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Benutzername: 
brenda_wolf
Wohnort: 
Oberfranken

Bewertungen

Insgesamt 157 Bewertungen
Bewertung vom 02.04.2023
Mythen und Sagen der Griechen
Seelert, Sylvia

Mythen und Sagen der Griechen


ausgezeichnet

Die Götter des Olymp – entstanden aus dem Chaos

Sylvia Seelert entführt uns in die magische griechische Götterwelt. Sie bietet uns in Schautafeln einen Überblick wie alles aus dem Chaos entstand, über die Verwandtschaftsverhältnisse der Gottheiten und ihre historische Einordnung. Die Erdgötter erschufen die Titanen und aus diesen gingen die eigentlichen Götter hervor. Die griechischen Götter und Halbgötter hatten durchaus menschliche Züge, sie waren eifersüchtig, streitlustig, listig, durchtrieben. Allen voran Zeus, der Vater aller Götter, der oft Beziehungen zu irdischen Frauen in Gestalt verschiedenster Personen hatte. Seine Gattin, Hera, die eifersüchtig über ihn wacht. Im Olymp ging es nicht zimperlich zu.

Mir gefällt Sylvia Seelerts Stil uns die Griechischen Sagen unterhaltsam näher zu bringen. Das Buch selber ist ansprechend gestaltet. Die Illustrationen lockern die Thematik auf. Die Autorin bietet uns lediglich eine Einführung in die griechische Mythologie. Sechzehn kurzweilige Geschichten lassen die wichtigsten Sagen vor unserem inneren Auge erstehen. Wer auf den Geschmack gekommen ist, kann sich ja gerne tiefergehend mit dem Stoff beschäftigten.

Fazit: Eine gelungene Einführung in die Götterwelt

Bewertung vom 25.03.2023
Die Radfahrerin
Leonard, Susanna

Die Radfahrerin


ausgezeichnet

Annie, eine tollkühne Frau mit unschlagbarem Charisma

Erst kürzlich habe ich von Susanna Leonard die Romanbiographie ‚Dian Fossey - Die Forscherin‘ gelesen und war begeistert davon, wie brillant die Autorin den Stoff umgesetzt hat. In dieser Romanbiografie geht es um eine andere bemerkenswerte Frau, nämlich um die ‚Die Radfahrerin Annie Londonderry‘. Ich gebe zu, ich hatte vorher noch nichts von ihr gehört. Inzwischen weiß ich, Annie war die erste Frau, die mit dem Fahrrad die Welt umrundete.

Im ‚Bosten Tea Party Club‘ kommt es im April 1894 zu einem Disput zwischen Professor Dowe und dem Zuckerfabrikanten Samuel Thatcher. Thatcher spricht derart despektierlich von Frauen und reizt damit den guten Professor so sehr, dass der sich zu einer Wette hinreißen lässt. Es geht um 5.000 Dollar, die Professor Dowe daraufsetzt, dass es eine Frau schafft, mit dem Fahrrad die Welt zu umrunden.

Auf ein Inserat hin, meldet sich die gewitzte Annie. Sie lebt mit ihrem Mann und den drei Kindern zusammen mit ihrem Bruder und seiner Familie auf engsten Raum im jüdischen Ghetto der Stadt. Das Einkommen ist knapp, so dass Annie abends Geschäfte abklappert, um Werbeanzeigen für Zeitungen zu ergattern, mit deren Einnahmen sie ihre Familie über Wasser hält. Annie nimmt die Wette an. Der Clou ist, Annie ist in ihrem ganzen Leben noch nie auf einem Fahrrad gesessen. Erschwerend kommt hinzu, dass an die Wette Bedingungen geknüpft sind. Sie darf nur eine Garnitur Wechselwäsche mit auf die Reise nehmen und ohne einen Dollar in der Tasche starten, jedoch mit 5.000 Dollar zurückkehren. Ganz schön heftig. Annie ist zu dem Zeitpunkt 22 Jahre alt.

Annie ist eine Protagonistin, die mir gefällt. Ich kann ihren Freiheitsdrang nachvollziehen, dass sie der Enge entfliehen will, aber auch, dass sie ihre Familie mit dem Geld absichern möchte, nicht zuletzt auch die Zweifel, die sie quälen, weil sie ihre Familie 15 Monate zurücklassen muss. Ein grausamer Zwiespalt.

