Benutzer
Benutzername: 
SternchenBlau

Bewertungen

Insgesamt 166 Bewertungen
Bewertung vom 03.05.2021
Riley, Andy

King Eddi und das Monster von Krong


ausgezeichnet

So witzig und poin­tiert & genau unser Humor

Hihihihihihi! Spätestens, wenn der Imperator Nurbison wieder sein fieses Lachen „Fuu huu huu huu! losließ, mussten wir in 3 Generationen vor uns hinkichern.

„King Eddi atmete tief ein und verkündete der Menge: ‚Einwohner von Eddiland! Das brave Volk von Krong braucht meine Hilfe. Und die wird es bekommen! Ich werde die Wildnis durchqueren und den Wulitz bekämpfen!‘ Megan und die Bauern jubelten und warfen ihre Hüte in die Luft. Diejenigen, die keine Hüte hatten, liefen schnell zum Hutladen, um welche zu kaufen, damit sie sie ebenfalls in die Luft werfen konnten.“

Eigentlich wollte King Eddi nur nachgucken, was los ist, damit er sein Gemüse nicht aufessen muss, denn Ministerin Jill hat die Losung herausgegeben, dass alle 50 Portionen Gemüse am Tag essen müssen. Und dann gibt er gleich das große Versprechen gegen das Monster anzutreten… Wie schon in Band 1 mischt der böse Imperator Nurbison auch wieder kräftig mit.

Mein 9jähriger Sohn findet:
Ich fand das Buch super, super, super, super, super! Ich vergebe auf alle Fälle 5 Sterne!
Die Bilder machen so richtig Spaß. Und auf welche fiesen Ideen der Imperator kommt. Und es war so lustig, wie das Gemüse am Ende nochmal ganz groß vorkommt.

Unsere Oma sagt:
In diesem Buch ist so vieles abstrus und witzig. Das hat mir richtig gut gefallen!
Der Band ist nochmal lustiger als der erste und der hat uns schon so gut gefallen.
Die Schlacht mit dem Ungeheuer ist so schön ausgewogen zwischen Spannung und Humor.
King Eddi ist sogar am Ende so edel, dass er den Imperator retten will.

Meine Erwachsenen-Sicht:
Dieses Buch sprudelt über vor witziger Einfälle. Das fängt bei den witzigen Zeichnungen im Comicstil an, geht weiter über die Sprache, wenn Ministerin und die Hofnärrin darüber debattieren, ob das nun Dunst oder Nebel sei und ob eine Kombination nun Nunst under Debel heißen würde. Aber die ganze Geschichte ist so absurd wie einfallsreich, dass es eine wahre Freude ist.
Die Matrix ist klar, ein bisschen Märchenhaft ein Bisschen popkulturell beeinflusst: Guter König, böser Imperator, Freundinnen zur Unterstützung. Zwischen diesen klaren Rollenzuschreibungen findet Riley ganz viel Potential die Erwartungen zu brechen oder auf die Spitze zu treiben.
Als Lesende vermuten wir selbstverständlich ganz stark, dass die Karte, die der Imperator King so gaaaaanz zufällig unter die Nase hält, gefälscht ist, und dann wird es umso witziger Eddi und seinen Begleiterin dabei zuzusehen, was dann passiert. Gerade, weil die Protagonist:innen manchmal so schlau und dann wieder so naiv sind, kommen sie so menschlich rüber und gar nicht wie Klischees.
Und darum funktioniert Diversity in diesem Buch auch so gut: Die Schwarze Ministerin Jill steht Eddi zur Seite und die Leiterin der Palastwache ist die starke Alisha, die so stark ist, dass sie sich Beulen in den Helm haut, wenn sie salutiert.
Mein absolutes Highlight war – neben ganz vielen Highlights in diesem Buch das Minigolfspiel von Imperator Nurbison. Ich denke, es ist kein Zufall, dass es einen realen (mittlerweile Ex-)Staatenchef gibt, der für seine Golfleidenschaft ebenso bekannt ist, wie dass er dort gerne mal geschummelt hat. Viele denken ja, dass Kinder solche Anspielungen nicht verstehen könnten. Aber zum einen fand mein Sohn oberwitzig, als ich ihn darauf hingewiesen habe (weil er Golfbilder von Trump kennt), zum anderen spüren sie immer die Ernsthaftigkeit und Detailtreue dahinter.
Ich denke, dieser Band ist sogar nochmal besser als der 1. Eddi-Band, weil Riley hier nochmal geschlossener vorgeht. Viele Ideen werden zwischendrin und zum Ende hin nochmal aufgegriffen: Das Gemüse, die Windmühle vom Minigolfplatz und auch die Hüte vom Anfang, wenn sie denn nun gezogen werden sollen.

