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Stella Petersen war zweifellos eine der beliebtesten Lehrerinnen am Lessing-Gymnasium. Ihre Lebensfreude, ihre Intelligenz und Belesenheit verschafften ihr die Anerkennung und den natürlichen Respekt des Kollegiums wie den ihrer Schüler. Und gewiss führte die Liebe zu ihrem Schüler Christian, die über das ungleiche Paar am Ende der Sommerferien hereinbrach, zu jener Verwirrung der Gefühle deren Intensität und Kraft beide überwältigt. Siegfried Lenz hat eine großartige Novelle geschrieben über die Liebe eines Gymnasiasten zu seiner Englischlehrerin, eine Geschichte über das Erwachse...
Stella Petersen war zweifellos eine der beliebtesten Lehrerinnen am Lessing-Gymnasium. Ihre Lebensfreude, ihre Intelligenz und Belesenheit verschafften ihr die Anerkennung und den natürlichen Respekt des Kollegiums wie den ihrer Schüler. Und gewiss führte die Liebe zu ihrem Schüler Christian, die über das ungleiche Paar am Ende der Sommerferien hereinbrach, zu jener Verwirrung der Gefühle deren Intensität und Kraft beide überwältigt. Siegfried Lenz hat eine großartige Novelle geschrieben über die Liebe eines Gymnasiasten zu seiner Englischlehrerin, eine Geschichte über das Erwachsenwerden und das Erwachsensein, eine Geschichte, in der unbeschreibliches Glück neben tief empfundener Trauer steht.
Lenz, Siegfried
Siegfried Lenz, 1926 im ostpreußischen Lyck geboren, gestorben am 2014 in Hamburg, zählt zu den bedeutendsten und meistgelesenen Schriftstellern der Nachkriegsliteratur. Seit 1951 veröffentlichte er alle seine Romane, Erzählungen, Essays und Bühnenwerke im Hoffmann und Campe Verlag. Mit den masurischen Geschichten So zärtlich war Suleyken hatte er seinen ersten großen Erfolg, der sich 1968 mit der Deutschstunde zum Welterfolg ausweitete. Mit seiner Novelle Schweigeminute gelang ihm 2008 im hohen Alter abermals ein fulminanter Presse- und Publikumserfolg. Für seine Bücher wurde er mit vielen wichtigen Preisen ausgezeichnet, u.a. mit dem Goethepreis der Stadt Frankfurt am Main, dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels und mit dem Lew-Kopelew-Preis für Frieden und Menschenrechte 2009.
Siegfried Lenz, 1926 im ostpreußischen Lyck geboren, gestorben am 2014 in Hamburg, zählt zu den bedeutendsten und meistgelesenen Schriftstellern der Nachkriegsliteratur. Seit 1951 veröffentlichte er alle seine Romane, Erzählungen, Essays und Bühnenwerke im Hoffmann und Campe Verlag. Mit den masurischen Geschichten So zärtlich war Suleyken hatte er seinen ersten großen Erfolg, der sich 1968 mit der Deutschstunde zum Welterfolg ausweitete. Mit seiner Novelle Schweigeminute gelang ihm 2008 im hohen Alter abermals ein fulminanter Presse- und Publikumserfolg. Für seine Bücher wurde er mit vielen wichtigen Preisen ausgezeichnet, u.a. mit dem Goethepreis der Stadt Frankfurt am Main, dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels und mit dem Lew-Kopelew-Preis für Frieden und Menschenrechte 2009.

© Ingrid von Kruse
Produktdetails
- Verlag: Hoffmann Und Campe
- Erscheinungstermin: 16. Oktober 2008
- Sprache: Deutsch
- ISBN-13: 9783455320572
- Artikelnr.: 25157065
Herstellerkennzeichnung
Die Herstellerinformationen sind derzeit nicht verfügbar.
"Eine hochinformative Zeitreise,
eine Art bundesdeutsche Archäologie, die sich ersten Erfahrungen von
Globalisierung stellt." Helmut Böttiger Sz, 04.12.2012
eine Art bundesdeutsche Archäologie, die sich ersten Erfahrungen von
Globalisierung stellt." Helmut Böttiger Sz, 04.12.2012
Bettgeschichten hatten für ihn nie Beweisqualität
Siegfried Lenz hat sich immer geweigert, Liebesgeschichten zu schreiben. Mit seiner Novelle "Schweigeminute", die wir von heute an in der F.A.Z. vorabdrucken, ist er sich auf beglückende Weise untreu geworden.
Von Marcel Reich-Ranicki
Von allen erfolgreichen deutschen Erzählern ist er der bescheidenste. Aber er weiß genau, dass ein Schriftsteller nur dann etwas leisten und erreichen kann, wenn er seinen Stoffen und Einfällen, seinen Mitteln und Motiven vertraut. Schriftsteller von Rang sind allesamt (auf mitunter schwer erträgliche Weise) eigensinnig - und sie müssen es sein.
In schweren Stunden hatte Siegfried Lenz stets einen Trost: Auf sein
Siegfried Lenz hat sich immer geweigert, Liebesgeschichten zu schreiben. Mit seiner Novelle "Schweigeminute", die wir von heute an in der F.A.Z. vorabdrucken, ist er sich auf beglückende Weise untreu geworden.
Von Marcel Reich-Ranicki
Von allen erfolgreichen deutschen Erzählern ist er der bescheidenste. Aber er weiß genau, dass ein Schriftsteller nur dann etwas leisten und erreichen kann, wenn er seinen Stoffen und Einfällen, seinen Mitteln und Motiven vertraut. Schriftsteller von Rang sind allesamt (auf mitunter schwer erträgliche Weise) eigensinnig - und sie müssen es sein.
