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Benutzername: 
Hedwig
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Norderstedt

Bewertungen

Insgesamt 48 Bewertungen
Bewertung vom 08.08.2010
Das verlorene Buch von Montamar
Ronberg, Mari

Das verlorene Buch von Montamar


ausgezeichnet

"Das verlorene Buch von Montamar" von Mari Ronberg ist vordergründig ein fantastischer, spannender Jugendroman mit einer superguten Idee, die jedoch ebenso Erwachsene begeistern dürfte, denn in einigen Details steckt so viel an Witz, Situationskomik, Ironie und humorvoller, augenzwinkernder Beschreibung des Schriftstellertums und Verlagswesens, dass dieses Buch, welches ich freundlicherweise vom Coppenrath-Verlag als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekam, allein schon deswegen einen besonderen Platz in meinem Bücherregal bekommen wird.

Der erfolgreiche Autor Wilhelm Münsterbach reist aus beruflichen Gründen - offiziell um Ideen für sein neues Buch auszuarbeiten - samt Tochter Tullia, Sohn Nick und Haushälterin Harietta zur Insel Montamar. Diese Insel ist nämlich etwas Besonderes, denn sie wird nur von Schriftstellern aufgesucht, die dort ihre Romanfiguren sozusagen "leibhaftig" entstehen lassen, kennenlernen, beobachten und perfektionieren können. Nach dem Wunsch des Vaters sollen auch bislang sein recht unbegabter Sohn - zumindest hält sich Nick dafür und glaubt auch, dass dies sein Vater tut - und seine schon recht vielversprechende Tochter, die gerade an ihrem ersten Roman arbeitet, in seine Fußstapfen treten und Nick ist daher zu einem Ferienkurs im "Figurisieren" angemeldet. Eigentlich sollte um diese Zeit ja die Mutter der Kinder, eine erfolgreiche Archäologin, zu einem Kurztrip nach Hause kommen. Doch dieser Besuch, eh schon selten genug, wurde aus terminlichen Gründen verschoben, wofür Nick dem Vater insgeheim die Schuld gibt.
Daher versucht Nick dem Vater auf jeden Fall zu verheimlichen, wie neugierig er in Wahrheit auf die Insel und die Bewohner von Montamar ist. Sein erster Eindruck ist denn auch völlig verwirrend, zumal ihn kurz nach der Ankunft zwei Jugendliche auf dem Weg in die Unterkunft der Familie Münstermann überfallen und verkloppen wollen. Nur durch Levin Leroque, einem kräftigen Jungen etwa seines Alters, dessen Eltern einen Buchladen auf Montamar betreiben, kommt Nick nicht nur aus dieser bedrohlich wirkenden Situation frei, sondern beginnt mit der Zeit — genau wie der Leser des Romans — einige Zusammenhänge und spezielle Begebenheiten und Eigenschaften der Insel Montamar zu begreifen. Auch dem Ferienkurs bei der überstrengen Fräulein Schengensieck - die Ähnlichkeit mit der Prusseliese aus den Pippi Langstrumpf Romanen ist ganz sicher gewollt! - im Figurisieren kann Nick mit der Zeit durch Levin, die spätere Teilnahme seiner eigenen Schwester und durch die Romanfiguren, die sie allesamt erschaffen, immer mehr abgewinnen.
Denn Montamar ist ein komplexes, ausgeklügeltes Gesellschaftssystem der Beziehungen zwischen den Autoren und ihren Romanfiguren, welches auf den ersten Blick bis ins kleinste Detail durchdacht und geregelt zu sein scheint.
Während Nick, nach dem ersten zaghaften Figurisierungsversuch, einer Gestalt mit einer Mischung aus Jack Sparrow und dem gestiefelten Kater aus den Shrek-Filmen, allmählich Gefallen am Figurisieren findet und bei der Entwicklung der Romanfiguren für den gesamten Ferienkurs auch der Spaß nicht zu kurz kommt, es auch in Montamar unglaublich viel zu entdecken und zu erforschen gibt, was mit seinen neuen Freunden, der recht gut entwickelten Romangestalt Robyn, der Nick alle Eigenschaften verpasst, die er selbst gerne hätte, erst so richtig Freude macht und er nun sogar eine bessere Beziehung zu seiner eigenen Schwester bekommt, geschehen um seinen Vater herum immer mehr geheimnisvolle Dinge. Ja, es wird sogar eingebrochen bei den Münsterbachs und später sogar sein Vater entführt...und all das hat mit einem Buch zu tun, dass sehr wichtig ist für Montamar und das auf keinen Fall in die falschen Hände geraten darf. Schade, dass es Montamar nicht wirklich gibt. Ich zumindest würde mir das zu gerne mal selbst anschauen. Zum Glück und zur Freude aller Leser schreibt Mari Ronberg aber schon eine Fortsetzung, die ich zumindest mir ganz sicher nicht entgehen lasse.

