John Boyne
Audio-CD
Der Junge auf dem Berg
CD Standard Audio Format, Lesung. 350 Min.
Gesprochen: Aljinovic, Boris
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Wie konnte das alles nur geschehen? Es ist das Jahr 1936, als Pierrot seine Eltern verliert. Nun muss er ein neues Leben bei seiner Tante beginnen, die in einem wohlhabenden deutschen Haushalt dient. Aber dies ist kein gewöhnliches Haus: Es ist der Berghof, die Sommerresidenz Adolf Hitlers. Hier erliegt Pierrot den Machtversprechen des Nationalsozialismus und wandelt sich zum skrupellosen Nazi, der seinen besten Freund verleugnet und seine Tante verrät. Erst viel zu spät wird er sich bewusst, wie menschenverachtend sein Handeln ist.Zeitgeschichte, die unter die Haut geht, für Jugendliche u...
Wie konnte das alles nur geschehen? Es ist das Jahr 1936, als Pierrot seine Eltern verliert. Nun muss er ein neues Leben bei seiner Tante beginnen, die in einem wohlhabenden deutschen Haushalt dient. Aber dies ist kein gewöhnliches Haus: Es ist der Berghof, die Sommerresidenz Adolf Hitlers. Hier erliegt Pierrot den Machtversprechen des Nationalsozialismus und wandelt sich zum skrupellosen Nazi, der seinen besten Freund verleugnet und seine Tante verrät. Erst viel zu spät wird er sich bewusst, wie menschenverachtend sein Handeln ist.Zeitgeschichte, die unter die Haut geht, für Jugendliche und Erwachsene, gesprochen von Boris Aljinovic, aus der Feder des renommierten Autoren John Boyne, der 2015 mit dem Gustav Heinemann Friedenspreis 2015 ausgezeichnet wurde.
Aljinovic, Boris§Boris Aljinovic, geboren 1967 in Berlin, absolvierte seine Schauspielausbildung an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch in Berlin. Er spielt im Theater, in Filmen und im Fernsehen und ist vor allem durch seine Rolle als Berliner Tatort-Kommissar bekannt. Auch als Hörbuchsprecher ist Boris Aljinovic erfolgreich.
© privat
Produktdetails
- Verlag: Igel-Records; Igel Records
- Anzahl: 5 Audio CDs
- Gesamtlaufzeit: 350 Min.
- Altersempfehlung: ab 12 Jahren
- Erscheinungstermin: 21. August 2017
- Sprache: Deutsch
- ISBN-13: 9783731311645
- Artikelnr.: 48110806
Herstellerkennzeichnung
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Mitschuldig werden ist nicht schwer
Zu Gast bei Hitler: John Boynes Roman "Der Junge auf dem Berg"
Die Debatte, ob und wie die Ereignisse überhaupt darstellbar sein könnten, begann bereits während des Holocausts und ging nach 1945 bis in die unmittelbare Gegenwart weiter - in der Jugendliteratur zuletzt im Fall von John Boynes Roman "Der Junge im gestreiften Pyjama". Während etwa Elie Wiesel in seinem berühmten Diktum jedem Roman über Auschwitz attestierte, entweder kein Roman zu sein oder nicht von Auschwitz zu handeln, war es Imre Kertész, der im "Galeerentagebuch" formulierte, dass das Konzentrationslager nur als Literatur vorstellbar sei, nicht als Realität.
Wenn auch diese Debatte nicht endgültig
Zu Gast bei Hitler: John Boynes Roman "Der Junge auf dem Berg"
Die Debatte, ob und wie die Ereignisse überhaupt darstellbar sein könnten, begann bereits während des Holocausts und ging nach 1945 bis in die unmittelbare Gegenwart weiter - in der Jugendliteratur zuletzt im Fall von John Boynes Roman "Der Junge im gestreiften Pyjama". Während etwa Elie Wiesel in seinem berühmten Diktum jedem Roman über Auschwitz attestierte, entweder kein Roman zu sein oder nicht von Auschwitz zu handeln, war es Imre Kertész, der im "Galeerentagebuch" formulierte, dass das Konzentrationslager nur als Literatur vorstellbar sei, nicht als Realität.
