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Benutzername: 
Juma

Bewertungen

Insgesamt 110 Bewertungen
Bewertung vom 10.09.2024
Die Bilder meines Vaters
Goltz, Astrid

Die Bilder meines Vaters


gut

Fragile Utopien zwischen Leben und Tod

Astrid Goltz hat sich mit ihrem Roman des Lebens der Marie Luise Vogeler, genannt Mieke, angenommen, aber es ist keine Biografie im Sinne zusammengetragener Tatsachen, sondern ein Roman. Diese künstlerische Freiheit hat Vor- und Nachteile. Die Autorin verleiht ihrer Hauptperson Mieke ihre Gedanken, Gefühle, Erinnerungen, Träume, Wachträume, all ihre Liebe und Verzweiflung. In chronologischer Reihenfolge lässt sie uns die letzten zwei Jahre des widersprüchlichen Lebens der Mieke miterleiden. Die starke Mieke ist krank, sehr krank, der Krebs wird sie zerfressen, gegen den Krebs ist sie nicht stark genug.
Ein feiner literarischer Kniff lässt den Leser zuerst ihre Kindheit und Jugend erleben und er wird dann Zeuge der großen Liebe zu Gustav Regler. Mieke berichtet zuerst Gustav, dann erzählt sie von der großen Liebe ihrer treuesten und besten Freundin Alice. So bleibt Mieke immer in der Ich-Form des Erzählens, auch dann, wenn sie ihre leisen Selbstgespräche führt, in romantischen, blumigen Bildern denkt und lebt, mit Katzen spricht oder mit einer Hexe.
Ihr Vater, der Maler Heinrich Vogeler, ist ein herber Gegensatz zu Mieke und ihr doch sehr ähnlich. In Worpswede lebt er zuerst auf dem Barkenhoff mit Frau und drei Töchtern, malt und lebt ein Künstlerleben. Das wird ihm dann manchmal recht sauer, besonders, weil mit im Haus auch Ludwig, der Geliebte seiner Frau Martha, ein merkwürdiges Dasein fristet. Als Vogeler es wagt, sich einer neuen Frau zuzuwenden, bricht die Idylle zusammen, Mieke wendet sich beschämt und „entliebt“ von ihm ab. Erst Jahre später kommen sich beide wieder nahe.
Vogeler zieht in den ersten Weltkrieg, der ein Schlüsselerlebnis für ihn wird, wendet sich den Kommunisten zu und wird schließlich in die Sowjetunion ziehen mit seiner Freundin und seinen Idealen. Vogeler ist verblendet vom Sowjetstaat, noch bevor Mieke stirbt, wird er dort auch zu Grunde gehen.
Der Barkenhoff derweil wird verkauft und Martha schafft eine neue Heimstatt für sich, die Töchter und jede Menge Gäste. Martha ist die Pragmatische in der Familie, anpassungsfähig und überlebensfähig, beinahe führt das in der Nazizeit zu einem endgültigen Bruch mit Tochter Mieke.
Mieke geht einen harten Weg, ihre künstlerische Begabung ist bemerkenswert, sie lernt das Goldschmiedehandwerk, zieht als Gelegenheitsarbeiterin durch die deutschen Lande, arbeitet und wird ausgebeutet in Schwerin, macht sich frei und lernt den romantischen Kommunisten, man könnte ihn auch den kommunistischen Romantiker Gustav Regler kennen. Beide bleiben über viele Jahre ein Paar, überstehen Gefahren und sind am Ende dort, wo das Buch beginnt, in Mexico im Exil.
Dieses Buch liest sich nicht schnell und leichtfüßig, es zieht den Leser in einen Sog von Natur- und Zustandsbeschreibungen, die so blumig und wortreich sind, als wären sie nicht von dieser Welt. Ob diese herbe Mieke, dieses norddeutsche Wesen, so gedacht hat? Mir war das zu viel der schönen Schreiberei, dafür muss man wohl künstlerisch, träumerisch und romantisch veranlagt sein.
Eingestreut in die Kalenderblätter – oder Tagebuchseiten, wie man es nennen will, ist nicht wichtig –, sind Beschreibungen von Vogelers Bildern. Nur das Porträt von Mieke schmückt auch das Cover, die anderen Bilder muss man sich vorstellen. Mir fiel das nicht so leicht, deshalb habe ich gegoogelt und die Bilder auch gefunden. Vor ein paar Jahre sah ich Vogeler-Bilder in der Neuen Nationalgalerie in Berlin, die mich sehr beeindruckt haben, in ihrer Farbigkeit und ihrer Schärfe, wie leuchtende politische Plakate. Es ist schade, dass dem Buch – das ja den Titel Die Bilder meines Vaters trägt – nicht ein paar farbige Kunstdruckseiten mitgegeben wurden, die die beschriebenen Bilder zeigen. Die Fotos, auch Bilder des Vaters sind dabei, am Ende des Buches in Schwarz-Weiß sind sie eine schöne Ergänzung. Dass sich der Buchtitel nicht nur auf die materielle Seite bezieht, wird bei Lesen klar, denn es sind wohl vor allem auch die Bilder im Kopf, die die Autorin hier heraufbeschwört.
„Vor dem Tode solltest Du nicht vergessen, gelebt zu haben.“ Ein Zitat, Gustav zugeschrieben, dass das ganze Buch beschreibt, Mieke hat gelebt, aber ein Traumleben war es nicht. Zugleich ist der Roman eine biografische Ergänzung, wenn man Gustav Regler noch nicht kannte.
Fazit: Ein Künstlerroman über eine Künstlertochter, die ein hartes, aber erfülltes und abenteuerliches Künstlerleben gelebt hat. Auf dem Friedhof in Paris denkt Mieke „Ist man überflüssig, wenn man tot ist?“ – wenn man das Buch gelesen hat, beantwortet sich die Frage von selbst.
Gute drei Sterne.