1 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 04.08.2010
Arthur und der Botschafter der Schatten / Arthur Bd.2
Ruebenstrunk, Gerd

Arthur und der Botschafter der Schatten / Arthur Bd.2


ausgezeichnet

Der zweite Band der spannenden Fantasy-Reihe um die geheimnisvollen, vergessenen Bücher beginnt auch sofort mit zwei sehr mysteriösen Begebenheiten:
Pluribus, der undurchsichtige, hagere Typ, der uns schon im ersten Band begegnete und den Arthur und Larissa nur als nervige, aber harmlose Vogelscheuche bezeichnen, kommt in das Antiquariat des Bücherwurms, als Arthur alleine ist und nervt ihn mit einer wüsten Story über Schattenwesen, die wieder aufgetaucht seien und vor denen man sich hüten müsse.
Zunächst messen der Bücherwurm, Larissa und Arthur dem keine große Bedeutung bei, denn Larissa hat zeitgleich eine Nachricht erhalten, die sie in helle Aufregung versetzt. Angeblich sollen ihre Eltern, die vor Jahren bei einem Autounfall in der Wüste zu Tode gekommen sein sollen, doch noch leben und Larissa wurde aufgefordert, nachts zu einer bestimmten Uhrzeit im Park zu sein, wenn sie an detaillierteren Infos Interesse habe.
Tatsächlich erscheint den beiden Jugendlichen — denn Arthur begleitet Larissa natürlich - auch zum verabredeten Zeitpunkt eine hypnotisch wirkende, kaum wirklich feststofflich wirkende Schattengestalt, die Larissa einen Brief ihrer Eltern übergibt und ihr einen Handel vorschlägt: Ihre Eltern werden freigelassen im Austausch gegen das Buch der Wege.
Die technikbegeisterte Larissa hat die Begegnung gefilmt, so dass die Jugendlichen den Bücherwurm perfekt von dem Treffen in Kenntnis setzen können. Er erzählt ihnen eine uralte Legende, die besagt, dass die Einwohner der Stadt, wo einst alle vergessenen Bücher aufbewahrt waren, nie starben,
sondern zu Schattenwesen wurden und seit dem Verschwinden der Bücher auf der Suche nach ihnen und der damit verbundenen Macht seien. Vor allem das Buch der Wege dürfte daher für die Schatten von immenser Wichtigkeit sein, denn sie vermuten gewiss, Hinweise darin zu finden, wo oder wie die anderen Bücher zu finden sind. Eine actionreiche Suche durch Europa beginnt, die in Cordoba beginnt und ihr Showdown in Dubrovnik findet. mehr soll davon allerdings nicht verraten werden, um den Lesern den Spaß und das Miträtseln nicht zu verderben.
Allerdings werden wir im Verlauf der Geschichte noch erfahren, dass die vergessenen Bücher mit ihren bemerkenswerten Eigenschaften nicht von jedem auf die gleiche Art benutzt werden können. Genau so eben, wie eine Schaufel zum Graben und Pflanzen oder für üble Zwecke benutzt werden kann, je nachdem, wer sie gebraucht, verhält es sich auch mit der Nutzung der vergessenen Bücher.
Es gilt also nicht nur, die Bücher selbst erst einmal zu finden, was oft nur durch Intuition und Zufall in Kombination mit Logik und gesundem Menschenverstand zu bewerkstelligen ist, sondern auch immer dafür zu sorgen, dass sie nicht in falsche Hände geraten.
Was ich an dieser Reihe, die eigentlich für jugendliche Leser gedacht ist, so schön und erfrischend finde, ist, dass man nicht nur als Jugendlicher Spaß an der Geschichte hat. Sicher werden Jugendliche die Romanreihe anders aufnehmen als Erwachsene, denn es besteht meiner Meinung nach ein recht hohes Identifikationspotential sowohl mit der Figur der Larissa als auch mit Arthur und es kommt in den Romanen recht viel aus der realen Welt von Jugendlichen vor, wie Handys, GPS, Google etc., mit denen sich ein Jugendlicher heute halt konfrontiert sieht und irgendwie klar kommen muß. Allerdings spricht Gerd Ruebenstrunk in seiner Fantasy-Reihe auch zeitlose ethische Themen an. Dass man z.B. nie wirklich weiß, wem man vertrauen kann, es niemanden gibt, der alles kann und alles weiß, es eben keine klare Trennung zwischen Gut und Böse gibt, wie Freundschaft oder gar Liebe langfristig entsteht, Jungen nicht nur technisch begabt sein müssen, sondern sehr wohl sensibel und dennoch praktisch veranlagt sein können, Mädchen umgekehrt keine Wesen sein müssen, die hilflos ihren Gefühlen ausgeliefert sind, es generell Dinge geben kann, die sich nicht immer erklären lassen und vieles mehr.
Ein großartiger Autor und ein toller Verlag.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.07.2010
Mirrorscape - Gefangen im Reich der Bilder
Wilks, Mike

Mirrorscape - Gefangen im Reich der Bilder


ausgezeichnet

Melkin Womper, der Sohn eines armen Leinewebers in einem kleinen Dorf, ist dreizehn Jahre alt, als sein Lebenstraum anfängt, Wirklichkeit zu werden. Von der Natur aus mit dem Talent bedacht, gut malen zu können, wird er unverhofft ausgewählt, Schüler an der berühmten Schule des begnadeten Künstlers Ambrosius Blenk in der faszinierenden Hauptstadt des Landes, Vlam genannt, zu werden.

Melkin, kurz Mel genannt, ist ein kluges und neugieriges Bürschen und findet sehr schnell heraus, wie die politische Situation in Vlam gelagert ist: es gibt fünf Gilden, die um die Macht im Lande rangeln und von denen eine, die fünfte Gilde (Herrscher über den Sehsinn), die Menschen der sieben Königreiche unterjochen, beherrschen und kontrollieren will. Ambrosius Blenk steht auf ihrer Abschußliste, weil er sich ihnen nicht fügen will, sondern sich ihnen als Einziger noch entgegenstellt und auch die Schüler seiner berühmten Künstlerschule sind deswegen ebenfalls in Gefahr.