Wenn auch diese Debatte nicht endgültig
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entschieden ist, so manifestierte sich doch in den letzten zwanzig Jahren ein deutlich vernehmbares Unbehagen gegen Fiktionalisierungen des Holocausts, und das vor allem bei Romanen von nachgeborenen Autoren. Die immer wieder geführte Diskussion, ob man "so" über den Holocaust und die NS-Zeit erzählen "dürfe", überdeckt freilich die Tatsache, dass fiktionales Erzählen letztlich anthropologisch notwendig ist: Der Mensch als "geschichtenerzählendes Tier" (Graham Swift) braucht das Verkleinerungsglas der Fiktion, um seine Geschichte auch emotional zu begreifen. An dieser Stelle berühren sich Zeitzeugenbericht und Roman: Sie individualisieren Schicksale im Massenmord auf je eigene Weise und machen diesen so überhaupt erst fassbar.
Die Zeitzeugenberichte werden deshalb als Textmonumente enorm wichtig bleiben, doch wir werden uns zwangsläufig ebenso von ihrer Erfahrungswelt entfernen. Unser Geschichtsverständnis bedarf deshalb immer auch der Aktualisierung durch Geschichten (und nicht nur durch neue Sachbücher), sonst wird es irgendwann bedeutungslos. Das zu verhindern ist die eigentliche Leistung des historischen Romans, gerade über den Holocaust. Wenn man einen solchen beurteilt, sollte man also lieber fragen, wie er sich seinem Gegenstand nähert und was genau er erzählen will, und nicht, ob er das überhaupt darf und ob er dabei die Ereignisse immer historisch adäquat abbildet.
Bei John Boynes Roman "Der Junge im gestreiften Pyjama", dem Welterfolg aus dem Jahr 2006, kann man das exemplarisch zeigen: Liest man ihn (zumal in der Schule) als einen Roman, der die Ereignisgeschichte des Holocausts vermittelt, gar als Text über das reale Auschwitz, ist er tatsächlich in jeder Hinsicht unangemessen: Er enthält historische Fehler und Ungenauigkeiten und bietet zudem eine hochproblematische poetische Gerechtigkeit. Doch der Roman wird von Anfang an als Fabel, als Gleichnis präsentiert und handelt letztlich davon, warum man die vielen Zäune, die zwischen Menschen errichtet werden, überwinden muss. Die Erzählung vermag damit für Kinder und Jugendliche sicher nicht zu erklären, was das historische Auschwitz war, kann aber eine moralische Frage illustrieren, die sich nicht zuletzt aus den historischen Ereignissen ergibt und noch immer stellt, vielleicht dringlicher denn je.
Boynes neuer Roman "Der Junge auf dem Berg", der bereits 2015 auf Englisch erschien und nun auch auf Deutsch angeboten wird, ist nicht nur eine Art literarischer Gegenschuss zum "Jungen im gestreiften Pyjama", sondern wird gleich in mehrfacher Hinsicht explizit mit seinem Vorgänger verbunden. Das beginnt auf paratextueller Ebene: Habe er im ersten Roman noch der Hoffnung Ausdruck verliehen, Hass, Vorurteile und Diskriminierung seien primär Erscheinungen der Vergangenheit, hätten ihn die aktuellen Ereignisse eines Besseren belehrt, schreibt der Autor im Vorwort. Deshalb erzähle er ein weiteres Mal von dieser Zeit und davon, "wie leicht es doch ist, verdorben zu werden, sich mitschuldig zu machen, dem Bösen tatenlos zuzusehen".
Im Romantext begegnen dem Leser zudem bekannte Figuren aus der anderen "Junge"-Erzählung: Bruno huscht mit seiner Schwester und seiner Mutter durch das Bild, sein Vater, der spätere KZ-Kommandant, hat sogar mehrere Auftritte. Und doch ist die neue Geschichte anders angelegt: Sie wird nicht als Fabel gekennzeichnet, sondern als Roman. Das weist das Geschehen zwar einerseits wieder als fiktiv aus, aber durch einen Hinweis über dem Impressum, dass das Werk teilweise auf Tatsachen basiere, wird die Verbindung zu den historischen Ereignissen andererseits deutlich gestärkt.
