Andreas Neuenkirchen
Gebundenes Buch
Codename: Sempo
Wie ein japanischer Diplomat Tausenden Juden das Leben rettete
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1940 ist Chiune "Sempo" Sugihara offiziell der japanische Vize-Konsul in Litauen. Tatsächlich aber spioniert er als Agent seines Außenministeriums deutsche und russische Truppenbewegungen aus. Seit seinen Lehrjahren in japanischen Kolonien ein entschiedener Gegner von Tyrannei und Unterdrückung, nimmt er sich der jüdischen Flüchtlinge an, die sein Konsulat belagern. Gemeinsam mit einem kreativen holländischen Konsul und einem profitorientierten russischen Kommunisten heckt er einen wahnwitzigen Plan aus, ihnen mit Visa zweifelhafter Gültigkeit die freie Passage nach Japan zu ermögliche...
1940 ist Chiune "Sempo" Sugihara offiziell der japanische Vize-Konsul in Litauen. Tatsächlich aber spioniert er als Agent seines Außenministeriums deutsche und russische Truppenbewegungen aus. Seit seinen Lehrjahren in japanischen Kolonien ein entschiedener Gegner von Tyrannei und Unterdrückung, nimmt er sich der jüdischen Flüchtlinge an, die sein Konsulat belagern. Gemeinsam mit einem kreativen holländischen Konsul und einem profitorientierten russischen Kommunisten heckt er einen wahnwitzigen Plan aus, ihnen mit Visa zweifelhafter Gültigkeit die freie Passage nach Japan zu ermöglichen. Für die Juden beginnt eine aufreibende Odyssee durchs eiskalte Sibirien und über die raue japanische See in die Freiheit. Für Sugihara folgen Kriegsgefangenschaft, die unehrenhafte Entlassung aus dem Staatsdienst, Gelegenheitsjobs in Japan und Russland. Erst Jahrzehnte später erfährt er, dass sein Plan aufgegangen ist, und erst kurz vor seinem Tod wird er als Held des Holocaust anerkannt. Dieses Buch erzählt zum ersten Mal ausführlich in deutscher Sprache die Geschichte seines außergewöhnlichen Lebens, von der Kindheit als brillanter, aber eigensinniger Schüler über die Jahre als Student und angehender Spion in der Mandschurei und Korea bis zu seinem größten menschlichen Triumph im kriegsgebeutelten Europa. Es schildert den tiefen Fall danach sowie die späte, emotionale Wiedervereinigung mit denen, deren Leben er retten konnte. Eine wahre, packende Geschichte vor dem Panorama einer Welt und Weltordnung im radikalen Wandel.
Andreas Neuenkirchen, geb. 1969 in Bremen, ist seit 1993 Journalist, zunächst frei im Feuilleton Bremer Tageszeitungen und Stadtmagazine, später als Redakteur in München online und offline. Er ist der Autor mehrerer Sachbücher (darunter der Bestseller "Gebrauchsanweisung für Japan", seit 2020 "Gebrauchsanweisung für Tokio und Japan") und Romane mit Japan-Bezug und wirkte an rund zwanzig internationalen TV-Produktionen als Autor, Berater und Redakteur mit. Er lebt mit seiner japanischen Frau und der gemeinsamen Tochter in Tokio.
