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Insgesamt 166 Bewertungen
Bewertung vom 13.01.2021
Carty-Williams, Candice

Queenie


ausgezeichnet

Stark Roman und tolle Heldin. Bitte Content Note beachten für diese intensive Lektüre, die intersektionalen Feminismus lebendig macht.

Am liebsten hätte ich Queenie dauernd in den Arm genommen…

…leider hätte Queenie das aber wohl nicht zugelassen. Nicht mal von ihren engsten Freundinnen und auch nicht von ihrer Familie. Dennoch oder vermutlich genau deswegen ist mir die junge, kluge Schwarze Frau aus London sehr schnell ans Herz gewachsen. Trotz vieler leichter Passagen, vor allem am Anfang, hat sie ein ganz schönes Päckchen zu tragen und über lange Zeit schlittert sie von einer toxischen Begegnung in die nächste.

Ich mag solche Vergleiche eh schon immer nicht, aber wer also nach dem Verlags-Slogan eine Schwarze Bridget Jones erwartet, den möchte ich warnen: Ja, Queenie kann zwar sehr selbstironisch sich und die Welt betrachten, aber hier wird es weitaus ernsthafter als bei Bridget.

CN / Content Note: Rassismus, Depression, sexualisierte & häusliche Gewalt, Verlust einer Schwangerschaft

Es hat mir beim Lesen immer wieder die Kehle zugeschnürt, denn Queenies Erlebnisse sind ernst. Aber da schafft Candice Carty-Williams eine ganz eigene Figur, so dass sie irgendwelche Vergleiche auch gar nicht nötig hat: Sie schafft eine feministische Heldin, die mit all dem kämpft, was Intersektionalität und Mehrfachdiskriminierung ausmacht. Ohne diesen Blick könnte Queenie vielleicht naiv wirken, aber sie ist gefangen in ihren Erfahrungen, so dass sie sich immer wieder in toxische Verhältnisse und selbstdestruktives Verhalten verstrickt.

So oft dachte ich mir: „Queenie, lauf weg, du brauchst diese Typen nicht!“ Und gleichzeitig habe ich sie so verstanden, warum sie so handelt. Ihr Selbstbewusstsein so zerstört, dass sie sich darauf einlässt. Und doch kommt es zu keiner Schuldumkehr, warum sie sich immer dieses Typen aussucht.

„»Ich seufzte tief. »Warum kann ich nicht einfach ein Happy End haben, Kyazike?«
»Machst du Witze, Fam?« Kyazike lachte. »Denkst du, das Leben ist ein Film? Und selbst wenn es einer wäre, Fam, wir sind schwarz. ›Egal, in welcher Schattierung‹«, ahmte sie meine Stimme nach, »wir wären die Ersten, die sterben müssen.«“

All ihre Erlebnisse sind eingebettet in Queenies Rassismus-Erfahrung, denn diese verstärkt, wie mies so von diesen Typen behandelt wird. Und als weiße Frau habe ich wieder einiges über intersektionellen Feminismus nachspüren können.

Absolut toll geschrieben war das Buch schmerzlicher als ich bei der Buch-Promo gedacht habe. Aber umso mehr ist mir diese junge Frau ans Herz gewachsen. Umso mehr war dieses Buch eine wichtige Erfahrung, die hoffentlich Frauen hilft, sich selbst aus solchen Verstrickungen befreien zu können. Dann gab es endlich Lichtblicke und es war eine Freude Queenie dabei zuzusehen, wie sie endlich wachsen konnte.

„»Ich lerne aus meinen Fehlern. Das nennt man Entwicklung.«“

Queenie, ihre Freundinnen-Runde und ihre Familie sind mir so sehr ans Herz gewachsen.

Fazit
Eine intensive, gelungene Leseerfahrung. Diese beinhaltet auch schmerzliche Elemente (bitte Content Note beachten), die das Buch für mich umso stärker gemacht haben. 5 von 5 Sternen.

