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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Hedwig
Wohnort: 
Norderstedt

Bewertungen

Insgesamt 48 Bewertungen
Bewertung vom 09.11.2010
Der Apfelgarten
Robertson, Adele Crockett

Der Apfelgarten


ausgezeichnet

Das Buch hat (leider wieder einmal) einen hochaktuellen Inhalt.

Das Buch gibt die Erzählung von Adele Crockett Robertson in den Zeiten der frühen 30er Jahre während der Weltwirtschaftskrise wieder.

Die junge Adele Crockett Robertson, genannt Kitty, übernimmt Anfang der dreißiger Jahre die heruntergekommene Apfelfarm ihres verstorbenen Vaters in Neuengland, inklusive aller Schulden, mit fast keinem Eigenkapital und sieht sich jeder Menge Arbeit, halbverrotteten Landmaschinen und einem für sie viel zu großem, für einen einzelnen Menschen unmöglich zu bewirtschaftendem Haus gegenüber und hat im Grunde nur eines zu bieten: ihr hohes Engagement und den eisernen Willen, ihr Erbe nicht kampflos aufzugeben.

Es ist ein Buch der leisen Töne. Obwohl es ja eigentlich fast nur um Apfel- und Pfirsichanbau geht und der Leser im ersten Ansatz eventuell der Meinung sein könnte, das alles habe doch mit unserer heutigen Zeit nicht mehr viel zu tun, merkt man beim Lesen doch schnell, dass es genau so gut um Freundschaft, Zusammenhalt in Notzeiten und um das Durchhalten bei auftauchenden Schwierigkeiten, kurz, um Werte geht, die zu jeder Zeit aktuell sind.

Das sehr ehrlich und einfühlsam geschriebene Buch sollte in keiner Bibliothek fehlen. Empfehlenswert.

Bewertung vom 09.11.2010
Weihnachten mit Thomas Müller
Duve, Karen

Weihnachten mit Thomas Müller


ausgezeichnet

"Weihnachten mit Thomas Müller" hatte ich mir selbst einmal, auf eine Empfehlung einer ebensolchen Leseratte wie ich selbst es bin, aus Frust darüber gekauft, dass es entweder nur süßlich, kitschige Weihnachtsbücher, die wenn möglich auch noch sehr einseitig religiös ausgerichtet gefärbt waren oder sogenannte Anti-Weihnachtsbücher, in denen alles Mögliche und Unmögliche behandelt wird, bloß keine tiefer gehenden Emotionen. Irgendwas dazwischen mußte es doch wohl auch noch geben?

Et voilá: natürlich gibt es das und Karen Duve hat es auch mit diesem Buch bewiesen.

Thomas Müller heißt der schon ältere und ziemlich ramponierte Teddybär der Familie Wortmann, die ihn bei ihrem Weihnachtseinkauf auf den letzten Drücker in der Hamburger Innenstadt verloren hat. Der Taxifahrer, von dem sich Thomas Müller nach Hause, eine Wohnung im Hamburger Umland, fahren lassen wollte, bemerkt sehr schnell, dass der Teddy natürlich kein Geld bei sich hat und setzt ihn ziemlich rüde wieder an die frische Luft. Zu allem Übel setzt auch noch ein eiskalter Regen ein und der Teddy friert mit seinem nassen Fell am Brunnenrand in der weihnachtlich, nächtlich erleuteten Mönckebergstrasse fest. Eine streunende Katze namens Sandra Kaiser wird auf ihn aufmerksam und nach einer eher nordisch herben Anfreundung machen sich die beiden auf, um Thomas Müller wieder nach Hause zu bringen.

Mehr soll der Geschichte nicht vorgegriffen werden, außer dass die Illustrationen von Petra Kolitsch nicht nur Hamburgern gefallen dürften, obwohl da natürlich ein besonders hoher Wiedererkennungswert (Elbbrücken, Brunnen in der Innenstadt usw.) enthalten ist. Die Bilder sind einfach schön und geben die komplette Stimmung des Buches sehr gut wieder...Weihnachten ohne Kitsch, Brimborium und Klischees...und trotzdem einfach wohlig und schön.

Empfehlenswert für Leser jeden Alters.

