Autor im Porträt
Christian Kracht
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Eurotrash
Broschiertes Buch
Der Roman »Eurotrash« erzählt von einer Reise mit der seelisch wie gesundheitlich (fragilen) zerstörten Mutter. Im Taxi und mit der Bergbahn geht es durch die einstige Schweizer Heimat. Die Fahrt wird zu einer grausam-zärtlichen Erkundung der Kindheit eines Christian, der der Autor Kracht ist, aber als solcher immer schon ein anderer.
Der schonungslose Blick auf die Geschichte der Familie und ihrer Verstrickung in die Schatten des Zweiten Weltkriegs gibt dem Buch seine unvergleichliche Energie, seinen Humor und seine Intensität, wie sie nur Kunst besitzt.
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Der schonungslose Blick auf die Geschichte der Familie und ihrer Verstrickung in die Schatten des Zweiten Weltkriegs gibt dem Buch seine unvergleichliche Energie, seinen Humor und seine Intensität, wie sie nur Kunst besitzt.
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14,00 €
Ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten
Broschiertes Buch
Europa steht in Flammen. Hundert Jahre Krieg. Keiner erinnert sich mehr an den Frieden. Lenin hat Zürich nie verlassen, die Schweiz wird zur Kolonialmacht und ihre Alpenfestung zum uneinnehmbaren Réduit.
Christian Krachts Roman »Ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten« ist historischer Gegenentwurf und entlarvende Vision unserer ruinierten Gegenwart: faszinierend und irritierend, eines der erstaunlichsten Bücher der letzten Jahrzehnte.
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Christian Krachts Roman »Ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten« ist historischer Gegenentwurf und entlarvende Vision unserer ruinierten Gegenwart: faszinierend und irritierend, eines der erstaunlichsten Bücher der letzten Jahrzehnte.
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12,00 €
Christian Kracht
Kracht, ChristianIn Saanen in der Schweiz wurde Christian Kracht am 29. Dezember 1966 geboren. Nach der Schule nahm er in den USA das Studium der Filmwissenschaften auf, arbeitete bei verschiedenen Presseerzeugnissen und begann dann zu reisen - durch Asien ebenso wie durch Afrika oder den Südpazifik. Er zählt zu den modernen deutschsprachigen Schriftstellern. Seine Werke sind in 30 Sprachen übersetzt. 2012 erhielt Christian Kracht den Wilhelm-Raabe-Preis, für den Roman »Die Toten« 2016 den Schweizer Buchpreis sowie den Hermann-Hesse-Literaturpreis.Kundenbewertungen
Eurotrash (eBook, ePUB)
Christian Kracht ist Schweizer mit deutschen Wurzeln. Er sieht sich selbst als Kosmopolit. Nach eigener Aussage begreift er seine Romane eher „humoristisch“, löst mit seinem Werk und Leben allerdings häufig heftige Kontroversen aus. Ein Mensch und Autor, der nicht einzuordnen ist, und der in Eurotrash offensichtlich immer noch nach seinem eigenen Platz und Stellenwert in einem Leben sucht, dessen materielle Rahmenbedingungen andere bei einem flüchtigen Blick neidvoll als beste Vorraussetzungen für unbeschwertes Glück ansehen würden.
Eigentlich besteht Eurotrash aus zwei stilistisch sehr unterschiedlichen Teilen. Einem ersten Teil, in dem der Autor sinnierend in einem Hotelzimmer in Zürich liegt und kurz vor dem Treffen mit seiner Mutter die familiäre Vergangenheit autobiographisch Revue passieren lässt. In diesen Passagen, die ohne Zweifel ein ungeschöntes Stück Vergangenheitsbewältigung sind, hat Christian Kracht seine literarischen Höhepunkte. Bewegende Gedanken, tiefe Einblicke, gut ausformulierte, emotionale Textpassagen, flüssiger Erzählstil mit nur sparsam eingestreuten Dialogen.
Und zu verarbeiten gibt es mehr als genug.
Ihm selbst blieb es immer unklar, wie er sich aus der „Misere und den Geisteskrankenheiten“ dieser „zutiefst gestörten Familie“ heraus halbwegs normal entwickeln konnte. Diese Entwicklung scheint nicht abgeschlossen, denn die Vergangenheit ist für ihn auch heute noch „realer und präsenter als das Jetzt“.