Bewertung vom 03.01.2021
Nocun, Katharina;Lamberty, Pia

Fake Facts


ausgezeichnet

Kundige Führung durch den Kaninchenbau der Verschwörungsmythen

Flache Erde, außerirdische Echsenwesen als Mächtige der Welt, QAnon – es ist ziemlich leicht sich über Verschwörungsmythen und ihre Anhängenden lustig zu machen. Ich muss gestehen, dass ich diesem „Phänomen“ meist auch nur mit bitterem Humor und Sarkasmus begegnen kann. Damit schieben wir aber die Probleme, die ganz real und ganz gefährlich aus solchen Verschwörungsmythen entstehen, von uns weg. Stattdessen sollten wir uns alle damit auseinandersetzen, darum kann ich dieses hervorragende Buch nur empfehlen. Erst recht, da durch Corona-Leugnung Verschwörungserzählungen befeuert wurden und werden.

Katharina Nocun und Pia Lamberty schaffen dabei das Kunststück, dass sich „Fake Facts“ trotz dieses ernsten, bitteren Themas sehr angenehm und flüssig liest. Obwohl ich mich zunächst vor dem Buch gedrückt habe – ich hatte befürchtet, dass es meine Laune wegen des Themas sehr drücken wird – habe ich es recht flott gelesen.

Schon nach wenigen Seiten hatte mich das Buch am Haken, am Haken mit einem stimmigen Einstieg, der Beispiele bringt und Problemfelder aufmacht. Dann:

„Lassen Sie uns zunächst noch einmal einen Schritt zurückgehen und bei der zentralen Frage beginnen: Was genau ist eine Verschwörungserzählung?“

Nocun und Lamberty erklären und geben dem Lesenden einen Fahrplan durch die verschiedenen Bereiche der Verschwörungsmythen und -erzählungen und behandeln dabei Antisemitismus, Leugnung der Klimakrise, Angreifen der Medien, gegen Freimauern und Illuminaten, scheinbar witzige Aspekte wie flache Erde oder Echsenmenschen, rechtsextreme und faschistische, welche aus dem linken Spektrum… Viele dieser Verschwörungsmythen weisen Querverweise und unheilige Allianzen auf. Nocun und Lamberty verknüpfen sie bei ihrer Darstellung sehr gekonnt, ohne dass Redundanzen entstehen.

Die beiden Autorinnen räumen zudem mit dem Mythos auf, dass Verschwörungsmythen erst durch die digitalen Medien entstanden wären:

„Viele Fakes und Verschwörungserzählungen erreichen erst durch das Internet ein Millionenpublikum. Die Schuld für die Verbreitung allein den neuen Medien zuzuschieben wäre jedoch zu kurz gegriffen. Bereits im Jahr 1835 bescherte eine sechsteilige Serie über angebliche Entdeckungen von Leben auf dem Mond der New York The Sun eine Rekordauflage.12 Die ersten in großem Stil verbreiteten Spekulationen über eine Verschwörung rund um die Ermordung von John F. Kennedy wurden in namhaften europäischen Zeitungen abgedruckt. Trotzdem hat sich insbesondere durch das Aufkommen der großen Internetplattformen wie Google, YouTube und Facebook in den letzten Jahren einiges verändert.“

Im Buch werden auch psychologische Hintergründe behandelt, die erklären, warum Menschen ihr Heil in Verschwörungserzählungen suchen. Egal, wie absurd das zunächst erscheinen muss:

„Beim Glauben an Verschwörungserzählungen handele es sich um ein kohärentes Weltbild – die Verschwörungsmentalität. Konkret heißt das: Wer an eine Verschwörungserzählung glaubt, stimmt auch meistens weiteren Erklärungen dieser Art zu. (…) Diese Annahme trifft sogar auf Verschwörungserzählungen zu, die sich gegenseitig logisch ausschließen. Ein Forschungsteam aus Großbritannien konnte 2012 zeigen: Wer glaubt, Prinzessin Diana sei vom britischen Geheimdienst umgebracht worden, geht paradoxerweise auch eher davon aus, dass sie noch lebt.“

Am Ende gibt es noch ein Kapitel, bei denen die Lesenden bei ihren Gesprächen mit Menschen umgehen können, die Verschwörungserzählungen aufgesessen sind. Einfach ist das nicht, aber es ist Teil einer wichtigen Zivilcourage.