Bewertung vom 08.09.2024
Torstraße 94
Ulrich, Andreas

Torstraße 94


ausgezeichnet

Ein Blick durchs Schlüsselloch aufs Universum

Die Idee, die Geschichte der Bewohner eines, hier explizit des eigenen ehemaligen Wohnhauses zu erforschen ist einfach genial. Der Mikrokosmos eines einzigen Berliner Mietshauses birgt die Geschichte der ganzen Stadt, wir schauen mit Andreas Ulrich durch ein Schlüsselloch und sehen ein ganzes Universum.
Der Autor, gebürtiger Berliner (wie auch ich), lebte bis zum neunten Lebensjahr in diesem kleinen Kosmos, dem Haus in der Wilhelm-Pieck-Straße 94, die heute wieder Torstraße heißt. Dort war seine Zuflucht, seine wärmende Hülle, sein Gespensterkeller. Wie durch ein Wunder fallen ihm die sogenannten Hausbücher aus der DDR-Zeit in die Hände, man könnte auch meinen, in den Schoß. Hinter jedem Eintrag könnte eine Geschichte stecken, ein Schicksal, eine Überraschung. Der Journalist Ulrich ist angestachelt, so einen Schatz lässt er sich nicht entgehen. Er nimmt dieses Geschenk als inneren Auftrag an und beginnt Stück für Stück, Person für Person die Geheimnisse zu lüften. Rund zwanzig Porträts entstehen von den unterschiedlichsten Menschen, eingebettet auch in die deutsche und DDR-Geschichte mit all ihren Eigenarten und verwoben mit seinen eigenen Erinnerungen und Erfahrungen.
Mich erinnert beim atemlosen Lesen diese intensive Suche an meine eigenen Recherchen zu meiner Familie, aus den vielen Puzzleteilen wurden plötzlich auch bei mir ganze Bücher. Besonders gut gefällt mir an Ulrichs Buch der Stil, der den Journalisten im Hintergrund immer erahnen lässt, er schreibt schnörkellos und doch sehr empathisch und emotional.
Dass sich in diesem kleinen Buch die Story der Ruth Penser findet und hier ihr Sohn Gilbert, der als Baby nur ganz kurze Zeit in der 94 lebte, heute darüber berichtet, hat mich besonders beeindruckt. Ich kannte Gilbert als Kind, auch damals schon mit Brille, er war der Sohn einer befreundeten Kollegin meiner Mutter. Welch ein Zufall. Denn später hörte ich nie wieder etwas von den beiden, erst jetzt in diesem Buch finde ich sie und staune.
Ulrich verbindet die Lebensgeschichten, die er ausfindig gemacht hat, mit einem Trick, am Ende der meisten Porträts leitet er auf wunderbare Weise weiter zum nächsten.
Dass mir gerade die letzte Lebensgeschichte der Jüdin Alice besonders nahe geht, liegt vielleicht auch daran, dass nur wenige Straßen weiter meine Großtante Philippine bis zu ihrer Ermordung in der Krausnickstraße wohnte. Egal, ob Piaski oder Sobibor, ihre Leben war unterschiedlich, ihr Tod nicht. Stolpersteine haben sie nun beide.
Dann schließt sich der Kreis auch meiner Erinnerungen wieder: Andreas Ulrich zog mit Eltern und Geschwistern zur Fischerinsel in eine Neubauwohnung, wo zu der Zeit auch mein Vater wohnte. Dass es ihn nun wieder nach Mitte gezogen hat, kann ich verstehen. Aber das alte Flair bekommt er wohl nicht mehr zurück, auch wenn die Erinnerungen es manchmal wieder auferstehen lassen.
Fazit: auch Nichtberliner werden dieses Buch mögen, die Kurzporträts von rund 20 Bewohnern bzw. Familien aus der Torstraße 94 bringen dem Leser das Berlin-Mitte-Flair und auch die längst vergangene DDR-Zeit sehr nahe. Anschaulicher kann man das kaum beschreiben. Volle fünf Sterne.