Bewertung vom 04.11.2010
Der Fluch von Crowfield
Walsh, Pat

Der Fluch von Crowfield


ausgezeichnet

Zum Inhalt des Buches:

Crowfield im 14. Jahrhundert. Der junge William ist den Leuten in seinem Dorf unheimlich geworden, seitdem er den Brand der Mühle, bei dem seine ganze Familie - bis auf seinen in London lebenden Bruder - ums Leben kam, auf wundersame Weise ohne auch nur eine Schramme überlebte. Die Leute behaupten bald, er habe das zweite Gesicht und möchten ihn in ihrer Gemeinschaft nicht haben. Also wird er dem Kloster im Nachbardorf als "Mädchen für alles" zugeschoben, wodurch er wenigstens ein Nachtlager und etwas zu essen hat.

William ist mit seinem reinen Herzen zu Mensch und Tier freundlich eingestellt, ist recht klug und tut Gutes, soweit es in seinen Kräften steht.
Als er eines Tages beim Holzsammeln einen Kobold findet, der in einer Tierfalle steckt, befreit er ihn, nimmt ihn zum Gesundpflegen mit zu Bruder Schnecke, dem Heilkundigen des Klosters und wirft die Tierfalle in den sogenannten pfeifenden Weiher, von dem alle sagen, dass es ein unheimlicher und gefährlicher Ort sei. Auch William ist es nicht gerade wohl in der Gegend und er eilt schnell wieder in den vermeintlichen Schutz des Klosters.

Doch von Schutz und Abgeschiedenheit kann dort bald nicht mehr die Rede sein. Zwei unheimlich wirkende Gäste treffen ein, von denen zunächst niemand weiß, was sie im Kloster wollen. William hört außerdem zufällig, wie zwei Mönche über einen erschossenen Engel reden, den Klosterbrüder angeblich vor Jahren im Wald beerdigt haben und von denen niemand wissen darf und bald überschlagen sich die Ereignisse, in denen unser junger Held eine entscheidende Rolle spielen wird.

Meine Meinung:

"Der Fluch von Crowfield" ist der sehr vielversprechende, äußerst spannende und atmosphärisch sehr dichte erste Roman einer Fantasyreihe der englischen Autorin Pat Walsh, der für mich wieder einmal bewiesen hat, dass Romane, die eigentlich ursprünglich für Jugendliche geschrieben wurden, meist wesentlich mehr meinen Geschmack treffen als sogenannte Erwachsenenliteratur.

Einfallsreiche, ideenreiche Fantasy vom Allerfeinsten!

Bewertung vom 03.11.2010
Der Wüstenprinz
Poivre d'Arvor, Patrick

Der Wüstenprinz


ausgezeichnet

Der Roman "Der Wüstenprinz" von Patrick Poivre d 'Arvor wurde mir freundlicherweise vom Thiele-Verlag, der für seine excellente Auswahl besonderer Bücher bekannt ist, zur Verfügung gestellt, wofür ich mich an dieser Stelle herzlich bedanken möchte.

Zum Inhalt des Buches:

Der fast 13jährige Jacques vergöttert seine schöne Mutter Yella, die der reizvolle, aber kapriziöse Mittelpunkt jeder öffentlicher Veranstaltung ist. Sein Vater, ehemaliger Eliteflieger der französischen Armee im ersten Weltkrieg und jetziger Chef der Aéropostale in Rabat, und seine Frau Yella lernen anläßlich eines Balls des Generals in Casablancades, zu dem auch Jacques mit darf, Charles Lindbergh kennen, dem vor kurzem der Atlantiküberflug geglückt ist und dem besonders die Frauen zu Füßen liegen.

Dieser Abend bedeutet einen dramatischen und traumatischen Höhepunkt im Leben des jungen Jacques, der sich sogar in zeitweisen Fieberschüben physisch bemerkbar macht. Denn seine Mutter brennt mit Charles Lindgergh durch, sein untröstlicher Vater eröffnet ihm im betrunkenen Zustand, dass er gar nicht sein wirklicher Vater ist und seine Mutter ihn als Kleinkind bei Pflegeeltern ließ und ihn im Grunde nur liebt, wie man ein exklusives Schmuckstück oder einen Teddybären liebt. Problemen oder Schwierigkeiten, geschweige denn Verantwortungsgefühlen sei Jacques Mutter einfach nicht zugänglich, da sie selbst zu lebenshungrig sei und ihren Sohn schon bekommen habe, als sie eigentlich selbst noch ein Kind gewesen sei.