Produktdetails
- Verlag: Europa Verlag München
- Artikelnr. des Verlages: 26000490
- Seitenzahl: 229
- Erscheinungstermin: 3. November 2022
- Deutsch
- Abmessung: 212mm x 136mm x 25mm
- Gewicht: 404g
- ISBN-13: 9783958904903
- ISBN-10: 3958904904
- Artikelnr.: 63737891
Herstellerkennzeichnung
Europa Verlag GmbH
Johannisplatz 15
81667 München
sp@europa-verlag.com
Perlentaucher-Notiz zur Dlf Kultur-Rezension
Rezensent Marko Martin ist froh und dankbar, nun endlich die Geschichte des japanischen Diplomaten Chiune Sugihara nachlesen zu können, der zu Beginn des zweiten Weltkriegs schätzungsweise zwischen sechs- und zehntausend Juden mit der Ausstellung von Transitvisa das Leben rettete. Neunkirchen berichtet Spannendes zu Sugiharas Background, seiner Spionagetätigkeit und auch seiner zunehmenden Erschöpfung. Auch seine letztendliche Entlassung aus dem diplomatischen Dienst und die Ehrung als "Gerechter unter den Völkern" kämen nicht zu kurz. Schön, dass nun dieses sorgfältig recherchierte Buch vorliegt, findet der Rezensent.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Viele Hüte und zwei Vornamen
Eine klassische Biografie ist es nicht, vielmehr eine Erzählung mit enger biografischer Anlehnung. Diese führt der Autor im Quellenverzeichnis detaillierter aus. In der Geschichte um die private und politische Person des Chiune Sugihara geht es quer …
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Viele Hüte und zwei Vornamen
Eine klassische Biografie ist es nicht, vielmehr eine Erzählung mit enger biografischer Anlehnung. Diese führt der Autor im Quellenverzeichnis detaillierter aus. In der Geschichte um die private und politische Person des Chiune Sugihara geht es quer durch die Welt. Ganz nebenbei erfährt man einiges über japanische Lebens- und Denkweisen und wird durch die Geschichte der Kriegsjahre in Japan, China, Russland und Europa geführt. Sehr interessant ist bereits der Werdegang des jungen, intelligenten Chiune, der gegen den Willen des Vaters und daher ohne familiäre Unterstützung ein Auslandsstudium antritt, das zwar nicht sein Wunschstudium war, aber aufgrund seiner Sprachbegabung eben eine gute Möglichkeit. Danach schließt sich ein aufregendes Diplomatenleben mit zahlreichen Stationen an. Chiunes Leben ist geprägt von hoher, fast militärischer Disziplin, Strebsamkeit, aber auch Verantwortungsbewusstsein und Menschlichkeit. Auf den Punkt gebracht: ein Leben mit und für Überzeugungen.
Das Lesen erfordert im ersten Drittel des Buchs einige Konzentration angesichts der vielen Personen, ungewohnten Namen, Orte und Begebenheiten. Die Erzählung scheint sich eng an recherchierten Fakten zu bewegen, wobei der Autor die eine oder andere eigene Interpretation und auch joviale Kommentierung einstreut. Durch die biografische Brille gesehen fand ich das manchmal irritierend, andererseits lockert dieser Schreibstil die reine recherchebasierte Beschreibung auf.
Sehr gut gefallen haben mir die historischen Zusammenhänge zwischen Europa und Japan/China, aber auch das Wirken Russlands. Gut geschildert fand ich auch die familiäre Person des Chiune, die nochmals eine ganz andere Facette dieses interessanten Menschen offenlegt. Hier möchte ich auch die zweite Ehefrau, Yukiko, erwähnen, die genauso menschenzugewandt, klug und stark agiert wie ihr Mann Chiune. Die Stärke der Eltern wirkt sich ebenso auf die Kinder aus. Insgesamt habe ich den Eindruck einer weltoffenen, respektvollen und sich liebenden Familie gewonnen.
Beeindruckend finde ich die Einblendungen einiger der Menschen, die dank Chiunes Hilfe überlebt haben und im Buch „zu Wort kommen“. Dadurch wird dem japanischen Diplomaten eine besondere Ehrung zuteil, die ihm öffentlich nur bedingt zugebilligt wurde.
Mein Fazit: Mir hat „Codename Sempo“ gut gefallen. Die spannungsreiche, gut zu lesende biografische Geschichte ist empfehlenswert für Lesende mit Interesse am weltweiten Geschehen im 2. Weltkrieg und ihren bewundernswerten Akteuren.
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Durch den Film von Steven Spielberg ist der Name Oskar Schindler sehr bekannt. Er hat nur aus Mitgefühl ohne persönliche Vorteile Juden gerettet.
Genau das hat auch Chiune Sugihara getan. Es war ihm ein Anliegen der Menschlichkeit Genüge zu tun. Seiner Meinung nach gab es keinen …
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Durch den Film von Steven Spielberg ist der Name Oskar Schindler sehr bekannt. Er hat nur aus Mitgefühl ohne persönliche Vorteile Juden gerettet.
