonisten einen Kölner Kriminalkommissar hat, der 1929 nach Berlin versetzt wird. Volker Kutscher hat es nicht nur geschafft, mich dazu zu bringen, dieses …
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Ich bin Kölnerin, liebe Berlin, historische Romane und Regionalkrimis - besser könnte es ein Buch nicht treffen, das als Protagonisten einen Kölner Kriminalkommissar hat, der 1929 nach Berlin versetzt wird. Volker Kutscher hat es nicht nur geschafft, mich dazu zu bringen, dieses verflixt schwere Buch über 200 km wandernd durch halb Frankreich zu schleppen, sondern auch dazu, nun sehnsüchtig auf die Fortsetzung zu warten.
Wenn deutschen Romanautoren im internationalen Vergleich mitunter vorgehalten wird, zu wenig Spannung aufzubauen, zu einspurig zu sein oder es an Komplexität fehlen zu lassen: Auf Volker Kutscher und seinen kalten Fisch trifft das nun gar nicht zu. Beim Lesen, Spekulieren und Nachdenken kann man sich ganz schön das Hirn verknoten. Und nicht einmal das gibt - trotz vieler entsprechender Hinweise im Text - die Gewähr, als Leser schon vor dem Protagonisten auf der Rätsel Lösung zu kommen.
Gereon Rath, der je nach Situation liebenswerte, voreilige, chaotische, tappige, unbeholfene, mutige und vor allem überehrgeizige ist ein Protagonist, über den ich mich beim Lesen herrlich aufregen kann - und auf dessen neue Abenteuer ich nun schon warte.
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Berlin Ende 20ger Jahre, ein Toter mit grausamen Folterspuren wird aus einem Auto aus dem Landwehrkanal gezogen. Obwohl die Polizei sofort zu ermittel beginnt, gelingt es nicht, die Identität des Toten zu klären, geschweige denn wer ihn ermodet hat.
Kommissar Gereon Rath, neu in Berlin …
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Berlin Ende 20ger Jahre, ein Toter mit grausamen Folterspuren wird aus einem Auto aus dem Landwehrkanal gezogen. Obwohl die Polizei sofort zu ermittel beginnt, gelingt es nicht, die Identität des Toten zu klären, geschweige denn wer ihn ermodet hat.
Kommissar Gereon Rath, neu in Berlin und eigentlich dem Sittendezernat zugeteilt, beginnt auf eigene Faust zu ermitteln.
Das Buch läßt mich ein wenig zwiespältig zurück, einerseits hat mir gut gefallen, wie der Autor hier den historischen Hintergrund schildert, zum einen das schillerde Nachtleben mit illegalen achtclubs,Kokain und Prostitution und im Gegensatz dazu die Straßenschlachten die sich Kommunisten mit der Polizei liefern und die Anfänge des Nationalsozialismus.
Der Krimifall war allerdings ein wenig enttäuschend für mich, so spannend und vielver sprechend er auch begann, so sehr zieht er sich dann in die Länge. Im Prinzip mag ich es ja, wenn man einen Fall nicht gleich zu Anfang durchschaut und sagen kann, in welche Richtung er steuert und da bietet der Autor ja auch jede Menge Möglichkeiten zum Rätseln, aber der eigentliche Fall verstrickt sich zu sehr in Nebenschauplätzen, die zwar nicht un interessant sind, aber dem "Hauptfall" auch nicht weiterhelfen. Auf Seite 300 weiß die Polizei immer noch nichts und der für sich ermittelnde Rath hat auch kaum mehr heraus gefunden, als er am Anfang schon wußte.
Zum Ende hin wird das Buch allerdings recht spannend, bis auf ein paar kleine Ungereimt heiten werden alle losen Fäden recht gekonnt miteinander verdröselt und Kommissar Rath, der mir anfangs noch nicht so recht sympathisch war,hat mich dann doch noch überrascht
Fazit: orginelle Story mit einem toll geschilderten historischen Hintergrund, man fühlt sich geradezu ins Berlin Ende der 20ger Jahre versetzt, obwohl der Krimifall für mich am Anfang doch einige Längen hatte, wird's zum Ende hin noch richtig spannend und Gereon Rath ist auf jeden Fall eine Perosn mit Potential für weitere Teile.