Jacques will das einfach nicht glauben und fasst den gefährlichen Entschluß, sich in einem Postsack eines Postflugzeugs zu verstecken, um seiner Mutter nachzureisen und sie zurück zu holen.
Er läuft dabei Gefahr, aus Versehen mit dem Postsack abgeworfen zu werden, erlebt ungesehen hautnah ein Treffen der Piloten mit Antoine de Saint-Exupéry und zu guter Letzt muss das Flugzeug nach einem Unwetter sogar in der Wüste notlanden, wo ein Stamm Tuareg die Besatzung und die Ladung - ergo auch Jacques Postsack - kapert, um Lösegeld zu erpressen und Jacques durch ein Tuaregmädchen, Aman Dina, die erste zarte selbstlose Liebe erfährt.

Meine Meinung:

Es ist erstaunlich, wieviel dieses recht schmale Büchlein dann doch inhaltlich zu bieten hat. Es ist - neben der abenteuerlichen und spannenden Seite, die der Roman birgt - eine Geschichte über das Erwachsenwerden, über Liebe in ihren diversen Ausformungen und darüber, was das Loslassen damit zu tun hat.

Lesenswert und nachdenklich stimmend. Rundum gelungen!

Bewertung vom 27.10.2010
Die Pfeiler des Glaubens
Falcones, Ildefonso

Die Pfeiler des Glaubens


ausgezeichnet

Zunächst einmal möchte ich mich herzlich beim Randomhouse-Verlag bedanken, der mir freundlicherweise ein Leseexemplar zu dem Roman "Die Pfeiler des Glaubens" von Ildefonso Falcones zur Verfügung stellte.

Zum Inhalt des Romans:

Wir schreiben das Jahr 1568, Ort: die Bergregion der Alpujarras, Spanien. Die spanischen Muslime, verächtlich Morisken genannt, Nachfahren der einstigen Mauren, werden von den Christen gnadenlos unterdrückt und übervorteilt und planen einen Aufstand gegen die Behandlung.
Hernando, der aus der brutalen Vergewaltigung eines Christenpriesters mit der muslimischen Aischa hervorging, deswegen und aufgrund seiner äußerlichen Andersartigkeit - er hat vom Vater die strahlend blauen Augen geerbt - von seinem Stiefvater behandelt wird wie der letzte Dreck.
Sein einziger Halt - außer seiner Arbeit als Mauleseltreiber, die er liebevoll ausführt - ist der alte Gelehrte Hamid, der ihn den muslimischen Glauben und dessen Regeln lehrt. Gezwungenermaßen muß er allerdings auch die Regeln des christlichen Glaubens lernen und fühlt sich keiner Glaubensrichtung zugehörig und von allen verachtet und ausgegrenzt. Sogar im Haus seiner Mutter darf er nicht mit den Stiefgeschwistern leben/schlafen oder gar essen, wenn der Stiefvater Ibrahim anwesend ist.

Im Verlauf des auf beiden Seiten schonungslos und brutal geführten Aufstandes der Morisken gegen die herrschenden Christen gelingt es Hernando durch sein vorsichtiges Verhalten und verantwortungsvollen Umgang mit den Maultieren, die die Kriegsbeute tragen müssen, sich den Respekt der Führer des Aufstandes zu verschaffen - sehr zum Ärger seines gierigen Stiefvaters, der ihm alles neidet, was Hernando zustande bringt, einschließlich der zarten Liebesbande mit Fatima, deren Ehemann gleich zu Beginn der Rebellion sein Leben verlor. Hernando, der sehr pragmatisch veranlagt ist, gelingt es durch seine Friedfertigkeit und indem er einfach immer beherzt tut, was gerade notwendig ist, um selbst zu überleben und auch andere - Christ oder Muslime - am Leben zu halten, sich bei Vertretern beider Glaubensrichtungen Respekt und Achtung zu verschaffen.
Er muss oft buchstäblich christlicher als jeder Christ und muslimer als jeder Muslime sein, um sich und seine über alles geliebte Fatima, die die Christen aus verständlichen Gründen abgrundtief hasst, durch alle Gefahren zu bringen und lernt oft dabei, dass einige Vertreter beider Glaubensrichtungen ein ziemlich egoistisches, heuchlerisches Gebahren zeigen und der Charakter eines Menschen keineswegs davon abhängt, welche Religion er ausübt!