Annies tollkühne Radreise ist ein Meilenstein im Kampf um die Rechte der Frauen um Gleichstellung. Männer sahen zu der Zeit in der Frau ein Mittelding zwischen Kind und Mann. Sie nahmen Frauen nicht ernst. Die Frauenbewegung steckte in ihren Anfängen. Feministinnen mahnten die Rechte an, die Männer ganz selbstverständlich für sich in Anspruch nahmen. Zu diesem Zeitpunkt besaßen Frauen noch nicht einmal das Wahlrecht. So war die Radreise zugleich auch von gesellschaftlicher Bedeutung. Es galt die Frauenwürde zu verteidigen. ‚Es geht um mehr als nur um einen Rekord, es geht darum, der Welt zu beweisen, dass wir Frauen zu gleichen Leistungen fähig sind wie Männer.‘ (ZITAT)

Annie besaß das Talent, Menschen für sich zu gewinnen und zu begeistern. Sie, die mittellose Jüdin aus dem Ghetto, begegnete Adelige, Mächtige und Reiche auf ihrer Reise. Annie setzte gekonnt und manipulativ ihr Charisma ein, um Menschen um den Finger zu wickeln. Sie nahm es mit der Wahrheit nicht so genau. Ihr Drang, sich ins positive Licht zu stellen, ließ sie Fakten übertrieben und ausschmücken oder gar erfinden. Und dennoch schaffte sie es, auch mich um den Finger zu wickeln.

Susanna Leonhard trifft den Ton dieser Zeit sehr gut. Sie schreibt leicht lesbar und flüssig. Man fühlt sich mitten im Geschehen. Die Autorin versteht es exzellent, den belegten historischen, wie auch den fiktiven Personen Leben einzuhauchen.

Fazit: Eine Romanbiographie, um eine bemerkenswerte und tollkühne Frau mit unschlagbarem Charisma. Super umgesetzt. Ein Pageturner.

Bewertung vom 22.03.2023
Wir hätten uns alles gesagt
Hermann, Judith

Wir hätten uns alles gesagt


ausgezeichnet

Vom Schweigen und Verschweigen

Judith Hermann gilt als eine der wichtigsten zeitgenössischen Autor:innen in Deutschland. In diesem poetischen Roman gewährt uns die Autorin Einblick in ihren Schaffensprozess.

Sie ist eines nachts mit einem Schriftstellerkollegen unterwegs, vor dem Spätkauf trifft sie auf ihren früheren Analytiker. Die Psychoanalyse liegt schon Jahre zurück, Sie hat ihm seither nicht wieder getroffen. In ihrem Erzählband ‚Lettipark‘ taucht er als Dr. Grupka auf. Sie folgt ihn in ein Lokal und es entspinnt sich eine Unterhaltung.

Judith Hermanns Sprache ist klar und präzise. In ‚Wir hätten uns alles gesagt‘ geht es um Freundschaften, Beziehungen und familiäre Bindungen. Es geht aber auch um Schweigen und Verschweigen im Schreiben, es geht um Eindrücke, Empfindungen, Gedanken, Ahnungen. Sie mischt Erfundenes mit Realem. So fragt sie sich, ist die Begegnung mit ihrem Psychoanalytiker wirklich passiert? Wie wichtig ist das überhaupt? Wieviel Biographie gibt sie Preis? Und was ist Fiktion?

Judith Hermann fängt mit ihrer poetischen Sprache ein Lebensgefühl ein. Es sind alltägliche Dinge, die sie beschreibt. Sie schreibt widersprüchlich. Es ist ein Spagat von: Was gebe ich preis und was verschweige ich. Und doch ist alles wahr.

Fazit: Eine persönliche Aufarbeitung ihrer Geschichte. Keine leichte Lektüre.

Bewertung vom 06.03.2023
Das Meer und ich
Randau, Tessa

Das Meer und ich


gut

Finde deine Lebensfreude

Tessau Randaus Bücher habe ich mich seit ihrem ersten Buch „Der Wald, vier Fragen, das Leben und ich“ begeistert. Die Autorin ist Journalistin und Stress- und Burnout-Beraterin und trifft mit ihren inspirierenden Geschichten genau auf den Punkt.