Fazit:
Ausgezeichnet aufbereitet informieren die beiden Autorinnen über ein wichtiges Thema. Wir alle müssen uns mit „Verschwörungsmythen“ und ihren Anhänger:innen beschäftigen, weil hier Gefahren für unsere Demokratie und Gesellschaft lauern. Bitte unbedingt lesen! 5 von 5 Sternen.

Bewertung vom 02.01.2021
Roeder, Annette

Das schwarze Schaf


ausgezeichnet

Lustig und spannend von der ersten bis zur letzten Seite. Dazu wundervoll geschrieben und tolle Bilder. Ein Jahreshighlight 2020.

Tolle freundschaftliche Krimi-Tier-Geschichte

Hier haben wir wieder als 3-Generationen gelesen (wir lesen der Oma zur Corona-Unterhaltung vor) und waren total begeistert zum Jahresabschluss noch ein echtes Highlight gefunden zu haben.

Heute stelle ich meine Eltern-Meinung ausnahmsweise mal ganz kurz vorneweg:
Bei diesem Buch passt einfach alles. Sprachlich findet Annette Roeder eine wundervolle Form für dieses Kinderbuch. Das ist wirkliche Kinderliteratur. Und dann sind die Protagonisten einfach so wundervoll und es ist herzerwärmend, wie sich die Freundschaft zwischen Schaf Texel und Maulwurf Winnewurp entwickelt. Auch auf der tieferen Bedeutungsebene gibt es einiges zu entdecken. Dazu die tollen Ideen im Kleinen und die humorvollen Illustrationen von Stefanie Jenschke, die die Handlung pointiert zeigen. Ein echtes Highlight!

Unsere Oma sagt:
Das war lustig und spannend von der ersten bis zur letzten Seite. Ich wusste erst zum Schluss hin, wer die Tat begannen hat. Da sind wir richtig auf falsche Fährten geführt worden. Es gibt so viele unterschiedliche Protagonist:innen, die alle so lustig sind und die mir schnell ans Herz gewachsen sind. Vorneweg das schwarze Schaf, das nicht schwarz ist, sondern weiß, was an sich schon zu einer ersten Irritation und dann zum Nachdenken führt. Und der Maulwurf, der fast blinde, der alle rettet am Schluss.

Mein fast 9jähriger Sohn findet:
Mir hat „Das schwarze Schaf“ gefallen, weil ich ganz nah an die Figuren, vor allem Texel (das Schaf) und Winnewurp (Maulwurf) rankam. Manche Vermutungen haben sich bei dem Buch auch als falsch herausgestellt, was mir sehr gefallen hat. Weil jede:r Detektiv:in macht Deduktion, wie die das hier nennen, und die kriegen das auch mal nicht hin, dass man beim ersten Anlauf gleich die Richtigen findet. Es war an vielen Stellen richtig, richtig, richtig, richtig, richtig spannend. Und an manchen Stellen so spannend, dass wir am Kapitelende einfach weiterlesen musste. Und am Ende wurde es nochmal richtig spannend.

Oma: Ja, ja.

Kind: … weil wir hätten das von der Spannung her nicht ausgehalten. Und es hat mir einfach gut gefallen. Die Bilder waren auch gut.

Oma: …die waren lustig!

Kind: Was mir auch gut gefallen hat, dass das Schwitzerdeutsch von Widder Waliser hinten auch nochmal übersetzt wird. Falls man das nicht verstanden hat.

Mama: Was war das denn für Euch? Ein Krimi, eine Tiergeschichte? Oder eine Freundschaftsgeschichte?

Oma: Ein freundschaftliche Krimi-Tier-Geschichte.

Kind: Ich finde alles irgendwie!