In schweren Stunden hatte Siegfried Lenz stets einen Trost: Auf sein
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Publikum konnte er sich verlassen. Nur hat er diese Treue niemals mit Zugeständnissen erkauft. Er ist nie den Lesern nachgelaufen; vielmehr hat er sie höflich gebeten, ihm doch zu folgen. Sie taten es gern, sie tun es immer noch, denn sie spüren, dass er nicht für die Kritiker oder Kollegen schreibt und niemals mit dem Rücken zum Publikum, sondern immer den Pakt eben mit ihnen, den Lesern, anstrebt.
Lenz weiß, was der Siegreiche, der Triumphierende empfindet. Den bitteren Geschmack der Niederlage und des Scheiterns kennt er ebenfalls - wie kein anderer Schriftsteller seiner Generation. Seine Helden gehören zu jenen, die immer leer ausgehen. Die Niederlage ist der rote Faden, der sich durch seine Prosa zieht.
So wurde Lenz einer der populärsten Autoren der deutschen Nachkriegsliteratur - und einer der am heftigsten beneideten. Das ganz Ungewöhnliche: Er hat sich die Zustimmung seines enormen Publikums gesichert, obwohl er auf das Thema verzichtet hat, dem die meisten Romanciers und Novellisten den deutlichen und lauten Beifall der Leser verdanken: Er hat in seinem Werk die Liebe gemieden. Man hatte dafür überhaupt kein Verständnis.
Er wurde mehr oder weniger aufdringlich befragt, sehr direkt gemahnt, ja, zur Rede gestellt. Man wünschte von Siegfried Lenz eine Liebesgeschichte. Er antwortete ausweichend, bisweilen sogar schroff. Er hat jenen, denen daran so gelegen war, auf die Wahl seiner Themen und Motive Einfluss auszuüben, nichts versprochen.
In einem "Spiegel"-Gespräch im Juni 2003 wollte man von ihm wissen, ob er sich vielleicht "vor dem allzu Konkreten" drücke, "vor der Darstellung der handgreiflichen Seite der Liebe". Man verwies ihn auf John Updike, auf Michel Houellebecq. Lenz antwortete, natürlich habe er die Möglichkeit gehabt, Henry und Paula (in seinem damals neuen Roman "Fundbüro") "ins Bett zu schicken. Für mich hat das zu wenig Beweisqualität."
Ich gebe zu, ich wollte meinen Augen nicht trauen. Denn ich kann mich nicht daran erinnern, je einen ähnlich verwegenen Satz über die Sexualität gelesen zu haben, einen Satz, der sich auf verblüffende und, zugegeben, imponierende Weise über die Weltliteratur hinwegsetzt. Nur sollte man es sich nicht zu leicht machen. Lenz kennt Dante, Shakespeare und Goethe, er liebt Francesca da Rimini und Paolo Malatesta, Romeo und Julia, Faust und Gretchen. Seine kühne, geradezu tollkühne Behauptung soll offensichtlich nur für ihn selber gelten; sie erhebt keinerlei allgemeinen Anspruch.
Aber Lenz kennt auch Heines Wort: "Wir ergreifen keine Idee, sondern die Idee ergreift uns und knechtet uns." Damals, als er die "Beweisqualität" des Sexuellen mit Entschiedenheit in Frage stellte, wenn nicht schlicht ablehnte, hatte ihn die Idee, die er ein Leben lang ignorierte, wohl schon ergriffen: Er arbeitete an seinem nächsten Buch, der Novelle "Schweigeminute". Es ist - wer hätte das erwarten können? - eine Liebesgeschichte.
Ist es etwa zugleich eine Sexualgeschichte? Hat Lenz (um seine Formulierung aus dem "Spiegel"-Gespräch zu übernehmen) von vornherein geplant, das Paar im Mittelpunkt seiner Novelle "Schweigeminute", Christian und Stella, ins Bett zu schicken? Oder wurde er zu seiner eigenen Überraschung von den beiden jungen Menschen dazu gezwungen, sie so und nicht anders handeln zu lassen?
Tolstoi hatte ursprünglich keineswegs die Absicht, seinen berühmten Roman mit Anna Kareninas Selbstmord zu beenden. Das hat sie, Anna, entschieden, und Tolstoi musste ihrem Willen nachgeben. Auch Goethe ist es passiert, dass er sich in eine seiner fragwürdigsten Figuren (die Giftschlange Adelheid im "Götz von Berlichingen") verliebt hat. Es sind die schlechtesten Autoren nicht, die sich von ihren Figuren gelegentlich überrumpeln lassen.
Lenz hat viel von den Klassikern gelernt und dies nie verschwiegen. Alle seine Arbeiten haben das gleiche Fundament - die Geschichte, zu der er sich als seinem wichtigsten Ausdrucksmittel bekennt. Er ist ein Traditionalist. Respektvoll und dankbar knüpft er an die deutsche Novelle an ebenso wie an die angelsächsische Kurzgeschichte und die russische Erzählung. Storm, Hemingway, Tschechow - er liebt sie alle. Hemingway hat ihn vorübergehend sogar begeistert, das ist lange her.
Aber er ist ein vernünftiger, ein gemäßigter Traditionalist. Wo es ihm passiert, weicht er von der Tradition ab, er reformiert sie - doch tut er es nicht, wo es möglich ist, sondern, wo es ihm unbedingt nötig scheint. Manche Rezensenten haben ihm dies verübelt; sie meinten, er sei "altmodisch". Geschont haben sie ihn nie. Gewiss, sie haben ihn, wenn es ihnen gefiel, auch in Grenzen wohlwollend behandelt, doch ohne ihm einen Rabatt wegen guter Gesinnung einzuräumen.