Bewertung vom 07.09.2024
Der Morgen nach dem Regen
Levensohn, Melanie

Der Morgen nach dem Regen


sehr gut

Wenn Ideale die Liebe töten
Das gestörte Verhältnis von Mutter zu Tochter oder Tochter zu Mutter wird in der Gegenwartsliteratur gern als Aufhänger für einen Familienroman oder für Biografien benutzt (schöne Beispiele: von Alena Schröder "Bei euch ist es immer so unheimlich still" oder von Angelika Schrobsdorff "Du bist nicht so wie andre Mütter"). Gerade diese beiden eigentlich so eng verbundenen Menschen sind als Kontrahentinnen oft bis aufs Messer verfeindet, ohne dass sich ein Silberstreif am Horizont zeigt. Melanie Levensohn hat genau das zu ihrem Thema gemacht. Es ist ihr zweiter großer Roman, den ersten habe ich leider nicht gelesen, das werde ich nun nachholen.
Im Roman begegnet dem Leser zuerst die Mutter, Johanna Glück, die ihren Job bei der UN in New York mit 60 Jahren hinter sich lässt und den Versuch eines Neuanfangs im kleinen Städtchen St. Goar am Rhein startet. Sie erbt das Haus ihrer Tante Toni, sie kennt es von Kindheit an, auch ihre längst erwachsene Tochter war oft bei der Tante zu Besuch. Kaum angekommen, lernt sie ihren Nachbarn Richard, einen Arzt aus der näheren Nachbarschaft kennen. Zwischen beiden prickelt es, aber Johanna versucht kühl zu bleiben und zu denken. Trotzdem genießt sie seine Hilfe im Bezug auf die Renovierung und Neugestaltung des alten, etwas heruntergekommenen Hauses und Grundstücks. In die Renovierungsaktivitäten von zwei ausländischen Handwerkern platzt die Nachricht, dass ihre Tochter, die in Den Haag am Internationaler Strafgerichtshof als Strafverteidigerin tätig ist, einen Burnout erlitten habe und in ihrem Haus Ruhe und Erholung finden möchte. Und an diesem Punkt beginnt das Drama sich zu entfalten.
Mutter und Tochter haben seit Jahren ein vollkommen unterkühltes Verhältnis. Das mag an der Gegensätzlichkeit ihrer Arbeit liegen, aber vor allem an der Erinnerung an die Kindheit der Tochter Elsa. Schweigen, Vorwürfe, Aggressivität und überzogene Reaktionen auf beiden Seiten erwarten die Leser.
Melanie Levensohn erzählt auf sehr subtile Weise von dem zuerst mühsamen Zusammenleben der beiden Frauen, wie auch von den mühsamen Versuchen, beim anderen Verständnis und dann auch Mitgefühl zu erlangen. Elsa tut sich sehr schwer damit und ist zu Beginn vollkommen hilflos und abweisend. Erstaunlich, welche Selbstbeherrschung die Mutter an den Tag legt. Hinter den Gedanken der beiden geistert immer auch die Stimme der Tante Toni herum, die zu Geduld und Mut ermahnt. Diese Geisterstimme wird aus meiner Sicht etwas zu häufig benutzt, besonders, weil der Tenor der Tante immer der gleiche bleibt.
Johanna war viele Jahre die Powerfrau, die sich bei den Vereinten Nationen in ihrem Job wahnsinnig stark engagierte, auf der Strecke blieben Ehemann Ralph und Tochter Elsa. Die detaillierten Beschreibungen der Arbeit bei den Vereinten Nationen waren es dann auch, die mir manchmal das Weiterlesen etwas verleideten, denn sie klangen wie Werbebotschaften für die UN, insbesondere das UNHCR. Dass es auf den Auslandseinsätzen auch sehr gefährlich werden konnte, schreckte die Ehefrau und Mutter jedoch keinesfalls ab, sie stürzte sich mit Vehemenz in jedes neue Krisengebiet.
Da ist es dann schon verwunderlich, dass sie sich plötzlich nur noch dem Haus und dem Garten widmet, natürlich im Hinterkopf dennoch den Gedanken, dass sie als Freelancer für die UN gern weiterarbeiten würde, wenn die Renovierungen abgeschlossen wären. Als in all diese Gedanken und Überlegungen die vollkommen erschöpfte Elsa eindringt, beginnt auch bei Johanna ein neuer Denkprozess.
Ob die beiden Frauen es schaffen werden, sich wieder einander zu nähern, das kann man auf über 400 Seiten mitverfolgen. Wer als Leser weder Mutter noch Tochter ist, kann sich vielleicht schwer hineinversetzen in das Gefühlschaos der beiden. Ich kann das sehr gut, bin beides und kenne alle nur denkbaren Hürden, die einem das Leben in den Weg legt. Gerade auch deshalb hatte ich mir dieses Buch ausgesucht, das bereits im Klappentext und auf der Umschlagrückseite die Problematik anreißt, Zitat „… über tief sitzenden Schmerz, Schuld und Versöhnung…“.
Das Buch ist flüssig geschrieben, die Kapitel wechseln zwischen der Ich-Erzählerin Johanna und der Ich-Erzählerin Elsa, so werden beide Positionen deutlich, auch die Dickköpfigkeit und Ich-Bezogenheit der beiden wird nicht ausgespart.
Ich empfehle das Buch gern, weil es auch ein Buch ist, das zur Beruhigung den Garten hat, die Farben und das Licht, den romantischen Rhein und den Blick zur Burg Katz und den Duft der reifen Mirabellen, so wie man es bereits auf dem fantasievollen Cover erahnt.
Gute 4 Sterne