Genau das hat auch Chiune Sugihara getan. Es war ihm ein Anliegen der Menschlichkeit Genüge zu tun. Seiner Meinung nach gab es keinen Grund für Japan ihrem Verbündeten in der Judenfrage zu folgen. Daher stellte er als Konsul in Litauen tausende Visa für die Verfolgten aus. Er handelte gegen die Weisungen des japanischen Außenministeriums. Er riskierte zwar nicht sein Leben aber seine Stellung und sein Einkommen. Dazu war das Ansehen in der japanischen Gesellschaft sehr wichtig, dieses riskierte er genau wie das seiner Frau und seiner Söhne. Als einer der ungehorsam gegenüber seinem Land handelte, war er in der Heimat verfemt.
Kurz vor seinem Tod wurde seine Rettungsaktion weltweit bekannt und er wurde mit Auszeichnungen und danach mit Gedenkstätten an vielen Orten geehrt. Denn seine Juden leben überall in der Welt und haben an ihren Orten Gedenkschreine aufgestellt.
In Israel erhielt er die Ehrung "Gerechter unter den Völkern".
Eine interessante Persönlichkeit, von der ich vorher noch nichts gehört hatte. Obwohl er so vielen Menschen die Möglichkeit des Überlebens gegeben hatte.
Der Autor beschreibt vor allem das Umfeld des Japaners im Ausland. Für einen Mann aus der japanischen Kultur war Sugihara sehr weltoffen und modern eingestellt. Er besprach zum Beispiel seine Entscheidungen mit seiner Frau und seinen älteren Söhnen.
In diesem Buch steht wenig über seine Persönlichkeit und seine Beweggründe, er wird als intelligenter zurückhaltender, höflicher Mensch mit vielen Interessen beschrieben, warum er so handelte wird nur mit seiner Menschlichkeit beschrieben.
Der Schreibstil klang für mich nach: Erzähl mal von früher, immer wieder erwähnte der Autor Details die zwar zum Geschehen gehörten aber zeitlich oder räumlich zu einem anderen Bereich gehörten.
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Eine außergewöhnliche Biografie eines japanischen Diplomaten, der sich für die Rettung Tausender von Juden während des dritten Reiches eingesetzt hat.
Chiune Sugihara - eine Heldengeschichte: Das Leben eines Mannes, der weltgewandt, klug, elegant im In- und Ausland verkehrt …
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Eine außergewöhnliche Biografie eines japanischen Diplomaten, der sich für die Rettung Tausender von Juden während des dritten Reiches eingesetzt hat.
Chiune Sugihara - eine Heldengeschichte: Das Leben eines Mannes, der weltgewandt, klug, elegant im In- und Ausland verkehrt hat, diverser Sprachen mächtig war, ein Lebemann, der die Annehmlichkeiten des Wohlstands, des Geistes und des Körpers geschätzt hat, der Offenheit, Menschlichkeit und Arbeitseifer an den Tag gelegt hat und durch sein couragiertes Auftreten zum Held unter der Nazidiktatur, zu einer Ausnahmefigur geworden ist. Fast gänzlich unbekannt in Deutschland hat er sich über seine Auftraggeber und seine Regierung hinweggesetzt und geschätzt 6000 – 10000 Juden das Leben gerettet, indem er ihnen Reisedokumente nach Japan ausgestellt hat.
Sein Leben wird von seiner Herkunft, seinem Elternhaus, der Kindheit, seiner Schulzeit, seiner Ausbildung, seinen beiden Ehen mit der schillernden Russin Klaudia und der liebevollen Japanerin Yukiko bis zu den eigenen Kindern aufgerollt, die einzelnen Stationen seines häufig wechselnden Aufenthalts werden detailliert beschrieben.