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Einer der besten Kriminalromane mit historischen Hintergrund - deutscher Geschichte - die ich je gelesen habe; konnte gar nicht zu lesen aufhören. Man kann schon spüren, dass es in Deutschland bald zu epochalen Ereignissen kommen wird. Empfehle zum Buch einen Berliner Stadtplan der …
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Einer der besten Kriminalromane mit historischen Hintergrund - deutscher Geschichte - die ich je gelesen habe; konnte gar nicht zu lesen aufhören. Man kann schon spüren, dass es in Deutschland bald zu epochalen Ereignissen kommen wird. Empfehle zum Buch einen Berliner Stadtplan der "zwanziger - dreißiger Jahre".
mit freundlichen Grüßen
J. Zehetner
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Berlin 1929: Gereon Rath wird zwangsversetzt, von der Kölner Mordkomission zur Berliner Sitte. Dort findet er sich nur schwer ein, sein Ziel ist und bleibt es, zu dem Team der Berliner Mordermittler zu gehören. Als eine unbekannte Leiche aus dem Berliner Landwehrkanal gezogen wird, die …
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Berlin 1929: Gereon Rath wird zwangsversetzt, von der Kölner Mordkomission zur Berliner Sitte. Dort findet er sich nur schwer ein, sein Ziel ist und bleibt es, zu dem Team der Berliner Mordermittler zu gehören. Als eine unbekannte Leiche aus dem Berliner Landwehrkanal gezogen wird, die sich als Bekannter seines Vormieters entpuppt, beginnt er auf eigene Faust zu ermitteln, um seine Qualitäten als Mordermittler zu beweisen. Doch damit macht er sich nicht nur Freunde, schnell wird klar, dass er in größere Verwicklungen schlittert, als er am Anfang noch dachte. Wird er den Fall des unbekannten Toten etwa doch zu den nassen Fischen- den ungelösten Fällen- stellen müssen?
Volker Kutschers Krimi hebt sich von allem ab, was sich zurzeit an Thrillern und Krimis auf den Bestsellerlisten tummelt. Statt mit hochmoderner Forensik und DNA-Tests zu punkten, lässt der Autor seinen Ermittler in einer Zeit nach Mördern jagen, in der man an so etwas nicht einmal im entferntesten dachte. Im Berlin Ende der zwanziger Jahre kämpfen Kommunisten und rechte Kräfte um Ansehen und Geltung in Berlin, der erste Weltkrieg prägt immer noch die Wahrnehmung der Gegenwart und wer im Krieg gedient hat, hat sich Respekt verdient.
Gereon Rath ist dabei kein Sympathieträger, dessen persönliche Schicksalsschläge in den Vordergrund gerückt werden. Er wirkt von Anfang etwas arrogant und überheblich. Obwohl er eigentlich das Gute im Sinn hat, nämlich die Gerechtigkeit durchzusetzen und die Kriminalität einzuschränken, lässt er sich selbst immer wieder in eine Art Grauzone der Kriminalität ziehen. Er nimmt Koks, treibt sich in übeln Nachtclubs rum und paktiert mit dem Boss der Berliner Kriminellenszene.
Auch sein Umgang mit seiner Freundin, der Stenotypistin der Mordermittler, ist mehr als fragwürdig. Zwar schätzt er ihre Selbstständigkeit durch ihren Beruf und ihren Wunsch, selber Polizistin zu werden, doch gleichzeitig vertraut er ihr nicht und nimmt sie als Partner nicht wirklich ernst. All dies passt jedoch gut in das Frauenbild der damaligen Zeit, in der es keineswegs selbstverständlich war, als Frau zu studieren und einem Beruf nachzugehen. Da stellt selbst den sonst so fortschrittlichen Ermittler Gereon Rath vor einige Probleme, wenn er es plötzlich mit einer so selbstbewussten Frau wie Charlotte Ritter zu tun hat. Dies ist nur ein Beispiel für viele, wie gut recherchiert der Roman um Gereon Rath, stellenweise wirkt er so detailliert und genau wie ein Zeitzeugenbericht. Die Beschreibungen ermöglichen es einem, vor dem inneren Auge die Geschichte wie einen Film ablaufen zu lassen und lassen einen gleichzeitig das Buch nicht mehr aus der Hand legen.