Letztlich ist sein Weg zum internationalen Ruhm mit Verrissen deutscher Kritiker gepflastert. Übertrieben? Ja, aber nur ein wenig. Auf Vorwürfe der Kritiker reagiert Lenz meistens nur mit einem nicht überheblichen, zuweilen resignierten Lächeln. Nichts wäre falscher als die Vermutung, er ignoriere die Kritiker. Wenn sie es ernst meinen, dann nimmt auch er sie sehr ernst. Doch entmutigen und beirren lässt er sich niemals, glücklicherweise.
Was erzählt Lenz in der "Schweigeminute"? Das Ganze spielt in der Nähe der deutsch-dänischen Grenze, an der Küste. Man zahlt mit der Deutschen Mark, wir schreiben wohl Mitte der siebziger Jahre. Was zur Küste gehört, einschließlich eines Touristenhotels, hat Lenz hier erwähnt und dort angedeutet, hier mit wenigen Worten beschrieben und dort für einen Augenblick geradezu vergegenwärtigt.
Sinnliche Prosa ist es: Man kann alles fühlen, sehen, hören und riechen. Es wird geschwommen, gerudert und gesegelt und natürlich geangelt, es gibt Schlauchboote, Lastkähne und Ausflugsdampfer. Aus den sich rasch ablösenden Bildern entstehen wie von selbst Genrebilder. Man sieht es gleich: Lenz weiß da bestens Bescheid. Wozu braucht er diesen mit sicherer Hand gezeichneten Hintergrund? Er will uns, wie immer, eine Geschichte erzählen. Es ist eine alte Geschichte, doch bleibt sie immer neu. Ein Schüler, achtzehn Jahre alt, verliebt sich in seine wenige Jahre ältere Lehrerin. Die Sache geht, wie anders nicht zu erwarten war, schlecht aus.
Das haben wir zahllose Male gelesen, gewiss. Wozu sollten wir uns noch einmal damit beschäftigen? Vielleicht deshalb, weil wir es noch nie so gelesen haben, wie es von dem Erzähler Lenz, zweiundachtzig Jahre alt, hier dargestellt wurde. Weil jede Epoche und jede Generation ihre Liebesgeschichten hat und weil jede neue Geschichte andere Wege geht als die bisherigen. Warum eigentlich? Das hat nur einen Grund: Jeder liebt auf seine Weise. Und jeder, der sich verliebt hat, versucht zu verstehen, was mit ihm geschehen ist.
Respekt, Diskretion, Dezenz, Takt: Das sind die Vokabeln, die sich mir zunächst aufdrängen. Lenz hat Respekt vor den Figuren, die er geschaffen hat. Er gönnt ihnen den Anspruch auf Diskretion, er spart nichts aus, aber er schreibt vorsichtig, dezent und taktvoll. Er ist ein Erzähler mit guten Manieren.
Man wird mir einwenden, Kunst, gar große Kunst beginnt erst jenseits aller Manieren. Die von Faulkner oder Dostojewski mögen miserabel gewesen sein. Schon wahr, es genügt nicht, ein Gentleman zu sein, um gute Literatur zu schreiben. Aber Epik hat schon zur Zeit von Homer ein wenig auch mit Rücksichtnahme, mit Takt zu tun gehabt.
Über die Vergangenheit des Schülers Christian wissen wir nichts; über Stella, die junge Lehrerin, die er liebt, die er plötzlich liebt, erfahren wir sehr wenig. Sie sind wortkarge Menschen. Christian streichelt ihren Rücken: "Auf einmal jedoch warf sie den Kopf zurück und sah mich überrascht an, ... als hätte sie unerwartet etwas gespürt oder entdeckt, womit sie nicht gerechnet hatte." Von der Liebe überfallen, gehen sie zum Hotel, in dem sie jetzt vorübergehend wohnt. "Stella forderte mich nicht auf, sie zu begleiten, sie setzte einfach voraus, dass ich mit ihr ging." So ist es in dieser Geschichte: Man verlangt nichts voneinander. Es kommt alles wie von selbst. Was sie unvermutet teilen und was jetzt nur ihnen gehört, wird nicht ausgesprochen, bleibt unerwähnt.
Wer liebt, sieht alles anders, als er es bisher gesehen hat. Die Liebe verändert natürlich auch Christians und Stellas Wahrnehmung der Welt. Beide spüren das sofort. Beide sind, jeder auf seine Weise, für das Glück dankbar, das ihnen das Leben beschert hat. Das eben zeigt Lenz, das macht er bewusst.
Christian befürchtet, dass das, was ihn jetzt mit Stella verbindet, ein Ende haben könnte. Die Sehnsucht nach Dauer kommt wie selbstverständlich, sie wird zum Leitmotiv seines Daseins: "Ich wollte nicht, dass etwas aufhörte, was so unvermutet begonnen hatte und wie von selbst nach Dauer verlangte."
Stella, die Ältere, die über mehr Erfahrungen verfügt, sieht alles skeptischer. Um aber Christian ihr Einverständnis zu erkennen zu geben, sagt sie ihm: "Du musst dir nun überlegen, was besser ist für uns ... Es kann nicht so sein wie früher." Was immer sie im Sinne haben - sie sind zart zueinander, so zart, wie der Autor dieser Liebesgeschichte zu seinen Geschöpfen ist. Wir haben meinem Freund Siegfried Lenz für ein poetisches Buch zu danken. Vielleicht ist es sein schönstes.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Lenz weiß, was der Siegreiche, der Triumphierende empfindet. Den bitteren Geschmack der Niederlage und des Scheiterns kennt er ebenfalls - wie kein anderer Schriftsteller seiner Generation. Seine Helden gehören zu jenen, die immer leer ausgehen. Die Niederlage ist der rote Faden, der sich durch seine Prosa zieht.