Seine Lebensgeschichte, besonders die Zeit im Ausland, liest sich spannend, seine Spionagetätigkeiten, die immer wechselnden Standorte als Angehöriger der japanischen Botschaft werden prall mit Leben gefüllt bis zu dem Augenblick, als er im großen Chaos und unter Gefahr die besagten Dokumente der riesigen Menge verzweifelter Juden ausstellt.
Auffällig ist, dass der Autor Andreas Neuenkirchen immer wieder vorausdeuten möchte, Gegenwart mit Zukunft verknüpft, aus der Perspektive des Biografen Rückschlüsse zieht. Das hilft, Ereignisse und Handlungen einzuordnen, ist aber auch nicht unbedingt notwendig - das kann immer nur im Nachhinein als Deutung und Interpretationshilfe herangezogen werden. Der Schreibstil wird in seinem Fluss immer dann eher unterbrochen, wenn zu viele Erklärungen, Deutungen oder Belege in Klammern gegeben werden. Dann wird die Biografie zum Sachbuch, das sich absichern möchte, das Rechercheergebnisse veröffentlicht, den Leser bevormundet und das Lesevergnügen eindämmt. Und selbstverständlich ist eine reale Lebensgeschichte rückblickend immer ganz anders zu bewerten und zu betrachten, da wir den geschichtlichen Ausgang bereits kennen.
Nichtsdestotrotz ist diese Biografie ein wichtiger Beitrag über ein (fast) vergessenes, außergewöhnliches Leben eines Mannes, der immer wieder Mitgefühl zeigt, sich als Menschenfreund erweist und der es verdient hat, dass man sich seiner erinnert.
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Der Oskar Schindler Japans, als Schlagwort für ein reiches Leben
Der Japaner Chiune Sugihara, nur sehr wenige Menschen konnten bisher mit seinem Namen etwas verbinden, das für die Öffentlichkeit beachtenswert erscheint. Dies und seine größte Tat, die Rettung von bis zu …
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Der Oskar Schindler Japans, als Schlagwort für ein reiches Leben
Der Japaner Chiune Sugihara, nur sehr wenige Menschen konnten bisher mit seinem Namen etwas verbinden, das für die Öffentlichkeit beachtenswert erscheint. Dies und seine größte Tat, die Rettung von bis zu 10000 Juden, verbindet ihn mit dem vor allem durch den Film von Steven Spielberg ins Rampenlicht getretenen Oskar Schindler und so wird dieser Mann schlagwortartig inzwischen auch oft als 'der Oskar Schindler Japans' proklamiert.
'Codename Sempo', dieses biografisch angelegte Werk, will dem Diplomaten, Agenten, dem Retter so vieler Leben, aber auch der Privatperson und dem Familienmensch Sugihara hier ein kleines ehrendes Denkmal setzen, diesen weltoffenen und von menschlichen Überzeugungen geleiteten Mann dem Vergessen innerhalb der großen weltgeschichtlichen Umtriebe dieser Zeit entreißen.
Und wie dies geschieht, hätte Sugihara wahrscheinlich gefallen, denn er fungiert hier auch als Türöffner für den Einblick in die über Europa hinausgehenden, zum größten Teil vom 2.Weltkrieg ausgelösten Verbandelungen und Gegenoffensiven zwischen Japan, China und der damaligen russischen Großmacht. Von seinem Werdegang über Kindheit und Jugend bis hin zu seiner Zeit in Litauen, wo er Tausenden von Juden entgegen den Anweisungen seiner japanischen Heimat Visa ausgestellt hat, um ihnen das Durchqueren Russlands hin zu wirklich für sie sicheren japanischen Gefilden zu ermöglichen, begleiten wir diesen Mann und auch sein nachfolgendes Schicksal in den späteren Jahren wird nicht ausgespart.
Dies ist ein sehr anregendes, vielschichtiges, gerade am Ende auch sehr berührendes Buch, das durchaus Emotionalität zulässt und an der verantwortungsvollen Recherche des Autors kommen zu keinem Zeitpunkt Zweifel aus.
Ein romanhaft ummanteltes biografisch strukturiertes Werk, das viel zu bieten hat.