Mel hat aber auch sonst stark unter den Trietzereien der älteren Lehrjungen zu leiden und so ist es nur logisch und folgerichtig, dass er sich mit Wren, einem Küchenmädchen und Ludo, ebenfalls ein Schüler Blenks, zu einer kleinen Gruppe zusammenschließt. Eines Tages beobachten diese, wie Ambrosius Blenk vor einem seiner prachtvoll gefertigten Bilder ein merkwürdiges Zeichen in die Luft zeichnet und einfach in dem Bild verschwindet. Die gemalten Bilder sind nämlich Tore in eine Spiegelwelt voller Wunder, wenn man die geheime Geste kennt, mit der man sich quasi den Schlüssel schafft, um in ihre Welt eintreten zu können.

Auch Mel und seinen Freunden wird klar, was für eine faszinierende Möglichkeit das darstellt: Ein Bild, eine Landschaft malen und sich quasi hineinträumen. Anything goes.
Aber, natürlich birgt das auch große Gefahren, die die fünfte Gilde vor allem in diese hineinsetzt. Davon werde ich mal nicht allzu viel verraten, um das faszinierende Lesevergnügen nicht zu schmälern. Mike Wilks unerschöpflich scheinenden Ideen-Springbrunnen sollte man besser selbst auf sich einwirken lassen.
Aber auch sonst lernen die Freunde, dass man sehr vorsichtig und umsichtig im Umgang mit den gemalten Fantasy-Welten sein muß und gut überlegen, was man malt und womit.

Schnell finden Mel und seine Freunde heraus, dass die Welten der Gemälde auch untereinander verbunden sind und als ihr Lehrer spurlos verschwindet und die Häscher der fünften Gilde die Schule überfallen, gibt es für sie kein Zögern mehr, sondern sie machen sich auf die Suche nach Ambrosius und erleben in den Bilderwelten dabei die skurrilsten und fantastischsten Abenteuer.

Das Grundprinzip, Gut gegen Böse, Willkür gegen Freiheit im Denken und Handeln ist ja nun nicht gerade neu, aber hier wird die Grundidee von Parallel- und oder Traumwelten von einem Meister seines Fachs so umgesetzt, dass es ein Vergnügen für alle Sinne des Lesers ist. Für mich recht einfach erklärlich, wenn man mal Mike Wilks Bilder sieht. Wer sowas malen kann, muß für mich zumindest Geschichten oder Szenen dazu im Kopf haben. Er brauchte sie eigentlich nur noch aufzuschreiben und das tat er zu unserem Leserglück ja nun auch.

Das Grundgerüst der Geschichte bilden die mittelalterlich anmutende Stadt Vlam mit ihrem Gildensystem und dem offenbar nie enden wollenden Wunsch machtgieriger Despoten , die alles Fantasievolle und Schöne beherrschen und unterdrücken wollen und dem unbezähmbaren Freiheitsdrang der Kreativen auf der anderen Seite.
Allerdings kommt es, gerade weil diese Konstellation nicht neu ist, immer darauf an, wie es von einem Autor umgesetzt wird und Mike Wilks und seinen Protagonisten folgt man gerne.
Ein Kleinod für Fantasyliebhaber und solche, die es werden wollen!

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.07.2010
Mobbing
Pehnt, Annette

Mobbing


ausgezeichnet

Zitat aus Wikipedia: "Mobbing oder Mobben (von englisch to mob „anpöbeln, angreifen, bedrängen, über jemanden herfallen“ und mob „Meute, Gesindel, Pöbel, Bande“) steht im engeren Sinn für „Psychoterror am Arbeitsplatz mit dem Ziel, Betroffene aus dem Betrieb hinauszuekeln.“[1] Im weiteren Sinn bedeutet Mobbing, andere Menschen ständig bzw. wiederholt und regelmäßig zu schikanieren, zu quälen und seelisch zu verletzen [2], beispielsweise in der Schule (Mobbing in der Schule), am Arbeitsplatz, im Sportverein, im Altersheim oder im Gefängnis [3]. Typische Mobbinghandlungen sind die Verbreitung falscher Tatsachen, die Zuweisung sinnloser Arbeitsaufgaben, Gewaltandrohung, soziale Isolation oder ständige Kritik an der Arbeit.

1963 hat der Verhaltensforscher Konrad Lorenz den Begriff „Mobbing“ (Hassen) geprägt: Er bezeichnete damit Gruppenangriffe von Tieren auf einen Fressfeind oder anderen überlegenen Gegner – dort von Gänsen auf einen Fuchs. Der schwedische Arzt Peter-Paul Heinemann verwendete 1969 den Begriff für das Phänomen, dass Gruppen eine sich von der Norm abweichend verhaltende Person attackieren."Zitat Ende.

Mobbing ist also ein Sammelbegriff für verschiedene, oft höchst komplizierte Verhaltensweisen einer Gruppe gegenüber (vermeintlichen) Außenseitern. Meistens verstehen wir allerdings „nur" das Hinausekeln eines unerwünschten Mitarbeiters am Arbeitsplatz darunter. Annette Pehnt zeigt mit ihrem Roman „Mobbing" allerdings, dass weit mehr damit zusammenhängt bzw. dass Mobbing mehr umfassen kann und vielschichtigere Auswirkungen hat als nur von einer Arbeitsstelle vertrieben zu werden.
Joachim Rühler, verheiratet, 2 Kinder, ein Mittelreihenhaus, als Behördenangestellter bisher u.a. zuständig für Jugendarbeit und -austausch und bis dato der Ansicht, er arbeite mit einem langjährig zusammengewachsenen Team, bekommt einen anderen Vorgesetzten, besser gesagt, eine neue Vorgesetzte, die seinem Freund und Kollegen Markus und ihm selbst subtil und sukzessive, allmählich, aber stetig aus ihren bisherigen Aufgabenbereichen drängt, sich für sie nicht mehr ansprechbar zeigt und andere, ihr genehmere Untergebene fördert. Dieses Hinausdrängen gipfelt in den Entlassungen beider.