Das allerdings sollte man selbst lesen und erfahren, denn Ildefonso Falcones hat mit diesem Roman nicht nur einen faszinierenden und äußerst spannenden historischen Roman geschrieben, sondern man lernt und erfährt auch viel über beide Religionen, Traditionen und Wertvorstellungen, die bei näherer Betrachtung so unterschiedlich denn doch gar nicht sind, als dass gegenseitige Toleranz nicht möglich wäre.

Meine Meinung:

Ein Roman, den man lesen sollte, gerade weil er vor dem Hintergrund der zeitgenössischen Integrationsdebatte mehr als nur ein historischer Roman sein kann.
Daher möchte ich dem Verlag und dem Autor für ein paar spannende und interessante Lesestunden und gewaltig Stoff zum Nachdenken danken. Dieser Roman ist sehr lesens- und diskutierenswert!

20 von 23 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 22.10.2010
Opus - Das verbotene Buch
Gößling, Andreas

Opus - Das verbotene Buch


ausgezeichnet

Zunächst einmal herzlichen Dank dem Boje-Verlag dafür, dass mir "Opus. Das verbotene Buch" von Andreas Gößling zur Beurteilung zur Verfügung gestellt wurde.

Zum Inhalt des Buches:

Schauplatz der Handlung: Das Fichtelgebirge im Fränkischen im ausgehenden 15. Jahrhundert. Eine heikle, aber auch sehr interessante Zeit des Umbruchs, die der Autor in einem phantastischen fiktiven historischen Roman für Jugendliche umgesetzt hat.
Der 15jährige Amos von Hohenstein lebt, seit seine Eltern umgebracht wurden als er 7 Jahre alt war, auf der Burg seines Onkels, der sich mit seinen Leuten als Raubritter mehr schlecht als recht betätigt. Das Leben auf dem Land ist schwieriger geworden, denn die Menschen zieht es in die Städte, wo das Geld zu verdienen ist. Die rauhen Sitten seines Onkels sind nicht Amos Fall und so zieht es ihn, wann immer es ihm möglich ist, zu dem alten Gelehrten Valentin Kronos, der alleine auf einem nahegelegen, stillgelegten Mühlengut wohnt, eine wertvolle Bibliothek sein eigen nennt und an einem ungewöhnlichen Buch, dem "Buch der Geister" arbeitet, hinter dem die Inquisition her ist wie buchstäblich der Teufel hinter den armen Seelen.
Denn dieses Buch, so man es denn richtig zu lesen und sich darauf einzulassen versteht, ruft bei dem Lesenden Veränderungen hervor und weckt phantastische Fähigkeiten und Einsichten.

Als die Zensurbehörde und deren eifrigster Fanatiker, übereifrig bemüht, alles, was der knebelnden kirchlichen Lehre widerspricht und die Menschen zum eigenen Denken, Haneln und Fühlen bringt, mit Stumpf und Stiel auszurotten, auf das Buch und eine Gruppe gelehrter, aufgeschlossener Menschen, die sich Opus Spiritus nennt, aufmerksam wird, wird Amos von Valentin beauftragt, das Buch in Sicherheit zu bringen. Kein einfaches Unterfangen, sondern eine gefährliche Hetzjagd, bei der das Leben von Amos und allen seinen Helfern auf dem Spiel steht.

Mehr soll zum Inhalt selbst nicht verraten werden, denn die Hintergründe und Zusammenhänge dieser rasanten Geschichte erschließen sich durch die ausgefeilte Erzählkunst von Andreas Gössling dem Leser erst nach und nach, machen das Buch dadurch erst richtig spannend und da sollte man dem eigenen Leseerlebnis nicht vorgreifen.