Das schmale Büchlein ist hübsch gestaltet und wirkt mit seiner goldenen Schrift auf dem Cover sehr hochwertig. Man nimmt es gerne zur Hand. Auch im Innern finden sich ansprechende Zeichnungen. Aber leider bin ich diesmal vom Inhalt enttäuscht. Ich hatte mir mehr erwartet. „Das Meer und ich“ schaffte es nicht, mich mit auf die Reise nehmen. Die Erzählung von der Frau, die sich auf der Insel eine Auszeit vom Alltag gönnen möchte und die, die Lebenskünstlerin Lena kennenlernt, hat mich tatsächlich nicht gepackt. Die Geschichte lässt sich leicht lesen. Doch gelang es mir nicht, weder zu Lena noch zu der Frau, eine echte Verbindung aufzubauen.

Intention des Büchleins ist es, einen neuen Blickwinkel zu gewinnen. Grundtenor ist, dass es sinnlos ist, sich über Dinge zu ärgern, die nicht zu ändern sind und dass es immens wichtig ist, alte Gedankenmuster zu überdenken sich und seinen Körper zu akzeptieren und Dankbarkeit im Leben zu erlangen.

Vielleicht bin ich auch ein zu glücklicher Mensch, dass ich dem Stoff nichts abgewinnen konnte.

Albert Einsteins Zitat: ‚Die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim Alten zu belassen und gleichzeitig zu hoffen, dass sich etwas ändert,‘ sollte uns zu denken geben.

Fazt: Ein leicht und flüssig lesbares Büchlein mit wertvoller Botschaft.

Bewertung vom 27.02.2023
Roxy
Bülow, Johann von

Roxy


gut

Jugendfreundschaft

Marc Berger lebt in Berlin. Jetzt ist er unterwegs nach München. Zur Beerdigung seines einst besten Freundes. Roy, der Unternehmersohn hatte alles, ihm standen sämtliche Möglichkeiten offen, während Marc in eher kleinbürgerlichen Verhältnissen aufwuchs, wobei seine Großmutter mütterlicherseits eine echte Baronin war. Marc erinnert sich an schöne und weniger schöne Erlebnisse mit Roy, der angeblich gerne mit ihm getauscht hätte. Sie hatten Träume. In der Edeldisco «Roxy» wurde gefeiert und abgehangen, es traf sich dort die gesamt Glamourwelt. Und doch gab es eine Rivalität zwischen ihnen. Wer macht das Rennen um Carolin?. Schließlich kam es zum Bruch.

Das Buch erzählt in Rückblenden aus der Perspektive von Marc, die Geschichte ihrer Freundschaft. Sie spielt sich in den 80er Jahren ab. Man merkt ziemlich bald, dass es eine Weile her ist, dass die beiden sich gesehen haben, und irgendetwas ist mit dieser Freundschaft passiert. Roy war der lässige Typ, er konnte sich in Ideen verrennen, verlor aber auch sehr schnell wieder die Lust an allem. Er gab vor, alle zu durchschauen, war ein Zyniker. Mir war er nicht sympathisch. Ein Snob. Und Marc? Ein für mich eher blasser Charakter.

Ich muss gestehen, ich bin mit keinem der Protagonisten warm geworden. Die Geschichte hatte auch etliche Längen. Aufschlussreich fand ich allerdings das Gleichnis auf den Seiten 66 und 67 vom armen und reichen Mann, die am Himmelstor von Petrus nach ihrem Wunsch gefragt werden.

Leider hat mich der Debütroman von Johann von Bülow nicht völlig überzeugt.

Bewertung vom 21.02.2023
Meine Bar in Italien
Maiwald, Stefan

Meine Bar in Italien


sehr gut

Italienisches Dolce Vita

In seinem Buch ‚Meine Bar in Italien‘ stellt der Autor Stefan Maiwald die Bar und die Menschen seines Stammlokals vor. Wir lesen von der italienischen Lebenseinstellung, dem Dolce Vita, dem Geheimnis des italienischen Lebensstils.

Zitat : Das Besondere wartet immer dort, wo wir es am wenigsten vermuten.

Der Autor lebt in Grado einem idyllischen Küstenort mit einer umgebenden Lagune mit vielen kleinen Inseln. Ein Traum. Wer möchte hier nicht stressfrei leben? Die Menschen hier lieben den Müßiggang und das Vergnügen, einen guten Wein, ein leckeres Essen. Arbeit muss man nicht mögen, sie ist nun mal nötig, um sich ein gutes Leben leisten zu können. Aber bloß keinen falschen Ehrgeiz. Der Autor schreibt vom Glück der Genügsamkeit, mit der der Mensch Freiheit erlangt und mehr Leben gewinnt. ‚Genügsamkeit ist eine Tugend, die sich zu entdecken lohnt. Sie vereinfacht das Leben‘, schreibt der Autor. Warum nicht aus dem Hamsterrad ausbrechen? Was hindert uns?

