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Schmökerwürmchen

Bewertungen

Insgesamt 77 Bewertungen
Bewertung vom 08.04.2017
Ragdoll - Dein letzter Tag / New-Scotland-Yard-Thriller Bd.1
Cole, Daniel

Ragdoll - Dein letzter Tag / New-Scotland-Yard-Thriller Bd.1


gut

Kurz nachdem der Detective William Oliver Layton-Fawkes, kurz Wolf, seinen Dienst nach seiner Suspendierung wieder antritt, wird in einer leer stehenden Wohnung eine Ragdoll aufgefunden. Dabei handelt es sich um zusammengenähte Körperteile sechs verschiedener Leichen. Ein Finger zeigt auf Wolfs Wohnung, die direkt gegenüber liegt. Nur ein Zufall oder steckt mehr dahinter? Während die Londoner Polizei ihre Ermittlungen aufnimmt und versucht, die Identitäten der verschiedenen Leichenteile aufzudecken, erhält Wolfs Exfrau Andrea eine Liste mit weiteren Personen, die bald sterben sollen... Es beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit.

Meine Erwartungen lagen sehr hoch. Der Inahlt hat mich sofort angesprochen, der Klappentext versprach spannende Lesestunden. Doch die Spannung blieb leider aus und ich musste mich oft zum Weiterlesen zwingen. Die Story wird sehr sprunghaft erzählt. Permanent wird man als Leser mit Szenenwechsel konfrontiert. Dadurch wirkt die Erzählweise ziemlich abgehackt und jeder kleinste Hauch von Spannung bleibt dadurch auf der Strecke. Zudem werden die Ermittlungsarbeiten sehr detailreich beschrieben. Überhaupt hält sich der Autor mit zu vielen Nebensächlichkeiten auf, die für die Geschichte absolut nicht erforderlich gewesen wären und eher gelangweilt haben.
Und überhaupt tauchten ständig neue Charaktere auf, die jedoch alle ziemlich blass blieben. Ich hätte mir weniger Figuren gewünscht, dafür aber besser beleuchtet. Noch dazu wurden die Personen manchmal beim Vornamen genannt, manchmal beim Nachnamen, was zu gelegentlichen Verwirrungen führte.
Der Protagonist erfüllte aber auch sämtliche Klischees. Zudem hält er sich für unverzichtbar. Teamarbeit ist nicht gerade seine Stärke und er überschreitet mehr als einmal die Grenzen. Was mich aber nicht stören würde, wenn mich der Thriler gefesselt hätte.
Allein das letzte Drittel wurde für meinen Geschmack dann doch noch etwas spannender.
Auf jeden Fall sollte man die Zeitangaben über den einzelnen Kapiteln beachten, denn die sind von Bedeutung.

Fazit: Ein langwieriger Thriller, der mit Spannung auf sich warten lässt und mit zu vielen Nebensächlichkeiten und Charakteren auffährt.

Bewertung vom 22.03.2017
The Sun is also a Star.
Yoon, Nicola

The Sun is also a Star.


sehr gut

Daniel und Natasha begegnen sich durch Zufall und Verkettung der Umstände an einem schönen Herbsttag in New York. Bei Daniel ist es Liebe auf den ersten Blick, während er Natasha noch überzeugen muss. Das gestaltet sich als schwierig, denn Natasha ist Realistin und wissenschaftlicher Nerd. Daniel dagegen eher ein Träumer und Dichter. Doch den beiden bleibt nicht viel Zeit, denn noch am gleichen Abend soll die aus Jamaika stammende Natasha abgeschoben werden. Sie sucht wiederholt die Einwanderungsbehörde auf, um das Schlimmste zu verhindern. Denn Natasha kam bereits mit acht Jahren nach New York, fühlt sich dort wohl und kann sich kaum noch an ihr früheres Leben erinnern.
Daniel ist der Sohn koreanischer Einwanderer, allerdings in New York geboren. Er soll es einmal besser haben als seine Eltern. Sie wünschen sich für ihn ein Medizinstudium in Yale und ein koreanisches Mädchen an seiner Seite. An dem Tag, als er Natasha begegnet, hat er ein Vorstellungsgespräch bei einem ehemaligen Yale-Absolventen, der ihm eine Empfehlung aussprechen soll. Doch Daniel hat eigentlich kein Interesse und völlig andere Dinge im Kopf...

