Wer mit offenen Augen durch die Welt geht, ist betroffen von dem sichtbaren Elend, das uns in Hauptbahnhöfen und anderen öffentlichen Plätzen begegnet. Auch wenn wir durch die vielen Schreckensmeldungen in den Medien abgestumpft sind, macht uns das Schicksal von Obdachlosen betroffen - und zwingt
uns in einen Gewissenskonflikt: Sollen wir sie aus unserem Leben ausblenden und einfach an ihnen…mehrWer mit offenen Augen durch die Welt geht, ist betroffen von dem sichtbaren Elend, das uns in Hauptbahnhöfen und anderen öffentlichen Plätzen begegnet. Auch wenn wir durch die vielen Schreckensmeldungen in den Medien abgestumpft sind, macht uns das Schicksal von Obdachlosen betroffen - und zwingt uns in einen Gewissenskonflikt: Sollen wir sie aus unserem Leben ausblenden und einfach an ihnen vorbeigehen - oder sie mit einer kleinen Spende (Geld, Nahrungsmittel usw.) unterstützen, wie es Paula, die Protagonistin in dem Krimi "Wie dunkel die Schatten" von Regine Kölpin, tut?
Ein belegtes Brot für die Obdachlose Frieda – das ist Paula ins Blut übergegangen. Jeden Morgen hält die Studentin an der Bushaltestelle inne und wechselt ein paar Worte mit Frieda. Bis diese eines Tages verschwunden ist. Zurück bleibt nur ihr verwaister Wollmantel und die Isomatte. Als einige Tage später ganz in der Nähe ein Obdachloser zusammengeschlagen wird, ist Paula sofort klar, dass Frieda ihren Stammplatz nicht freiwillig verlassen hat. Doch dann fühlt Paula sich auf einmal selbst verfolgt und bekommt Drohbriefe, die sie davor warnen, Friedas Verschwinden auf den Grund zu gehen. Und plötzlich steht die junge Studentin selbst im Mittelpunkt der Ermittlungen … Wem kann sie jetzt noch vertrauen?
Als ich das in düsteren Tönen gehaltene Cover dieses Buches betrachtet, ist mir ein kalter Schauer über den Rücken gelaufen. An dieser verlassenen Bushaltestelle, deren Scheiben mit blutroten Lettern beschmiert worden sind, möchte ich nicht auf die nächste Verbindung warten müssen.
Schauplatz dieses packenden Psychothrillers ist Oldenburg, eine kreisfreie Stadt in Niedersachsen. Im Mittelpunkt des Geschehens steht die aus einfachen Verhältnissen stammende gutgläubige, naive Studentin Paula, die mit offenen Augen durchs Leben geht und ein Herz für ihre Mitmenschen hat. Durch ihre Sorge um die von brutalen Schlägern bedrohte Obdachlose Frieda wird sie in ein perfides Psychospielchen verstrickt, das sie an ihre Grenzen und in Lebensgefahr bringt.
Regine Kölpin erzählt eine packende Geschichte, die durch die ständig wechselnden Erzählperspektiven zusätzliche Spannung aufbaut und sich wie ein Film in wenigen Tagen vor den Augen des Lesers abrollt. Nach und nach fügen sich die einzelnen Puzzle-Teilchen zu einem komplexen Bild zusammen; dennoch bleibt das Motiv des Täters rätselhaft - und die nicht vorhersehbare Lösung des Falles wartet mit einer dicken Überraschung auf. Dieses Buch hat mich zum Nachdenken über unsere Wohlstandsgesellschaft gebracht. Sehr empfehlenswert!