Erzählt wird die Geschichte von Pierrot, einem Jungen, der zunächst allein mit seiner französischen Mutter in Paris aufwächst, weil sein deutscher Vater, gebrochen von den Schrecken des Ersten Weltkriegs, die Familie verlassen hat und stirbt. Als seine Mutter der Tuberkulose erliegt, muss der Junge, der gerne bei der Familie seines jüdischen Freundes Anshel Bronstein geblieben wäre, in ein Waisenhaus. Von dort holt ihn 1936 seine Tante Beatrix nach Deutschland, denn sie arbeitet als Angestellte auf einem großen Anwesen, und der Hausherr hat zugestimmt, dass Pierrot dort leben darf. Schnell stellt sich heraus, dass es nicht irgendein Haus ist, in das der Junge einzieht, und der Besitzer nicht irgendwer: Es ist der Berghof, die Sommerresidenz Adolf Hitlers. Pierrot, der sich bald Peter nennen wird, gerät in den Bann des "Führers", er will ihm unbedingt gefallen und genießt es, dass er durch die Nähe zum Diktator an Macht im Haus und im Ort gewinnt. Zunehmend entwickelt sich der anfangs noch sympathische Protagonist zum mörderisch gefährlichen Scheusal. In seiner jugendlichen Selbstgerechtigkeit begeht er mehrfach entsetzlichen Verrat und steht deshalb am Kriegsende allein und voller Schuld da.
Dass die Geschichte da noch nicht endet, sondern noch eine Wendung nimmt (bei der Anshel wieder eine Rolle spielt), ist sicher eine Stärke des Romans. Auch in anderer Hinsicht kann er überzeugen: Selbst wenn Hitler als Figur notwendigerweise stark vereinfacht wird, so entwirft Boyne doch einen im Erzählkontext glaubwürdigen Charakter, der zwar charismatisch wirkt, aber immer wieder zeigt, wie wenig er zur Empathie fähig ist. Genau diesem Vorbild wird Pierrot folgen und erst zu spät erkennen, wohin er geraten ist.
Historisch ist der Roman insgesamt genauer als "Der Junge im gestreiften Pyjama": Immer wieder werden verbürgte Episoden in die Geschichte eingewoben, wie der Besuch des Herzogs von Windsor und Wallis Simpsons auf dem Berghof, doch manchmal wirken diese historischen Anbindungen auch arg bemüht. Ihre Stärken hat auch diese Erzählung nämlich nicht in einer vermeintlichen geschichtlichen Genauigkeit, sondern in den moralischen Fragen, die sie aufwirft. In dieser Hinsicht ist Boyne ein spannender, hervorragend erzählter Jugendroman gelungen, der seine Leserinnen und Leser nicht unberührt lassen wird.
SASCHA FEUCHERT
Der Autor ist Professor für neuere deutsche Literatur mit dem Schwerpunkt Holocaust- und Lagerliteratur und ihre Didaktik an der Universität Gießen.
John Boyne: "Der Junge auf dem Berg". Roman.
Aus dem Englischen von Ilse Layer. Fischer KJB, Frankfurt 2017. 304 S., geb., 16,99 [Euro]. Ab 12 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Die Zeitzeugenberichte werden deshalb als Textmonumente enorm wichtig bleiben, doch wir werden uns zwangsläufig ebenso von ihrer Erfahrungswelt entfernen. Unser Geschichtsverständnis bedarf deshalb immer auch der Aktualisierung durch Geschichten (und nicht nur durch neue Sachbücher), sonst wird es irgendwann bedeutungslos. Das zu verhindern ist die eigentliche Leistung des historischen Romans, gerade über den Holocaust. Wenn man einen solchen beurteilt, sollte man also lieber fragen, wie er sich seinem Gegenstand nähert und was genau er erzählen will, und nicht, ob er das überhaupt darf und ob er dabei die Ereignisse immer historisch adäquat abbildet.