Und genau diese großen und kleinen Einfälle, die sind genau unser Humor.

Fazit: Witzig und pointiert trifft King Eddi genau unseren Humor. Eine große Lese- und Kaufempfehlung von 5 Generationen un

Bewertung vom 08.03.2021
Schomburg, Andrea

Die Spur zum 9. Tag


ausgezeichnet

Eine Spur zu einen Tag? Das hört sich etwas kryptisch an. Und auch der Klappentext gibt mit Schlagwörtern wie Sommerferien, Tierhandel, Welpenhandel und Familiengeheimnis keine klare Linie vor. Gefunden haben wir ein Buch, bei dem alles stimmt: Eine wundervolle Geschichte über Freundschaft und darüber, wie klug und witzig Kinder sind. Und während so einige Geheimnisse gelöst wurden, hatten wir in 3 Generationen ganz viel Spaß.

„Ole drehte langsam den Schalter. Und so ändern wir, an diesem gewittrigen siebten Tag, als die Mücken uns fast auffressen und der Autogeruch von der Straße sich mit dem Duft von Bratwurst und Fleischklößchen aus den Dunstabzugshauben mischt, den Lauf der Welt.“

Meine Erwachsenen-Sicht:
Realistische Kindergeschichten sind mir oft nicht die liebsten. Zu oft geraten sie mir zu oberflächlich, zu didaktisch, zu langweilig, zu bieder-ernst oder die Kinder müssen Aufgaben übernehmen, die sie in der Realität nie so hinkriegen würden. Umso mehr bin ich von „Die Spur vom 9. Tag“ begeistert. Denn hier stimmt einfach alles!
Bene erzählt aus seiner Ich-Perspektive erfrischend ehrlich und lässt uns an seinen Gedanken teilhaben. Er hat es nicht leicht, auch, wenn er sich einiges davon schönredet. Seine Mutter liebt ihn, hat aber mit Depressionen zu kämpfen, und seinen Vater hat er nie kennengelernt. Hier schafft die Autorin eine wundervolle Balance, indem sie Fakten klar benennt, die Erkrankung der Mutter aber adäquat darstellt. Ein absoluter Pluspunkt des Buches. Gleichzeitig behält Schomburg die Leichtigkeit eines Sommerferien-Romans bei, bei dem Bene in ein spannendes Abenteuer hineinrutscht.
Er ist nicht ganz freiwillig bei der Oma, die er kaum kennt, denn er wollte nicht zusammen mit dem neuen Freund seiner Mutter in den Urlaub fahren. Zum Glück freundet er sich mit einem Geschwisterpaar aus der Nachbarschaft an: Mia ist eine Tierretterin und ihr Bruder Ole hat so allerlei durchgeknallte Ideen, wie eben die aus dem Zitat, wenn er glaubt, ein gefundener Schalter könnte den Lauf der Welt beeinflussen. Seine Ideen lesen sich so zauberhaft, Mias Engagement ist so energisch und begeistert und Benes Gedanken zu all dem so erfrischend, dass wir ganz viel lachen mussten und mitgefiebert haben.
Toll fand ich zudem, dass die Kinder nicht einfach auf eigene Faust ermitteln, sondern sie auch die Polizei um Rat fragen. Und dann wird völlig stimmig erklärt, warum sie dann doch einiges selber machen. Wie gesagt: Hier passt alles!

Unsere Oma sagt:
Ein sehr spannendes Buch, das auch sehr lustig war. Die ganze Geschichte war logisch und stimmig. Ich war tatsächlich von der Auflösung überrascht. Die Oma kommt nicht so gut weg, aber das finde ich auch als Oma okay, selbst, wenn ich von auch mal von schlimmen Geschichten aus der Zeitung erzähle. Die Freundschaft zwischen den Kindern wird so schön geschildert und auch, wie die ticken, besonders, wenn sie etwas aushecken. Am lustigsten fand ich, als die Oma Bene Aal in Aspik als Delikatesse serviert – und der das Glibberige gar nicht mag.