Bewertung vom 06.09.2024
Eve (MP3-Download)
Towles, Amor

Eve (MP3-Download)


gut

Aufregende Tage in Hollywood - Ende der 1930er Jahre
Das Cover erinnert an ein Foto von Marilyn Monroe, man fühlt sich sofort nach Amerika, besser noch nach Hollywood versetzt, wenn man das Bild betrachtet. Und der Name Amor Towles lockt mich sofort, weil mir der Roman Lincoln Highway noch bestens in Erinnerung ist.
Amor Towles beschreibt dieses Hollywood und seine Protagonisten wie einen alten Filme, nicht mehr Schwarz-Weiß, auch nicht mehr Stummfilm, aber eben Film, das reine, glänzende und leuchtende Produkt der Phantasie. Das ist über Stunden unterhaltsam, auch Dank des wunderbaren Sprechers Hans Jürgen Stockerl (in rufe mir die Totengräber-Serie in Erinnerung!). Er lässt die Filmfiguren tanzen und springen, schießen und lieben, ganz wie der Autor befiehlt. Und immer punktgenau.
Da kommt eine schöne Frau mit rotem Köfferchen und Narbe im Gesicht in die verruchte Stadt, lernt natürlich gleich einen Mann kennen, einen Polizisten!, und schon geht der Tanz auf dem Vulkan los. Einfach bezaubernd.
Bis zum Ende hin ist es unterhaltsam, aber trotz des kriminellen Hintergrunds nicht richtig spannend oder fesselnd. Man hat es eher mit einer Gesellschaftssatire mit kriminellen Statisten zu tun, aber das tut der Unterhaltung keinen Abbruch. Ohne den Sprecher wäre das Buch jedoch für mich nicht interessant genug, an die amerikanischen Krimis von Chandler oder Hammett kommt es dann doch nicht ran.
Fazit: angenehme Unterhaltung und gute drei Sterne

#Eve #NetGalleyDE

Bewertung vom 06.09.2024
Hüetlin, Thomas

"Man lebt sein Leben nur einmal"