Bei John Boynes Roman "Der Junge im gestreiften Pyjama", dem Welterfolg aus dem Jahr 2006, kann man das exemplarisch zeigen: Liest man ihn (zumal in der Schule) als einen Roman, der die Ereignisgeschichte des Holocausts vermittelt, gar als Text über das reale Auschwitz, ist er tatsächlich in jeder Hinsicht unangemessen: Er enthält historische Fehler und Ungenauigkeiten und bietet zudem eine hochproblematische poetische Gerechtigkeit. Doch der Roman wird von Anfang an als Fabel, als Gleichnis präsentiert und handelt letztlich davon, warum man die vielen Zäune, die zwischen Menschen errichtet werden, überwinden muss. Die Erzählung vermag damit für Kinder und Jugendliche sicher nicht zu erklären, was das historische Auschwitz war, kann aber eine moralische Frage illustrieren, die sich nicht zuletzt aus den historischen Ereignissen ergibt und noch immer stellt, vielleicht dringlicher denn je.
Boynes neuer Roman "Der Junge auf dem Berg", der bereits 2015 auf Englisch erschien und nun auch auf Deutsch angeboten wird, ist nicht nur eine Art literarischer Gegenschuss zum "Jungen im gestreiften Pyjama", sondern wird gleich in mehrfacher Hinsicht explizit mit seinem Vorgänger verbunden. Das beginnt auf paratextueller Ebene: Habe er im ersten Roman noch der Hoffnung Ausdruck verliehen, Hass, Vorurteile und Diskriminierung seien primär Erscheinungen der Vergangenheit, hätten ihn die aktuellen Ereignisse eines Besseren belehrt, schreibt der Autor im Vorwort. Deshalb erzähle er ein weiteres Mal von dieser Zeit und davon, "wie leicht es doch ist, verdorben zu werden, sich mitschuldig zu machen, dem Bösen tatenlos zuzusehen".
Im Romantext begegnen dem Leser zudem bekannte Figuren aus der anderen "Junge"-Erzählung: Bruno huscht mit seiner Schwester und seiner Mutter durch das Bild, sein Vater, der spätere KZ-Kommandant, hat sogar mehrere Auftritte. Und doch ist die neue Geschichte anders angelegt: Sie wird nicht als Fabel gekennzeichnet, sondern als Roman. Das weist das Geschehen zwar einerseits wieder als fiktiv aus, aber durch einen Hinweis über dem Impressum, dass das Werk teilweise auf Tatsachen basiere, wird die Verbindung zu den historischen Ereignissen andererseits deutlich gestärkt.
Erzählt wird die Geschichte von Pierrot, einem Jungen, der zunächst allein mit seiner französischen Mutter in Paris aufwächst, weil sein deutscher Vater, gebrochen von den Schrecken des Ersten Weltkriegs, die Familie verlassen hat und stirbt. Als seine Mutter der Tuberkulose erliegt, muss der Junge, der gerne bei der Familie seines jüdischen Freundes Anshel Bronstein geblieben wäre, in ein Waisenhaus. Von dort holt ihn 1936 seine Tante Beatrix nach Deutschland, denn sie arbeitet als Angestellte auf einem großen Anwesen, und der Hausherr hat zugestimmt, dass Pierrot dort leben darf. Schnell stellt sich heraus, dass es nicht irgendein Haus ist, in das der Junge einzieht, und der Besitzer nicht irgendwer: Es ist der Berghof, die Sommerresidenz Adolf Hitlers. Pierrot, der sich bald Peter nennen wird, gerät in den Bann des "Führers", er will ihm unbedingt gefallen und genießt es, dass er durch die Nähe zum Diktator an Macht im Haus und im Ort gewinnt. Zunehmend entwickelt sich der anfangs noch sympathische Protagonist zum mörderisch gefährlichen Scheusal. In seiner jugendlichen Selbstgerechtigkeit begeht er mehrfach entsetzlichen Verrat und steht deshalb am Kriegsende allein und voller Schuld da.