Während der aktiven Mobbingphase beginnt Joachim unter Schwindelanfällen und Schlafstörungen zu leiden, die vermutlich eine klassische körperliche Reaktion des Körpers auf die Bedrohung seiner Existenz sind, die Geschwindigkeit des Mobbingprozesses allerdings nur noch erhöhen. Der Freund Markus gibt diesem Druck irgendwann nach, Joachim selbst wird allerdings erst nach geraumer Zeit unter fadenscheinigen und rechtlich anfechtbaren Gründen fristlos entlassen. Nach dem gewonnen Rechtsstreit wird er auch wieder eingestellt, allerdings unter unzumutbaren Arbeitsbedingungen.
Diesen länger andauernden Prozess bekommen wir als Leser allerdings nicht aus der Sicht von Joachim erzählt, sondern durch seine Ehefrau bzw. deren Gedanken, Reaktionen, Ängste und Sorgen. Denn durch die Probleme auf der Arbeitsstelle, die Joachim als Krieg empfindet, geschieht natürlich auch etwas in der Ehe, der Familie, hat Auswirkungen auf Bekannte, Freunde und Verwandte.

Ich finde, Annette Pehnt hat mit „Mobbing" einen sehr guten Roman geschrieben, der dem Leser viel Spielraum für eigene Überlegungen lässt, wie man selbst in solch einer Situation reagieren würde, ob nun als direkt Betroffener oder als mit betroffener Lebenspartner. Und gleichzeitig wird von der Autorin recht klar und teilweise sogar unangenehm deutlich umrissen, wie die Gesellschaft reagiert, wenn jemand plötzlich ins Abseits gerät.
Das Buch hat nur wenige Seiten und ist sehr schnell durchgelesen und kann doch einen riesengroßen Nachhall im Leser erzeugen. Zu welchen Zugeständnissen ist man selbst eigentlich bereit, um zu der Gesellschaft dazu zu gehören, wo ist die individuelle persönliche Grenze und welche Werte hat man eigentlich selbst, bis zu welchem Punkt lässt man die eigene Freiheit durch andere einschr

0 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.07.2010
Auf den zweiten Blick
Picoult, Jodi

Auf den zweiten Blick


ausgezeichnet

Die Anthropologin Cassandra, genannt Cassie und der Filmstar Alex Rivers haben mehr als nur ein kaputtes Elternhaus gemeinsam. Auf der Suche nach Selbstbestätigung, Anerkennung und Zuneigung sind beide und jeder möchte wenigstens ein einziges Mal etwas Großes und Einzigartiges vollbracht haben, worüber alle anderen staunen sollen…etwas, was einen Menschen aus der namenlosen Menge heraushebt.

Für Alex ist das der Oskar in allen Kategorien und für Cassie ein außergewöhnlicher Fossilienfund.

Beides erreichen die beiden, zudem verlieben sie sich auf das Heftigste ineinander und so könnte eigentlich eine Ehe der beiden für andere wie eine Traumverbindung sein, die sich jeder wünscht.

Aber sie werden von ihrer Vergangenheit eingeholt. Alex neigt immer wieder zu unkontrollierten Wutausbrüchen, wenn nicht alles nach seinen Wünschen geht und er greift zu den einzigen Mitteln, welche er schon vom Vater vorgelebt bekam: zum Alkohol und zur Gewalt. Er schlägt Cassie, die einzige Frau, die er doch offensichtlich so sehr liebt. Als Cassie schwanger wird und das Kind, von dem Alex noch nichts weiß, durch die Schläge und Tritte von Alex verliert, wird ihr bewußt, dass es so nicht weitergehen kann.

Durch Zufall fällt ihr ein Drehbuch in die Hände, dass wie geschaffen ist für Alex. Cassie überredet ihn, dieses Drehbuch zu verfilmen und erhofft sich, dass er sich dadurch seiner eigenen Vergangenheit stellen und ihr beider Leben in den Griff bekommen wird. Doch das echte Leben ist halt kein Hollywood-Film. Alex hat zwar DEN beruflichen Erfolg seines Lebens, aber er wird dadurch nicht geläutert, sondern nur noch besitzergreifender gegenüber Cassie und reagiert auf seine Verlustängste in bezug auf sie nur noch brutaler, indem er Cassie bei seinem nächsten Wutausbruch so stark mißhandelt, dass sie zwar fliehen kann, aber halbtot und mit Amnesie auf einem Friedhof zusammenbricht.

Als sie wieder zu sich kommt, wird sie durch den Halbblutindianer Will aufgelesen, der ihr Unterschlupf gewährt. Auch er hat Probleme mit seiner Herkunft und möchte am liebsten seine Abstammung von den Sioux verleugnen und vergessen. Will wurde wegen eines tätlichen Übergriffs im Reservat von seinem Stamm, zu dem er sich nur äußerst unwillig bekennt, ausgeschlossen und möchte nun sein Glück bei der anderen, weißen Hälfte seiner Mitmenschen versuchen.

Als Cassies Amnesie allmählich verschwindet und sie zu Alex zurückkehrt, kehrt die Erinnerung an ihre wahre dunkle, problembehaftete Beziehung zu Alex nur ganz allmählich zurück. Zu gut hatte sie sie ja auch inmitten all des Glanzes und Glemmers immer wieder verdrängt.
Als ihr allerdings die ganze Vergangenheit – nicht zuletzt dadurch, dass sie erneut schwanger ist – wieder bewußt wird, bittet sie Will, sie im Reservat der Sioux bei dessen Großeltern zu verstecken, bis ihr Kind gefahrlos zur Welt kommen kann und bringt damit eine schwerwiegende und weitreichende Wendung in ihrer aller Leben.

