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Benutzername: 
Isabel
Wohnort: 
Bietigheim-Bissingen

Bewertungen

Insgesamt 281 Bewertungen
Bewertung vom 16.03.2025
Vor hundert Sommern
Fuchs, Katharina

Vor hundert Sommern


ausgezeichnet

Clara, Elisabeth, Anja und Lena … vier Namen, vier Frauen, die in dem neuesten Roman von Katharina Fuchs eine tragende Rolle belegen. Erzählt wird die Geschichte von Clara, einer Frau, die in den 20er/30er Jahren des letzten Jahrhunderts jung war. Sie wurde mit drei Geschwistern in eine Familie an der Armutsgrenze geboren und musste schon früh mit anpacken, um den Familienunterhalt der Familie mitzubestreiten. Während ihre Arbeit als Flaschenwäscherin in der Berliner Brauerei Kindl eine harte ist, versucht sie doch ihr Leben zu genießen und zwackt hier und da etwas für die schönen Dinge im Leben ab. Schnell lernt sie jedoch auch, dass es Menschen gibt, denen es noch viel schlechter geht als ihr selbst und mit ihrer selbstlosen Art hilft sie, wo sie kann. Als sich schließlich mit dem Naziregime die Lage noch weiter zuspitzt, muss auch sie leider feststellen, dass sie an ihre Grenzen stößt.

Ihre Nichte Elisabeth, inzwischen selbst 94 Jahre alt, hat lange geschwiegen zu den Vorkommnissen in der Familie und trägt nun schwer an dieser Last. Nach und nach öffnet sie sich schließlich gegenüber ihrer Tochter Anja und der Enkelin Lena, die während der Erzählungen wie gebannt an ihren Lippen hängen und schnell merken, wie sehr es Elisabeth zu schaffen macht, die Geheimnisse, besonders auch um Elisabeths Vater, aufzudecken.

Doch auch die Gegenwart schreibt in diesem Buch Geschichten und so erfahren wir wie Anja, bedingt durch ihre Arbeit, die Pflege ihrer Mutter, die Wohnungsauflösung derselben und den erneuten Einzug beider Töchter auf einen dicken, fetten Breakdown zuzusteuern zu droht. Während die ältere Tochter Anabel „nur“ ein physisches Problem hat, sitzen die Traumata bei der jüngeren Tochter Lena tiefer. Wie soll Anja das alles bewerkstelligen?

Neben der Familiengeschichte an sich, auf die ich mich sehr gefreut hatte – besonders den Part in der Vergangenheit rund um Clara – findet auch viel Zeitgenössisches den Weg in diesen Roman. Antisemitische Anfeindungen, nicht nur an den Hochschulen an der Tagesordnung sind, und der Konflikt zwischen Israel und dem Gazastreifen sind politisch höchst aktuell und verdienen immer wieder Erwähnung. Aber meiner Meinung nach nicht in diesem Ausmaß in einem Roman, der doch eigentlich Clara und die Vergangenheit im Fokus haben sollte. Bei mir führte es deshalb leider zu einer gewissen Enttäuschung, wenn sich auch das Buch an sich sehr angenehm und flüssig lesen lässt. Eine kleine Bonusfreude hatte ich jedoch, als ich Anna, die kleine Schneiderin aus „Zwei Handvoll Leben“ wieder treffen und somit durch die Heirat Claras mit ihrem Bruder Willy eine kleine Familienführung miterleben durfte. Ich vergebe für „Vor hundert Sommern“ 3,5 Sterne, die ich auf vier Sterne aufrunde. Eine Empfehlung spreche ich aus an alle LeserInnen, die Familiengeschichten lieben und mit der Mischung aus Gegenwart und Vergangenheit gut zurechtkommen. Ich bin gespannt, was sich Katharina als nächstes einfallen lassen wird.

Bewertung vom 13.03.2025
Not your Darling
Blake, Katherine

Not your Darling


gut

„Not your darling“ von Katherine Blake ist ein Buch, das seit Ende letzten Jahres rund um den Erscheinungstermin an allen nur möglichen prominenten literarischen Webseiten auftauchte. So wanderte es schließlich auch auf meinen Stapel ungelesener Bücher und im März 2025 nahm ich es mir nun endlich vor.

