Das Hauptwerk von John Steinbeck als brillant illustrierte Graphic Novel!1937, kurz nach dem Ende der Weltwirtschaftskrise, veröffentlichte John Steinbeck eine Novelle mit dem Titel »Von Mäusen und Menschen«, die in die Literaturgeschichte eingehen und Millionen von Lesern auf der ganzen Welt zutiefst bewegen sollte. Durch die Augen zweier Wanderarbeiter, deren Sorgen und Nöte, Träume und Hoffnungen Steinbeck in präzisen wie eindringlichen Sätzen mit uns teilt, zerfällt der »American Dream« darin im Angesicht der Ungerechtigkeit der Welt langsam zu Staub. Steinbecks Figuren sind im besten Falle hilflos, im schlimmsten Falle Schurken und darin vereint, dass sie alle zu Opfern ihrer Umstände werden.Jede unvollständige Adaption kann »Von Mäusen und Menschen« nicht gerecht werden. Daher nimmt Rébecca Dautemer sich des kompletten Textes an, ohne ihm eine völlig neue Lesart aufzwängen zu wollen. Stattdessen steigert die gefeierte Illustratorin die suggestive Kraft von Steinbecks Novelle auf beeindruckende Weise, wobei sie ein beachtliches Instrumentarium an grafischen Techniken ausbreitet und virtuos anwendet.
Starke Hände
Ulrich Pleitgen liest „Von Mäusen und Menschen”
Als Lennie die tote Maus, die sein treuer Freund George ihm weggenommen und ins Gebüsch auf der andern Seite des Flusses geworfen hatte, wiederbeschafft, weil er etwas Weiches haben möchte, das er streicheln kann, ahnt der Hörer, wie viel noch passieren wird. Der herumziehende Erntehelfer Lennie streichelt so gerne etwas Weiches mit seinen Pranken, wird ein wenig heftig dabei, und so zerbricht er die Mäuse, die er in die Finger bekommt. In John Steinbecks Meistererzählung „Von Mäusen und Menschen” sterben ein Hundejunges und eine junge Frau durch Lennies starke Hände. Nebenbei wird ein alter Hund erschossen, weil er auch sich selbst nichts mehr nützt, und am Ende trifft aus derselben Pistole eine Kugel auch den großen Mann mit den zu starken Händen ins Genick.
Ulrich Pleitgen liest diese Erzählung von dreieinhalb Stunden Länge, die man also gut auf drei Nachmittage verteilen kann. Pleitgen ist einer jener herausragenden Sprecher, die Geschichten scheinbar ohne großen Aufwand erzählen. In den Dialogen verstellt er seine Stimme nicht zu stark, gibt aber jeder Figur eine eigene Klangfarbe, und er nimmt im Ton die Landschaften und die Zeiten und die Atmosphäre auf. Ulrich Pleitgen hat ein eigentümliches, seltenes Talent. Er scheint sich mit Einbildungskraft in einen herrlichen Wald zu versetzen, wenn er eine Waldszene liest und überträgt seine Einbildungskraft auch noch auf den Hörer. Er wirkt echt.
Zu John Steinbecks berühmter Erzählung, die vor etwa achtzig Jahren in Amerika spielt, passt Pleitgen sehr gut, weil er mit tiefer, voller, sehr maskuliner Stimme spricht, die er aber mit Schmelz überzieht: wenn Männer weich werden. Zum Beispiel als der Viehtreiber Slim im Wald an derselben Stelle, an der die Erzählung anfangs den Hörer das Schlimme ahnen lässt, den Erntehelfer George tröstet, der eben den Menschen erschießen musste, für den er sich verantwortlich fühlte, um ihm größere Qualen zu ersparen, die eine unerbittlich harte Welt ihm zugefügt hätte.
Ulrich Pleitgen spricht von dieser Unerbittlichkeit, dieser Härte, von dem Kreislauf des Leides ohne die Anteilnahme, die er genau dadurch im Hörer weckt. Diese Zurückhaltung könnte man ein schlichtes Wirkmittel nennen, aber nur wenige beherrschen es so überzeugend. MARTIN Z. SCHRÖDER
JOHN STEINBECK: Von Mäusen und Menschen. Gelesen von Ulrich Pleitgen. 217 Minuten. Hörbuch Hamburg, Hamburg 2006. 3 CD, 19,90 Euro.
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Ein Meisterwerk amerikanischer Erzählkunst. Buch-Magazin, 09/2018
"Ein Meisterwerk amerikanischer Erzählkunst, das vielleicht den besten und eigentümlichsten Beitrag Amerikas zum englischen Schrifttum unserer Tage darstellt." Neue Zürcher Zeitung
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Martin Z. Schröder schwärmt gleichermaßen von John Steinbecks Geschichte als auch von der Vertonung durch Ulrich Pleitgen. Dieser lese die Erzählung "Von Mäusen und Menschen" von John Steinbeck gleichzeitig zurückhaltend und atmosphärisch, "er wirkt echt", so der Rezesent. In der Erzählung, in der dem herumziehenden Erntehelfer Lennie zunächst Mäuse dann Menschen zum Opfer fallen, weil dieser "so gerne etwas mit seinen Pranken" anfasst und in der Lennie schließlich von dem Viehtreiber Slim erschossen wird, bekomme - dank Pleitgens charismatischer Stimme - "jede Figur eine eigene Klangfarbe". Schröder hat die dreieinhalb Stunden Hörbuch auf drei Nachmittage verteilt gehört und war sichtlich angetan von der männlichen Präsenz des Sprechers, von Pleitgens "tiefer, voller, sehr maskuliner Stimme, die er aber mit Schmelz überzieht".
© Perlentaucher Medien GmbH
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