Mein 9jähriger Sohn findet:
Ich fand alles super. Das Buch war so spannend, da gebe ich Oma komplett recht. Ich finde es lustig, dass die Buch-Oma sagt, Herr Glückland wäre eine „düstere Existenz“. Am witzigsten fand ich, dass Bene dachte, dass Mia wegen ihrer Zöpfe Greta Thunberg wäre. Mir haben auch die Bilder sehr gut gefallen. Und wie sich am Ende alles auflöst.
Manche Sachen hätte ich genauso gemacht, z.B. auf den Baum zu klettern. Der Papa will noch einen Minipool für den Goldfisch machen, aber das hat er noch nicht gemacht, darum ist der noch in der Badewanne. Und Mia hat die Hühner vor der Legebatterie gerettet.
Ich hoffe, dass es noch einen weiteren Band gibt!

Fazit:
Hier passt einfach alles! Wir haben uns gleich noch mehr Bücher von der Autorin rausgesucht, die wir lesen wollen und haben dann auch schon gleich mit zwei Bilderbüchern angefangen. Das werden nicht die letzten gewesen sein. Begeisterte 5 von 5 Sternen.

Bewertung vom 02.03.2021
Boyle, T. C.

Sprich mit mir


gut

Das wundervolle Thema bleibt thesenhaft und ich kam an die Protagonist:inenn nicht wirklich ran. Von Boyle gibt es viel bessere Bücher.

Bleibt thesenhaft

Hm, die Themen fand ich durchaus spannend, und ich gehe auch sehr mit T.C. Boyles Haltung mit. Aber gerade weil ich andere Bücher von ihm so liebe, fand ich dieses doch recht mau.

Dabei war ich von den ersten 20 Seiten recht angetan. Diese junge Studentin Aimee, die nicht recht weiß, wohin sie mit ihrem Leben soll, ist von Sam, dem Affen, den sie in einer Fernsehshow als Teil eines Experiments sieht, total elektrisiert. Und ich war ganz fasziniert, wie schnell ich an sie als Protagonistin rankomme bin, so dass sie schon nach wenigen Zeilen lebensecht vor meinem inneren Auge wurde.

„Da spekulierte man über Leben auf andern Planeten, während hier, direkt vor uns, ein vollkommen anderes Bewusstsein existierte, das nur darauf wartete, freigesetzt zu werden. Kannten Affen einen Gott? Hatten sie eine Seele? Dachten sie über Tod und Erlösung nach?“

Doch ziemlich schnell hatte ich mit den Protagonist:innen die größten Probleme des Buches. Ich kam über weite Strecken nicht wirklich an sie ran. Gut, ab der Mitte des Buches wurde es wieder etwas besser, aber so lebendig, wie zu Beginn des Buches, kam mir selbst Aimee nicht mehr nahe.

Und die große Frage, WARUM Aimee so fasziniert ist, warum sie sich so für den Affen ins Zeug legt, bleibt eine große Leerstelle, die sehr unfreiwillig erscheint. Denn die Antworten des Buchs bleiben mir zu sehr an der Oberfläche: Mutterschaft, Liebe, Verantwortung, leider füllt Boyle diese Begriffe nicht so mit Leben, wie ich es von ihm erwartet habe. Damit zeichnet er auch ein recht binäres Genderbild zwischen sorgender Mutter-Rolle und der eines Vaters, der sich dann doch lieber rausnimmt, wenn es zu schwierig wird. (Einmal kommt das I-Wort vor, aber das könnte auch der Übersetzung geschuldet sein.)

Grenzen der Forschung, ethische Fragen, Tierrechte und Umweltschutz, all das habe ich gesehen, und dass es Boyle wichtig ist, aber auch hier blieb mir das Buch zu sehr an der Oberfläche.

Aber was ich richtig schade fand: An Sam, den Affen und eigentlichen Hauptprotagonisten, komme ich durch die marinierten Subjektiven nun auch nicht wirklich ran. (Obwohl das zugegebenermaßen im Verlauf des Buches besser wird.) Das verfehlt dann aber irgendwie das Thema des ganzen Buches. Ganz anders als in Boyles Kurzgeschichte „Hell Lodernd“ (erschienen in „Sind wir nicht Menschen“), bei der ich glaubte, die Tigerin Tara irgendwie wirklich verstehen zu können. Logisch, das ist Hybris, aber dort schaffte Boyle eben auf einem ganz schmalen Grat ein wenig jene Fragen zu beantworten, die er an der Stelle, die ich zitiert habe, selbst stellt.