Den Einstieg fand ich zunächst etwas holperig und es ist mir nicht leicht gefallen, schnell in die Geschichte reinzukommen. Die anfänglichen Konversationen zwischen Natasha und Daniel wirkten auf mich leicht konstruiert und unglaubwürdig. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich junge Menschen auf diese Weise annähern.
Zudem hätte ich mir für die Entwicklung einen etwas längeren Zeitraum gewünscht.
Doch nach und nach hat mich die Geschichte immer mehr in ihren Bann gezogen. Die Kapitel sind kurz gehalten und erzählen abwechselnd aus der Sicht von Natasha und Daniel. So erhält man direkt einen Einblick in die Emotionen und Gedanken der Protagonisten. Zumal sich Natasha zunächst sehr zurückhaltend verhält und die Geschehnisse eher wissenschaftlich betrachtet, während Daniel an die Liebe glaubt und Gedichte schreibt. Auch die Sicht der Nebencharaktere wird zwischendurch beleuchtet. Gelegentlich
gibt es wissenschaftliche Einblicke über die Dinge, die die beiden beschäftigen.
Nach dem für mich etwas schwierigen Beginn hat mich das Schicksal der beiden doch sehr beschäftigt und mitgerissen, nach den ersten 100 Seiten wurde es immer besser und das Buch hat mich nachhaltig beeindruckt.

Fazit:
Ein durchaus mitreißendes Jugendbuch, das die Themen Schicksal, Liebe, Herkunft, Einwanderung und Familie einfühlsam und streckenweise poetisch behandelt.

Bewertung vom 16.03.2017
DEMUT / Harry Svensson Bd.1
Olsson, Mats

DEMUT / Harry Svensson Bd.1


sehr gut

Der ehemalige Reporter Harry Svensson hat seinen Job an den Nagel gehängt, lebt momentan von einer Abfindung und lässt sich treiben. Was er mit seinem Leben anfangen soll, weiß er noch nicht so recht. Vielleicht eine Kneipe eröffnen? Er begegnet der Weinhändlerin Ulrika Palmgren. Zwischen den beiden entwickelt sich anschließend eine pikante E-Mail Konversation. Sie treffen sich, doch der Abend endet anders als erwartet. Zurück im Hotel, findet Harry eine Frauenleiche im Bett des abgehalfterten Bluesmusikers Tommy Sandell. Harry wittert eine Story und wird nochmal als freier Journalist tätig. Wenig später taucht erneut eine Frauenleiche in einem Hotelzimmer auf, in den Armen eines bekannten Politikers. Die Tote ist Harry nicht völlig unbekannt und während seiner Nachforschungen für eine gute Story stößt er auf weitere, ähnlich gelagerte Fälle, die sich nicht nur auf Schweden als Tatort beschränken. Doch auch Harry versucht einige Details aus seinem Privatleben vor der Polizei zu verbergen...

Die ersten 150 Seiten habe ich regelrecht verschlungen. Doch dann plätscherte das Geschehen mehr oder weniger vor sich hin. Der Autor verliert sich manches Mal in Nebensächlichkeiten. Obwohl ich es mag, mehr über das Privatleben der ermittelnden Personen zu erfahren, gab es im Mittelteil doch einige Passagen, die sich zu sehr in die Länge zogen. Spannung trat immer nur phasenweise auf. Allerdings mochte ich den für einen Thriller außergewöhnlichen, erfrischenden Stil sehr. Im letzten Drittel nimmt das Geschehen wieder richtig an Fahrt auf und ich konnte kaum noch aufhören zu lesen. Die Charaktere sind wirklich sehr gut gezeichnet und authentisch dargestellt. Trotz der über 700 Seiten ist die Geschichte vollkommen schlüssig.
Erzählt wird das Geschehen in der Ich-Form, aus Sicht des Exreporters Harry Svensson. Die Idee, einen freiberuflichen Journalisten ermitteln zu lassen, ist mal etwas völlig anderes und ist dem Autoren sehr gut gelungen, was wohl daran liegen mag, dass er selbst als Journalist tätig ist. Doch auch der Täter kommt in regelmäßigen Abständen zu Wort. So erfährt der Leser nach und nach, wie es überhaupt zu den Vorfällen kommen konnte. Häppchenweise wird die erschreckende Vergangenheit des Täters offen gelegt.
"Demut" ist der Auftakt einer Reihe um Harry Svensson. Sollte der nächste Teil kürzer ausfallen, möchte ich die Serie auf jeden Fall weiterlesen.

Fazit:
Bei Demut handelt es sich doch eher um einen Krmi als um einen Thriller, was man vielleicht vorher wissen sollte. Denn dann ist das Buch trotz einiger Längen durchaus solide und lesenswert.