sehr gut

Gemeinsames Schlafatmen oder sanfte Hölle?
Als sich Marlene Dietrich und Erich Maria Remarque 1937 kennenlernen, sind sie beide berühmt, sie die Filmdiva aus Der blaue Engel, er der Schriftsteller von Im Westen nichts Neues. Vorerst bestehen keine Geldsorgen, aber andere Sorgen gibt es ohne Ende.
Remarque hat nach Hitlers Machtergreifung Deutschland fluchtartig verlassen und im Tessin ein neues Zuhause errichtet, die Dietrich war mit Joseph Sternberg, dem Regisseur des Blauen Engels schon vorher in Richtung Hollywood weggegangen. Beiden fehlt das Zuhause, das deutsche Essen hat die Dietrich jedenfalls über die Grenze gerettet, sie bekocht mehr oder weniger leidenschaftlich ihre zahlreichen, wechselnden Liebhaber mit deutscher Hausmannskost. Davon bekommt auch Remarque etwas ab, er hat sich eingereiht die illustre Menge der Verehrer, die ab und zu mit der Diva das Bett teilen und beköstigt werden.
Warum sie recht schnell vom Remarque den Spitznamen Puma bekommt, kann man in diesem Buch bestens nachvollziehen. Hinterhältig und einschmeichelnd, liebeshungrig und bös kratzend, die Dietrich ist ein Raubtier. Der Poet, nein, ein armer Poet ist er nicht, aber ein armer Tropf in Hinsicht auf diese Liebesaffäre. Denn die kann man im Buch minutiös nachvollziehen. Ob man als Zuschauer immer gern so nah dran ist, dass man die Krallen spürt, den Alkoholdunst, die Liebe und die Eifersucht, das weiß ich nicht so genau. Es ist schon ein sehr privates Buch, dass Thomas Hüetlin da geschrieben hat.
Um hin und wieder den Abstand zu vergrößern, flicht er gekonnt politische Zustandsbeschreibungen mit ein, die Nationalsozialisten liefern ausreichend Futter in den beschriebenen Jahren 1937 bis 1939. Dann springt der Autor über die ersten Kriegsjahre ins Jahr 1942 und beschreibt den Wechsel der Dietrich vom fallengelassenen, nicht mehr sonderlich beachteten Filmstar zur Frontsängerin. Das bringt ihr Erfolg und Medienaufmerksamkeit. Man kennt diese Geschichte.
Die Lebens- und Liebesgeschichten von Marlene Dietrich und Erich Maria Remarque werden auch in der Rückschau erzählt, beide haben ein „Eigenleben“ das zum anderen aber überhaupt nicht passen will. Remarque fühlt sich wie im Luxusknast und ist überfordert von der „Komplexität des Affärenreigens“ der Dietrich, sie findet ihn provinziell und bürgerlich. So heißt es denn auch an einer Stelle, „Nicht bürgerlich zu sein – so richtig einfach war das nicht.“ Auf gut Deutsch, er kann ihr in Sachen Exaltiertheit, Arroganz, Narzissmus und Borniertheit nicht das Wasser reichen. Was er dagegen hält, ist Geld. Das wirkt beim Puma wie frisch gerissenes Fleisch.
Die Orte der Handlung wechseln je nach Laune oder Großweltlage, Frankreich, die USA, mal in Paris mit Eifersucht und Drama, mal am Mittelmeer mit Alkohol und Streit, Hollywood, Beverly Hills, nirgends wird es besser. Die Dietrich auf der ständigen Suche nach Anerkennung und neuen Opfern, der Poet hinterdrein, fügt sich, um Schlimmeres zu vermeiden. Fast täte er mir leid, aber er hat kein richtiges Kreuz und keine Entscheidungskraft, da muss er es eben aushalten. Dass er sogar einknickt, als die Dietrich veranlasst, dass seine Ehefrau nicht in die USA einreisen darf, ist nur das Krönchen. Was ansonsten in dieser Beziehung und in beider Leben noch geschieht, will ich natürlich nicht beschreiben. Überraschungsmomente birgt das Buch jedenfalls noch reichlich.
Zu Beginn fand ich das Buch eher langatmig, aber im Laufe des Hineinlesens und Hineinfindens wurde es doch eine ereignisreiche Lesezeit. Der Anhang mit Quellen und Literatur sollte nicht überlesen werden, da fand ich recht viele, noch ungelesene Bücher, die zusätzliche Erkenntnisse bringen würden. Verwundert hat mich, dass der Roman Ascona von Edgar Rai gar nicht erwähnt wird, denn der bot einen tieferen Einblick in Remarques erste Jahre im Exil.
Der Schreibstil passt sich sehr den Brief- und Tagebuchfragmenten an, dadurch liest sich alles manchmal etwas gewollt, auch holprig, in den rein historischen Kapiteln jedoch wird es bisweilen etwas trocken, besonders im ersten Teil des Buches. Insgesamt ist das Ganze gut lesbar und manchmal sogar erheiternd. Meine Sympathien gehen mehr zu Remarque als zur Dietrich, sie ist mir dann doch zu abgehoben von der Szenerie, egal wo sie gerade ist. Aber das ist absolut subjektiv.
Fazit: Ich kann das Buch empfehlen, als Ergänzung zu schon zahlreich erschienenen Biografien und Abhandlungen über beide Protagonisten. Der historischen Bestandsaufnahmen hätte ich in der Ausführlichkeit nicht bedurft, aber sie bringen oft Gelesenes wieder in Erinnerung. Gute vier Sterne vergebe ich gern.

#ManlebtseinLebennureinmal #NetGalleyDE

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 29.08.2024
Juli, August, September
Grjasnowa, Olga