Jodi Picoult schafft es wie kaum ein anderer Schriftsteller, zwischenmenschliche Beziehungen präzise und nachfühlbar zu beschreiben und miterlebbar zu machen. Für mich ist sie eine wirkliche Ausnahme-Autorin, die den Leser ohne erhobenen Zeigefinger an die Hand nimmt, etwas erzählt und zeigt und den Leser selbst entscheiden läßt, wie er reagiert und gehandelt haben würde.
Sehr empfehlenswert für Leser, die gerne denken und eigene Schlußfolgerungen ziehen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.07.2010
Salvador und der Club der unerhörten Wünsche
Torres Blandina, Alberto

Salvador und der Club der unerhörten Wünsche


ausgezeichnet

Alberto Torres Blandina hat uns mit dem Roman "Salvador und der Club der unerhörten Wünsche" ein ganz bezauberndes Stück Literatur geschenkt. Schaut man auf die Informationen über den Autor auf dem Buchcover und betrachtet sein Foto, stellt man auch sehr schnell fest, dass der junge Mann auch wohl selbst den Schalk in den Augen trägt, ebenso wie sein äußerst liebenswerter Protagonist Salvador.

Salvador ist nach seiner eigenen Aussage Putzmann auf dem Flughafen, fegt seit dreißig Jahren schon die Flughafenhalle und ist zufrieden mit seinem Leben. Seine Frau Leonore ist schon seit ein paar Jahren tot und Salvador kümmert sich sowohl um die anderen Angestellten im Flughafengebäude als auch um viele Reisende. Im Stil der irischen oder arabischen Geschichtenerzähler hat er für jeden lustige, nachdenklich machende, romantische und skurrile Geschichten parat. Senorita Juana vom Kiosk, die er damit sogar in liebenswürdiger Weise umwirbt, bekommt genau so ihre auf sie persönlich zugeschnittenen Geschichten von ihm, wie der Aussteiger, der nach Indien fliegen will und bei dem Salvador auch nicht vor einem liebevollen Verkupplungsversuch mit einer netten Stewardess zurückschreckt.

Denn Savador kennt und liebt eben das Leben, die Liebe, die Menschen und die Phantasie und ist der festen Ansicht, ein Flughafen ist eine Art Zwischenstation, ein Niemandsland, wo einfach alles möglich ist. Schließlich gibt es dort einfach alles: Menschen, die gerade im Aufbruch in ein neues Leben oder auch nur ein anderes Land sind - und seien wir doch mal ehrlich: dass es Japan gar nicht wirklich gibt, fotografierende japanische Gruppen und Sushi lediglich ein Werbegag sind - vermuteten wir das nicht alle schon? Egal, ob Menschen also im Flughafenterminal ankommen oder auf ihren Abflug warten, Salvador mit seinem Besen ist der bodenständige Teil, der mit viel Humor und Witz und seiner lebenslangen Erfahrung und Menschenkenntnis seine Gedanken fliegen läßt und jeden dabei mitnimmt, der ihm zuhört. Denn wie er selbst sagt: (Zitat) "Ganz einfach. Reiseziele sind wie Frisuren, Schuhe ... oder Ehepartner. Wir suchen uns die aus, die am besten zu uns passen." (Zitatende).

Dieses Buch nimmt man in die Hand, taucht ein in die vielen herzerfrischenden Episoden, genießt es in einem Rutsch und fühlt sich wunderbar unterhalten und reich beschenkt von diesem ideenreichen Autor. Hoffentlich schreibt er noch viele solcher Kleinode der Literatur.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.07.2010
Zeit der Gespenster
Picoult, Jodi