Fazit:
Wundervolles Kinderbuch. Wann gibt es eine Fortsetzung? 5 von 5 Sterne von allen 3 Generationen für diese freundschaftliche Krimi-Tier-Geschichte.

Bewertung vom 25.12.2020
Cavallo, Francesca

Das Wunder von R.


sehr gut

Eine spannende Weihnachtsgeschichte, die eine Stadt aus ihrem Misstrauen erweckt. Der Diversity-Aspekt ist schön gelungen.

In R. ist schon seit Jahren nichts Schlimmes mehr passiert – weil nämlich gar nichts mehr passiert, seit die Menschen sich komplett voneinander fern halten. Das ist ja keine weihnachtliche Atmosphäre, in die Familie Greco-Aiden mit ihren drei Kindern Manuel, Camilla und Shonda ankommen. Zum Glück kommt ein Brief vom Weihnachtsmann an.

Mein fast 9jähriger Sohn und ich sind der Geschichte voll Spannung gefolgt. Francesca Cavallo hat „Das Wunder von R.“ mit viele schönen Einfällen angereichert.

Das Setting hat mir sehr gut gefallen. Diese Welt, in der die Erwachsenen keinen Kontakt mehr miteinander pflegen, hat etwas dystopisches. Umso schöner, dass das aufgebrochen wird, und dort liegt dann auch die revolutionäre Komponente, die auf dem Titel angekündigt wird. Das Buch ist auf italienisch bereits letztes Jahr erschienen. Jetzt in Corona-Zeiten finde ich es gerade zu Weihnachten geboten, Abstand zu halten. Das macht die Interpretation komplexer, denn so hat die Autorin das ja nicht gemeint. Nun gut, die Menschen in R. telefonieren ja noch nicht einmal.

Toll ist beim Buch der Diversity-Aspekt. In den Bildern Menschen mit unterschiedlichen Hautfarben, dazu gendergerechte Sprache, zwei Mamas, zwei Papas, Alleinerziehende, das wird den Kindern ganz nebenbei als Realität vorgeführt. Ein großes Lob an den Mentor Verlag, das sie das in ihrem Verlagsprogramm so toll umsetzen.

Und auch die Intoleranz gegen gleichgeschlechtliche Paare wird im Buch nicht unterschlagen, denn die Mamas mit ihren Kindern sind vor einer Gesetzesänderungen aus einem anderen Land geflogen, aber nicht problematisiert, so dass hier eine neue Norm gesetzt wird. In Bezug auf die Verhältnisse in R. Stellt sich mir die Fragen, ob das dann einfach Ignoranz ist, die nebenbei zu Toleranz geführt hat, oder wirkliche Akzeptanz. Als wäre es nicht ganz zu Ende gedacht…

Das ist auch bei den Protagonist:innen so, an die ich nicht wirklich rankam. Die Autorin spricht hauptsächlich über ihre Figuren, statt sich in sie einzufühlen. Dabei kommt auch die Magie etwas zu kurz, die ich von Weihnachtsgeschichten erwarten. Da wäre also Luft nach oben gewesen, denn der Plot trägt durchaus, auch, wenn mir alles zu sehr passgenau dort hingeschrieben wurde. Hindernisse werden da nicht aufgebaut.

Mein knapp 9jähriger Sohn war so auch von der Spannung gerade zum Schluss hin richtig gefesselt. Er hat für 4,5 Sterne votiert.

Fazit
Spannende Weihnachtsgeschichte mit dystopischen Zügen, die auch für Kinder gut geeignet ist. Der Diversity-Aspekt ist schön gelungen, Abstriche mache ich wegen der Distanz zu den Protagonist:innen und weil mir die Gesamtaussage etwas zu simpel bleibt. 3,5 von 5 Sternen, die wir aufrunden.

Bewertung vom 25.12.2020
Gaige, Amity

Unter uns das Meer


gut

Ich hätte gerne mehr von den existentiellen Sorgen auf dem Meer und in dieser Beziehung gelesen. Leider hat die Autorin zu viel reingepackt.

