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Jedes Jahr im Frühling kommen die Nomaden auf dem Weg zu ihrem Sommerlager in den afghanischen Bergen in Sorayas Dorf vorbei. Mit ihnen kommt Tarek, der so wunderbare Geschichten zu erzählen weiß. Doch dieses Jahr wartet Soraya vergeblich auf ihn.Als siebte Tochter ist sie einem alten Brauch zufolge als Junge aufgewachsen, konnte sich frei bewegen und zur Schule gehen. Mit vierzehn Jahren hat sie jedoch das Alter erreicht, wo sie schon längst wieder als Mädchen leben sollte, in der Stille des Hauses. Die Taliban drängen unmissverständlich darauf. Auch Tarek haben sie bedroht. Sie erwarten,…mehr

Produktbeschreibung
Jedes Jahr im Frühling kommen die Nomaden auf dem Weg zu ihrem Sommerlager in den afghanischen Bergen in Sorayas Dorf vorbei. Mit ihnen kommt Tarek, der so wunderbare Geschichten zu erzählen weiß. Doch dieses Jahr wartet Soraya vergeblich auf ihn.Als siebte Tochter ist sie einem alten Brauch zufolge als Junge aufgewachsen, konnte sich frei bewegen und zur Schule gehen. Mit vierzehn Jahren hat sie jedoch das Alter erreicht, wo sie schon längst wieder als Mädchen leben sollte, in der Stille des Hauses. Die Taliban drängen unmissverständlich darauf. Auch Tarek haben sie bedroht. Sie erwarten, dass der erfahrene Spurenleser für sie arbeitet.Tarek und Soraya sehen keinen anderen Ausweg: Unabhängig voneinander machen sie sich auf in die Fremde. In den Bergen treffen sie unverhofft aufeinander.Ein atmosphärischer Roman von Abschied und Aufbruch, poetisch und packend zugleich.
Autorenporträt
Dirk Reinhardt, Jahrgang 1963, studierte Geschichte und Germanistik. Nach seiner Promotion war er bis 1994 als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Historischen Seminar der Universität Münster tätig, anschließend arbeitete er als freier Journalist. 2009 erschien sein erstes Kinderbuch, dem bald weitere folgten. 2016 wurde er mit dem Friedrich Gerstäcker-Preis für Jugendliteratur ausgezeichnet.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 19.03.2019

Die siebte Tochter
Zwei junge Afghanen auf gefährlicher Flucht
Mit „Train Kids“ gelang Dirk Reinhardt 2015 ein hochgelobter Roman über die Flucht Jugendlicher, die Mexiko auf dem Weg in ihr Traumland USA als blinde Zugpassagiere durchqueren. Jetzt legt der Autor mit „Über die Berge und über das Meer“ eine gut recherchierte Geschichte vor, die eine Tragödie aus einer ganz anderen Ecke der Welt ins Blickfeld rückt: die Flucht zweier Jugendlicher aus Afghanistan nach Deutschland.
Was am Roman zuallererst auffällt, ist die wohltuende Behutsamkeit, mit der Reinhardt von den Erfahrungen seiner beiden Protagonisten erzählt, jeweils von Kapitel zu Kapitel wechselnd: vom Leben der vielleicht 14jährigen Soraya aus einem paschtunischen Bergdorf und vom Leben des nur wenig älteren Tarek vom Nomadenvolk der Kuchis, eines meisterlichen Schafhirten und begnadeten Geschichtenerzählers. Soraya und Tarek mögen sich, sehen sich allerdings nur im Frühjahr, wenn Tareks Stamm ins Sommerquartier zieht. Das Spannende an ihrer Freundschaft ist, dass Tarek Soraya für einen Jungen hält. Weil ihre Mutter keinen männlichen Stammhalter zur Welt brachte, darf das Mädchen als siebte und jüngste Tochter nach altem paschtunischen Recht als Junge erzogen werden. So lange jedenfalls, wie sich ihre Entwicklung zur Frau verbergen lässt. Doch in diesem Frühjahr geht die Unbeschwertheit ihres Jungenlebens zu Ende. Sie spürt ihren Körper neu, fühlt das Aufkeimen einer Liebe zu Tarek und wird von den allgegenwärtigen Taliban mit Brutalität auf die Rolle als dienende Frau verpflichtet, die das Haus allein nicht verlassen und auch nicht zur Schule gehen darf. Währenddessen versuchen Taliban im Lager der Kuchis den begabten Fährtenleser Tarek mit Gewalt in ihre Reihen zu zwingen.
Ohne Effekthascherei beschreibt Reinhardt die Zuspitzung der Lebensbedrohung, die schließlich zur Entscheidung der Familien führt, die Tochter/den Sohn auf den gefährlichen und teuren Weg nach Westen zu schicken. Die Vorgeschichte der Flucht nimmt immerhin ein Drittel des Romans ein. So können sich die Leser ein umfassendes Bild der Lebenssituation der Jugendlichen machen. Danach schildert der Autor detailliert, was die beiden auf ihren unterschiedlichen Fluchtwegen erleiden. Reinhardts Ton ist nie reißerisch, wenn er von unsäglichen Strapazen schreibt, von glücklichen Zufällen, von Katastrophen, von der Abhängigkeit von kriminellen Schleuserbanden, von Geschäftemachern, von abgestumpften Fluchthelfern, aber auch von unerwarteten Begegnungen mit hilfsbereiten Menschen. Monatelang sind Soraya und Tarek unterwegs, vom Osten Afghanistans über den Iran, die Türkei, Griechenland und Italien bis nach Deutschland, wo sie sich wiederfinden – soviel Romanze gesteht Dirk Reinhardt seinen Charakteren zu, deren Geschichte er aus den Erzählungen Betroffener schrieb. Nicht nur für junge Leser und Leserinnen öffnen sich in diesem Roman Blickwinkel zum Leben von Menschen in Krisengebieten, die im Übermaß tagtäglicher Information zum Thema Flucht unterzugehen drohen. (ab 13 Jahre)
SIGGI SEUSS
Dirk Reinhardt: Über die Berge und über das Meer. Gerstenberg Verlag, Hildesheim 2019. 272 Seiten, 14,95 Euro.
Mit Brutalität auf die Rolle
als Frau verpflichtet
Auf unterschiedlichen
Fluchtwegen nach Deutschland
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Siggi Seuss lernt die Strapazen einer Flucht von Afghanistan nach Deutschland kennen mit Dirk Reinhardts Jugendroman. Das Tolle an dem Buch ist für Seuss allerdings, wie behutsam, gut recherchiert und ganz ohne reißerischen Tonfall der Autor die Geschichte zweier Jugendlicher erzählt, die sich in Afghanistan kennenlernen, auf der Flucht verlieren und schließlich in Deutschland wiederfinden. Das Leben der als Junge erzogenen 14-jährigen Soraya und des kaum älteren Tarek schildert der Autor laut Seuss so, dass der Leser sowohl einen Eindruck von afghanischen Traditionen, vom Einfluss der Taliban als auch von der Flucht bekommt.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Ein atmosphärischer Roman von Abschied und Aufbruch, poetisch und packend zugleich.« Pergamentfalter über »Über die Berge und über das Meer«