Er gibt Einblicke in die Nazi-Vergangenheit der Familie, unter anderem am Beispiel des Großvaters mütterlicherseits, der es bis in die Reichspropaganda-Leitung in Berlin geschafft hatte und nach der Entnazifizierung wie so viele sowohl an seinen materiellen Gütern wie an seinem mentalen Gedankengut unbeirrt festhielt. Oder der Patenonkel, der viele Jahre versteckt hinter einem unbezahlbaren Gobelin eine sadomasochistische Folterkammer betrieb.
In die Historie eingewoben ist immer auch der polarisierende und provozierende Kracht, der mit diesem Buch keine Bewerbung für den diplomatischen Dienst abgibt: „Zürich, diese Stadt der Angeber und der Aufschneider und der Erniedrigung“. Oder Deutschland, „wo das Blut der ermordeten Juden immer noch in den Gassen klebte und die Menschen kein bisschen schüchtern waren“.
Er beschreibt den Aufstieg seines Vaters vom Volontär bei Axel Springer zum Generalbevollmächtigten des Verlagsmagnaten, wodurch dieser es schliesslich selbst zu einem millionenschweren Vermögen bringt.
Gerade in diesem Zusammenhang strauchelt der Leser. Da beschreibt Kracht einerseits die familiäre Anhäufung von immensen Reichtümern mit illustren Immobilien in Gstaad („das einmal Aga Khan gehört hatte“), in Cap Ferrat, in London, auf Sylt, am Genfer See, die Sammlung deutscher Expressionisten und alle anderen Insignien des väterlichen Erfolgs. Imposant zu lesen und fast so beeindruckend wie die Exklusiv-Veröffentlichung der Illustrierten Bunte über die Reichen und Schönen dieser Welt. Jedoch kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Kracht kokettiert. Oder lamentiert er wirklich glaubhaft, wenn er von „totem Geld“ spricht, durchdrungen von Angeberei und Übertreibung seines feudalistischen Vaters, zu dem er nie eine emotionale Bindung aufbauen konnte. Wieviel von allem war lange Zeit Grundlage seines sehr freien Lebensstils und wieviel ist wirklich Last?
Im wesentlich längeren zweiten Teil reist Kracht mit seiner alkohol- und medikamentenabhängigen Mutter kreuz und quer durch die Schweiz. Hier wechselt Kracht zu einem völlig anderen Stil mit einem dominierenden Anteil an Dialogen zwischen Mutter und Sohn und nur kurzen Erinnerungspassagen. Offensichtlich ist auch das Verhältnis zu seiner Mutter, die einen Großteil der Zeit in psychiatrischen Kliniken verbringt, mehr als kompliziert. „Ein ständiges Verlieren, ein ständiges Kapitulieren.“ Die offensichtliche Dominanz der Mutter lässt den Road-Trip zu einem Ödipus-Komplex auf vier Rädern werden. Bis zum Ende des Buches ohne erkennbare Chance auf mentale Abnabelung und emotionale Ablösung.
Zum Schluß sei noch etwas Wichtiges ergänzt, worüber der Autor seine Leser im Unklaren lässt, beziehungsweise das er vielleicht auch bewusst nicht definiert.
Eurotrash ist in aussereuropäischen Ländern eine Bezeichnung für dort lebende, gehobene und wohlhabende Europäer. Eine weiter gefasste Definition impliziert verarmte oder „trashige“ Europäer oder sehr abwertend „weißen Müll“.
Faserland
Von Sylt nach Zürich
Dieses Buch kam wohl auf meinen Nachttisch, weil es anfangs als Vorgänger von „Eurotrash“ galt. Letzteres ist noch auf meiner to-do-Liste. Mir hat gefallen, dass der Autor von Sylt über Hamburg, Frankfurt auch nach Heidelberg reist. Er wollte einem Trendforscher in Karlsruhe aus dem Wege gehen. Der Autor hat auch tatsächlich die Partyszene erforscht, wenn ich auch den Eindruck hatte, dass er noch im alten Hauptbahnhof ankam, was aber zeitlich nicht passt.
In Heidelberg endet das Buch nicht, es folgt noch München, der Bodensee und Zürich. Seine Reise besteht hauptsächlich aus Party. Er hat Freunde vom Internat in Salem und vermutlich reiche Eltern, den von Beruf des Ich-Erzählers erfahren wir nichts.
Weil ich der Partys im Alkoholrausch überdrüssig wurde erhält das Buch nur 3 Sterne. Es ist schnell gelesen. Ich hoffe, dass „Eurotrash“ mehr verdient.