Bewertung vom 15.02.2017
Das geträumte Land
Mbue, Imbolo

Das geträumte Land


ausgezeichnet

In dem Debütroman der in Kamerun geborenen Autorin geht es um den Einwanderer Jende Jonga und seiner Frau Neni. Das Leben in Kamerun ist hart und wenn man wie Jende aus ärmlichen Verhältnissen stammt, gibt es kaum Möglichkeiten, sich weiter zu entwickeln. Ungewollt wird sein große Liebe Neni von ihm schwanger, die er nur zu gerne heiraten möchte. Doch in seinem Heimatland gelten andere Regeln. Nenis Eltern stellen sich gegen die Verbindung, sie wünschen sich einen wohlhabenden Mann für ihre Tochter. So beantragt Jende ein Visum für die USA und träumt von einer besseren Zukunft im Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Unterstützung bekommt er von seinem Cousin Winston, der eine Greencard in der Lotterie gewonnen und sich als Anwalt an der Wall Street etabliert hat. So nimmt Jende Abschied und macht sich auf den Weg nach New York. Als er mit sehr viel Glück einen gut bezahlten Job los Chauffeur für den reichen Manager der Lehman Bank, Clark Edwards, ergattert, scheint das Leben perfekt. Er schafft es, seine geliebte Neni und seinen Sohn Liomi nachzuholen. Auch Neni kann zum Lebensunterhalt beitragen. Zudem besucht sie das College und träumt von einer Karriere als Apothekerin. Jetzt fehlt nur noch die Greencard zum großen Glück. Während des Sommers kommt auch Neni zu einem Job bei den Edwards, als Haushaltshilfe in deren Haus in den Hamptons. Das Leben scheint es wirklich gut mit den Jongas zu meinen. Bis es zum Zusammenbruch bei Lehman's kommt und der darauf folgenden Wirtschaftskrise. Jende kann seinen Job nicht mehr behalten, schuftet bis zum Umfallen als Tellerwäscher, verdient aber nur einen Bruchteil. Die Ehe der Jongas wird dadurch stark belastet, es kommt immer häufiger zu Streitigkeiten.
Ist so ein Leben im geträumten Land wirklich noch lohnenswert? Diese Frage stellt man sich als Leser immer häufiger im Laufe der Geschichte.

Mir hat das Buch unglaublich gut gefallen. Episodenhaft wird die Geschichte aus der Sicht von Jende und Neni erzählt. Die Sprache wirkt sehr plastisch und bildhaft, so dass man das Gefühl hat, das Buch läuft wie ein Film ab. Man bewegt sich als Leser förmlich mit den Jongas durch New York und möchte immerzu wissen, wie es mit ihnen weitergeht. Man hofft und leidet mit Ihnen und wünscht sich doch nur, das sie ihren Traum leben können.
Ganz wunderbar herausgearbeitet ist die Mentalität der aus Kamerun stammenden Protagonisten. In Rückblenden wird das Leben in Afrika sehr anschaulich beschrieben. Die Darstellung der unterschiedlichen Gesellschaftsschichten am Beispiel der Edwards und Jongas finde ich sehr gelungen. Auch die Edwards haben trotz ihres Reichtums genügend eigene Pobleme, wenn auch anderer Art. Glück kann man sich eben auch nicht mit viel Geld erkaufen.

Fazit: Ein großartiger, einfühlsam und mitreißend erzählter Roman über Auswanderung, Asyl, Familie, Heimat, Zusammenhalt und Gesellschaft. Auch während der Lesepausen hat mich das Schicksal der Figuren noch nachhaltig beschäftigt.

Bewertung vom 14.02.2017
Unsere Hälfte des Himmels
Linden, Clarissa

Unsere Hälfte des Himmels


ausgezeichnet

Deutschland im Jahre 1935: Johanna und Amelie sind unzertrennliche Freundinnen, trotz aller Unterschiede. Ihre große Leidenschaftlich ist das Segelfliegen. Gemeinsam träumen sie von einer Zukunft als Pilotinnen. Während der Nazizeit ein nicht leichtes Unterfangen für die beiden jungen Frauen, die doch entsprechend der vorherrschenden Meinung an den Herd gehören und dem Führer Kinder zu schenken haben. Doch damit können sich die beiden Freundinnen nicht abfinden und bewerben sich in Berlin bei einem bekannten Flugwerk. Der große Traum scheint greifbar nahe zu rücken, bis sich Amelie in Johannas Fluglehrer verliebt. Damit nimmt das Drama seinen Lauf...
Parallel wird die Geschichte von Amelies Tochter Lieselotte erzählt. Hier springen wir ins Jahr 1971. Sie lebt mit ihrem Mann Eduard in Kassel und fühlt sich zunehmend unzufrieden in ihrer Ehe. Eines Tages erfährt sie, dass ihre Mutter Amelie im Koma liegt. Lieselotte macht sich auf den Weg nach Frankfurt. Über ihre Vergangenheit weiß sie nicht viel, Amelie hat sich ihrer Tochter gegenüber sehr distanziert verhalten. Um ihrer Mutter zu helfen, stellt sie Nachforschungen an. Behilflich ist ihr dabei die Nachbarin Marga. Schon bald stellt sie ihr bisheriges Leben in Frage.