Meinen ersten Roman von T.C. Boyle habe ich als Teenagerin gelesen. Und seine Bücher haben mich lange beim Erwachsenwerden begleitet, durchaus prägend, auch, wenn Boyle fast so alt ist wie meine Eltern. Ich mag seine Themen, seine überbordende Sprache, seine scharfen Analysen, seinen Witz, das Ausloten seiner Figuren in Schachtelsätzen, die dann in meinem Kopf einen erhellenden Punkt finden.

Aber irgendwann hatte ich das vielleicht ein bisschen über, die Bücher waren nicht mehr ganz so grandios. Ich habe dann vor einigen Jahren „Die Terranauten“ gelesen, nicht schlecht, aber eben auch nicht überragend. Im Vergleich nun mit „Sprich mit mir“ finde ich es aber spannender, geschlossener auch (was sehr zur geschlossenen Biosphären-Projekt passt) und bin vor allem mehr an die Protagonist:innen rangekommen. Dann habe ich kürzlich den ganz aktuellen Kurzgeschichten-Band „Sind wir nicht Menschen“ gehört, grandios gelesen von Florian Lukas. Und dabei war ich wieder so elektrisiert wie früher. Von „meinem“ Boyle.

„Sprich mit mir“ hat viele spannende Themen, aber letztendlich bleibe ich bei meinem „Hm“. 3 von 5 Sternen.

Bewertung vom 02.03.2021
Taube, Anna

Das Nest in meinen Zweigen


ausgezeichnet

Mit diesem Buch können die Kleinsten den Lauf der Natur erfahren und gemeinsam wachsen. Auch mein 9jähriger Sohn war noch total begeistert.

Absolut zauberhaft

Wenn wir bei bei diesem absolut zauberhaften Pappbuch einen Baum durch die Jahreszeiten begleiten, dann sehen wir so viel mehr als nur ihre vier Entsprechungen Frühling, Sommer, Herbst und Winter, sondern auch die Zwischenstufen, die in ihren Nuancen die Natur lebendig werden lassen. Hier fliegen nicht schlicht „Vögel“ durch das Buch, sondern eine Vielfalt mit Rotschwänzchen, Eichelhäher, Stieglitz, Dompfaffen und vielen mehr. Und die Kinder bekommen diese lehrreiche Vielfalt ganz nebenbei mit. Manchmal fordert das Buch die jungen Mitlesenden auf, bestimmte Tiere oder Pflanzen zu suchen – alles im Fluss dieser wunderschönen Geschichte.

Bei den tollen Bildern von Illustratorin Carmen Saldaña sind die Tiere und Pflanzen in aller Prägnanz erkennbar. Und dazu gibt es in ihnen noch einiges über den Text hinaus zu entdecken. Gleichzeitig haben uns ihre Bilder richtig verzaubert.

Genauso zauberhaft sind die Texte von Anna Taube, voller Poesie und doch so einfach gehalten, dass auch die jüngsten Leser:innen ab 24 Monate ihre Freude an dem Buch haben werden. Und ältere Kinder und Erwachsene werden die wundervolle Sprache doppelt genießen können. Ich bin daher fest überzeugt, dass dieses Buch mehr als nachhaltig ist, weil es sich über viele Jahre hinweg lesen lassen wird.

Das ist toll!, war dann auch die Meinung meines 9jährigen Sohnes. Und wir haben dann gleich noch „Ich sehe was, das du nicht siehst“ damit gespielt. Genug zu entdecken gibt es ja.

Ich denke, ich werde „Das Nest in meinen Zweigen“ ab jetzt häufiger zu Geburt oder in der Kleinkindphase verschenken.
Denn hier gelingt, was bei Kinderbüchern je seltener gelingt, desto jünger die Leseschaft sein soll: Hier greifen Geschichte, Sprache, Illustrationen und Lehrreiches ganz zauberhaft ineinander.

Für dieses zauberhafte Pappbilderbuch vergeben mein Sohn und ich begeisterte 5 von 5 Sternen.

Bewertung vom 20.02.2021
Bertram, Rüdiger

Mega dumm gelaufen


ausgezeichnet

Das musst Du auch mal lesen!, findet mein Sohn

Mein 9jähriger Sohn findet:
Das musst Du auch mal lesen! Ich finde das Buch „mega“ lustig. Besonders lustig fand ich die vielen Ideen, wie die beiden Jungs versucht haben an Geld zu kommen. Ich fand auch spannend, ob sie das schaffen und damit den Pokal zurückbekommen. Die Szene in der Bibliothek und der Hund, der gerne Dackel frisst, und die Gewichtheberin waren weitere Highlights. Die Bilder sind auch so witzig. Es gab nix, was mir nicht gefallen hat.
Ich finde lustig, dass die so oft sagen: „Mega dumm gelaufen.“ Und als sie bei der Gewichtheberin sind. Ich konnte mich auch gut in beide Figuren reinversetzten. Auch, warum man sich vielleicht was ausdenkt, damit die anderen einen nicht mehr belästigen.
Am Ende ist übrigens doch nicht alles mega dumm gelaufen, denn am Ende ist alles mega super.