Das Büchlein bringt uns die italienische Lebensphilosophie näher. Zum Schluss gibt uns der Autor die Quintessenz seines Büchleins mit auf den Weg, sowie die 25 Dinge, die er in Italien gelernt hat. Stefan Maiwald schreibt unterhaltsam und witzig. Es weht ein spürbar italienisches Lüftchen durch diesen schmalen Band.

Tja, was halte ich nun davon? Ein bisschen bin ich enttäuscht. Ich hatte mir mehr erwartet. Denn eigentlich lebe ich auch hier im Fichtelgebirge schon dieses Leben. Ein anderer Ort, aber mit tollen und Menschen und Charakteren.
Fazit: Für Menschen, die sich nach einem entspannten Leben sehnen.

Bewertung vom 03.02.2023
Frankie
Köhlmeier, Michael

Frankie


ausgezeichnet

Ein harter Hund

Frank Thaler ist vierzehn Jahre alt. Er lebt mit seiner Mutter allein, sein Vater hat die Familie schon verlassen, als er noch ein Kleinkind war. Frank kocht gern und liebt die gemeinsamen Abende mit seiner Mutter. Bislang wusste er nicht mal, dass er einen Großvater hat. Jetzt holt er mit seiner Mutter diesem Mann vom Gefängnis ab. Der 71-jährige Großvater hatte achtzehn Jahre gesessen, wobei ihm zwei Jahre erlassen wurden, wegen guter Führung. Aber insgesamt saß er bereits sechsundzwanzig Jahre seines Lebens. Er ist ein harter Hund. Wegen welcher Verbrechen er einsitzen musste, erfährt Frank weder von seiner Mutter noch von seinem Großvater. Frank spürt die Angst seiner Mutter vor diesem kalten, zynischen Mann. Und doch geht für Frank von diesem schwerkriminellen Großvater eine Faszination aus.

Es ist eine düstere Geschichte mit unglaublicher Sogwirkung. Michael Köhlmeier versteht es seine Leser in die Geschichte reinzuziehen. Sein Schreibstil ist leicht lesbar und doch verursacht sie Gänsehaut und Herzklopfen. Die Protagonisten sind unwahrscheinlich gut gezeichnet. Dieser emotionslose Mensch stand mir so deutlich vor Augen. Er machte mir Angst. Dieser Mann ist kein kuschliger Opa. Er muss schon einiges auf dem Kerbholz haben. Grundlos sitzt niemand eine so lange Haftstrafe ab. Ich bewunderte Frank, wie er es dennoch schaffte Zugang zu ihm zu finden. Und genau das hätte nie passieren dürfen. Vor solchen Menschen hält man sich fern. Die ängstliche Mutter hatte Frank vor dem Kontakt zu ihrem Vater gewarnt. Sie hält ihn für ein gefährliches Tier, sie kennt seine Untiefen.

Die Geschichte wird aus Franks Perspektive erzählt. Das Ende hatte ich so nicht erwartet. Ich blieb zum Schluss ziemlich verstört zurück.

Fazit: Eine perfekt erzählte Geschichte über die Frage nach Verantwortung und Schuld. Ein absolutes Lese-Highlight.

Bewertung vom 18.01.2023
Das glückliche Geheimnis
Geiger, Arno

Das glückliche Geheimnis


ausgezeichnet

Farbigkeit des Lebens

Geheimnisse haben für Außenstehende immer was Spannendes. Aber in der Regel sind persönliche Geheimnisse eher belastend. Niemand soll davon erfahren. Um so ein Geheimnis handelt es sich hier. Und doch ist es ein glückliches Geheimnis.

Arno Geiger legt hier einen sehr persönlichen autobiografischen Roman vor, in dem er bewusst die Ich-Form gewählt hat. Er erzählt aus seiner Anfangszeit als Schriftsteller. Selbst nach der ersten Veröffentlichung war ihm nicht der große Erfolg vergönnt. Geigers Buch erzählt von den Höhen und Tiefen einer Autorenkarriere. Ein Schriftstellerleben kann hart sein. Irgendwie muss man überleben, von irgendwas seinen Lebensunterhalt bestreiten. Der Autor erzählt von seinem Doppelleben. Frühmorgens fährt er mit seinem Fahrrad los, klappert Papiercontainer um Papiercontainer ab, taucht in sie ein, fischt nach Verwertbarem, nach Büchern, Tagebüchern, Briefen, Postkarten und lithographierten Postkarten, holt sich dabei blaue Flecken und Abschürfungen. Doch davon darf niemand wissen, denn natürlich ist im Abfall zu graben ein Tabu.