Bei diesem Buch habe ich erst die Leseprobe gelesen und ich war richtig angefixt: Ich mochte total, wie unterschwellig Spannung aufgebaut wird. Dazu die Progagonist:innen und das Setting mit der großen Segeltour. Das ist etwas, das ich total reizvoll finden – auch, wenn ich das selbst nie machen würden. Und dann immer wieder so wundervolle Sätze.

Beim Weiterlesen mochte ich auch die Fragen, die Buch und Protagonist:innen stellen. Amity Gaige zeigt eine Ehe in der Krise und der Segeltrip ist auch ein Versuch diese Krise zu kitten. Wenn ich dann also in den Kopf von Juliet als Ich-Erzählerin und den Tagebucheinträgen ihres Mannes Michels schlüpfen kann, dann hatte ich einige Aha-Momente. Schön geschriebene philosophische Gedanken, die die Verlorenheit der beiden Enddreißiger zeigen.

„Es ist so ermüdend, das Gewicht von nie gesagten Worten mit sich herumzutragen.“

Und auch die ersten Ansätze von politischen Diskursen, die bei der Beziehung der beiden eine Rolle spielt, habe ich noch interessant gefunden. Aber dann wollte die Autorin immer mehr und mehr ins Buch hineinpacken. Und dadurch wurde es für mich überladen und auch etwas dröge.

CN / Content Note: Depression, Tod, sexueller Übergriff auf ein Kind

Juliets Trauma in der Kindheit, was sie als 10jährige erleben musste, war mir dann definitiv eines zu viel. Es fungiert später teilweise auch als „Plot Device“ und Motivation für ihren Ehemann. Die ganze Geschichte hätte auch gut ohne auskommen können. Nicht falsch verstehen: Ich finde es sehr wichtig, dass solche Themen immer wieder behandelt werden, aber hier hatte es mit der eigentlichen Geschichte nichts zu tun. Und als ein Thema von vielen, die jetzt auch mal noch mit abgehandelt werden, ist es dann zu wichtig. Und auch die Darstellung von Juliets Depression fand ich zu offensichtlich.

Dabei hätte es ja gelingen können, das Schwanken zwischen Psychogramm, Ehedrama mit Anleihen zum Psychothriller, aber irgendwie war es dann doch von allem zu viel.

Völlig den Faden verloren hat die Autorin für mich dann beim Schluss, bei dem sie andere Textarten wie einen Appendix recht lieblos ans Ende geklatscht hat.

„Es gibt eine Art von Schwindelgefühl, die es dem Seefahrer nahezu unmöglich macht, an Land zu leben. Das Innenohr gewöhnt sich derart an die ständige Bewegung, dass Bewegungslosigkeit unerträglich macht.“

Fazit
Toller Einstieg, der für mich aber aufs ganze Buch gesehen seine Versprechen nicht erfüllt hat. Es war jetzt keine verlorene Zeit, aber das Buch hat seine Schwächen. Ich hätte gerne mehr davon gelesen: Von den existentiellen Sorgen auf dem Meer und in einer Beziehung. 3 von 5 Sternen.

Bewertung vom 25.12.2020
Harper, Helen

Wilde Hexen / Hex Files Bd.2 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Meine Lieblingshexe ermittelt wieder

Mit „Hex Files“ habe ich im Sommer meinen Prototyp einer amüsanten, leichten Unterhaltung gefunden. Anders als sonst, empfand ich die nie oberflächlich und banal, sondern hier passte alles.

Umso mehr habe ich mich nun auf den 2. Band „Wilde Hexen“ gefreut. Ich hatte die letzten Wochen eine Leseflaute und eigentlich noch einige andere Bücher angefangen. Dann bekam ich den Tipp, dass mir dieses Buch aus der Flaute heraushelfen könnte. Und es hat tatsächlich geklappt. Wo andere Bücher trotz ihrer Qualität sehr schwer wirkten, hat mich dieses hier wirklich wieder durch die Seiten fliegen lassen.