Juli, August, September


gut

Drei heiße Monate = ein vergeudeter Sommer
Vor zehn Jahren hat Olga Grjasnowa schon einmal einen Roman über Ehe, Liebe, Familie und deren Schicksal geschrieben, der hieß „Die juristische Unschärfe einer Ehe“. Ihr neuer Roman hat zwar einen ganz anderen Titel, aber auch hier wird die Unschärfe einer Ehe in den Mittelpunkt gezogen. Ich schreibe absichtlich gezogen, weil die Autorin an der Ehe von Lou (eigentlich Ludmilla) und Sergej kaum ein gutes Haar lässt. Lou und Sergej sind vor Jahren aus Russland nach Deutschland gekommen, haben in Amerika studiert, sie hat ihren Doktor gemacht, er ist ein anerkannter Pianist geworden. Nun leben sie in Berlin, haben die kleine Tochter Rosa und jede Menge Probleme. Sind sie nun russische Juden oder jüdische Russen? Wie auch immer, sie fühlen sich nicht wohl in ihrer Haut. Sie sind nicht religiös, aber das Jüdische ist ihnen wichtig. Besonders in Hinblick auf die weitere Bildung ihrer Tochter, die bereits im Kindergarten erste ungewollte Kontakte zum Thema Holocaust, Judentum, Anne Frank u. ä. hat. In die aufgeheizte Stimmung zwischen den Eheleute platzt eine Einladung zum Familientreffen, die uralte Großtante hat Geburtstag und außerdem wohl eine Reise gewonnen. Also wird sich die gesamte Mischpoke auf Gran Canaria treffen, fast alle Verwandten kommen aus Israel, Lou, ihre Mutter und die kleine Rosa aus Berlin. Dass es im Hotel nicht gerade erholsam zugeht, sondern recht turbulent, das kann man im Buch nachlesen.
Auch Lous Trauma einer Totgeburt spielt eine Rolle, aber offenbar ist auch dieses Thema in der angeknacksten Ehe nicht zufriedenstellend zu bewältigen. Ihr Versuch, vieles mit Alkohol zu betäuben, führt auch nicht zum Erfolg.
Die im Klappentext angekündigte Spurensuche und Selbstfindung von Lou ist weit weniger interessant, als ich es mir vorgestellt und erhofft hatte. Lou wird vielmehr von Eifersucht gequält, weil ihr Mann ohne sie und mit von ihr nicht gutgeheißener weiblicher Begleitung wegen eines Konzerts in Salzburg weilt. Sie wird ihre Reise noch ausdehnen, aber ihr Mann ist nicht oder kaum erreichbar und ihre Unsicherheit wächst. Ob am Ende dann doch noch alles gut wird und welche Rolle Lous Mutter und Schwiegermutter spielen, das kann nur herausfinden, der bis zur letzten Seite selbst liest.
Mir hat von allem am besten der Schutzumschlag gefallen, aber er versprach mehr, als das Büchlein halten konnte. Die kleine Druckschrift hat mich auch etwas irritiert, es war für mich jedenfalls ein anstrengendes Lesen.
Fazit: ein Roman aus vielen Puzzleteilen, für mich aber kein großes Leseereignis.

Bewertung vom 29.08.2024
Ein Präsident verschwindet / Philipp Gerber Bd.2
Langroth, Ralf

Ein Präsident verschwindet / Philipp Gerber Bd.2


gut

Verbürgte Geschichte plus phantasiebegabte Kriminalstory:
Ich war wirklich sehr gespannt, wie der Autor das bis heute nicht vollkommen gelöste Rätsel um die "Entführung" von Otto John mit einem Kriminalroman kombinieren würde. Mangelnde Phantasie kann ich ihm nicht vorwerfen, aber ... einiges gefiel mir dann doch nicht.
Gleich zu Beginn habe ich ein erhellendes Vorwort vermisst, dass nach 67 Jahren den heutigen Leser zumindest einweiht in die verworrenen Ereignisse des Jahres 1954. Im E-Book gibt es das "Über dieses Buch", das aber nicht sehr erhellend ist. Der Prolog beginnt "Neun Tage nach Otto Johns Verschwinden". Ich gehöre zu denjenigen, die die Geschichte um Otto Johns Verschwinden ganz genau kennen, bei mir waren es familiäre Gründe und später die Recherche für eine Biographie meines Vaters. Aber der durchschnittliche Krimifan hat dieses Hintergrundwissen wahrscheinlich nicht. Ich empfehle hier einen Blick ins Internet, um einen kleinen Überblick zu bekommen, worum es denn wirklich ging bei der Affäre John.
Man wird also hineingeschmissen in die Zeit des Kalten Krieges, lernt die "Org." des Herrn Gehlen kennen, den Verfassungsschutz, die Polizei und den Kanzler Adenauer. Dann geschehen erste Morde und Kommissar Philipp Gerber wird auf eine harte psychologische Probe gestellt. Seine Liebste, eher den Kommunisten zugeneigt, wie sich zeigt, wird des Mordes verdächtigt. Der Autor traut ihr im Buch sogar zu, John zu seinem "Übertritt" in den Osten veranlasst zu haben.
Wir erleben also jenen Philipp Gerber auf den Spuren Johns, sowie eines dubiosen Verbrechers, seiner Geliebten und manch anderen Protagonisten. Er landet, blauäugig ist noch geschmeichelt, in den Fängen es KGB und muss im U-Boot Hohenschönhausen um sein Leben fürchten.
Hanbüchene Geschichten um seine Geliebte, deren Vater und dessen Geliebte reihen sich mit Macht aneinander. Der Autor streut in seine fiktionalen Ideen dann auch immer wieder die tatsächlichen Geschehnisse mit ein.
Der Stil des Buches hat mich nicht so sehr gefesselt, als ich in der Mitte angekommen war, bin ich aufs Hörbuch übergewechselt. Johannes Steck hat recht unterhaltsam gelesen, so dass ich die Geschichte trotz einiger Längen bis zum Ende verfolgt habe. Der Showdown war dann doch recht haarsträubend!
Ja, Otto John ist tatsächlich mit Hilfe eines Journalisten wieder in die BRD gekommen, dass man ihn dort verurteilt, später begnadigt, aber nie rehabilitiert hat, ist für mich folgerichtig.