Zeit der Gespenster


ausgezeichnet

Der neueste Roman der Erfolgsautorin Jodi Picoult, Originaltitel "Second glance", von dem sie selbst sagt, dass es bislang ihr bestes Werk ist, enthält einige ziemlich schwierige Themen für mich.
Ross Wakemann verlor auf tragische Weise seine über alles geliebte Verlobte Aimee bei einem Autounfall und leidet seitdem einerseits unter Todessehnsucht, um mit Aimee wieder vereint zu sein und andererseits unter schweren Selbstvorwürfen, weil er nach Aimee auch noch eine andere Frau aus dem brennenden Auto des Unfallgegners rettete, anstatt sich ausschließlich um Aimee zu kümmern. Die Frage, ob er Aimee hätte retten können, wenn er nicht für andere den Helden gespielt hätte, bestimmt sein weiteres Leben und so sucht er Antworten (und wenn möglich Kontakt zu Aimee) bei Leuten, die Geistererscheinungen und -begegnungen hatten.
Da kommt ihm der Auftrag, herauszufinden, ob es auf einem geplanten Baugrundstück seines Heimatstaates Vermont spukt, gerade recht. Einige Leute behaupten, der geplante Supermarkt solle auf einem ehemaligen Indianerfriedhof der ortsansässigen Abenaki errichtet werden, andere sind der Ansicht, das dort auch abzureißende Haus der angesehenen Familie Pike beherberge das Geheimnis um einen mysteriösen und auch nach 70 Jahren noch nicht geklärten Doppelmord an Cecilia Pike und deren neugeborener Tochter.
In mehreren unterschiedlichen Erzählsträngen, die von der Autorin virtuos verflochten werden bis zu einem schlußendlich stimmigen Gesamtbild, erfahren wir nach und nach, was vor 70 Jahren wirklich geschah, welche Verbindungen es zu Ross Schwester Shelby gibt, die einen Sohn großzieht, der an einer unheilbaren Lichtallergie sterben wird. Wir lernen die Ärztin Meredith kennen, die verzweifelten Eltern durch die Invitro-Befruchtung zu gesundem Nachwuchs verhilft und deren Tochter von Geisterbegegnungen geplagt wird. Der schon 102 Jahre alte Indianer Gray Wolf, der fast ebenso alte Spencer Pike, Meredith Großmutter Ruby und nicht zuletzt der Geist Lia helfen - oft ungewollt - Ross und Eli, den ortsansässigen Polizisten, bei der Aufklärung und Entwirrung der Geschehnisse, die vor 70 Jahren die Ursache für unfaßbar viel Schmerz und Leid darstellten. Es fällt mir nicht gerade leicht, daran zu glauben, dass ein verstorbener Mensch als Geist wieder mit lebenden Menschen in unserer realen Welt Kontakt aufnehmen kann.
Zum anderen wußte ich bis dato nicht, dass es in 33 Staaten Amerikas und angeblich auch vielen anderen Teilen der Welt ein Projekt gab, das die Bezeichnung Eugenik trägt, welches durch Hitler im 2. Weltkrieg mit den allseits bekannten unglaublich perfiden und menschenverachtenden Folgen auf die Spitze getrieben wurde. Von angesehenen, gebildeten Wissenschaftlern, Ärzten, Politikern und vielen anderen einflußreichen Persönlichkeiten gab es in der Zeit zwischen 1920 bis 1930 tatsächlich Bestrebungen, die Bevölkerung der Staaten von sogenanntem degenerierten Erbgut zu schützen und zu befreien. Der Hang zum Alkoholismus, jede Art von Andersartigkeit, Lernschwächen, Krankheiten galten als vererbbar und als Gendefekte, vor denen man die "normale" Bevölkerung schützen wollte.
Es wurden mit viel monetärem Aufwand Familienstammbäume zur Untermauerung dieser Thesen erstellt und die lebenden Abkömmlinge von nachweislich degenerierten Familien zwangssterilisiert. Dass man Gott spielte, war vielen nicht bewußt und wenn doch, meinte man sicherlich, dass der Zweck die Mittel heiligte.Und damit sind wir beim dritten Themenkreis angekommen, den Jodi Picoult in dem Roman anspricht: vorab im Reagenzglas entscheiden zu können, welcher von einer Vielzahl von DNA-Trägern geboren werden darf und welcher nicht, Babys, mit der Anlage zu schweren Krankheiten gar nicht erst im Mutterleib heranwachsen zu lassen.
Darin liegt Jodi Picoults großartiges Talent. Sie schreibt dem Leser nicht vor, welche Ethik er haben soll, woran er glauben soll, sondern zeigt differenziert, präzise und doch ausführlich alle möglichen Facetten.
Lesenswert.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.07.2010
Der dunkle Wächter
Ruiz Zafón, Carlos

Der dunkle Wächter


ausgezeichnet

Das Geschehen ist in Frankreich im Sommer des Jahres 1937 angesiedelt: Nach dem Tod ihres Mannes, der ihr einen Haufen Schulden hinterlassen hat, verlässt Simone Sauvelle gemeinsam mit ihren Kindern Dorian und Irene die Hauptstadt Paris. Ein alter Freund der Familie hat Mutter Simone in einem kleinen Fischerdorf an der normannischen Küste eine sehr gute Stelle als Haushälterin des Spielzeugfabrikanten Lazarus Jann verschafft und zunächst scheint es auch so, als ginge es bei den Sauvelles nun langsam wieder aufwärts.Nach der schweren Zeit in Paris erscheint ihnen der kleine Ort am Meer ein perfekter Ort für einen Neuanfang zu sein.
Dorian durchstreift die Gegend und geht seiner Begeisterung für die Karthographie nach, Mutter Simone ist von dem seltsamen Charm des Landgutbesitzersbesitzers Lazarus Jann, der sich als äußerst großzügig erweist recht angenehm berührt und macht sich immer weniger Gedanken um skurrile Schrullen von ihm.

Sie dürfen zwar alle einen großen Teil des Landsitzes Cravenmoore nicht betreten, weil im gesamten Westflügel des Anwesens angeblich Lazarus Janns schwerkranke Frau weilt und nicht gestört werden darf und überall im Haus treffen sie auf die zahllosen mechanischen, teilweise unheimlichen und makaberen Puppen/Werke, die Lazarus fertigt - sogar über einen mechanischen Butler mit Namen Christian verfügt er - aber es gelingt ihnen lange, einige unheimlichen Merkwürdigkeiten - Dorian meint z.B. einmal kurz gesehen zu haben, dass der Körper des Hausherren gar keinen Schatten wirft - zugunsten eines geregelten, finanziell abgesicherten Lebens auszublenden.

Tochter Irene lernt über die quirlige Köchin Hannah deren Cousin, den Fischersohn Ismael kennen und verlebt mit ihm ihre erste zarte Liebe. Irene verbringt folgerichtig viel Zeit mit ihm in seinem Wohnort, er nimmt sie auf seinem Boot mit, zeigt ihr den alten Leuchturm, macht mit ihr Ausflüge zu einer geheimen Bucht und Fledermausgrotte und sie erfährt von den Legenden um die unheimlichen Septemberlichter, die man angeblich im verlassenen Leuchtturm vor der Küste sehen kann und einige andere Gruselstories von verschwunden Mädchen, die es vor Jahren in der Gegend mal gegeben haben soll.