Faserland
Pop-Trash
Der 1995 erschienene Debütroman «Faserland» des Schweizer Schriftstellers Christian Kracht hat damals nicht nur ein kontroverses mediales Echo ausgelöst, er hat auch eine ausufernde Debatte um seine Interpretation angestoßen. Vordergründig eine Roadnovel, im Kern allerdings ein kultur-pessimistisches Werk der Pop-Literatur. Auch wenn sein Autor diesen Begriff für sein Buch ablehnt, wurde es euphorisch als vermeintliches Gründungs-Phänomen einer sich abzeichnenden Renaissance genau dieser Literaturgattung bezeichnet.
Die zentrale Thematik der Selbstzerstörung in diesem Roman lässt verschiedene Interpretationen zu, man kann sie als pathologisch deuten oder aber als zynisch entlarvend. Der namenlose Ich-Erzähler ist ein etwa dreißigjähriger, ebenso arroganter wie dümmlicher Schnösel mit scheinbar unerschöpflichen Geldmitteln, der von einer Party in die nächste taumelt. Er verkörpert eine Sonderform des nichtsnutzigen Flaneurs, dessen Dasein von Sex, Drugs and Rock `n` Roll geprägt ist. Seine Reise von Sylt nach Zürich ist ziellos und von spontanen Launen bestimmt. Bekannte und Freunde, die er dabei trifft, sind ebenso skurrile Figuren wie er selbst. Es vergeht kein Tag ohne Alkohol- und Drogenexzesse, und wenn er nicht selber kotzt, dann kotzt einer seiner Freunde, das Kotzen gehört nun einfach mal dazu in diesem Roman.
Die Rolle des Protagonisten beschränkt sich auf das Zuschauen, er wird hineingezogen in das obskure Geschehen, ohne je dessen Initiator zu sein. Eine erzählwürdige Handlung existiert nicht wirklich in diesem langweiligen Zeitgeist-Roman. Das Wenige, das geschieht, wird in einer einfältigen, fast kindlichen Sprache geschildert und hat in seiner Absurdität Ähnlichkeit mit der spätrömischen Dekadenz. Wie die antike Oberschicht, die sich auf ihren Fressgelagen per Gänsefeder zum Kotzen gebracht hat, um danach munter weiter völlern zu können, so dröhnt sich hier der Antiheld aus dem gleichem Grund mit Alkohol voll. Er verkörpert quasi eine Art ‹Lustkotzer›, dem genau das Spaß zu machen scheint, er legt es jedenfalls bewusst darauf an. Die Freundschaften, die er pflegt, sind brüchig, mit Mädchen kann er scheinbar gar nichts anfangen, er weicht ihnen aus, den Sex haben immer die anderen, wenn sie nicht zu besoffen dafür sind. «Faserland» ist zudem das Fanal eines Konsum-Fetischismus, bei dem besonders Kleidung im Vordergrund steht als ästhetische Trivialität. Unzählige Produkt- und Markennamen wie auch angesagte Bars, Hotels und andere Locations ‹bereichern› den Erzählfluss des jugendlichen Müßiggängers. Dieser Markenwahn ist ein beredter Hinweis auf die sich Anfang der 90er Jahre bereits abzeichnende Entwicklung Deutschlands hin zu einer wohlstands-verwahrlosten Spaßgesellschaft. Während all dieser geschilderten Nichtigkeiten sinniert der Protagonist immer wieder über banale Kindheits-Erlebnisse und äußert zu allem und jedem seine naiv-dümmliche Meinung fernab jedweder intellektueller Reflektion.
Als Leiden an einer zur Kommunikation unfähigen Welt versinkt der Antiheld in einem bedrohlichen Sinnvakuum. Die aus seiner Identitätskrise resultierende Verzweiflung kann er nur unzureichend durch sein betont lässiges Verhalten kaschieren. Schließlich eskaliert seine lethargische Teilnahmslosigkeit am Zürichsee in einem Strudel von Selbstmitleid, das in keiner Weise gerechtfertigt ist. Vom teuersten Hotel der Stadt, in dem er Logis genommen hat, lässt er sich im Taxi nach Kilchberg zum Friedhof fahren. Dort befindet sich bekanntlich das Grab von Thomas Mann, das er aus einer Laune heraus besuchen will. In der Dämmerung findet er es aber nicht und geht zu Fuß zurück an den See. Für zweihundert Franken bringt er dort jemanden dazu, ihn im Dunkeln mit dem Ruderboot auf die andere Seite des Sees zu rudern. «Bald sind wir in der Mitte des Sees. Schon bald.» heißt es weihevoll am Schluss. Diesem Kultbuch soll nächstes Jahr eine Fortsetzung unter dem Titel «Eurotrash» folgen, allen Kracht-Fans sei es gegönnt!
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