Die Autorin entführt mich ins Hollywood der 50er Jahre. Hier möchte die selbsternannte Visagistin Loretta Darling eine steile Karriere hinlegen, was ihr mit einigen Tricks und Kniffen auch gar nicht so schlecht gelingt. Sie ist talentiert und viele Prominente scheinen eine Art Narren an ihr gefressen zu haben. Doch schnell lernt sie auch die dunkle Seite der Medaille kennen und fällt zuweilen tiefer, als sie es sich je in ihren schlimmsten Alpträumen ausgemalt hatte, Hollywood ist ein hartes Pflaster!

Ich hätte mir gewünscht, dass ich mich mit Loretta hätte anfreunden können, sah ich in ihr doch eine selbstbewusste junge Frau, die nicht auf den Mund gefallen ist. Doch das gelang mir leider nur mit mäßigem Erfolg. Während die Beschreibung der Filmwelt zur damaligen Zeit sehr gelungen war, fand ich die Entwicklung der Hauptfigur eher schwach. Immer wieder verliert sich die Autorin in Nebensträngen, die nicht wirklich viel zur Handlung beitragen und des Öfteren musste ich auch mal zurückblättern um mir zu Gegenwärtigen, wo und vor allem mit wem ich mich gerade in der Story befand. Ich fieberte fast dem Ende entgegen, das tatsächlich noch mit einer überraschenden Wendung aufwartete, mit der ich aber schon fast gerechnet hatte.

Meiner Meinung nach hätte man viel mehr aus dieser Idee machen können. Ich denke, mir wird der Roman nicht lange im Gedächtnis bleiben. Ich vergebe drei von fünf Sternen, aber diesmal gibt es von mir keine wirkliche Leseempfehlung. Mir erschließt sich der Hype um „Not your darling“ leider nicht.

Bewertung vom 12.03.2025
Eine ganze Welt
Goldbloom, Goldie

Eine ganze Welt


ausgezeichnet

Also ich muss ja sagen, dieses (Hör)buch fand ich höchstinteressant und sehr, sehr berührend. Im Mittelpunkt steht die 57jährige Suri Eckstein. Suri entstammt einer chassidischen Familie. Die "Chassidim" sind ultraorthodoxe Juden, deren Bräuche ins 18. Jahrhundert zurückreichen und von denen die meisten – wenn nicht in Israel - in New York leben. Ich betone an dieser Stelle ihr Alter, denn Suri ist schwanger, mit Zwillingen, und gerät dadurch in höchste Not. Sie kann sich niemandem anvertrauen, denn sie würde Schande über die Familie bringen. So schiebt sie das Offensichtliche vor sich her und versucht den Babybauch zu vertuschen. Nicht einmal ihrem Mann Yidel kann sie sich öffnen, so groß ist ihre Scham.

Doch dann eröffnet sich für sie „Eine ganze Welt“, in dem sie auf Freiwilligenbasis im Krankenhaus arbeiten kann, um anderen Frauen in Not zu helfen und sei deren Not auch nur dem Fakt geschuldet, dass sie neben Jiddisch nie die englische Sprache erlernt haben. Sie lässt ihr Leben während ihrer eigenen ungewollten Schwangerschaft nochmal Revue passieren und stellt fest, dass nicht alles wofür der Glaube steht, in Ordnung ist. Nicht in Ordnung ist es totzuschweigen, wenn junge Mädchen von ihrem Psychiater gegen ihren Willen missbraucht werden. Nicht in Ordnung ist es auch, dass ihr eigener Sohn den Freitod wählte, weil er schwul war und von der Gemeinde geächtet wurde. So viel scheint nicht in Ordnung …

Die Autorin Goldie Goldbloom lebt als Chassidin in Chicago und hat acht Kinder. Sie schreibt also aus eigener Erfahrung, was den Roman rund um Suri so authentisch macht. Ich hatte keine Ahnung, dass diese Welt so komplex und streng ist aber ihren Mitgliedern wohl gleichzeitig auch ein gewisses Zugehörigkeitsgefühl vermitteln soll. Möchte ich tauschen? Niemals! Dennoch fand ich diesen literarischen Ausflug in die Gemeinde Williamsburg in Brooklyn sehr bereichernd. Von mir gibt es ohne zu Zögern mit fünf Sternen die volle Punktzahl. Sehr gerne empfehle ich das Buch weiter an all die LeserInnen, die mal aus ihrer eigenen Welt ausbrechen und eine neue Welt kennenlernen möchten.