Dass die Geschichte da noch nicht endet, sondern noch eine Wendung nimmt (bei der Anshel wieder eine Rolle spielt), ist sicher eine Stärke des Romans. Auch in anderer Hinsicht kann er überzeugen: Selbst wenn Hitler als Figur notwendigerweise stark vereinfacht wird, so entwirft Boyne doch einen im Erzählkontext glaubwürdigen Charakter, der zwar charismatisch wirkt, aber immer wieder zeigt, wie wenig er zur Empathie fähig ist. Genau diesem Vorbild wird Pierrot folgen und erst zu spät erkennen, wohin er geraten ist.
Historisch ist der Roman insgesamt genauer als "Der Junge im gestreiften Pyjama": Immer wieder werden verbürgte Episoden in die Geschichte eingewoben, wie der Besuch des Herzogs von Windsor und Wallis Simpsons auf dem Berghof, doch manchmal wirken diese historischen Anbindungen auch arg bemüht. Ihre Stärken hat auch diese Erzählung nämlich nicht in einer vermeintlichen geschichtlichen Genauigkeit, sondern in den moralischen Fragen, die sie aufwirft. In dieser Hinsicht ist Boyne ein spannender, hervorragend erzählter Jugendroman gelungen, der seine Leserinnen und Leser nicht unberührt lassen wird.
SASCHA FEUCHERT
Der Autor ist Professor für neuere deutsche Literatur mit dem Schwerpunkt Holocaust- und Lagerliteratur und ihre Didaktik an der Universität Gießen.
John Boyne: "Der Junge auf dem Berg". Roman.
Aus dem Englischen von Ilse Layer. Fischer KJB, Frankfurt 2017. 304 S., geb., 16,99 [Euro]. Ab 12 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Man liest [...] sehr schnell, durch die exzellente Erzählkunst Boynes und die geschmeidige Übersetzung von Ilse Layer, dennoch lässt es einen nicht so schnell wieder los. Ulrike Schimming Letteraturen 20170824
Pierrot wächst in den 30er Jahren in Paris auf. Seine Mutter ist Französin, sein Vater Deutscher, der im 1. Weltkrieg an der Front gekämpft hat. Der Vater legt großen Wert darauf, dass sich Pierrot bewusst ist, Deutscher zu sein. Wie so viele Veteranen aus dem 1. Weltkrieg, …
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Pierrot wächst in den 30er Jahren in Paris auf. Seine Mutter ist Französin, sein Vater Deutscher, der im 1. Weltkrieg an der Front gekämpft hat. Der Vater legt großen Wert darauf, dass sich Pierrot bewusst ist, Deutscher zu sein. Wie so viele Veteranen aus dem 1. Weltkrieg, leidet Pierrots Vater unter der psychischen Belastung und fühlt sich durch die Folgen des Versailler Vertrags als Deutscher sehr nachteilig und ungerecht behandelt. „Eines Tages holen wir uns zurück, was uns gehört.“ , sagt er zu seinem Sohn. Pierrots bester Freund ist der gehörlose jüdische Junge Anshel mit dem er sich in Gebärdensprache unterhält.
Pierrot genießt soweit es möglich ist, eine glückliche Kindheit, bis zuerst sein Vater und später auch seine Mutter stirbt. Er kommt vorerst in ein Waisenhaus, aber sehr bald meldet sich seine Tante Beatrix, die Schwester seines Vaters, die Pierrot bei sich aufnehmen möchte. Sie ist Haushälterin auf dem Obersalzberg und versorgt den Haushalt von Hitlers Refugium in den Berchtesgadener Alpen.
Pierrot reist alleine mit dem Zug nach Salzburg, wo er von seiner Tante in Empfang genommen wird und von Hitlers Chauffeur Ernst auf den Berghof gefahren wird. Dort beginnt für Pierrot ein völlig neues Leben. Er kommt in den Dunstkreis des Führers und man kann als Leser nur erschrocken staunen, was die Gehirnwäsche Hitlers aus einem noch nicht gefestigten und noch formbaren jungen Menschen anstellen kann.