Meine Meinung:

Gerade diese Zusammenhänge, die dem Leser über die eigentliche Abenteuergeschichte hinaus faszinierende Einblicke und Erkenntnisse in die Welt des ausgehenden Mittelalters mit ihrem allgemeinen Umbruch in der Gesellschaft bieten, machen dieses Buch wertvoll.
Es ist fast so, als läse man ein Kapitel im "Buch der Geister" selbst, sei danach ein wenig schlauer und tauche daraus verändert wieder auf. Am Schluß des Buches gibt uns der Autor selbst noch einige sehr interessante Hinweise, die den Leser diese interessante Epoche noch besser verstehen lassen und mich zumindest dankbar sein lassen, in einer Gesellschaft und einer Zeit leben zu dürfen, die die Freiheit des Geistes und den freien Willen als unabdingbares Gut jedes Menschen manifestiert hat...nicht zuletzt durch die verbrecherischen Exzesse, die die Kirche aus Machtgier und Angst vor der Fantasie und den Gefühlen von Menschen immer wieder vernichten wollte.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 14.10.2010
Die unglaubliche Geschichte des Henry N. Brown
Bubenzer, Anne H.

Die unglaubliche Geschichte des Henry N. Brown


ausgezeichnet

Am 16. Juli 1921 erblickte Henry N. Brown in England das Licht der Welt, als ihm Alice den zweiten Knopf als Auge spendierte. Alice, die ihren Mann William gerade im 1. Weltkrieg verloren hatte, nähte den Teddybären, um sich nicht so alleine auf der Welt zu fühlen, gab ihm seinen Namen und noch ein kleines großes Geheimnis mit, welches die besonderen Fähigkeiten Henry weckte, die während seines mehr als 80jährigen Lebens auf Erden noch weiter ausgeprägt werden sollten. Henry gibt ihr Trost und immer wieder Hoffnung, ihr Leben auch weiter voller Zuversicht anzupacken.
Als sie bei einer anstehenden Bahnfahrt allerdings meint, William in einem vorbeigehenden Mann zu erkennen, achtet sie einen kurzen Moment nicht auf den Teddy und lässt ihn im Gedränge fallen.
Damit beginnt eine einzigartige Odyssee für Henry. Er gelangt im Laufe seines Teddybären-Lebens an viele unterschiedliche Menschen, lernt ihre Stärken und Schwächen kennen, gerät im 2. Weltkrieg sogar zwischen die Fronten und lernt den Irrsinn des Tötens kennen. Ja, er gelangt sogar nach Amerika, wo er am meisten von der Freiheitsstatue beeindruckt ist und die tragische Unfreiheit der Menschen in den Ostblockländern während des kalten Krieges.
Auch wie nahe Glück und Leid beieinander liegen und wie einsam Kinder sein können, selbst wenn sie mit Spielzeug überhäuft werden.

Kurzum: Henry N. Brown lernt die gesamte Bandbreite menschlicher Wesensart kennen und ist mehr als einmal froh darüber, dass er sich nicht mittels normaler Sprache artikulieren kann. Aber das sollte man sich selbst erlesen. Es lohnt sich.

Zunächst einmal gebührt dem Thiele-Verlag, der mir freundlicherweise den Roman "Die unglaubliche Geschichte des Henry N. Brown" erzählt von Anne Helene Bubenzer als Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte, mein allerherzlicher Dank.
Es ist ein einzigartiges Buch mit einer vielleicht fiktiven, vielleicht aber auch realen Geschichte, die sanft und unaufdringlich daher kommt und die mit einem Vorwort des Verlegers, Johannes Thiele, versehen ist. Denn dieser Bär, der der Protagonist des Romans ist, existiert wirklich und selbstverständlich existieren viele Stofftiere, die genau so ein Geheimnis in sich tragen, wie es Henry tut. Für diejenigen, die mit dem Herzen sehen, gibt es viele Henry N. Browns und die anderen, die das nie tun werden, sind sowieso nicht wichtig und unbelehrbar.
Ob er alle diese Geschichten und Abenteuer wirklich erlebt hat, bleibt der Vorstellungskraft des Lesers überlassen und in der heutigen Zeit würde man die bewegte Geschichte des Henry N. Brown vielleicht anders erzählen. Es ginge heute um andere Kriege in der Welt, die an allen möglichen denkbaren Fronten gefochten werden, vielleicht um andere Völker, andere Orte. Doch die Botschaft, die uns Henry stumm, doch eindringlich mitteilen möchte und seine Autorin, bleibt immer die gleiche.

Ich sage so etwas nicht oft, aber dieses Buch sollte wirklich JEDE/R gelesen und hoffentlich verstanden haben. Es ist absolut unkitschig und unprätentiös geschrieben und hat mir sehr viel Freude gebracht.