Bewertung vom 10.03.2025
22 Bahnen (MP3-Download)
Wahl, Caroline

22 Bahnen (MP3-Download)


sehr gut

Manche Kinder haben es nicht leicht im Leben und manche Frauen sollten vielleicht lieber keine Kinder in die Welt setzen. Aber wer bin ich, mich hier als Moralapostel aufspielen zu wollen? Das möchte ich mitnichten. Dennoch erfahre ich in dem Roman „22 Bahnen“ von Caroline Wahl, wie es sein kann, wenn man nicht in eine „Abendbrot Familie“ hineingeboren wird. Tilda und die kleine Ida können ein Lied davon singen. Ihre Mutter ist schwer Alkohol abhängig und verbringt ihre Tage mehr oder weniger im Wachkoma. An guten Tagen schleppt sie fremde Männer an und es steigen Partys in der kleinen Wohnung, an schlechten Tagen schläft sie nur. Man fragt sich, ob sie sich eigentlich überhaupt noch daran erinnert, dass sie Kinder hat?! So bleibt eben alles an Tilda hängen, der Großen, der Vernünftigen, die sich um Mutter, Haushalt, kleine Schwester, ihren Job an der Kasse und – ach Mensch! – einfach um alles kümmern muss. Tilda funktioniert oft selbst wie auf Autopilot und als Hörerin habe ich sie mehr als einmal bewundert, wie sie zielstrebig ihr Ding durchzieht. Doch auch eine junge Tilda stößt an ihre Grenzen, auch eine jungen Tilda ist nur ein Mensch, der ganz viel Liebe braucht. Kann sie diesen Kampf nicht nur ums Überleben, sondern auch ums Leben gewinnen?
Das Buch ist natürlich ein Roman, aber man weiß ja, dass solche beschriebenen Fälle keine Ausnahme sind. Beim Hören schwankte ich immer zwischen Mitleid und Bewunderung und war so stolz auf Tilda, die nach außen hin so stark scheint. Die Story berührt unheimlich und ich hätte sehr gerne die Bestnote vergeben, dazu war mir allerdings der Schreibstil ein wenig zu skurril. Ich habe mich für vier sehr verdiente Sterne entschieden und freue mich schon auf den Nachfolgeband „Windstärke 17“, in dem die Autorin den Fokus auf die kleine Schwester Ida gelegt hat.

Bewertung vom 09.03.2025
Stromlinien
Frank, Rebekka

Stromlinien


sehr gut

Es kann keine einfache Kindheit gewesen sein, die die Zwillingsschwestern Enna und Jale bei ihrer Oma erlebt haben. Ihrer Oma, die kaum mehr als ein paar Worte am Stück redet und durch die Haft ihrer geliebten Tochter Alea für immer negativ geprägt sein wird. Doch die beiden Mädchen sind Kämpferinnen und erobern sich ihren eigenen Alltag geprägt vor allem durch ihre nicht enden wollenden Fahrten mit der „Sturmhöhe“, dem kleinen Boot, das schon ihrer Mutter erst Heimat und später ihr Untergang sein sollte. Enna und Jale sind ihre eigenen besten Freundinnen, kleben aneinander wie Pech und Schwefel, bis der Wunsch nach ein bisschen Eigenständigkeit ihre traute Zweisamkeit zu bedrohen scheint. Doch nun soll ja alles anders und besser werden. Ihre Mutter, von der sie bis heute nicht wissen, warum sie im Gefängnis sitzt, soll entlassen und alles soll gut werden. Doch dann verschwindet die Mutter und schließlich auch noch Jale, und Emma hat nur noch eine Mission: sie muss die Beiden finden.

In vielen stetig wechselnden Perspektiven nimmt uns die Autorin Rebekka Frank mit auf eine Reise in die Vergangenheit und Gegenwart und versucht mit uns als Lesern gemeinsam Licht ins Dunkel früherer Zeiten zu bringen. Die Geschichte beginnt schließlich mit einer Verhaftung vor hundert Jahren und einer anschließenden tragischen Ozeanfahrt, die die Weichen für die Zukunft stellt. Mehr möchte ich an dieser Stelle nicht verraten, um allen zukünftigen Lesern die Spannung nicht zu nehmen aber so viel sei gesagt, lasst euch ein auf den Roman „Stromlinien“, ihr werdet es nicht bereuen. „Little by little“ finden die einzelnen Puzzlestückchen einen Platz im großen Ganzen und das weite Ausholen macht auf einmal den perfekten Sinn. An manchen Stellen hätte ich die Geschichte vielleicht ein wenig gerafft, aber das schmälerte für mich den Lesefluss nur geringfügig. Alles in allem ist „Stromlinien“ ein perfekt durchdachter Roman, der mit seinen bildhaften Beschreibungen den Leser das Plätschern der Elbe beim Lesen fast hören und den Wellengang fast spüren lässt. Ich vergebe von 4,5 auf 5 aufgerundete Sterne verbunden mit einer von Herzen kommenden Leseempfehlung. Wer hier noch Zweifel hat sollte seine Finger einfach mal über das wunderbare Cover gleiten lassen und sich einfangen lassen von der Leselust, die hierbei unweigerlich entstehen wird!