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Der Titel Codename Sempo hat in mir zuerst den Gedanken ausgelöst, es handele sich um einen Spionageroman. Erst der Untertitel wies den richtigen Weg. Danach habe ich eine Biographie erwartet, keinen Roman – bei Biographien ist es in der Regel ja so, dass Zeitgeschichte, Ortkenntnis, …
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Der Titel Codename Sempo hat in mir zuerst den Gedanken ausgelöst, es handele sich um einen Spionageroman. Erst der Untertitel wies den richtigen Weg. Danach habe ich eine Biographie erwartet, keinen Roman – bei Biographien ist es in der Regel ja so, dass Zeitgeschichte, Ortkenntnis, beteiligte Personen, Episoden, die nichts mit der Hauptperson zu tun haben, viele Spekulationen und viel Phantasie den Mantel um das "Skelett" der Hauptperson legen. Dieser Mantel wird dann vom Autor mehr oder weniger gekonnt und heftig ausgepolstert. So auch hier in den ersten Kapiteln. Der Autor ist mangels vieler historischer Dokumente zu Chiune Sugihara auf Sekundärliteratur und auch auf das Internet u. a. Quellen bzw. Zeitzeugen angewiesen.
Andreas Neuenkirchen führt den Leser also nach Japan, wo Chiune Sugihara aufwächst, später nach Harbin, in das sagenhafte Paris des Ostens. Diese Stadt ist wie ein Moloch, die japanische Herrschaft wird zur Tortur, die angelandeten Flüchtlinge sind sich ihres Lebens nicht sicher, besonders die Juden (insb. aus der damaligen Sowjetunion) geraten in Gefahr. Mich verblüfft diese angehäufte Vielfalt von Militär, Diplomatie, Spionage und Luxusleben auf der einen Seite, auf der anderen wird die dramatische Armut und Verelendung der chinesischen Bevölkerung natürlich nicht so ausführlich behandelt.
Chiune Sugihara selbst bin ich in diesem Teil noch nicht so recht nahegekommen, das liegt sicher auch daran, dass viele seiner Gedanken und auch Tätigkeiten eher nur gemutmaßt werden können. Für mich ist er nach dem Studium der perfekte Spion in öffentlichen Diensten. Egal wie seine Funktion genannt wird, es steht wahrscheinlich niemals in seinen Papieren, was er wirklich tut/tun soll. Harbin ist da genau der Schmelztiegel, den es braucht für die "Aufzucht" von Spionen.
Der Schreibstil mit seiner manchmal etwas flapsigen, umgangssprachlichen Attitüde ist vielleicht nicht für jeden angenehm, für mich hat er den (kultur)-geschichtsträchtigen, langwierigen Lesefluss etwas aufmischt. Ich gebe ehrlich zu, es sind so einige Passagen, gerade mit den vielen ungewohnten japanischen Namen, die auch etwas müde machen.
Die Kapitel über Sugiharas Arbeit als Diplomat (und gleichzeitig Spion) sind sehr interessant, seine zweite Ehefrau begleitet ihn ohne zu klagen, die Kinder werden in dieses unstete Leben einbezogen. Eigentlich hätte ich mir gerade in diesem Teil des Buches etwas mehr Ausführlichkeit, vielleicht auch künstlerische Freiheit gewünscht. Wirklich dramatisch gestaltet sich der Aufenthalt in Kaunas. Sugihara lernt hier jüdische Familien kennen und schätzen, hilft das eine oder andere Mal mit einem Transitvisum aus und befindet sich plötzlich in der Situation, Hunderten, ja Tausenden Juden das bedrohte Leben retten zu können. Kurz bevor die deutsche Wehrmacht in Litauen einmarschiert, kann er durch sein beherztes Eingreifen tatsächlich vielen zur Flucht auf dem Landweg durch die Sowjetunion nach Japan verhelfen. Seine Frau und Botschaftsmitarbeiter helfen dabei. Doch die japanische Regierung unterstützt das Vorhaben nur halbherzig, so dass er nicht allen helfen kann, er muss das Land verlassen, das Konsulat wird geschlossen.