Meine Erwachsenen-Meinung:
Rüdiger Bertram ist ein Meister der etwas überzogenen Situationen und Charaktere, die er mit liebevollem Blick beleuchtet und ernste Themen immer mitbedenkt. Hier geht es auch darum, auf welche Ideen Kinder kommen können, wenn sie geärgert werden, darum, wie Gerüchte entstehen, und dass es schön ist anderen zu helfen.
Mein 9jähriger Sohn und ich finden Betrams Bücher klasse und auch mit seinem allerersten Comic konnten wir wieder sehr viel kichern, lachen und uns freuen.
Jetzt sind wir beide absolute Vielleser:innen. Mein Sohn hatte den Comic wie ich in knapp 20 Minuten gelesen. Daher eignet sich das Buch besonders auch für Kinder, die (noch) nicht so viel lesen, damit sie Freude daran finden und stolz sein können, ein ganzes Buch „geschafft“ zu haben. Aber wir als Viellesende hatten genauso viel Spaß und das Buch soll hier im Bücherschrank zum Wiederlesen verbleiben.
Die beiden Hauptfiguren sind Jungs und vielleicht ist hier auch eher das Zielpublikum, mit der Gewichtheberin gibt es allerdings eine im Wortsinne starke, ungewöhnliche Frauenfigur.

Fazit:
Ein kurzweiliges, witziges Lesevergnügen in Comic-Form, das wir gerne weiterempfehlen. 5 von 5 Sternen.

Bewertung vom 20.02.2021
Weber, Anne

Annette, ein Heldinnenepos


ausgezeichnet

Annette hatte Prinzipien, deren Imperative wurden ihr zum Antrieb und es stellt sich die Frage: Wann und wie leisten wir Widerstand?

Es ging ihr ums Prinzip. Oder auch Prinzipien.

Ein intensives Buch, das meiner Meinung den Deutschen Buchpreis 2021 würdig gewonnen hat. Neben der sensiblen Auseinandersetzung mit einem realen Person sticht besonders die Form hervor, die Anne Weber wählt: Ein Heldinnenepos ist nämlich nicht nur im übertragenen Sinne, sondern auch im formalen Sinne richtig. Wobei sie durchaus das Held:innen-Bild bricht. Oft ist es neben den Prinzipien nämlich der Zufall, der Annette an die entscheidenden Wendepunkte bringt.

Aber genau darum habe ich das Buch ja auch so gerne gehört: Annette ist so oft heldenhaft, riskiert ihr Leben, aber mit Marvel-Superheld:innen hat sie dennoch wenig zu tun. Weber schildert Annette als Mensch aus Fleisch und Blut. Viele ihrer Taten können wir bewundern, manchmal wundern wir uns vielleicht, aber ich fand sie immer nachvollziehbar. Und auch, wenn wir Vorbilder brauchen, es ist gut, dass wir heute, anders als bei früheren Epen so oft geschehen mit harten Männern häufig, niemand auf einen Sockel gestellt bekommen. Weber macht den Fehler nun eben NICHT bei einer Frau, sondern fühlt sich ein und macht ihre Heldin nahbar.

Gerade als Hörbuch hat die epische Form bei mir hervorragend funktioniert. Das ist insbesondere auch Sprecherin Christina Puciata zu verdanken. Den feinen Humor, die Selbstironie und -erkenntnis, die sich auf Protagonistin wie Autorin und Erzählhaltung, die das Buch ausmachen, verstärkt die Sprecherin auf den Punkt. Es ist zwar das erste, aber sicherlich nicht das letzte Buch, dass ich von Piciata hören werde.

Schon auf Anfang wird der Bogen zum Ende gespannt, auch auf der Metaphernebene. Eine kundige Finesse, von denen Weber so einige in Petto hat, die dieses Buch gleichzeitig zu einem intellektuellen Genuss machen.