Ich konnte mit dem Buch sehr schnell in das Leben Pierrots eintauchen. Sein Umfeld aus seiner Zeit in Paris wird sehr liebevoll und sorgfältig charakterisiert, so dass man eine richtig gute Vorstellung seines damaligen Lebens in Paris gewinnt. Auch die Zeit in der Übergangsphase im Kinderheim hat mir sehr gut gefallen. Pierrot ist sowohl auf egoistische, garstige als auch auf liebevolle Menschen gestoßen. Und auch bei den unfreundlichen wurde ihr Hintergrund beleuchtet, so dass ihr Verhalten eine gewisse Erklärung gefunden hat. Auf dem Obersalzberg hat sich mir der Protagonist Pierrot richtig entfremdet. Er wurde dort Peter genannt, weil sich das für einen Nazi besser schickte, als sein französischer Name. Briefe vom jüdischen Freund Anshel waren nicht mehr erwünscht und Pierrot hat sich zu einem Charakter entwickelt, zu dem ich keine Bindung mehr herstellen konnte.
John Boyne ist es sehr gut gelungen, diese erschreckende Wandlung eines nicht als schlecht geborenen Menschen anschaulich darzustellen. Er hat auch einen möglichen Weg für das „Danach“ für Pierrot aufgezeigt. Auch für einige andere Menschen, die Pierrots im Laufe seines Lebens begegnen, wird als exemplarische Beispiele eine Möglichkeit dargestellt, wie die Menschen nach dem Krieg und nach dem Hitlerdeutschland weiter leben konnten oder eben nicht.
„Der Junge auf dem Berg“ ist ein sehr eindrückliches Buch, das sich sowohl an Jugendliche wie auch an Erwachsene richtet. Viele Gewissenskonflikte sind nur angetönt und nicht ausformuliert, so dass der Roman viele Möglichkeiten zur eigenen Reflexion bzw. zur Diskussion mit anderen Lesern bietet. Das Buch ist sprachlich recht einfach zu lesen, setzt aber ein gewisses geschichtliches Verständnis voraus und sollte meiner Meinung nach nicht unbedingt von Kindern unbegleitet und alleine gelesen werden, weil gewisse Szenen doch etwas verstörend oder unverständlich erscheinen können.
Von mir erhält das Buch eine Leseempfehlung mit 5 Sternen.
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"Der Junge auf dem Berg" beinhaltet eine recht grausame Geschichte, die mir sehr nah gegangen ist. Es gab Momente im Buch, die es mir erschwerten sorglos und unbeschwert weiterzulesen, da ich meine Vermutungen immer wieder bestätigt sah. Der Einfluss der Nationalsozialisten auf eine …
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"Der Junge auf dem Berg" beinhaltet eine recht grausame Geschichte, die mir sehr nah gegangen ist. Es gab Momente im Buch, die es mir erschwerten sorglos und unbeschwert weiterzulesen, da ich meine Vermutungen immer wieder bestätigt sah. Der Einfluss der Nationalsozialisten auf eine Kinderseele sind unglaublich authentisch und geben eine Zeit wieder mit der ich mich immer wieder auseinandersetze, auch wenn es mich regelrecht beängstigt. Ich war in diesem Jahr durch meine Ausbildung in Ausschwitz und die Gräueltaten waren noch relativ präsent, daher hatte ich noch den einen und anderen eigenen inneren Kampf durchzustehen.