Bewertung vom 08.03.2025
Ein ungezähmtes Tier
Dicker, Joël

Ein ungezähmtes Tier


ausgezeichnet

Ich kaufe selten Bücher, meistens laufen sie mir auf die eine oder andere Weise über den Weg. Doch als ich sah, dass Joel Dicker mit „Ein ungezähmtes Tier“ einen neuen Kriminalroman rausgebracht hatte, musste ich ihn haben … sofort!

Es geht ganz im Groben um zwei Ehepaare, die sehr unterschiedlich sind und zwischen denen dennoch eine Art Freundschaft entsteht. Da haben wir zum einen das Traumpaar schlechthin, Sophie und Arpad Braun, die mit dem großen Haus, den schnittigen Autos und den erfolgreichen Karrieren das Glück gepachtet zu haben scheinen. Neu zugezogen in der Nachbarschaft sind der Polizist Greg mit seiner Frau Karine, die als Verkäuferin in einer Boutique arbeitet. Sie wohnen zwar im gleichen Nobelvorort, letztere leben aber „nur“ in einem kleinen Reihenhäuschen. Während bei Greg und Karine ein leichter Neid an der Tagesordnung ist, gehen Sophie und Arpad ganz natürlich mit den beiden um und so fühlen sich alle schnell wie zu Hause in dem Quartett. Bald jedoch wird klar, dass drei von vieren mehr als ein Geheimnis hegen und so gerät die Viererkonstellation langsam, aber sicher ins Schwanken und das Vertrauen droht zu zerbröseln. Währenddessen laufen im Hintergrund in Einschüben immer wieder Informationen zu dem bevorstehenden geplanten Raubüberfall … wer jedoch mit wem, warum und wann bleibt im Dunkeln.

In bekannter Dicker Manier baut der Autor auch diesmal einen Spannungsbogen auf, der kaum zu überbieten ist. Immer wieder dachte ich, dass ich jetzt auf der richtigen Fährte wäre, nur um im nächsten Kapitel zu erfahren, dass ich doch auf dem Holzweg war. Wer Dicker mag, wird auch diesen Roman lieben. Intelligent, spannend und unvorhersehbar bekommt er von mir mit fünf Sternen die absolute Bestnote. Hoffentlich bekommt das Buch viele Leser/Hörer und vor allem viele neue Fans für diesen wunderbaren Autor!

Bewertung vom 07.03.2025
Middletide - Was die Gezeiten verbergen
Crouch, Sarah

Middletide - Was die Gezeiten verbergen


sehr gut

Der Protagonist Elijah, der einst seiner Heimatstadt, seinem ewig betrunkenen Vater aber auch seiner Jugendliebe Nakita den Rücken kehrte, ist wieder zu Hause. Sein eigener Romanversuch „Middletide“, eigentlich hoch gelobt von der Agentin, floppt und es ist Zeit für ihn zurückzukehren und seine Wunden zu lecken. Er zieht in die Hütte seines Vaters mitten im Wald und beschließt unabhängig und selbstversorgt zu leben. Nach einiger Zeit nähert er sich ganz vorsichtig wieder dem Rand der Gesellschaft an und nimmt das Jobangebot von Chitta, einem alten Freund des inzwischen verstorbenen Vaters, an. Auch Nakita taucht wieder in seinem Umkreis auf und nun hofft er inständig, dass er bei ihr, die er einst so bitter enttäuscht hat, eine zweite Chance bekommen wird. Doch dann wird Erin Landry, die Hausärztin des Dorfes, erhängt in der Nähe seiner Hütte aufgefunden und alle Finger deuten auf ihn. Elijah gerät unter Mordverdacht und kämpft schließlich gemeinsam mit Nakita und ihrem Vater um seine Unschuld …

Wer schon mal das Glück hatte, den Nordwesten der USA zu besuchen, vielleicht sogar dort zu leben, weiß genau wovon die Autorin Sarah Crouch spricht, wenn sie die wunderbaren Landschaftsbeschreibungen vor den Augen ihrer LeserInnen Revue passieren lässt. Wer die Gegend nicht kennt, hat Dank der wunderschönen ausdrucksstarken Sprache keine Probleme dies ebenfalls nachzuvollziehen.