„Geboren wird Annette in einer Sackgasse. Und das nicht bloß im übertragnen Sinne, wie wir alle.“

Annette suchte immer wieder Wege aus diesen Sackgassen hinaus. Nicht so sehr für sich, sondern für andere. Und so wurde sie zunächst schon in ganz jungen Jahren eine Kämpferin in der Resistance für die Kommunist:innen. Und später setzte sie sich für eine freies Algerien ein. Während die meisten wohl den Kampf gegen Nazis als legitim werten werden, könnte es bei Bomben gegen Kolonisatoren vielleicht schon eng werden. Auch, wenn sie die nicht legt, sondern nur als Fahrerin tätig wird und später als Ärztin und in der ersten algerischen Regierung. Die Frage, was wir als gerechtfertigt sehen, schwingt immer mit. Und Weber stellt gekonnt diese Frage immer wieder und macht Bezüge auf, wie Unterdrückung auf vielfältige Weise wirkt.

Durch die Form bekommt die Geschichte etwas märchenhaftes. Das hilft es auch, die harten Fakten zu ertragen, die immer nur am Rande skizziert werden.

Eine Content Note in Bezug auf Shoah, Folter und Morde ist dennoch angebracht, auch, wenn hier nichts drastisch geschildert wird. Aber in der Skizzierung durchaus sehr emotional. Es ist eher der Fakt, DASS es passiert, denn wie genau es passiert ist. Zudem wird in einer historischen Einordnung das Z-Wort und in einem Zitat das N-Wort benannt.

Letzteres Zitat ist recht heftig. Aber hier werden wie häufig im Buch die Bezüge zwischen verschiedenen Diskriminierungen und Rassismen aufgemacht. Ich bin wirklich froh, dass es Menschen wie Annette immer wieder gab und gibt.

„Es ging ihr ums Prinzip. Oder auch Prinzipien.“

Die Fragen, wann etwas zu tun geboten ist, wird bei mir noch eine Zeitlang nachwirken.

Bewertung vom 20.02.2021
Helfer, Monika

Vati


sehr gut

Mit emotionalen Erinnerung an den eigenen Vater macht Helfer eine vergangene Zeit sehr unmittelbar erfahrbar. Sehr gerne gelesen.

Eine vergangene schwere Zeit und ein vergangenes Paradies

Durch viele positive Stimmen zu „Die Baggage“, Helfers Roman vor diesem hier, wollte ich endlich mal ein Buch der österreichischen Autorin lesen. Und mir hat „Vati“ nun auch sehr gut gefallen.

Besonders sticht die wunderschöne Sprache hervor.

„…nichts besaß er. Wirklich nichts. Das ich ich mir nur schwer vorstellen:dass einer gar nichts hat, wirklich nichts. Ich höre die Leute sagen: Wir standen vor dem Nichts – und dann stellt sich heraus, die Schuhe gehörten ihnen und die Socken und der Regenschirm und die Kappe auf dem Kopf auch. Im Falle meines Vaters, damals zukünftigen Vaters, hieß nichts: Nichts. Nicht einmal der Dreck unter den Fingernägeln gehörte einem, denn den hat man aus fremden Fenstern gekratzt.“

Neben der sprachlichen Finesse ist das Buch eine sehr private Erinnerung an Helfers eigenen Vater. Hommage wäre aber eines zu viel, denn Helfer gelingt das Kunststück, dass sie ihn nicht verklärt, sondern ihn zwar liebevoll, aber eben auch mit seinen Schwächen zeigt. Obwohl es rein formal gesehen von seiner Bildung nicht zutraf, war er ein Intellektueller, ein Buchliebhaber, einer, der wie ein Städter wirkte, trotz seiner armen Herkunft. Genau darüber wird er stolpern und auch seine Familie, denn dadurch wird die Vertreibung aus dem familiären Paradies beginnen, einem „Kriegsopfererholungsheim“, dem er als Leitung vorstand.

Nach dem Tod der Mutter wird der Vater beinahe lebensunfähig, auf alle Fälle aber unfähig, sich um seine vier Kinder zu kümmern. Seltener sind die Passagen der Reflexion, meist erinnert sich die Autorin sehr unmittelbar an ihre Familie. Manchmal ist ihr Blick kindlich und dann besonders schmerzlich. Dieses Leben ging nicht ohne Schmerzen und Verluste einher.

Ich konnte mich sehr einfühlen, vieles erinnerte mich auch an Erzählungen aus meinem Familienkreis, denn Helfer ist (beinahe) die Generation meiner Eltern (Jahrgang 1942 und 1944).
Vieles davon scheint so weit entfernt, wie aus einer anderen Welt. Und bei Helfers Biografie sind dann die Veränderung dieser Welt spürbar.