„»Aber was uns gestern Nacht angegriffen hat, war ein Zombie!« Er seufzte. »Das habe ich Ihnen doch schon erklärt: Es war kein Zombie, sondern eine belebte Anomalie.« »Natürlich war das ein Zombie! Es war eine Leiche, die sich aus dem Grab gewühlt und uns angegriffen hat!«“

Ich-Erzählerin Ivy soll dieses Mal bei einer Casting-Show für Hexen ermitteln, die keine Mitglieder das Ordens sind. Ihr Verhältnis zu Raphael ist noch ziemlich in der Schwebe, so gibt es sowohl beim Fall wie bei der Love-Story einiges zu entdecken. Für mich hätte es noch etwas mehr Schlagabtausch zwischen Ivy und Raphi sein können, einmal kommt das I-Wort vor und die Welt der Ordenshexen war im 1. Band noch etwas gelungener.

Ich habe wieder sehr viel gelacht mit der „faulen Hexe des Westens“ und mir gefällt generell sehr gut, wie liebevoll sie trotz aller Schnoddrigkeit über ihre Mitmenschen denkt. Das alles macht auch diesen Band wieder zu einem sehr großen Lesevergnügen.

Fazit
Ich habe mich wieder sehr gut amüsiert. 4,5 von 5 Sternen, weil mir der 1. Band noch etwas besser gefallen hat. Ich freue mich schon mächtig auf den 3. Band.

Bewertung vom 25.12.2020
Goscinny, René;Uderzo, Albert

Asterix - Der Goldene Hinkelstein


sehr gut

Eine Überraschung VON Goscinny & Uderzo.

Kein klassischer Comic, dafür Originaltreue und Begeisterung beim 8jährigen.

Achtung: Kein üblicher Comic, sondern die Geschichte wird in Dialogform mit großformatigen Bildern erzählt. Dafür stammt „Der goldene Hinkelstein“ original aus den Federn von René Goscinny und Albert Uderzo.

Als ich die Beschreibung gelesen hatte, dachte ich zunächst, hier kommt eine Seitenhieb auf die Castingshows, die ja nicht mehr ganz so neu und aktuell sind. Umso witziger fand ich aber dann, dass René Goscinny und Albert Uderzo sich die Geschichte bereits 1967 als Hörspiel ausgedacht haben. Die Ersterscheinung auf Deutsch, die nun vorliegt, bildet nun auch das Begleitheft der Hörspiels ab.

Ich finde gelungen, dass die Herausgeber:innen dem Original treu geblieben sind. Logisch, sie hätten die Geschichte auch in Comicform überführen können. Aber dann wäre es eben nicht mehr eine Geschichte VON Goscinny und Uderzo, sondern nur NACH den beiden. So gelingt 53 Jahre später eine wundervolle Überraschung.

Ich war schon immer ein Fan von Troubadix. Er ist so witzig, obwohl er eigentlich eine zutiefst tragische Gestalt ist. Troubadix geht so im Singen auf – und ist darin so schlecht. Ich habe mich sehr gefreut, dass er in dieser Geschichte im Mittelpunkt steht. Im Fortlauf der Geschichte erkenne ich altbekannte Rezepte. Wirklich überrascht hat mich der Plot nicht und dafür ziehe ich auch einen Stern ab. Gern gelesen habe ortlaufs des Plotts können sich die Lesenden denken. Dafür ziehe ich einen Stern ab.

Die Dialogform hat bei mir super funktioniert und bei Kenner:innen der Reihe entstehen die passenden Bilder im Kopf. Und NICHT NUR bei Kenner:innen!

Mein 8,5jähriger Sohn, der bislang nur einen Asterix-Band kannte, war total angefixt. Die Form von Rede-Gegenrede funktionierte beim Vorlesen so gut, dass er nach dem Zuklappen des Bandes sofort aufgesprungen ist und sich sein anderes Heft geholt hat. Er will ganz dringend noch viel mehr Bände lesen und spart da nun sein Taschengeld.