Für Sugihara und seine Familie beginnt dann eine mehrere Jahre währende Odyssee, ehe er und die Seinen fast mittellos und erschöpft 1947 Japan wieder erreichen. Der Autor hat für diesen bewegenden Lebensabschnitt einen anderen, „seriöseren“ Schreibstil gewählt. Ironische Bemerkungen finden sich kaum mehr. Trotzdem fehlt mir ein wenig Empathie im Gelesenen, ich meine, eine gewisse Distanziertheit zu erkennen. Fast, als würde der Autor die den Japanern als charakteristisch nachgesagte Kühle und Beherrschtheit für sich übernehmen.
Eines der wichtigsten Erkenntnisse aus den letzten Kapiteln ist für mich die Tatsache, dass die von Chiune Sugihara geretteten Juden (rund 10.000 plus/minus) 250.000 Nachkommen haben.
Der literarische und monetäre Wettstreit um seine Biographie nach Sugiharas Tod wird ausführlich beschrieben, ist aber für mich nicht unbedingt erhellend. Eine Ehefrau, ein Sohn und (ein) Historiker im Wettstreit um die Deutungshoheit, das ist ein übliches Geplänkel, wenn es um so brisante Themen geht.
Für mich ist viel entscheidender, dass Sempo/Chiune Sugihara in Yad Vashem als "Gerechter unter den Völkern" geehrt wird. Auf der Internetseite zu diesem Eintrag befinden sich diverse Fotos und auch Kopien des Visums für Zorach Wahrhaftig, das er ausgestellt hat. Natürlich kann jeder heutzutage im Internet recherchieren, aber warum hat der Autor sein Buch nicht mit einem kleinen Bildteil versehen? Das Buch wäre dadurch bestimmt etwas persönlicher und emotionaler geworden.
Fazit: viele interessante und detaillierte Informationen über ein für mich unbekanntes Land und seine Kultur und Geschichte, die verwoben sind mit der Biographie eines stillen Helden. Chiune Siguhara bekommt ein würdiges literarisches Denkmal auf deutsch.
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Andreas Neuenkirchen hat ein Buch über Chiune "Sempo" Sugihara geschrieben. Ein Diplomat, der seine Stellung als japanischer Vizekonsul in Litauen nutzte, um Juden mit Reisedokumenten zu versehen, die diesen zur Flucht in ungefährlichere Länder verhelfen sollten. Man geht …
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Andreas Neuenkirchen hat ein Buch über Chiune "Sempo" Sugihara geschrieben. Ein Diplomat, der seine Stellung als japanischer Vizekonsul in Litauen nutzte, um Juden mit Reisedokumenten zu versehen, die diesen zur Flucht in ungefährlichere Länder verhelfen sollten. Man geht davon aus, dass heute ungefähr 250.000 Nachkommen von diesen Geflüchteten leben. Das ist die wichtigste und eine beeindrucke Zahl.
Es gibt nicht so viele Quellen über Sempo, so dass es schwer fällt, ihm in den Schilderungen wirklich nahe zu kommen.
Ein bisschen fühlte ich.mich wie mit der Lupe vor einem Insekt.
Neuenkirchen hat versucht, die Fakten interessant aufzubereiten; ein Roman ist es nicht, aber eine lesbare Biographie.
Sempo hatte ein spannendes Leben, wurde nach dem Krieg aus dem diplomatischen Dienst entlassen und musste 'kleine Brötchen' backen. Erst spät wurde ihm Ehrung für seine Taten zuteil. Heute ist er in Yad Vashem als Gerechter unter den Völkern ausgezeichnet.
Ich kenne die Namen des deutschen Widerstandes und verschiedene Bücher über diese besonderen Menschen. Ich kannte bisher kein Buch über einen Japaner, der der Judenverfolgung etwas entgegen gesetzt hat. Das Buch hat mich also schon grundsätzlich interessiert. Es ist auch ein Blick in eine andere Kultur; das ist spannend. Traurig zu lesen, wie weit der Arm des Naziregiems reichte; aber ohne Menschen wie Sugihara hätte diese Zeit noch mehr Leben gefordert. 4 Sterne für das Buch mit dem ungewöhnlichen Einband.
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