Helfer ist Jahrgang 1947, die erste Nachkriegsgeneration. Sie bleibt allerdings sehr in ihren Familienerinnerungen, die großen Zusammenhänge kommen nur wenige Male vor. Das ist emotional zu lesen und auch sonst legitim. Für die 5 Sterne fehlte mir allerdings der weitere Blick, das Universelle, dass darüber hinausgeht, dass wir alle Menschen sind. Das fängt damit an, dass das I-Wort verwendet wird. Und zeigt sich für mich nicht zuletzt an der Erklärung des Titels selbst, mit der das Buch auch beginnt:

„Wir sagten Vati. Er wollte es so. Er meinte, es klinge modern.“

Da ist „Vati“ wohl einem Trugschluss aufgesessen mit der Modernität. Die Nationalsozialisten haben dieses Wort dem französisch anmutendem Papa oder Papi immer vorgezogen. Ein Gedanke dazu fehlt allerdings im Buch und ich glaube nicht, dass der Fakt so allgemein bekannt ist. Viele Themen schwingen mit, schon allein der Ort des „Kriegsopfererholungsheimes“, die Resonanzen musste ich dazu allerdings selbst suchen.

Fazit
Mit emotionalen Erinnerung an den eigenen Vater und die eigene Familie, macht Helfer eine vergangene Zeit, die noch nicht so lange vergangen ist, sehr unmittelbar erfahrbar. Ich habe ihren Roman sehr gerne gelesen und vergebe 4 von 5 Sternen.

Bewertung vom 04.02.2021
Barns, Anne;Below, Christin-Marie

Hilfe, mein Kater kann sprechen! / Mirella Manusch Bd.1


gut

Hübsche Grundidee, tolle Illustrationen, aber die Durchführung konnte uns leider nicht abholen.

Abprallen an den Figuren

Die meisten fiktionalen Geschichten lesen mein Sohn und ich dann doch auch beim Vorlesen recht zügig. Auch bei diesem Buch sind wir zunächst flott gestartet, aber je länger wir gelesen haben, umso mehr ging uns der „Drive“ dabei verloren. War mein Sohn zunächst vom Buch noch ganz gepackt, hat er es nie zum Vorlesen herausgezogen, sondern stattdessen andere Bücher vorlesen lassen oder selbst gelesen. Das ist – wie immer – unsere ganz subjektive Meinung. Es gibt auch sehr positive Stimmen zum Buch. Uns konnte es nicht wirklich abholen und wir sind ganz froh, dass wir nun einen Haken dranmachen können.

Nachdem wir nun über zwei Jahre gemeinsam Rezensionen schreiben und selbstverständlich noch viel länger gemeinsam lesen, fand ich es total spannend, auf was mein Sohn mittlerweile alles achtet. Ich hatte noch ein paar Punkte (so fand ich einige Schilderungen nicht sehr stillfreundlich), überlasse das Wort aber meinem Sohn.

Mein 9jähriger Sohn findet:
Das einzige, was ich toll fand, waren die Illustrationen und die Grundidee.
Ansonsten fand ich das Buch nicht so toll, deswegen vergebe ich 2,5 Sterne. Es wurde alles zig Mal wiederholt, wie das mit den Zähnen ist und dem Vampirdasein, manches wurde auch zu detailliert erzählt, was mit der Zeit lahm wurde.
An die Figuren kam ich nicht wirklich ran. Das wäre wie bei Apollo 13, da haben die in der Kapsel Gewichte gebraucht, um nicht an der Atmosphäre beim Wiedereintritt abzuprallen. Beim Buch war es, als hätten sie das Gewicht nicht auf die Figuren verlagert, so prallen wir dann beim Lesen von den Figuren ab. Mirella war okay. Nur der Kater Lancelot war toll.
Was mich auch gestört hat, dass mehrmals gesagt wurde, dass Jungs nichts verstehen oder doof wären. Jungs können genauso gut nerven wie Mädchen. Aber manche Geschichten manche machen so große Unterschiede auf. Das nennt man „Gender“. Manolo, das andere Vampirkind, hätte man auch besser gestalten können, der war aber wirklich oft nervig. Eigentlich ist er eine Nebenfigur, aber dann hat zwei Mal Mirella beschützt. Das ist dann so Prinz rettet Prinzessin, und das ist ja auch lahm.

Fazit:
Hübsche Grundidee, tolle Illustrationen, aber die Durchführung konnte uns leider nicht abholen: Zu redundant, zu wenig Konflikt, zu dröge letztendlich. 2,5 von 5 Sternen.

