Freiheit, sich zuzumuten
…Das ist eine der Überschriften aus dem Buch, die mir besonders im Gedächtnis geblieben ist. Muten wir uns den anderen zu, so wie wir sind? Oder versuchen wir, jemand anderen darzustellen, spielen wir vielleicht sogar etwas vor? Ille Ochs schreibt von einem Leben im
Käfig, das sie selbst nur allzu gut kennt. Sie erzählt von Lebenslügen und was sie anrichten, von…mehrFreiheit, sich zuzumuten
…Das ist eine der Überschriften aus dem Buch, die mir besonders im Gedächtnis geblieben ist. Muten wir uns den anderen zu, so wie wir sind? Oder versuchen wir, jemand anderen darzustellen, spielen wir vielleicht sogar etwas vor? Ille Ochs schreibt von einem Leben im Käfig, das sie selbst nur allzu gut kennt. Sie erzählt von Lebenslügen und was sie anrichten, von Leitsätzen, die zu Leidsätzen werden. Nicht zuletzt von Ansprüchen von uns selbst und anderen. All dies endet in einem Teufelskreis, aus dem wir nur schwer wieder hinauskommen, viele Menschen sogar nie. Sie verbringen ihr Leben lang auf einer Rennbahn, immer im Bemühen um Applaus, anstatt sich vergnügt auf einer Wiese zu tummeln.
Ille Ochs ist eine mutige Autorin, die sich nicht nur an den sicheren, distanzierten Ufern der Unnahbarkeit bewegt, sondern sich hinauswagt und sich selbst hineinnimmt in ihre Bücher. So schreibt sie nicht nur über andere und über uns als Leser, sondern vor allem über sich selbst und wie die ganze Geschichte bei ihr gelaufen ist. Der Klappentext ist zwar sehr allgemein gehalten und könnte auch zu einem mehr oder weniger spannenden Ratgeber passen, aber das hier ist alles andere. Es geht um Freiheit, ja, aber da ist niemand, der uns erzählt, wie wir sie erreichen können. Da erzählt lediglich jemand davon, wie er selbst sie erreicht hat und auch wie andere Menschen auf ihrem Weg vorangekommen sind. Das ist wesentlich lehrreicher als eine verallgemeinerte Anleitung, wie dieses oder jenes zu tun ist.
Ille Ochs vergleicht unser Leben mit einer Rennbahn, auf der wir unterwegs sind, um Applaus zu ernten. Wie wäre es stattdessen, übermütig auf einer Wiese herumtollen zu können? Sie spricht von Überforderung und zu gut gemeinten Ratschlägen, von Anpassung und Verantwortung. All dies sehr feinfühlig und verständnisvoll denjenigen gegenüber, bei denen die Dinge vielleicht (noch) nicht so gut laufen. Sehr wichtig ist ihr, zu betonen, dass der Grundstein für vieles Spätere schon ganz am Anfang gelegt wird. Immer wieder geht sie darauf ein, dass wir auf unsere Kinder achtgeben müssen und können. Was mir sehr gut gefällt, ist der Respekt, den sie allen gegenüber erweist. Das zeigt sich beispielsweise, wenn sie über Traumata schreibt und betont, dass man ein Trauma nicht kleinreden kann mit der Begründung, dass es anderen Menschen schlimmer ergangen ist. Das beweist sehr viel Einfühlungsvermögen und Empathie für ihre Mitmenschen, deren Schwierigkeiten sie somit ernst nimmt.
Am Ende jedes Abschnittes stellt sie Fragen, die man aber auch überspringen kann. Vielleicht springt die eine oder andere davon einen geradezu an. Es sind jedenfalls keine ellenlangen Fragenkataloge, sondern eher dezent gehaltene „Anstupser“.
Fazit: Man merkt, dass die Autorin in eigenen, manchmal leidvollen Erfahrungen Dinge gelernt hat, die sie mit anderen teilen möchte. Dies schafft sie, ohne dabei ständig einen Finger mahnend zu erheben oder Vorwürfe zu machen, ohne Verhaltensvorschriften und indiskrete Eingriffe. Für mich ein sehr gelungenes Buch, das ich gerne gelesen habe und auch anderen gerne weiterempfehle.