So wurde Lenz einer der populärsten Autoren der deutschen Nachkriegsliteratur - und einer der am heftigsten beneideten. Das ganz Ungewöhnliche: Er hat sich die Zustimmung seines enormen Publikums gesichert, obwohl er auf das Thema verzichtet hat, dem die meisten Romanciers und Novellisten den deutlichen und lauten Beifall der Leser verdanken: Er hat in seinem Werk die Liebe gemieden. Man hatte dafür überhaupt kein Verständnis.
Er wurde mehr oder weniger aufdringlich befragt, sehr direkt gemahnt, ja, zur Rede gestellt. Man wünschte von Siegfried Lenz eine Liebesgeschichte. Er antwortete ausweichend, bisweilen sogar schroff. Er hat jenen, denen daran so gelegen war, auf die Wahl seiner Themen und Motive Einfluss auszuüben, nichts versprochen.
In einem "Spiegel"-Gespräch im Juni 2003 wollte man von ihm wissen, ob er sich vielleicht "vor dem allzu Konkreten" drücke, "vor der Darstellung der handgreiflichen Seite der Liebe". Man verwies ihn auf John Updike, auf Michel Houellebecq. Lenz antwortete, natürlich habe er die Möglichkeit gehabt, Henry und Paula (in seinem damals neuen Roman "Fundbüro") "ins Bett zu schicken. Für mich hat das zu wenig Beweisqualität."
Ich gebe zu, ich wollte meinen Augen nicht trauen. Denn ich kann mich nicht daran erinnern, je einen ähnlich verwegenen Satz über die Sexualität gelesen zu haben, einen Satz, der sich auf verblüffende und, zugegeben, imponierende Weise über die Weltliteratur hinwegsetzt. Nur sollte man es sich nicht zu leicht machen. Lenz kennt Dante, Shakespeare und Goethe, er liebt Francesca da Rimini und Paolo Malatesta, Romeo und Julia, Faust und Gretchen. Seine kühne, geradezu tollkühne Behauptung soll offensichtlich nur für ihn selber gelten; sie erhebt keinerlei allgemeinen Anspruch.
Aber Lenz kennt auch Heines Wort: "Wir ergreifen keine Idee, sondern die Idee ergreift uns und knechtet uns." Damals, als er die "Beweisqualität" des Sexuellen mit Entschiedenheit in Frage stellte, wenn nicht schlicht ablehnte, hatte ihn die Idee, die er ein Leben lang ignorierte, wohl schon ergriffen: Er arbeitete an seinem nächsten Buch, der Novelle "Schweigeminute". Es ist - wer hätte das erwarten können? - eine Liebesgeschichte.
Ist es etwa zugleich eine Sexualgeschichte? Hat Lenz (um seine Formulierung aus dem "Spiegel"-Gespräch zu übernehmen) von vornherein geplant, das Paar im Mittelpunkt seiner Novelle "Schweigeminute", Christian und Stella, ins Bett zu schicken? Oder wurde er zu seiner eigenen Überraschung von den beiden jungen Menschen dazu gezwungen, sie so und nicht anders handeln zu lassen?
Tolstoi hatte ursprünglich keineswegs die Absicht, seinen berühmten Roman mit Anna Kareninas Selbstmord zu beenden. Das hat sie, Anna, entschieden, und Tolstoi musste ihrem Willen nachgeben. Auch Goethe ist es passiert, dass er sich in eine seiner fragwürdigsten Figuren (die Giftschlange Adelheid im "Götz von Berlichingen") verliebt hat. Es sind die schlechtesten Autoren nicht, die sich von ihren Figuren gelegentlich überrumpeln lassen.
Lenz hat viel von den Klassikern gelernt und dies nie verschwiegen. Alle seine Arbeiten haben das gleiche Fundament - die Geschichte, zu der er sich als seinem wichtigsten Ausdrucksmittel bekennt. Er ist ein Traditionalist. Respektvoll und dankbar knüpft er an die deutsche Novelle an ebenso wie an die angelsächsische Kurzgeschichte und die russische Erzählung. Storm, Hemingway, Tschechow - er liebt sie alle. Hemingway hat ihn vorübergehend sogar begeistert, das ist lange her.
Aber er ist ein vernünftiger, ein gemäßigter Traditionalist. Wo es ihm passiert, weicht er von der Tradition ab, er reformiert sie - doch tut er es nicht, wo es möglich ist, sondern, wo es ihm unbedingt nötig scheint. Manche Rezensenten haben ihm dies verübelt; sie meinten, er sei "altmodisch". Geschont haben sie ihn nie. Gewiss, sie haben ihn, wenn es ihnen gefiel, auch in Grenzen wohlwollend behandelt, doch ohne ihm einen Rabatt wegen guter Gesinnung einzuräumen.
Letztlich ist sein Weg zum internationalen Ruhm mit Verrissen deutscher Kritiker gepflastert. Übertrieben? Ja, aber nur ein wenig. Auf Vorwürfe der Kritiker reagiert Lenz meistens nur mit einem nicht überheblichen, zuweilen resignierten Lächeln. Nichts wäre falscher als die Vermutung, er ignoriere die Kritiker. Wenn sie es ernst meinen, dann nimmt auch er sie sehr ernst. Doch entmutigen und beirren lässt er sich niemals, glücklicherweise.