17 von 29 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 08.10.2010
Die Landkarte der Zeit / Mapa Trilogie Bd.1
Palma, Félix J.

Die Landkarte der Zeit / Mapa Trilogie Bd.1


ausgezeichnet

Zum Inhalt sollte man besser nicht viel mehr verraten, als es der Klappentext eigentlich schon tut:

Der Roman ist in drei Schauplätze aufgeteilt, die scheinbar nicht allzu viel gemeinsam haben:
Andrew, ein junger Mann aus reichem Hause verliebt sich in eine arme Prostituierte, die von Jack the Ripper zerstückelt wird und kommt über ihren Tod nicht hinweg. Sein bester Freund Charles verhindert auf ungewöhnliche Weise - nämlich mithilfe von Zeitreisen Murray und der Zeitmaschine von H.G.Wells - seinen Freitod.
Ebenfalls durch Zeitreisen Murray findet die verwöhnte und von den eingeschränkten Möglichkeiten ihres Zeitalters angeödete Claire die Liebe ihres Lebens in der Zukunft.
Ein junger Inspektor hat die Aufgabe, Mordfälle aufzudecken, die mit Waffen verübt wurden, die noch gar nicht erfunden wurden und zu guter Letzt erfährt man noch durch einen dubiosen Bibliothekar vom Geheimnis um die „Landkarte der Zeit“.

Meine Meinung:

Zunächst einmal mein allerherzlicher Dank an den Verlag und an vorablesen.de, dass ich dieses bemerkenswerte Buch lesen und beurteilen durfte. Es zählt eindeutig zu meinen uneingeschränkten Lese-Highlights des Jahres 2010!

Felix J. Palma hat mit dem Roman "Die Landkarte der Zeit" eines jener Meistererzählungen geschaffen, die ganz sicher nicht jeden Leser ansprechen werden, da der Erzählstil und auch der Inhalt recht anspruchsvoll (im Sinne von genau lesen, denn zum überfliegenden Querlesen wäre das Buch wirklich zu schade) und vor allen Dingen oft reine Geschmackssache ist. Mir gefällt allerdings so etwas mal sehr gut, gerade, weil es mal etwas anderes ist.

Das hervorstechenste Merkmal ist ein allwissender Erzähler, der den Leser quasi an die Hand nimmt, Dinge erklärt, die manchmal mit dem eigentlichen Fortgang des Geschehens nur bedingt oder auch mal gar nichts zu tun haben, das Leseerlebnis/-vergnügen für den Leser aber durch eine Art Komplizenschaft - denn man weiß ja dadurch mehr als die Protagonisten - noch erhöhen.Wie man allerdings diesen Roman auch einordnen möchte, man wird dem ausgefeilten Umfang der Geschichten nicht gerecht werden können. In betont vornehm distanzierter Sprache, die zum viktorianischen Zeitalter so hervorragend paßt, bekommt man einen Krimi, einen Fantasyroman, ein Lustspiel (denn ich mußte tatsächlich über einige Anekdoten wie z.B. den ersten Versuchen, das Toilettenpapier den schamhaften Londonern zu verkaufen, herzhaft lachen) und Erzählungen geliefert, die schmunzeln machen und sehr nachdenklich, ob es nicht doch zutrifft, dass wir Menschen einfach nur immer glauben, was wir von vornherein auch glauben WOLLEN.

Zumindest glaube ich jetzt eines: Felix J. Palma ist ein genialer Autor, bei dem das Lesen einfach Freude macht!

4 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 13.09.2010
Angelina Bodyguard
Habersack, Charlotte

Angelina Bodyguard


ausgezeichnet

Das Buch "Angelina Bodyguard. Mein verrückter Schutzengel." Charlotte Habersack, für Kinder von 8-9 Jahren gedacht, fällt wieder einmal nicht nur durch eine besondere Aufmachung - das Buch ist fest gebunden und hat die Form eines Engelflügels - sondern auch durch die sehr ansprechenden Illustrationen von Gabriela Silveira auf...wie bisher alle Bücher vom arsEdition-Verlag, die mir bisher zum Rezensieren überstellt wurden - und wofür ich mich wirklich ganz herzlich bedanke - etwas Besonderes sind.