Spannend und gut recherchiert reist man mit Gedeon Rath zurück in die Vergangenheit- ein Krimi der Extraklasse!
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Gereon Rath ist von Köln nach Berlin versetzt worden. In Berlin kommt er zur Sittenpolizei und nicht in die Mordkommission. Als er in einen Kriminalfall verwickelt wird, ermittelt er heimlich auf eigene Faust, in der Hoffnung, sich dadurch einen Platz in der Mordkommission zu erarbeiten. Doch …
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Gereon Rath ist von Köln nach Berlin versetzt worden. In Berlin kommt er zur Sittenpolizei und nicht in die Mordkommission. Als er in einen Kriminalfall verwickelt wird, ermittelt er heimlich auf eigene Faust, in der Hoffnung, sich dadurch einen Platz in der Mordkommission zu erarbeiten. Doch es läuft nicht wie geplant. Und sein Liebesleben lässt zu wünschen übrig. Die Sekretärin, Charlotte Ritter, benutzt G. Rath, um über sie an Insiderinformationen zu kommen. Das tut der Beziehung gar nicht gut. Und so verstrickt sich Gereon immer mehr in ein Lügen.
Volker Kutscher gelingt es wunderbar Die 20iger Jahre in Berlin einzufangen. Berlin zu dieser Zeit, aber auch die politische Lage in Deutschland sind gut eingefangen und ja auch hoch interessant.
Der Kriminalfall ist sehr interessant und spannend, mit einer Auflösung, die teilweise überrascht und dennoch logisch durchdacht ist. Das Ende ist rund, alle losen Fäden werden zusammengeführt.<br />Mir hat der erste Roman von Volker Kutscher sehr gut gefallen. Ich hoffe, dass Volker Kutscher noch einige mehr folgen lässt.
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Broschiertes Buch
Besser als die Verfilmung mit dem Titel "Babylon Berlin". Durch diese Serie erst auf das Buch aufmerksam geworden, stellte ich zum wiederholten Male fest (und bin da nicht der einzige), dass literarische Vorlagen im Zweifelsfall Verfilmungen vorzuziehen sind. Wesentlich glaubwürdiger, …
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Besser als die Verfilmung mit dem Titel "Babylon Berlin". Durch diese Serie erst auf das Buch aufmerksam geworden, stellte ich zum wiederholten Male fest (und bin da nicht der einzige), dass literarische Vorlagen im Zweifelsfall Verfilmungen vorzuziehen sind. Wesentlich glaubwürdiger, nicht so überzogen wie die Serie - Gereon Rath ist kein traumatisierter Weltkriegsveteran, der Drogen nehmen muss, um sein Kriegstrauma zu bewältigen, Charlotte Ritter stammt nicht aus dem Hinterhof-Miljöh und prostituiert sich auch nicht. Wundere mich, dass der Autor Volker Kutscher dies den Drehbuchschreibern hat durchgehen lassen ... Originelle Story, die Lust auf weitere Bände mit Rath und Charlie macht.
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eBook, ePUB
An sich ist das Buch (eBook) echt gut, wenn man vom Inhalt redet. Könnte vielleicht etwas mehr Spannung vertragen, denn noch ist es ein schöner Kriminalroman, der im Berlin der 1920er Jahre spielt und entsprechend einige Facetten des Lebens und der Gesellschaft widerspiegelt.
Leider ist …
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An sich ist das Buch (eBook) echt gut, wenn man vom Inhalt redet. Könnte vielleicht etwas mehr Spannung vertragen, denn noch ist es ein schöner Kriminalroman, der im Berlin der 1920er Jahre spielt und entsprechend einige Facetten des Lebens und der Gesellschaft widerspiegelt.
Leider ist jedoch das gekaufte eBook nicht seinen Preis wert. Neben Rechtschreibfehlern gibt es viele fehlerhafte Absatzdarstellungen. Ebenso sind fehlerhafte Zeilenumbrüche nicht selten, die definitiv in die eBook-Datei so hineinprogrammiert wurden, da sie nicht verschwinden, wenn man die Schriftgröße ändert. Diese Mängel wirken sich m.E. leider auf das Lesevergnügen nachteilig aus.
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