Was erzählt Lenz in der "Schweigeminute"? Das Ganze spielt in der Nähe der deutsch-dänischen Grenze, an der Küste. Man zahlt mit der Deutschen Mark, wir schreiben wohl Mitte der siebziger Jahre. Was zur Küste gehört, einschließlich eines Touristenhotels, hat Lenz hier erwähnt und dort angedeutet, hier mit wenigen Worten beschrieben und dort für einen Augenblick geradezu vergegenwärtigt.
Sinnliche Prosa ist es: Man kann alles fühlen, sehen, hören und riechen. Es wird geschwommen, gerudert und gesegelt und natürlich geangelt, es gibt Schlauchboote, Lastkähne und Ausflugsdampfer. Aus den sich rasch ablösenden Bildern entstehen wie von selbst Genrebilder. Man sieht es gleich: Lenz weiß da bestens Bescheid. Wozu braucht er diesen mit sicherer Hand gezeichneten Hintergrund? Er will uns, wie immer, eine Geschichte erzählen. Es ist eine alte Geschichte, doch bleibt sie immer neu. Ein Schüler, achtzehn Jahre alt, verliebt sich in seine wenige Jahre ältere Lehrerin. Die Sache geht, wie anders nicht zu erwarten war, schlecht aus.
Das haben wir zahllose Male gelesen, gewiss. Wozu sollten wir uns noch einmal damit beschäftigen? Vielleicht deshalb, weil wir es noch nie so gelesen haben, wie es von dem Erzähler Lenz, zweiundachtzig Jahre alt, hier dargestellt wurde. Weil jede Epoche und jede Generation ihre Liebesgeschichten hat und weil jede neue Geschichte andere Wege geht als die bisherigen. Warum eigentlich? Das hat nur einen Grund: Jeder liebt auf seine Weise. Und jeder, der sich verliebt hat, versucht zu verstehen, was mit ihm geschehen ist.
Respekt, Diskretion, Dezenz, Takt: Das sind die Vokabeln, die sich mir zunächst aufdrängen. Lenz hat Respekt vor den Figuren, die er geschaffen hat. Er gönnt ihnen den Anspruch auf Diskretion, er spart nichts aus, aber er schreibt vorsichtig, dezent und taktvoll. Er ist ein Erzähler mit guten Manieren.
Man wird mir einwenden, Kunst, gar große Kunst beginnt erst jenseits aller Manieren. Die von Faulkner oder Dostojewski mögen miserabel gewesen sein. Schon wahr, es genügt nicht, ein Gentleman zu sein, um gute Literatur zu schreiben. Aber Epik hat schon zur Zeit von Homer ein wenig auch mit Rücksichtnahme, mit Takt zu tun gehabt.
Über die Vergangenheit des Schülers Christian wissen wir nichts; über Stella, die junge Lehrerin, die er liebt, die er plötzlich liebt, erfahren wir sehr wenig. Sie sind wortkarge Menschen. Christian streichelt ihren Rücken: "Auf einmal jedoch warf sie den Kopf zurück und sah mich überrascht an, ... als hätte sie unerwartet etwas gespürt oder entdeckt, womit sie nicht gerechnet hatte." Von der Liebe überfallen, gehen sie zum Hotel, in dem sie jetzt vorübergehend wohnt. "Stella forderte mich nicht auf, sie zu begleiten, sie setzte einfach voraus, dass ich mit ihr ging." So ist es in dieser Geschichte: Man verlangt nichts voneinander. Es kommt alles wie von selbst. Was sie unvermutet teilen und was jetzt nur ihnen gehört, wird nicht ausgesprochen, bleibt unerwähnt.
Wer liebt, sieht alles anders, als er es bisher gesehen hat. Die Liebe verändert natürlich auch Christians und Stellas Wahrnehmung der Welt. Beide spüren das sofort. Beide sind, jeder auf seine Weise, für das Glück dankbar, das ihnen das Leben beschert hat. Das eben zeigt Lenz, das macht er bewusst.
Christian befürchtet, dass das, was ihn jetzt mit Stella verbindet, ein Ende haben könnte. Die Sehnsucht nach Dauer kommt wie selbstverständlich, sie wird zum Leitmotiv seines Daseins: "Ich wollte nicht, dass etwas aufhörte, was so unvermutet begonnen hatte und wie von selbst nach Dauer verlangte."
Stella, die Ältere, die über mehr Erfahrungen verfügt, sieht alles skeptischer. Um aber Christian ihr Einverständnis zu erkennen zu geben, sagt sie ihm: "Du musst dir nun überlegen, was besser ist für uns ... Es kann nicht so sein wie früher." Was immer sie im Sinne haben - sie sind zart zueinander, so zart, wie der Autor dieser Liebesgeschichte zu seinen Geschöpfen ist. Wir haben meinem Freund Siegfried Lenz für ein poetisches Buch zu danken. Vielleicht ist es sein schönstes.