Für den kleinen Preis von 97 Cent lässt sich übrigens das Hörspiel herunterladen.
https://www.universal-music.de/asterix/musik/der-goldene-hinkelstein-625001
Das Hörspiel macht auch richtig Laune. Nur die Lieder hätten noch etwas passender umgesetzt werden können. Ich vermute, da standen Rechtefragen im Weg.

Fazit
Kein klassischer Comic, aber ich fand grade die Originaltreue des Bandes sehr charmant. Mein 8,5jähriger ist nun mit dem Asterix angefixt. 4 von 5 Sternen.

Bewertung vom 26.10.2020
Götze, Susanne;Joeres, Annika

Die Klimaschmutzlobby


ausgezeichnet

„Wer wirksame Klimagesetze verschleppt, bedroht uns alle.“

Für mich steht das Buch „Die Klimaschmutzlobby“ daher unter dem Motto: Kenne deine Feind:innen! Und weil uns die Klimakrise alle bedroht, finde ich sehr wichtig, dass viele Menschen sich mit diesen Schmutzlingen beschäftigen.

Da gibt es die Leugner, die Relativierer, Bremser und Profiteure, Kohle- und Fleischindustrie, Rechtspopulisten und Ewig-Gestrige. Und beim sogenannten Kohleausstieg, der keiner ist, oder bei dem Landwirtschaftsgesetzt CAP auf EU-Ebene zeigt sich dann immer wieder, dass die unser aller Leben beeinflussen.

Ich gebe zu, es gibt angenehmeres als das vorgestellte Gruselkabinett. Viele dieser Namen haben sicherlich auch Menschen bekannt, die sich noch nicht explizit mit Umweltthemen beschäftigt haben. Da gibt es, um nur ein paar zu nennen, die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, „Die Familienunternehmer“, den Bauernverband, den marktliberalen US-Thinktank Heartland oder das Klimaleugnungsinstitut EIKE. Sie alle bremsen effektive Klimaschutzmaßnahmen, zum Teil bereits seit Jahrzehnten.

„Das Ziel dieser Klimaschutz-Bremser ist es, die profitablen Geschäfte mit fossilen Energien so lange wie möglich am Laufen zu halten.“

Das alles kommt nicht von ungefähr und so fand ich sehr spannend, dass die Autorinnen auch die Verknüpfungen zum Neoliberalismus aufmachen.

„Die marktliberalen und neoliberalen Kräfte in Europa scheuen die politischen Folgen des globalen Umweltproblems: Ein starker Staat mit effektiven Klimagesetzen passt nicht zu neoliberalen Ideen, nach denen der Markt die Gesellschaft regulieren sollte.“

Es geht um Absprachen in Hinterzimmern, unklaren Geldfluss zwischen verschiedenen Leugnern und Bremsern und auch um gut dotierte Jobs für Politiker:innen. Erschwerend kommt hinzu, dass es in Deutschland und Europa beim Lobbyismus an Transparenz fehlt, ist es gar nicht leicht Wissen über diese Verknüpfungen zu erlangen. Daher ist die Rechercheleistung des Autorinnen-Duos ein wichtiger Schritt: Es gibt fast 800 Belege und Anmerkungen, die über ein Viertel des eBooks ausmachen.

Viele Strukturen wiederholen sich auf EU-Ebene und in den unterschiedlichen Ländern und auch viele Akteur:innen begegnen uns im Verlauf des Buches immer wieder. Das erzeugt eine gewisse Redundanz, und bei mir das Gefühl, dass es doch endlich einmal aufhören muss mit diesem Klüngel. Das ist aber nicht der Fehler dieses Buches, sondern der Fehler liegt am Thema: Die Klimaschmutzlobby sind Wiedergänger, die unser aller Lebensgrundlage bedrohen.

Fazit
Ein sehr wichtiges Buch! Gewisse Redundanzen liegen im Thema, weil die Klimaschmutzlobby einfach so eng verknüpft ist. Bitte lesen, damit Ihr wisst, wer seit Jahren Klimaschutz verhindert. Und dieses Thema geht uns alle an. 4,5 von 5 Sternen.