Charlotte Habersack, die für Kinder schreibt und das Motto vertritt: "Lesen gefährdet die Dummheit!" hat mit diesem Roman eine Geschichte geschrieben, mit der sich bestimmt einige Kinder gut identifizieren können, da sie der heutigen, modernen Erlebniswelt der Kinder Rechnung trägt.

Olga Silberscheider ist Einzelkind und bislang immer sehr zurückhaltend, unauffällig, etwas ängstlich und brav gewesen. Als sich ihre Eltern am Nikolaustag entschieden haben, sich zu trennen, weil der Papa sich in eine andere Frau verliebt hat und ihre Eltern sich auch sonst ziemlich auseinander gelebt haben, kommt das für Olga gar nicht so überraschend. Aber natürlich hätte sie eigentlich gerne eine viel größere und auch lustigere, harmonische Familie und auch mehr Verwandte und Freunde. So wie ihre Schulfreundin Annelise Wiese. Die hatte wenigstens noch drei Geschwister, von denen ihr angriffslustiger Bruder Bodo sie zwar andauernd nervte und ärgerte, aber wenigstens war diese Familie groß und noch alle zusammen. Nun war ihr Papa mit dem Kater erst einmal zu Onkel Max gezogen und Olga blieb mit ihrer vielbeschäftigten Mama, ihrem Goldhamster Wuzerl und ihrer Engelsammlung alleine zurück.

Als Olga ihren Papa in dessen Fotogeschäft besucht und ihm helfen will, das Schaufenster weihnachtlich zu dekorieren und Olga gerade versucht, eine defekte Glühbirnenfassung aus der Lichterkette zu entfernen, gibt es einen lauten Knall. Olga selbst ist zum Glück nichts passiert. Der Knall kam von einen komisch aussehenden Mädchen mit Flügeln auf dem Rücken, die gegen die Schaufensterscheibe geknallt ist. Sie behauptet, Olgas Bodyguard - den Ausdruck Schutzengel fände sie kitschig und langweilig - zu sein und ihr gerade das Leben vor dem drohenden Stromschlag gerettet zu haben. Allerdings habe sie sich bei der Rettungsaktion wohl den Flügel angebrochen.

Da auch niemand anderer Angelina sehen kann, glaubt Olga ihrem Schutzengel. Sie findet ihren recht chaotischen, aber stets gut gelaunten und voller verrückter Ideen steckenden Schutzengel schnell recht interessant und bittet Angelina, ihr zu helfen, Mama und Papa wieder zusammen zu bringen, am besten bis zum Weihnachtsabend.
Angelina ist der Auffassung, dass man immer genau drei Möglichkeiten habe, sich zu verhalten: sich tot stellen, weglaufen oder angreifen und nach ihrer Erfahrung bekäme nur derjenige, der angreife, die guten Dinge im Leben. Also hecken die beiden Pläne aus, wie sie nicht nur Olgas Erzfeind Bodo in seine Schranken weisen und ihr auch in der Schule zu mehr Respekt verhelfen können, sondern auch Olgas Eltern wieder zusammenbringen können.

Doch auch flotte und sehr kreative Schutzengel - oh, Verzeihung. Bodyguards sollte es natürlich heißen - wissen offenbar auch nicht alles und können schon gar nicht alle Unwägbarkeiten mit einplanen, wie zum Beispiel den Einzug eines netten Witwers mit Kindern in Olgas Haus oder potentielle böse Stiefmütter, die sich als ganz sympathisch herausstellen und schon gar nicht, dass aus aggressiven Jungen sogar gute Kumpel werden können.
Auf jeden Fall aber ist eine Menge los in dem Buch und, ohne zuviel vorab zu verraten, aus Olga wird mit der Zeit ein selbstbewußtes, schlagfertiges Mädchen, die sich ganz gut zu behaupten weiß und auf jeden Fall eine ganze Menge erlebt und gelernt hat.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 13.09.2010
Licht am Ende des Tunnels
Wolf, Klaus-Peter