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Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
Ganz beglückt zeigt sich Rezensent Dirk Knipphals über diese schmale Novelle von Siegfried Lenz, die ihn gar nicht so sehr wegen der darin erzählten Liebesgeschichte berührte, sondern als "sentimental journey" in die Literatur der alten Bundesrepublik. Denn die Geschichte einer Liebe zwischen einer Lehrerin und ihrem Schüler wirkt im Grunde ein wenig "geschreinert" auf ihn und so ganz glaubhaft scheint sie ihm auch nicht. Trotzdem findet er den Stil der Dialoge und Lenz? Einfühlung in seine Figuren so formvollendet gelungen, dass er angesichts des hier scheinbar so geballt auftretenden "Retrocharmes" fast ein paar Tränen der Rezensentenrührung vergießt. Denn er muss plötzlich an seinen eigenen Deutschunterricht denken, unser eitler Rezensent.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH
Gebundenes Buch Wunderschöne Liebesgeschichte, toll geschrieben, man ist von der ersten bis zur letzten Seiten mittendrin. Sehr gefühlvoll geschrieben. Das Buch hätte noch einige Seiten mehr haben können.
Sehr zu empfehlen.
Antworten 27 von 31 finden diese Rezension hilfreich
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Gebundenes Buch Und wie du mich ansahst da musste ich daran denken.
wunder, wunderschön in sprache, stil und mit viel liebe geschrieben. sobald ich das buch öffnete, noch vor dem ersten Wort quoll das ganze gefühl heraus. genial, fenomenal und einfach überwältigend. höchstes lob
Antworten 10 von 10 finden diese Rezension hilfreich
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Welch ein anrührendes Buch! Siegfried Lenz erzählt die Geschichte einer längst vergangenen Liebe: Als Gymnasiast verliebt sich Christian in seine Englischlehrerin Stella und sie werden ein Liebespaar. Doch diese Verbindung währt nur kurz: Bei einem Schiffsunglück wird Stella …
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Welch ein anrührendes Buch! Siegfried Lenz erzählt die Geschichte einer längst vergangenen Liebe: Als Gymnasiast verliebt sich Christian in seine Englischlehrerin Stella und sie werden ein Liebespaar. Doch diese Verbindung währt nur kurz: Bei einem Schiffsunglück wird Stella so schwer verletzt, dass sie kurz darauf stirbt. Erzählt wird diese Liebe von dem mittlerweile älteren, erfahrenen Christian, der sich an díe Gedenkveranstaltung (und die damit verbundene Schweigeminute, daher der Titel) erinnert und daran, wie er währenddessen die gemeinsame Zeit noch einmal durchlebte. Diese Perspektive ist gut gewählt: Die Wortwahl, die sorgsam ausgewählten Sätze hätten für einen 18-Jährigen nicht glaubhaft gewirkt.
Das ganze Buch ist von einem wunderbar liebevollen, zärtlichen Ton geprägt. Man spürt noch immer die Gefühle, die Christian seiner Lehrerin entgegenbrachte, aber auch die Trauer über das abrupte Ende ihrer Beziehung und all der eventuell verpassten Möglichkeiten einer gemeinsamen Zeit. Mir standen mehr als einmal die Tränen in den Augen.
SEHR ZU EMPFEHLEN!!!
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In der Novelle Schweigeminute von Siegfried Lenz verliebt sich Christian von einem Gymasium in seine hübsche Englischlehrerin Stella Petersen.Die beiden erleben viele schöne Momente an der Ostseeküste bis Stella bei einem Bootsunfall nach einem Segeltripp mit ihren Freunden …
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In der Novelle Schweigeminute von Siegfried Lenz verliebt sich Christian von einem Gymasium in seine hübsche Englischlehrerin Stella Petersen.Die beiden erleben viele schöne Momente an der Ostseeküste bis Stella bei einem Bootsunfall nach einem Segeltripp mit ihren Freunden lebensbedrohlich verletzt wird und im Kranken haus ums Leben kommt.Zudem wird des öfteren über die Schweigeminute ,in der Aula des Gymnasiums, für die verstorbene Lehrerin berichtet, in welcher Christian wieder viele Erinnerungen plagten..<br />Sehr traurig!Trotzdem toll!
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Christian, ein 18jähriger Schüler, schildert im Buch seine Liebesbeziehung zu Stella, seiner Englischlehrerin. Doch Stella ist verstorben, er wechselt beim Erzählen immer wieder hin und her - von Erinnerungen zur Gegenwart, der Trauerfeier in der Schule.
Diesmal sollte es auch ein …
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Christian, ein 18jähriger Schüler, schildert im Buch seine Liebesbeziehung zu Stella, seiner Englischlehrerin. Doch Stella ist verstorben, er wechselt beim Erzählen immer wieder hin und her - von Erinnerungen zur Gegenwart, der Trauerfeier in der Schule.
Diesmal sollte es auch ein etwas "dünneres" Buch sein, lediglich 128 Seiten bot diese Novelle. Novelle. Was war das noch mal eben... äh... ja. Eine kürzere Erzählung in Prosaform. Natürlich!
Zuerst wusste ich überhaupt nicht, um was es hier genau geht - denn eine Inhaltsangabe habe ich im Buch nicht wirklich gefunden - was ich nicht weiter schlimm finde - dagegen waren Eindrücke anderer Leser abgedruckt, so hat der Literatur-Kritiker Marcel Reich-Ranicki das Buch als "ein poetisches" und zugleich wohl "Lenz' schönstes" gelobt. Nun gut, ich hatte bis dato noch nichts von Siegfried Lenz gelesen. Zumindest ist mir da nichts in Erinnerung geblieben...
Ich hab mir anfangs etwas schwer getan, bis ich in die Geschichte hinein gefunden habe, was da gerade genau passiert ist. Zumal manche Schilderung so klingt, dass es sich wohl um einen Suizid handelt. Entsprechend "gespannt" war ich wie die Geschichte dann wohl ausgeht, die Hintergründe haben mich doch sehr interessiert bzw. am Lesen dran gehalten...