Bewertung vom 01.02.2021
Ohde, Deniz

Streulicht


ausgezeichnet

Wunderschöne Sprache, intensive Erinnerungen. Eindrucksvoll wie Ohde Standesdünkel, Klassismus und Rassismus vorführt.

Staubgeboren

In diesem Buch passiert scheinbar nicht viel. Und doch so viel, denn hier werden die Weichen gelegt, wie ein junger Mensch später die Welt wahrnimmt und – leider noch viel wesentlicher in unserer Welt – wie dieser von der Welt wahrgenommen wird. Diese Weichen liegen im Streulicht, vieles kann so gehen oder so. Aber es gibt ein Muster und Wahrscheinlichkeiten, nach denen die Freundin Sophie wohl einen anderen Lebensweg haben wird als das Mädchen mit dem geheimen türkischen Namen, obwohl sie den nur selten nennt. Eindrucksvoll ist an diesem Buch wie Ohde Standesdünkel, Klassismus und Rassismus vorführt.

„Es war keine Identität, die sich herausbildete, sondern eher wurde sie mir entzogen, verschwand im Keller der Schule, zwischen den bis in die Sechziger zurückreichenden Akten, weil ich die Einzige aus meinem Jahrgang war, die nicht auf eine höhere Schule wechselte und deren Akte deshalb nirgendwo hingeschickt werden musste. Sie lag oben auf einem staubigen Schrank, nachts kalt beleuchtet von den Laternen des Schulhofs.“

Kürzlich habe ich mal einen treffenden Gedanken gelesen: Wie langweilig es doch ist, immer und wieder davon zu lesen, wie sich mittelalte Männer in Büchern wehmütig an ihre eigene Jugend erinnern und sie verklären. Wie völlig entgegengesetzt das ist, wenn sich die Ohdes Protagonistin an ihre Jugend erinnert. Hier ist nichts verklärend. Wehmütig wurde mir dennoch ums Herz, weil Ohde uns ganz nah an ihre Protagonistin heranlässt.

„Ich war nicht schaumgeboren, sondern staubgeboren; rußgeboren, geboren aus dem Kochsalz in der Luft, das sich auf die Autodächer legte. Geboren aus dem sauren Gestank der Müllverbrennungsanlage, aus den Flusswiesen und den Bäumen zwischen den Strommasten, aus dem dunklen Wasser, das an die Wackersteine schlug, einem Film aus Stickstoff und Nitrat, nicht Gischt.“

Dies alles fasst Ohde in eine sehr poetische Sprache. Weil es ihre Protagonistin ist, deren Stimme wir hören, wird umso deutlicher, um wie viel Potential so viele Menschen in diesem Land durch die Strukturen gebracht werden.

CN / Content Note: Alkoholismus, Messie-Syndrom, Rassismus, schwierige Kindheit, körperliche Bestrafung der Mutter in deren Kindheit, Rassismus, Krebstod

Rassismus schlägt der Protagonistin erst in zweiter Linie entgegen, weil die türkischen Wurzeln der Mutter durch den deutschen Namen meist übertüncht werden. Doch immer wieder so Sätze der Freundin seit Kindheitstagen. Aber auch so wird oft das Gefühl vermittelt, dass sie nicht wirklich dazu gehört, schon wegen der einfachen Herkunft der Eltern. Der Vater ertränkt seine Verletzungen von früher im Alkohol, hortet Dinge an bis zum Messitum.

„Wenigstens ging er nur auf die Möbel los. Sie schätzte sich glücklich. Man konnte nicht davon ausgehen, dass es in der Welt etwas Besseres gab, man konnte es nicht einfach so einfordern. Das habe ich von ihr gelernt.“

So fein beobachtet wie schmerzhaft fand ich, wenn sich die Protagonistin mit ihren Freund:innen aus Kindheitstage vergleicht, obwohl, vielleicht mache ich das viel mehr beim Lesen selbst. Die Hochzeit der beiden bildet dann auch den Rahmen für die Erzählung. Die letzten 20, 30 Seiten versandeten für mich ein wenig vom Bogen. Das Buch als Ganzes habe ich sehr gerne gelesen.

Fazit
Sprachlich gelungen, intensive Erinnerungen. Deniz Ohde ist damit für mich sehr verdient auf der Short List des Deutschen Buchpreises gelandet. Ich empfehle das Buch sehr gerne allen, die Gefallen an ruhiger, poetischer Literatur finden. 4,5 von 5 Sternen.