Bewertung vom 25.08.2024
Madame Beaumarie und die Melodie des Todes (MP3-Download)
Walther, Ingrid

Madame Beaumarie und die Melodie des Todes (MP3-Download)


sehr gut

Musikalisches Umfeld für überraschende Morde in der Provence
Madame Beaumarie kenne ich seit dem Krimi „… und der Winter in der Provence“, nicht jedoch als Hörbuch sondern in gedruckter Fassung. Erst jetzt stelle ich fest, dass „Madame Beaumarie und die Melodie des Todes“ schon 2020 erschienen war. Umso überraschender, dass der Titel mir jetzt als Hörbuch begegnet. Und auch eine Freude, denn Madame Beaumarie hatte mir schon beim Lesen recht gut gefallen. Brigitte Carlsen als Erzählerin liest dieses Hörbuch so frisch und fesselnd, dass es eine Freude ist.
Die Story ist zwar nun nicht vollkommen überraschend, es gibt ja so unendlich viele Frankreich-Krimis, aber ich finde, für einen Urlaubskrimi, der in der Provence spielt, ist sie durchaus annehmbar und unterhaltsam.
Madame Beaumarie,eine frisch pensionierte Polizeikommissarin aus Paris, der sozusagen ein Ruf vorauseilt(e), trifft natürlich ohne zu zögern auf Mord- und Todschlagopfer. Der erste ist ein Dirigent, der mit nicht gerade anheimelnden Charaktereigenschaften aufwartet und im schönen Avignon auch nicht nur mit offenen Armen empfangen wird. Es kommt, wie es kommen muss in einem Krimi, er stirbt eines unnatürlichen Todes.
Madame Beaumarie macht derweil auch noch die Bekanntschaft mit Monsieur Florentine, wem das gefällt, der kann gern den Verlauf der sich möglicherweise anbahnenden Beziehung in den beiden Folgebänden nachlesen.
Ich erzähle über den Krimi nun nichts mehr, nur selbst lesen wird Sie auf die Spur bringen. Das Buch/Hörbuch hat einen einnehmenden Stil, es macht Spaß, mit Ingrid Walther die Provence zu bereisen.
Fazit: Ich empfehle das Buch allen, die eine angenehme, leichte und doch mörderische Krimilektüre zur Entspannung mögen. Gute 4 Sterne.

#MadameBeaumarieunddieMelodiedesTodes #NetGalleyDE

Bewertung vom 24.08.2024
Vielleicht können wir glücklich sein (eBook, ePUB)
Hennig von Lange, Alexa

Vielleicht können wir glücklich sein (eBook, ePUB)


sehr gut

Glück entsteht zuerst im Kopf
Mit dem dritten Roman ihrer Heimat-Trilogie vollendet Alexa Hennig von Lange die jahrelange Beschäftigung mit der Vergangenheit ihrer Großmutter zumindest auf dem Papier. Diese Vergangenheit ist so vielfältig und schicksalhaft, dass sie die Autorin wahrscheinlich aber auch jetzt noch bewegt.
Kurzer Rückblick: Der erste Teil beschreibt die Entwicklung von Isabells Großmutter Klara zu einer dem Nationalsozialismus dienenden Leiterin eines Mädchenschulheims. Konträr zu ihrer Tätigkeit steht, dass sie ein jüdisches Mädchen aufnimmt und als ihre Tochter ausgibt. Im zweiten Teil muss sie dieses Kind weggeben, aber die geplante Rettung mit einem Kindertransport nach England scheitert. Klara hat unterdessen Gustav, einen Volksschullehrer kennengelernt und heiratet ihn. Als sie selbst Kinder bekommt, kann sie ihre leitende Funktion nicht mehr ausüben. Gustav wird eingezogen, als der zweite Weltkrieg beginnt. Klaras beste Freundin Susanne entzieht sich den Nationalsozialisten und geht nach Rom, Klara bleibt ohne viel Hoffnung und mit den Kindern zurück.
Im letzten Teil geht es auf das Ende des Krieges zu, die unterdessen vier kleinen Kinder müssen versorgt und behütet werden, was sich als äußerst schwierig erweist. Parallel zu Klaras Geschichte ist es die Enkelin Isabell – die um die Jahrtausendwende auf die Tagebücher und Briefe ihrer verstorbenen Großmutter stieß –, die immer wieder als mahnende Stimme und Erzählerin in den drei Romanen erscheint. Auch ihr Freund Patrick, Vater ihrer kleinen Tochter, wird mit seiner pathetisch aufgesetzten Meinung zum Nationalsozialismus und zum Widerstand „political correct“ dargestellt. Klara wird als eine innere Antifaschistin gezeigt, die tunlichst in der Öffentlichkeit jede Regung zu vermeiden sucht, die sie auch nur in die Nähe von Widerstand bringen würde. Sie versteckt die Bilder und Karten von Tolla, die nun ab und an aus Theresienstadt schreibt, niemand, schon gar nicht die eigenen Kinder, soll von ihr erfahren. Die Angst ist täglicher Begleiter Klaras geworden.
Tolla als Romanfigur ist rein fiktiv, sie hält durch ihr bloßes Dasein die Geschichte von Anfang bis Ende zusammen, mit ihr kommen Mitgefühl, Trauer und Angst in die Trilogie und damit auch zum Leser.
Aus meiner Sicht ist vieles zu ausführlich beschrieben, bekommt manchmal einen unnatürlichen Klang. Sicher ist es schwierig, sich die heimlichen Gespräche von Klara mit ihrem Ehemann vorzustellen, was sie sich erzählt haben mögen. In mir lauert dabei immer die Vorsicht, wenn ein Wehrmachtsangehöriger nur über die üblen Taten der anderen berichtet und sich selbst nur in der Rolle des leidenden Zuschauers sieht. Wie unschuldig ist Gustav wirklich?
Ich will nicht zu viel vorwegnehmen, mir hat das Buch bis zum Ende gefallen und ich wünsche mir, dass es möglichst viele andere auch zu Ende lesen. Aus Erfahrung weiß ich, wie schwer es ist über die eigenen Familienangehörigen zu schreiben und trotzdem eine gewisse Distanz zu halten, um das Geschriebene auch für die Leser spannend und interessant zu gestalten.
Neben dem Buch habe ich auch noch das Hörbuch gehört, teilweise gefiel es mir sogar noch besser als das gedruckte Buch. Die Sprecherin Tessa Mittelstädt liest sehr authentisch und empathisch, da erscheint einiges viel natürlicher als im Buch. Manchmal übertreibt sie die schauspielerische Leistung ihrer Stimme etwas, besonders beim Versuch, die Kinder zu spielen. Aber insgesamt legt sie eine tolle Sprecherleistung hin.
Fazit: Der Autorin gelingt ein Blick hinter die Kulissen derer, die nach dem 2. Weltkrieg als „Mitläufer“ und „unbelastet“ deklariert wurden, wie auch auf die Generationen, die danach kommen. Gute vier Sterne.
#dumontbuchverlag #NetGalleyDE