Generell ist die Liebesgeschichte zwischen Schüler und Lehrerin recht schön geschildert, Christian wirkt auch erwachsener, regelrecht poetisch schildert er die Vorstellungen der gemeinsamen Zukunft. Was mich jedoch gestört hat: die Geschichte spielt wohl in Norddeutschland an der See und Christian ist bei seinem Vater auf dem Schiff tätig. Hier kommen immer wieder spezielle Begriffe auf, die für mich als Landratte nicht wirklich logisch bzw. im gängigen Vokabular vorhanden sind. Das hat mich ziemlich genervt.
Ansonsten war es vom Schreibstil her mal was ganz anderes als das, was ich sonst so lese. Ja, schon poetisch, allein wie sich Christian immer ausdrückt, das ist schon sehr poetisch, aber auch gefühlsdusselig. Ganz mein Ding ist es jedoch nicht, auf Dauer könnte ich sowas nicht lesen. Zumal es mir manchmal ein bißel zu lahm ist, sich so hinzieht.
Für mich wars mal ein Ausflug in die Welt der "klassischeren Literatur", täglich muss ich sowas sicher nicht lesen, verkehrt war das Buch nun auch nicht. Ich bin seeeehr zwiegespalten, mir hats nicht "weh getan", das Buch zu lesen, viele neue Erkenntnisse hats aber auch nicht gebracht.
Ich bin sehr unentschlossen und vergebe 3 von 5 Sternen.
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In der Novelle Schweigeminute von Siegfried Lenz verliebt sich der 18-jährige Schüler Christian vom Lessing-Gymnasium in seine hübsche Englischlehrerin Stella Petersen. Die beiden erleben an der deutschen Ostseeküste einen sehr intimen und schönen Sommer zusammen, bis Stella …
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In der Novelle Schweigeminute von Siegfried Lenz verliebt sich der 18-jährige Schüler Christian vom Lessing-Gymnasium in seine hübsche Englischlehrerin Stella Petersen. Die beiden erleben an der deutschen Ostseeküste einen sehr intimen und schönen Sommer zusammen, bis Stella bei einem Bootsunfall nach einem Segeltripp mit ihren Freunden lebensbedrohlich verletzt wird und schließlich an ihren Verletzungen im Krankenhaus sterben muss.
Zudem wird in dieser Novelle des öfteren über die Schweigeminute ,in der Aula des Gymnasiums, für die verstorbene Lehrerin berichtet, in welcher viele Momente aus Sicht des Christians wieder in Gedanken gerufen werden und so für den Leser erzählt werden.<br />Mir hat die Novelle Schweigeminute sehr gut gefallen, da man sich durch die Erzählweise aus Sicht des Schülers Christian sehr gut in die Situationen hinein lesen kann. Zudem wird in der Novelle immer wieder zum Nachdenken aufgefordert, sodass jeder seine ganz persönlichen Momente aus dieser Novelle schöpfen kann.
Jedoch würde ich die Novelle eher nur für geübte Leser ab 12 Jahren, welche gerne lesen und gerne Interpretationsfreiraum haben wollen weiter empfehlen, da es doch auch sehr viele Stellen in der Novelle gibt, in welchen viele Fremdwörter und sehr lange Sätze vorkommen.
Insgesamt hat mir die Novelle mit dem typischen Thema "Liebe und Tod" sehr gut gefallen und werde mich noch sehr lange an schöne Momente vom lesen zurück errinnern.
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Die Novelle Schweigeminute von Siegfried Lenz handelt von einem Schüler namens Christian, der sich in seine Englischlehrerin
Stella verliebt. In einem Rückblick erzählt Lenz von schönen Zeiten die Christian und Stella gemeinsam erleben, bis die Englischlehrerin auf tragische …
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Die Novelle Schweigeminute von Siegfried Lenz handelt von einem Schüler namens Christian, der sich in seine Englischlehrerin
Stella verliebt. In einem Rückblick erzählt Lenz von schönen Zeiten die Christian und Stella gemeinsam erleben, bis die Englischlehrerin auf tragische Weise bei einem Bootsunglück ums Leben kommt.
Auffällig ist an dem Buch die Rahmenhandlung. Die Novelle beginnt und endet in der Aula bzw. bei der Gedenkfeier von Stella. In diese Rahmenhandlung ist eine sogenannte Binnenerzählung eingebettet. In diesem Fall wird von schönen Zeiten, die Christian und Stella gemeinsam erlebten, berichtet.<br />Generell würde ich die Novelle Schweigeminute als ein durchaus gelungenes, in die Schule passendes Buch bewerten, in dem S. Lenz sich mit einem für die Gesellschaft
tabuisierten Thema befasst :
Eine Beziehung zwischen Schüler und Lehrerin.
Der Autor schreibt das gesamte Buch in der Ich-Perspektive (aus Christians Sicht), sodass man sich gut in Christians Rolle hineinversetzen kann.
S.Lenz hat die Novelle Schweigeminute sehr schön formuliert und man kann das Buch auf jeden Fall weiterempfehlen.