Erzählt werden beide Stränge einige Kapitel lang in wechselnder Perspektive. Sowohl die Geschichte der beiden Freundinnen Johanna und Amelie als auch Lieselottes haben mich von Anfang an gefesselt. Die Autorin versteht es, immer wieder spannende Szenen einzuweben, so dass man kaum aufhören mag zu lesen. Johanna kommt nicht gut weg, sie ist eine ziemlich egoistische Person, die nur ihren Vorteil im Blick hat. Doch sie versteht es immer wieder, andere Personen um den Finger zu wickeln, so auch Amelie. Bis sie eines Tages die Grenzen überschreitet. Man hat den Eindruck, dass Amelie immer in ihrem Schatten stand.
Lieselotte wird als typisch für die 70er Jahre dargestellt. Doch sie mag sich damit nicht mehr abfinden. Überhaupt ist es der Autorin hervorragend gelungen, den Zeitgeist der 70er Jahre einzufangen. Einige relevante Themen dieser Zeit werden immer wieder mal aufgegriffen.
Mich konnte das Buch vollends überzeugen, ich fand es unglaublich gut erzählt, spannend und interessant. Zudem sind die Fakten detailreich und hervorragend recherchiert. Selbst in Lesepausen hat mich die Geschichte noch nachhaltig beschäftigt.

Fazit: Für mich ist dieses Buch ein absolutes Highlight, dem ich noch sehr viele Leser wünsche.

Bewertung vom 13.02.2017
Und dann steht einer auf und öffnet das Fenster
Pásztor, Susann

Und dann steht einer auf und öffnet das Fenster


ausgezeichnet

Fred Wiener, alleinerziehender Vater, engagiert sich seit Kurzem als ehrenamtlicher Sterbebegleiter. Er lebt sehr zurückgezogen, ohne nennenswerte soziale Kontakte. Bis er das Gefühl hat, seinem Leben mehr Sinn zu verleihen. Fred lässt sich ausbilden, besucht während seiner Freizeit Seminare und Fortbildungen. Seine erste Begleitung ist Karla, eine 60-jährige Dame, unheilbar an Bauchspeicheldrüsenkrebs erkrankt. Der Kontakt ist zunächst nicht einfach, wie soll man sich verhalten? Worüber spricht man? Welche Themen sind angemessen? Doch Fred wächst an seiner Rolle und gibt sein Bestes, um Karla noch eine möglichst schöne Zeit zu bereiten. Doch wie weit darf man in das Leben einer Sterbenden eingreifen?
Und auch sein pubertierender Sohn freundet sich mit Karla an. Phil hat es nicht leicht im Leben, er kämpft mit dem Erwachsenwerden und das Verhältnis zur abwesenden Mutter ist auch eher schwierig.

Erzählt wird die Geschichte hauptsächlich aus der Sicht von Fred und Phil. So erfährt der Leser hautnah die Gedanken, Stimmungen und Gefühle von Vater und Sohn, so dass man sich hervorragend in die jeweils erzählende Person hineinversetzen kann. Doch auch Karlas Schwester Gudrun kommt kurzzeitig zu Wort. Hierbei handelt es sich um eine eher ruhige Geschichte, in der wir die Charaktere ein Stück weit auf ihrem Weg begleiten. Besonders die berührende Sprache sticht hervor, die Erzählweise ist fast schon poetisch und sehr melancholisch. Zwar hofft man zu Beginn noch auf ein Wunder, schließlich hat man als Leser die Figuren jeweils auf ihre Art ins Herz geschlossen. Doch letztendlich ist eigentlich von vornherein an klar, worauf das Ganze hinausläuft. Und doch blitzt immer wieder ein Funke Humor hervor, die Seiten sind gespickt mit Situationskomik, die mich trotz all der Traurigkeit oftmals zum Schmunzeln gebracht hat.
Eingentlich ist es auch eher ein lebensbejahendes Buch. Es geht um Sterbebegleitung, um Freundschaft, um die Vater-Sohn-Beziehung und um das Erwachsenwerden.