Nachdem ich mich nach den ersten hundert Seiten in die verschiedenen Zeitebenen eingelesen hatte, fiel es mir leicht, mich in die Geschichte fallen zu lassen und Elijah zu begleiten. Während zwei Drittel der Story einfach nur zum Eintauchen sind, nimmt der Roman gegen Ende während der versuchten Mordaufklärung nochmal an Fahrt auf und wird richtig spannend. Und da ist eigentlich auch schon mein kleiner Kritikpunkt. Während zu Anfang manches fast ein wenig zu ausführlich behandelt wurde, war mir der Schluss fast ein wenig zu schnell abgehandelt. Hier hätte man meines Erachtens mehr draus machen können. Dennoch empfehle ich dieses Buch mit dem stimmungsvollen Cover sehr gerne weiter, die Reise in den „Pacific Northwest“ ist es auf jeden Fall wert. Von mir gibt es vier von fünf Sterne. Sarah Crouch ist neben ihrer Schriftstellerei übrigens eine weltweit bekannte Marathonläuferin. Ich hoffe aber sehr, dass sie auch in Zukunft noch Zeit zum Schreiben finden wird.

Bewertung vom 07.03.2025
Die einzige Frau im Raum / Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte Bd.4
Benedict, Marie

Die einzige Frau im Raum / Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte Bd.4


sehr gut

Hedwig Eva Maria Kiesler, die sich später Hedy Lamarr nennen wird, wird im Jahr 1914 in Wien in eine gutbürgerliche Familie geboren. Schon früh steht sie auf den Brettern, die angeblich die Welt bedeuten, und wird in ihrer ersten großen Rolle als Kaiserin Elisabeth auf der Bühne gefeiert. Ein besonders eifriger Fan scheint ihr hoffnungslos verfallen und überschüttet sie mit Rosen und „standing ovations“. Wir sprechen hier von dem reichsten Mann Österreichs, Fritz Mandl, der bald darauf ihr Ehemann werden wird. Alarmglocken hätten schrillen müssen, denn Mandl ist ein gewissenloser Waffenfabrikant, dem ein Krieg sehr zu pass kommen würde. So hält er dann auch bald Hof für die Größen der Nazis und sonstigen Großkopferten und lässt sich verehren und bewundern. Gerne schmückt er sich dabei mit der schönen Frau an seiner Seite, die er ansonsten jedoch bald wie in einem goldenen Käfig hält. Dass ihm hin und wieder „die Hand ausrutscht“ hat sie klaglos hinzunehmen. Doch Hedy ist nicht nur hübsch, sondern auch klug und saugt die Gespräche der hohen Herren mit all ihren technischen Komponenten in sich auf. Als Eifersucht, Gewalt und Herrschsucht ihres Mannes jedoch immer schlimmer werden, sieht sie nur noch einen Weg für sich: die Flucht nach Amerika. Dort erhält sie einen neuen Namen – Hedy Lamarr – und steht auch hier wieder erfolgreich vor der Kamera. Doch sie will nicht nur ihr schönes Gesicht, sondern auch ihr Gehirn gebrauchen und so fängt sie an, mit dem Komponisten George Antheil eine Frequenzverschlüsselung für Torpedos zu entwickeln …

Spannend verpackt präsentiert uns die Autorin Marie Benedict die Geschichte dieser ungewöhnlichen Frau, die nicht nur mit ihren äußeren, sondern vor allem auch mit ihren inneren Werten punkten konnte. Leider blieb ihr zu Lebzeiten die Anerkennung ihrer Erfindung verwehrt, doch Marie Benedict gibt ihr mit ihrem Buch „Die einzige Frau im Raum“ posthum eine Bühne. Dafür vergebe ich sehr gerne vier funkelnde Sterne und spreche eine Lese- bzw. Hörempfehlung aus an alle, die wie ich immer wieder begeistert sind von starken Frauen.