Als jedoch eines Tages im Wald eine Mädchenleiche gefunden wird, scheinen die Gruselstories gar nicht mehr nur nette Schauergeschichten am Kamin zu sein und der Landsitz Cravenmoore inklusive seines skurrilen Besitzers vermutlich doch ein sehr düsteres Geheimnis zu bergen. Alle seltsamen Ungereimtheiten, die bisher nicht großartig beachtet wurden, erscheinen plötzlich in einem anderen Licht: was für Briefe bekommt zum Beispiel der Hausherr aus Deutschland, die Simone nicht öffnen darf, obwohl sie sonst seine gesamte Post sogar erledigen soll. Warum sind die Geschichten, die Lazarus Dorian aus seiner Kindheit erzählt, so traurig und was ist wirklich mit Lazarus Ehefrau?Ist doch etwas Wahres dran an den Gerüchten über eine Mordserie, die sich um das Landgut Cravenmoore ranken?
Irene, Ismael und Hannah wollen der Sache auf den Grund gehen und begeben sich dadurch selbst in tödliche Gefahr.

Mehr sollte man nicht verraten, außer dass Carlos Ruiz Zafón meiner Meinung nach zu den Schriftstellern gehört, die durch ihre Schreibkunst Atmosphären schaffen können, die ihresgleichen suchen. Da stimmt eben einfach alles und man kann einfach nicht aufhören, seine Bücher zu lesen...auch, wenn dadurch mal anderes liegen bleibt.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.07.2010
Der Fürst des Nebels
Ruiz Zafón, Carlos

Der Fürst des Nebels


ausgezeichnet

Zum Glück für alle - und besonders für mich, die ich das Buch glücklicherweise gewonnen habe - hat der Fischer Jugendbuchverlag die legendäre Trilogie von Carlos Ruiz Zafón neu aufgelegt. Allein für das Buch "Der Fürst des Nebels" wurden in Sammlerkreisen Unsummen gefordert und auch bezahlt und daher gebührt dem Fischer-Verlag doppelter Dank, dass dieses Stück Kultur wieder zu einem vernünftigen Preis für alle Interessenten verfügbar ist. Gute Geschichten wie diese sollten nunmal für jeden erschwinglich sein und nicht einer reichen Minderheit vorbehalten bleiben!
Der einmalige Erzählstil Zafóns erinnert mich an Geschichten von Dickens, Frances Hodgson Burnett u.ä., die Kindern und Jugendlichen eine oft grausame und harte Realität nahebringen, ohne die Kinderseele, die hinter allem sehr wohl das Licht, das Positive zu finden weiß, jegliche Hoffnung zu nehmen. Egal, wie eine Bedrohung auch aussehen mag, aufgezeigt werden dennoch eingängig die Werte, die zuletzt zählen und erstrebenswert sind. Freundschaft, Liebe werden immer stärker und machtvoller sein als alles Unheimliche und Dunkle - und daher eignet sich auch dieses Meisterwerk Zafóns nicht nur für Jugendliche ab 14 Jahren.

Man schreibt das Jahr 1943, Schauplatz ist ein idyllisch gelegenes Dorf am Atlantik, in das der Uhrmacher Maximilian Carver mit seiner Familie einzieht, um den Kriegsschrecken zu entgehen. Dort hat er ein lange schon leerstehendes Haus gekauft, das einige Jahrzehnte vorher der Chirurg Dr. Fleischmann für sich und seine Frau Eva erbaute, über welches aber ein dunkler Schatten gefallen war, als deren sechsjähriger Sohn Jacob 1932 ertrank und kurz darauf auch Dr. Fleischmann verstarb.

Schon bei der Ankunft der Familie Carver geschehen merkwürdige Dinge: Die Bahnhofsuhr geht rückwärts, der jüngsten Tochter Irina läuft eine seltsame Katze zu, die einen besonderen Appetit auf Spinnen erkennen läßt und die beiden anderen Carver Kinder, Max und Alicia erleben sehr schnell Aufregendes und Unheimliches. Max entdeckt auf dem Nachbargrundstück einen unheimlichen Skulpturengarten, dessen zentrale Figur einen Zirkus-Clown darstellt, der recht lebendig wirkt. Umgeben von anderen Zirkusfiguren, angeordnet zu einem sechseckigen Stern, scheint der Garten eine tifere Bedeutung zu haben, dessen Ergründung Max sowohl anzieht als auch ängstigt.

Gemeinsam mit seiner Schwester Alicia lernt er Roland kennen, dessen Adoptiv-Opa der alte Leuchtturmwärter Victor Kray ist und der den Kindern recht abenteuerliche Geschichten zu erzählen und offensichtlich ein noch größeres Geheimnis vor ihnen zu verbergen weiß. Der Leuchtturmwärter nimmt die Kinder auf einen Tauchgang zum Wrack der gesunkenen Orpheus mit, deren Besatzung nie gefunden wurde und dessen einzig Überlebender der ehemalige Ingenieur Victor Kray selber ist, der nach seiner Rettung vor der Ertrinken den Leuchtturm erbaute und Roland nach dem Tode seiner Eltern aufzog.
Dem aufgeweckten Max fällt bei dem Tauchgang auf, dass das Symbol am Tor des Skulpturengartens identisch mit dem auf der Flagge des Schiffswracks ist und er bemerkt nicht nur, dass seine Schwester Alicia, zu der er bislang keine starke Beziehung hatte, sich allmählich in Roland verliebt, sondern er möchte auch das unheimliche Puzzle um Cain, den Fürst des Nebels, von dem der Leuchturmwärter immer wieder berichtet und vor dem er immer wieder warnt, dass man mit ihm keinen Pakt eingehen solle, lösen.