Licht am Ende des Tunnels


ausgezeichnet

Peter Sonntag, Sohn eines einflußreichen Großfabrikanten von sanitären Einrichtungen, wird im Alter von 10 Jahren durch den Tod seines Opas zum Millionenerbe, da dieser das Unternehmen seinem Enkel direkt überschrieb und dessen Vater nur so lange weiter als Geschäftsführer einsetzte, bis Robert volljährig sein wird. Zwischen Opa und Enkel bestand schon seit jeher eine tiefe Beziehung, ja im Grunde war der Großvater für das Kind die einzige Bezugsperson, da seine Eltern ihn zwar mit materiellen Dingen beglückten, sich ansonsten aber nie wirklich Zeit für ihn nahmen. Schon auf der Beerdigung hat Robert das Gefühl, sein Opa sei nicht gänzlich von ihm gegangen, sondern kommuniziere als eine Art Schutzgeist noch weiterhin mit ihm, besonders in gefährlichen Situationen. Eine solche tritt dann auch tatsächlich bei einem Reitunfall ein: Robert stürzt schwer und fällt ins Koma. Wie in vielen Berichten von Komapatienten schon zu lesen war, sieht auch er einen dunklen Tunnel mit einem verheißungsvollen Licht am Ende. Robert verspürt den unwiderstehlichen Wunsch, zu diesem Licht zu kommen, doch sein Opa erscheint ihm und bittet ihn, diesen Weg noch nicht zu gehen, da er noch eine Aufgabe zu erfüllen habe. Robert kommt voller Vertrauen in seinen Großvater dieser Bitte nach und erwacht wieder aus dem Koma.
Sein Körper erholt sich auch schnell wieder von den Folgen des Reitunfalls, seine Seele erscheint ihm aber vom Körper abgetrennt. Ja, es kommt ihm vor, als stünde er ständig neben sich und sei nie wirklich ganz bei der Sache. Mit niemandem kann er über seine Nahtoderfahrung wirklich reden, manchmal kommt es ihm sogar selbst so vor, als bilde er sich alles nur irgendwie ein. Mit 14 Jahren schieben ihn seine Eltern, die mittlerweile durch allzu viele eigene Probleme noch weniger Ambitionen zeigen, sich mit ihrem Kind wirklich auseinander zu setzen, in ein schweizer Internat ab. Doch da geschieht es: Robert wird von einem ehemals engen Mitarbeiter seines Vaters entführt und in einer abgelegenen Berghütte ohne jeglichen gewohnten Komfort in einer Bretterkiste, die einem Sarg gleicht, gefangen gehalten. Als eine Übergabe des geforderten Lösegeldes scheitert, dreht der Entführer völlig durch und läßt Robert in der Bretterkiste allein zurück. Nur durch hohe eigene Lebenswillenskraft und den massiven Mutzuspruch des Geistes seines Opas gelingt ihm völlig entkräftet die Flucht. Doch wiedereinmal kann er niemandem wirklich klar machen, was ihm tatsächlich geholfen hat und er muss zusätzlich feststellen, dass mit seiner Entführung offenbar auch nicht alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Seine eigene Mutter ist offenbar von einem anderen Mann schwanger, von dem sie sich aber nach Roberts Rettung trennt, um äußerlich wieder eine heile Familie ab zu geben, in Wahrheit gehört allerdings ihre volle Konzentration nur noch ihrem ungeborenen Töchterchen. Es bestehen außerdem starke Indizien dafür, dass Roberts eigener Vater aus materiellen Gründen die Entführung nicht nur inszeniert, sondern auch den eventuellen Tod seines einzigen Sohnes billigend in Kauf genommen hat.
An dieser Stelle endet der Roman und überläßt dem Leser jede weiterführende Spekulation. Robert ist allerdings nach der Geburt seiner Schwester klar geworden, worin die Aufgabe besteht, von der sein Opa gesprochen hatte. Ich finde dieses Buch toll. Zum einen halte ich nichts davon, Kinder in Watte zu packen, um sie vor jeglichen (auch schlimmen) Erfahrungen zu schützen und macht-und habgierige Menschen (die auch mal der eigene Vater sein können) gibt es nun einmal in dieser Welt. Zum anderen hat das Buch einen sehr guten ethischen Ansatz, über den man sich nicht nur als Jugendlicher Gedanken machen kann. Ob man nun an Wiedergeburt, Seelenwanderung etc. tatsächlich glaubt oder nicht, auf jeden Fall hat es dem entführten Robert geholfen, seine Situation realistischer einzuschätzen und sich zur Wehr zu setzen.

2 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.