Arno Geigers Geheimnis sichert ihm nicht nur das finanzielle Überleben, denn er kann so manches Schätzchen ausgegraben und zu Geld machen, auch einen literarischen Nutzen kann er vor allem aus Zetteln und Briefen herausziehen. Der Papierabfall wird für den Autor zu einer unschätzbaren Quelle. Er erfährt viel über die Menschen, die in den Häusern leben, die in der Nähe der Container leben: ‚Hier ist eine Ehe gescheitert. Hier hatte jemand ein zusätzliches Bett im Keller, in das er auswandern musste, wenn es Streit gab.‘ Auf einem von ihm geretteten Foto war auf der Rückseite folgende Bemerkung zu lesen: ‚Wenn es dir nicht gefällt, wirf es weg, es ist nur ein Fetzen Papier.‘

Ich war mit Begeisterung mit dem Autor unterwegs auf seinen Streifzügen durch die Stadt. Ich liebe seine Art zu schreiben, seine Poesie, seine Sprachgewalt. Er kann sich einfühlen, er interessiert sich für Menschen, er geht auf Tuchfühlung und fängt Stimmungen ein und doch ist sein Stil klar und unsentimental. Ich mag sein Faible für den Alltag, die kleinen Dinge. Geiger sieht dessen unterschätzte Farbigkeit. Er versteht sich als ein Künstler des ungekünsteltem. Arno Geiger hat eine ausgeprägte Begabung zur Empathie. Der Literaturkritiker Denis Schenk nannte ihn ein Empathiemonster. Seine Sätze bergen Weisheit: ‚Das Nichts ist erstrebenswerter als Berge von unnützem Kram‘ oder ‚Ein zum Platzen angefülltes Leben kann niemals ein erfülltes Leben sein.‘ ‚Es gibt für alles immer nur eine Gelegenheit. Was ich versäume, ist unwiederbringlich versäumt. Wie immer im Leben, muss man sich das Gute heraussuchen.‘

Über einem Schriftstellerkollegen schreibt er: ‚Ihm ist lebend das Leben ausgegangen. Es gab in seinen späteren Texten Höhen und Tiefen, aber es gab kein Leben.‘ In Arno Geigers Texten spürt man das Leben.

Zum Schluss schreibt Arno Geiger: ‚Es wäre zu wünschen, dass alle, die das Buch lesen, darin etwas für sie Wichtiges finden.‘ Ich habe sehr viele Perlen für mich entdeckt.

Fazit: Ein großartiges Buch, ich liebe es. Es hat mich angesprochen und zum Nachdenken gebracht.

Bewertung vom 27.11.2022
Der große Coup des Monsieur Lipaire / Die Unverbesserlichen Bd.1
Klüpfel, Volker;Kobr, Michael

Der große Coup des Monsieur Lipaire / Die Unverbesserlichen Bd.1


ausgezeichnet

Charmante Dilettanten und ihr großer Coup

Ich liebe die Bücher des Autorenduos Volker Klüpfl und Michael Kobr. Mir sind das Allgäu und Kommissar Kluftinger richtig ans Herz gewachsen. Nun haben die Autoren mit ihrer Gaunerkomödie ‚Die Unverbeserlichen‘ den Schauplatz an die malerische Côte d’Azur verlegt. Da kommt schon mal Urlaubsfeeling auf.

Das Cover verspricht französische Leichtigkeit und die drei Lesebändchen in den Farben Blau, Weiß, Rot entsprechen den Farben der Trikolore Frankreichs. Positiv ist auch das Glossar am Ende des Buches.