Bewertung vom 06.03.2025
Transatlantik / Kommissar Gereon Rath Bd.9
Kutscher, Volker

Transatlantik / Kommissar Gereon Rath Bd.9


ausgezeichnet

In diesem neunten und somit vorletzten Band der Reihe rund um Gereon und Charlotte Rath (geb. Ritter) geht es mal wieder um Berlin, Verbrechen und – leider Gottes – die Nationalsozialisten. Doch halt, wo ist Gereon abgeblieben? Stimmt ja, er musste in die USA fliehen, wo er auch, wider Erwarten, heil angekommen ist. Doch nun kommen wir schon zu meinem Kritikpunkt … leider hören wir in „Transatlantik“ ansonsten herzlich wenig von ihm. Dafür tritt Charlotte verstärkt in den Vordergrund, indem sie versucht das Leben in Berlin so gut es geht allein zu bestreiten. Es wird auch keine Minute langweilig, denn nachdem der SS-Mann Klaus von Rekowski ermordet aufgefunden wird, verschwindet Charlys Freundin Greta Overbeck spurlos. Doch nicht nur das ist der Grund, warum Charlotte ihre Auswanderung in die Tschechoslowakei erstmal hintenanstellt, sondern auch, weil ihr ehemaliger Pflegesohn Fritze Thormann in einer psychiatrischen Anstalt gelandet ist, aus der es ihn zu befreien gilt. Ehe sie es sich versieht, steckt Charly knietief in eigenen Ermittlungen, die sie tief in die braunen Kreise führen während Gereon in den Vereinigten Staaten eher blass zurückbleibt …

Für mich ist „Transatlantik“ der bisher schwächste Band der ansonsten äußerst spannenden Reihe. Mit seinem finalen Band „Rath“ wird Volker Kutscher aber hoffentlich nochmal zur Höchstform auflaufen. Für diesen vorletzten Teil vergebe ich diesmal drei von fünf Sternen und würde eingefleischten Fans natürlich unbedingt raten, auch diesen zu genießen. Nur Quereinsteigern würde ich an dieser späten Stelle vom Einstieg abraten.

Bewertung vom 05.03.2025
Kainszeichen
Fink, Sabine

Kainszeichen


gut

Wenn man sich im Streit voneinander verabschiedet und der Partner nicht mehr nach Hause kommt, weil er unterwegs einen tödlichen Autounfall hat, ist man am Boden zerstört und zerfressen von Schuldgefühlen. Genau so ergeht es Christine Reutter, die auf diese Weise ihren Verlobten Mike Hartmann verliert. Nachdem sie sich beinahe ein Jahr in ihr Schneckenhaus zum Trauern verkrochen hat, begegnet ihr durch Zufall Mikes ehemaliger Chef und sie beginnt auf einmal den Todesfall zu hinterfragen. Schnell muss sie feststellen, dass hier längst nicht alle Puzzlesteine zusammenpassen. Doch nicht jeder ist erfreut über ihren Eifer, der Sache auf den Grund zu gehen. Einen Tag später steht ihre Wohnung in Flammen und sie kommt nur mit Mühe mit dem Leben davon. Immer mehr Menschen von „damals“ kommen aus den Löchern und immer unwahrscheinlicher scheint es, dass Mikes Unfall selbstverschuldet war …
So weit so gut. Der Fall an sich nimmt im Laufe des Buchs langsam, aber stetig an Fahrt auf und immer wieder wird man als Leser auf neue Fährten geschickt, die sich dann als Sackgasse erweisen. Damit kann ich leben. Womit ich beim Lesen jedoch erhebliche Schwierigkeiten hatte, war das kindische Verhalten der Protagonistin Christine, genannt „Chrissy“. Obwohl es sich hier um ein ernstzunehmendes Verbrechen handelt, beim dem ihr eigener Verlobter sein Leben verlor, tröstet sie sich locker, flockig an mehreren Stellen, hat ständig Ameisen in der Bauchgegend, kichert unkontrolliert, macht sich quiekend aus Umarmungen frei und trabt schließlich wie ein junges Fohlen davon. Ne, ne, ne … das ging so gar nicht und hat mich schließlich nur noch genervt.
Schade, der Fall an sich hatte Potential, das Drumherum leider gar nicht. Auch einen „Frankenkrimi“ konnte ich in „Kainszeichen“ nicht wirklich entdecken außer, dass ein Teil der Handlung in Tennenlohe spielte und an einer Stelle wie wild mit dem Wort „Kerwa“ um sich geworfen wurde. Mit viel Wohlwollen reicht es mal eben noch für drei Sterne, eine Empfehlung kann ich leider nicht aussprechen.