Bewertung vom 22.08.2024
Das Haus in dem Gudelia stirbt
Knüwer, Thomas

Das Haus in dem Gudelia stirbt


ausgezeichnet

Denk ich an Gudelia in der Nacht

Es gibt ihn, den Murbach, aber es gibt keinen Ort Unterlingen, das Buch spielt an einem fiktiven Ort, zu einer fiktiven, aber realwirkenden Zeit, im Juni 2024, und es hat eine Flutkatastrophe gegeben in diesem Dorf. Die Szenerie erinnert sicher nicht ungewollt an die Ahrtalkatastrophe vor knapp drei Jahren. Ja, so könnte es gewesen sein, als das Wasser alles mit sich riss und Schlamm, Fäkalien, tote Menschen und tote Tiere hinterließ. Dass Einwohner Hals über Kopf noch flüchteten, dass fremde Menschen helfen kamen, all das erinnert an den Juli 2021. Aber der Autor hat bewusst auf eine von Fakten unterlegte Szenerie verzichtet und es beginnt in einer Nacht im Juni 2024 ein Krimi, der es in sich hat.
Gudelia, eine Frau aus Unterlingen, 81, vollkommen klar im Kopf, aber nach zwei Hieben mit einem Spaten auf ihre Beine liegt sie auf dem Friedhof und rechnet mit dem Tod, aber der ist so einfach nicht zu haben. Gudelia denkt an die wichtigsten Jahre ihres Lebens, an 1984, als ihr Sohn Nico stirbt, an 1998, als sie mit Bauernschläue ihr Haus für sich rettet, an 1968, als sie heiratet. Ihre Gedanken fliegen vor und zurück, der Leser lebt und liest sich durch Gudelias Schicksal, das verbunden ist mit dem ihres Ehemanns Heinz, mit ihrem Sohn Nico, mit Andre, dem Pferdehofbesitzer. Man lernt eine Menge über das einsame Leben einer alten Frau, die sich aus vielfältigen Gründen gegen jegliche Evakuierung aus dem flutgefährdeten Haus sträubt, die viel und lange betet in diesen Tagen und die ein Ferkel rettet und Stephanus nennt, so wie die Kirche des Dorfes heißt es, und frisst Möhren und Hundefutter und weicht ihr nicht mehr von der Seite.
Warum Gudelia mitten in der Nacht auf dem Friedhof ist und warum einer ihr die Beine bricht, das erfährt man peu à peu in diesem Buch. Ich hatte einen Krimi erwartet, dass es ein Psychothriller mit echtem Horror werden könnte, habe ich nicht vermutet. Ich fand das so spannend, dass ich entgegen aller Gewohnheit sehr schnell und immer zwischendurch, wenn ich die Zeit hatte, gelesen habe. Es hat sich bis zum Ende, das unerwartete Wendungen bot, gelohnt. Der Schreibstil hat mir sehr gefallen, die Rückblenden wurden schlüssig erzählt und es war keine Minute langweilig.

#DasHausindemGudeliastirbt #NetGalleyDE