Gibt es ein altes Versprechen, einen Pakt mit dem Fürsten des Nebels, der bis in Maxens Zeit reicht und ist der Leuchturmwärter und/oder die Kinder tatsächlich in großer Gefahr?
Die ganze, äußerst spannende Geschichte findet in dem Familienleben der Familie Carver einen soliden, anheimelnden Rahmen, in dem die Kinder erwachsen werden trotz der Bedrohung aus Krieg und anderer Mächte wie dem Fürst des Nebels und läßt nie Zweifel an der Zuversicht aufkommen, trotz Rückschlägen mit allem gemeinsam fertig zu werden.

Ein Leseerlebnis der Spitzenklasse!

5 von 6 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.07.2010
Das Geheimnis der Schwarzen Hütte / Das Unkrautland Bd.2
Seitz, Stefan

Das Geheimnis der Schwarzen Hütte / Das Unkrautland Bd.2


ausgezeichnet

Der zweite Band von Stefan Seitz wundervoller Reihe über die Bewohner und deren Abenteuer im Unkrautland bringt uns Leser wieder ein Stückchen weiter in dem Gesamtwerk, das meiner Meinung nach wirklich seinesgleichen sucht im Buchangebot für Kinder-und Jugendliche. Der Autor sprüht nur so von tollen Ideen und vielleicht liegt ja sein Geheimnis darin, dass er einfach nur eine supergute Geschichte erzählt, die ich persönlich mir durchaus verfilmt vorstellen kann und die - ob nun in Buch- oder Filmversion - wirklich der ganzen Familie gefallen könnte.

Zum Inhalt des zweiten Bandes dieser Reihe, von der man unwillkürlich hofft, dass sie nie enden wird:

Primus ist wieder einmal auf nächtlicher Flugtour durch das stimmungsvoll im nächtlichen Nebel liegende Dörfchen Klettenheim, hat sich in der Konditorei wieder mit leckeren Sachen das Bäuchlein vollgeschlagen und genehmigt sich sozusagen als Nachtisch noch eine spannend erzählte Grusel-Gute-Nacht-Geschichte, die eine Großmutter gerade in einem windschiefen Häuschen gegenüber von der Konditorei ihren Enkeln erzählt.
Die Geschichte handelt von zwei kleinen Mädchen, die sich einst viel zu weit in den nahe gelegenen Finsterwald und die daran anschließenden Westlichen Sümpfe gewagt hatten, magische Orte, die von Irrlichtern, Baumnymphen, Wassergeistern und Hexen nur so wimmeln sollen und sich beinahe dem Zentrum der Westlichen Sümpfe, der geheimnisvollen schwarzen Hütte allzu sehr genähert hatten.
Nicht auszudenken, was diesen kleinen Mädchen hätte passieren können, wären sie nicht von den Bäumen gewarnt und vom plötzlich aufziehenden Nebel sanft und sicher aus der Gefahrenzone getragen worden.
Diese zauberhafte Geschichte, die die Großmutter ihren Enkeln als Erziehungsmittel erzählte, um sie vor dem Finsterwald und den Westlichen Sümpfen zu warnen und sie davor abzuschrecken, hat bei unserem lieben, kecken, gewitzten Primus jedoch den genau gegenteiligen Erfolg. Irgendwas kommt ihm - und übrigens auch dem Enkel der Großmutter - seltsam vor, so dass die beiden neugierig werden, ob an der Geschichte nicht vielleicht mehr Wahres steckt.

Da wird Primus von Snigg, dem Kürbis gebeten, zu seiner Freundin, der Kräuterhexe Plim, zu kommen, denn diese habe einen interessanten Hinweis auf die Nebelfee gefunden, die unsere beiden Protagonisten ja - neben dem Geheimnis um Meister Magnus Ulme - immer noch suchen.
In der schwarzen Hütte in den Westlichen Sümpfen soll sich ein kleines Büchlein befinden, das ihnen den Weg hinauf zu den Schwefelzinnen zur Nebelfee beschreiben soll, die dort gefangen gehalten werden soll. Plim hat nämlich die vertrocknete Rätselrübe wieder zum Reden gebracht und von dieser stammt der Tipp, der Primus, Plim und diesmal auch das Hühnergerippe Bucklewhee zum nächsten Abenteuer im Unkrautland führt.

Unsere Helden starten mithilfe von Plims supermodernen Hexerennbesen, der jedoch kurz vor der schwarzen Hütte versagt, sodass unsere kleine Gruppe zu Fuß weiter muß und natürlich warten große Gefahren auf sie, von denen ich ab jetzt wohlweislich schweigen werde, um die Spannung und Freude am Selberlesen nicht zu schmälern.

Erwähnen muß man allerdings noch, wie liebevoll und humorig Stefan Seitz seine Figuren mit all ihren kleinen Macken zeichnet. Seine Charaktere sind nicht nur so beschaffen, dass man gerne von ihnen liest, miträtselt und ihre Abenteuer und Dialoge genießt, sondern sich zumindest Kinder auch gerne mit ihnen identifizieren würden.
Die schlagfertige und ein bissl maulige Hexe Plim, den liebenswerten Optimisten Primus und alle anderen sehr gut entworfenen Figuren kann meiner Meinung nach eben niemand widerstehen, der gerne echte Fantasyromane liest, die mit Herz, Verstand und Liebe zum Detail geschrieben sind. Für solch einen Lesegenuß verzichte auch ich als Erwachsene sehr, sehr gerne auf so manche Romane, die für Erwachsene geschrieben wurden und lasse mich lieber von einem Autor wie Stefan Seitz bezaubern.

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