Inhalt:
Monsieur Guillaume Lipaire hält sich mir kleinen Gaunereien über Wasser. Er ist der Verwalter vieler Ferienhäuser und Wohnungen in Port Grimaud, einem Städtchen am Mittelmeer. Schlitzohrig wie er ist, benutzt er seinen Job auch für ein kleines Zubrot von dem die Besitzer der Immobilien nichts ahnen. Und es läuft. Eigentlich ist Monsieur Lipaire Deutscher und heißt Wilhelm Liebherr, aber der charmante Lebemann gibt sich gerne als Franzosen aus. Früher hatte er ein großes Haus und Apotheken besessen, bevor er in die Insolvenz schlitterte. Sein junger Freund Karim hilft ihm oft bei seinen Aktionen. Karim ist ihm fast schon wie ein Sohn. Eines Tages entdecken sie in der Villa der Vicomtes einen Toten. Eile ist geboten, denn die Besitzer treffen bald ein, folglich muss der Tote verschwinden. Karim behält sich das Handy des Toten zurück. Und bald schon dämmert den beiden, dass hier was zu holen ist. Es geht um den Familienschatz der reichen südfranzösischen Adelsdynastie der Vicomtes. Lipaire ist leider auf Hilfe angewiesen und so wächst sein Team gegen seinen Willen Peu à peu gesellen sich neben dem Wassertaxifahrer Karim auch noch die Eisverkäuferin Jacqueline, der Ex-Fremdenlegionär Paul, Delphine, die den örtlichen Handyladen betreibt, und die 84-jährige Lebedame Lizzy zu seinem Team hinzu. Zusammen sind sie die Unverbesserlichen von der Côte d’Azur.

Meine Meinung:
Ein bisschen erinnert mich die Truppe um Monsieur Lipaire an die dänische Olsenbande. Da waren auch Dilettanten am Werk und ihre Coups waren leider nicht vom Glück verfolgt. Ob es Lipaires Truppe anders ergeht wird nicht verraten. Auf jeden Fall sind es herrlich skurrile Charaktere. Man muss sie mögen, mit ihren Macken und Besonderheiten. Ihre Protagonisten sind excellent gezeichnet. Auch die Gegenspieler der Unverbesserlichen, die Vicomtes, kommen authentisch rüber. Die Autoren haben es drauf. Man fühlt sich beim Lesen sofort an die sonnige Côte d’Azur versetzt. Sie beschreiben den Schauplatz so atmosphärisch, dass es Sehnsucht weckt. Zudem ist das ganze humorvoll verpackt. Ich musste sehr oft schmunzeln. Auch wenn es in der Mitte es Romans einige unnötige Längen gab, so hat mich der Roman doch sehr gut unterhalten.

Fazit: Eine spannende und humorvolle Gaunerkomödie mit herrlich skurrilen Protagonisten.

Bewertung vom 16.11.2022
Du kannst alles lassen, du musst es nur wollen
Sträter, Torsten

Du kannst alles lassen, du musst es nur wollen


sehr gut

Sträter, wie wir in kennen und lieben

Thorsten Sträter, wer kennt ihn nicht aus dem Fernsehen. Der Mann der vielen Strickmützen und Meister des Abschweifens, hat in seinem neuen Buch »Du kannst alles lassen, Du musst es nur wollen« die besten Geschichten der letzten drei Jahre versammelt.

Wer gerne lacht, ist mit diesem Buch gut beraten. Denn Sträter lässt sich nicht lumpen, er feuert ein Feuerwerk für die Lachmuskeln der Leser ab. In seinem neuesten Werk u.a. auch um die Pandemie, um die Maskenpflicht und Eigenverantwortung. In einem kleinen Zwischenkapitel schreibt Sträter über seine Depressionen. Er lässt sich aus über Redewendungen wie: ‚Da könnte ich mich reinsetzten‘ oder ‚Du, ich hab‘ ein Attentat auf dich vor.‘ Nichts Menschliches ist ihm fremd. Auch unsere Politiker bekommen ihr Fett weg, er schwadroniert über Filme die KAMMANOMMAKUCKEN. Hugo Egon Balder sagt über Sträter: »Wenn es ihn nicht gäbe, müsste man ihn erfinden!« Und … Recht hat er!

Ich habe mich köstlich amüsiert. Aber natürlich ist Thorsten Sträter auf der Bühne noch mal einen Zacken besser. Allein seine Stimme, Mimik und Gestik muss man live erleben. Das Buch kann man eigentlich nur in kleinen Portionen lesen, sonst wird einem schwindlig von den Wortspielen. Zum Glück sind die Kapitel kurz und knackig, so dass man mal eine Pause einlegen kann.

Fazit: Leg den Schalter um. Hier kommt Thorsten Sträter! Vergnügliche Unterhaltung.