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Der 87-jährige Siegfried Lenz, der schon seit langem zu den bedeutentsten Autoren der deutschsprachigen Nachkriegs- und Gegenwartsliteratur zählt, schreibt in seiner Novelle über die Liebe eines Gymnasiasten namens Christian zu seiner Englischlehrerin Stella Petersen. Die Geschichte …
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Der 87-jährige Siegfried Lenz, der schon seit langem zu den bedeutentsten Autoren der deutschsprachigen Nachkriegs- und Gegenwartsliteratur zählt, schreibt in seiner Novelle über die Liebe eines Gymnasiasten namens Christian zu seiner Englischlehrerin Stella Petersen. Die Geschichte spielt in einer Kleinstadt an der Ostsee. Die beiden treffen sich und schnell entsteht eine heimliche Liebesbeziehung, die zwar nur einen Sommer dauert, doch für Christian sein ganzes Leben verändert. Die geliebte Englischlehrerin stirbt bei einem Bootsunfall, es findet eine Gedenkfeier in der Schule statt. Christian blickt immer wieder zurück darauf, wie sie sich allmählich näher kamen und was sie zusammen erlebt hatten. Immer wieder tauchen in der Novelle Dingsymbole auf, wie zum Beispiel: Steine, das Boot "die Katharina" , Animalfarm und die Vogelinsel, welche für eine Novelle relevant sind und die Dominanz des Ereignishaften, sowie die Einbettung der Haupthandlung in eine Rahmenhandlung. Der Autor schreibt über ein skandalöses Thema, welches er jedoch nicht als Skandal darstellt, sondern eher als etwas Alltägliches.<br />Die vielen Fremdwörter, die in der Novelle vorkommen weisen auf die eigene Handschrift von Siegfried Lenz hin, jedoch ist das Buch dadurch nicht gerade einfach zu lesen und daher ist es meiner Meinung nach eher für Erwachsene, als für Kinder geeignet. Es ist ein sehr poetisches Buch, welches man mit dem ebenfalls poetischen Stück "Romeo und Julia" von William Shakespeare zu vergleichen ist, was jedoch aus einer anderen Epoche stammt. Der Schluss ist meiner Meinung nach etwas aprupt und hätte mehr ausgeschrieben sein können, jedoch ist er der Wendepunkt der Novelle. Die Tempuswechsel in denen Christian das Geschehen in der Aula, sowie auch die Momente, die er mit Stella verbracht hat beschreibt, machen das Buch spannend. Im Grunde ist es eine gelungene Novelle, in der unbeschreibliches Glück neben tiefempfundener Trauer steht. Durch die eher altmodische Schriftweise ist es meiner Meinung nach eher für erwachsene geeignet, da es für Kinder schwer zu verstehen ist.
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Gebundenes Buch
Die Novelle „Schweigeminute“ von Siegfried Lenz erschien 2008 im Hoffmann und Campe Verlag und besitzt 127 Seiten.
Während der Gedenkstunde für die verstorbene Lehrerin Stella Petersen erinnert sich der 18 jährige Schüler Christian an die heimliche Liebesbeziehung …
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Die Novelle „Schweigeminute“ von Siegfried Lenz erschien 2008 im Hoffmann und Campe Verlag und besitzt 127 Seiten.
Während der Gedenkstunde für die verstorbene Lehrerin Stella Petersen erinnert sich der 18 jährige Schüler Christian an die heimliche Liebesbeziehung der beiden zurück. Beim Hirtshafener Strandfest lernen sich die zwei genauer kennen und es folgen einige Treffen, so dass es zu ersten Zuneigungen sowie Berührungen kommt. In der Öffentlichkeit verschweigt die Lehrerin allerdings die Liebe. Bedauernswerterweise wird die Beziehung durch ein Segelunglück, bei dem Stella ums Leben kommt, zerstört. Nun wird Christian mit seinen Gefühlen allein gelassen und ihm bleiben einzig und allein die Erinnerungen.
Siegfried Lenz deutet innerhalb des gesamten Buches die Berührungen und das Geschehen zwischen Stella und Christian nur an. Er lässt Gesten und Blicke sprechen, sodass sich der Leser selbst eine Vorstellung verschaffen muss. Auch den wahrscheinlich ersten Liebesakt beschreibt er sehr unspektakulär. „Und wir liebten uns dort in der Mulde bei den Kiefern.“ Doch kann man die intensive Liebe zwischen den beiden durch ledigliche Andeutungen wirklich erfassen? Den Liebesrausch, welchen Christian eigentlich bei der ersten Liebe verspüren müsste, wird nur andeutungsweise an den Leser gebracht. Genaue Beschreibungen gibt Siegfried Lenz jedoch besonders über die Fischerei, Schiffe und über die Landschaft an der Ostsee. Durch die Detaillierung wirken die Textstellen allerdings langatmig und durch verwendete Fachbegriffe ist die beschriebene Situation für einen „Nichtexperten“ schwer nachvollziehbar. Der Autor erzählt diese Geschichte mit einer Gelassenheit sowie Genauigkeit an bestimmten Ereignissen, auf welche er in der Novelle besonderen Wert legt.<br />Mich faszinierte die Geschichte von Siegried Lenz, da die verbotene Liebe zwischen einer Lehrerin und deren Schüler, die durch den Tod zerstört wird, ein sehr interessantes Thema darstellt. Der Wechsel zwischen der Gedenkstunde und der Vergangenheit ließ sich gut nachvollziehen und gab der Novelle eine spannende Struktur. Durch die direkte Anrede mit Stella konnte ich mich besser in die Gefühlslage von Christian hineinversetzen. Allerdings fiel es mir ab und zu schwer, dem Verlauf der Geschichte zu folgen, da Siegfried Lenz mit einer leichten teilweise auch fremden Schreibweise die Ereignisse wiedergibt. Deshalb war es nicht leicht sich vollkommen in die Situation hineinzudenken. Am Ende erweckte die Novelle allerdings ein wenig Traurigkeit in mir, da die Liebe durch den Tod ihr Ende nahm und mir der nun einsame Christian leid tat.
Schlussendlich lässt sich die Novelle „Schweigeminute“ weiterempfehlen und ist auch in kürzester Zeit lesbar.
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