"Der Junge auf dem Berg" ist mit "Der Junge im gestreiften Pyjama" nicht gleichzusetzen, auch wenn gewisse Parallelen vorhanden sind. Der Einfluss eines Adolf Hitlers ist so präsent, dass es regelrecht schmerzt. Er erwartet bedingungslosen Gehorsam und durch sein Vorleben und seine Vorlieben nimmt er großen Einfluss auf Pierrot / Peter, der sich dem nicht widersetzen kann. Mir ist es wichtig darauf hinzuweisen, dass es schnell geschehen kann, dass ein Mensch Macht über meine Gedanken und Emotionen übernimmt, wenn ich es zulasse. Die Story selbst ist zwar fiktiv, könnte sich aber genauso wie von John Boyne erfunden zugetragen haben. Ist das nicht beängstigend? Pierrot / Peter ist ein Kind, noch völlig ungeformt, daher ist es ein Leichtes ihm einer Gehirnwäsche zu unterziehen und auf seine Seite zu ziehen. Dies geschieht ganz langsam und doch stetig, sodass Pierrot / Peter Eigenarten des Führers übernimmt ohne es zu bemerken. John Boyne nutzt für seinen Roman dazu wieder ein Kind, um uns den Nationalsozialismus zu verdeutlichen. Ich empfinde dies als klugen Schachzug, denn einem Kind kann man seine Fehler leichter vergeben, auch wenn sie genauso schwer wiegen, als wenn Pierrot / Peter erwachsen gewesen wäre.
Aus Pierrot einem Jungen, der zum Waisen wird und zuvor in Frankreich gelebt hat, wird sozusagen eingedeutscht und erhält den Namen Peter. Er ist Adolf Hitler sehr nah und die geistige Veränderung beginnt langsam, schreitet aber schnell voran, sodass Peter einen großen Verrat begeht, der mich fast aus den Schuhen gehauen hat. Obwohl ich einige Vermutungen hatte über den weiteren Verlauf empfand ich jede weitere zu lesende Seite als Grausamkeit, die auch zwischen den Zeilen zu lesen war. John Boyne hat es wieder einmal geschafft mich zu überzeugen. Die Sprache die sich der Autor bedient ist leicht verständlich und dennoch so eindrücklich, dass es wieder einmal ein echtes LeseHighlight wurde. Ich bin sehr dankbar, dass ich diesen Roman lesen durfte und auch wenn das Thema wieder einmal schwere Kost war, konnte ich mich komplett darauf einlassen. Ich gestehe, dass ich etwa Mitte des Buches kurz innehalten musste und nicht sofort weiterlesen konnte. Ich spürte förmlich die Obsession eines Adolf Hitlers, die mir regelrecht entgegen sprang. Wie kann ein Mensch soviel Macht erreichen und warum hat es niemand geschafft ihn in seinem Wahnsinn zu stoppen? Das Thema des Romans "Der Junge auf dem Berg" ist aktuell und das ist, was mir schwer im Magen liegt. Der Fremdenhass in Deutschland zieht weite Kreise und es macht wirklich Angst. Mich wieder einmal mit dem zweiten Weltkrieg zu beschäftigen macht nicht wirklich Spaß. Die Vergangenheit zu verleugnen ist aber auch nicht der Sinn des Menschen, daher werde ich immer wieder Romane lesen, die sich mit diesem Thema auseinandersetzen. Ich werde weiterhin entsetzt sein und auch immer wieder viel lernen über Geschichtliches und die Psyche eines Menschen. Es gibt sicherlich ganz viele Peters auf der Welt, die sich wie im Buch beschrieben verhalten hätten. Letztendlich war Versöhnung auf die eine oder andere Art und Weise möglich, dies hilft mir "Der Junge auf dem Berg" besser zu verarbeiten. Ebenso wie "Der Junge im gestreiften Pyjama" könnte ich mir "Der Junge auf dem Berg" gut als Schullektüre vorstellen, denn es regt definitiv zum Nachdenken an.
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Pierrot lebt mit seinen Eltern in Paris. Sein bester Freund ist Anshel, der in der Wohnung unter ihnen wohnt. Pierrots Vater war im Krieg und ist, seit er zurück ist, stark verändert. Eines Tages ist er verschwunden und sie bekommen einige Zeit später die Nachricht, er sei in …
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Pierrot lebt mit seinen Eltern in Paris. Sein bester Freund ist Anshel, der in der Wohnung unter ihnen wohnt. Pierrots Vater war im Krieg und ist, seit er zurück ist, stark verändert. Eines Tages ist er verschwunden und sie bekommen einige Zeit später die Nachricht, er sei in Deutschland von einem Zug überrollt worden. Plötzlich wird auch Pierrot’s Mutter krank und stirbt kurz darauf. Pierrot kann nicht bei Anshel und seiner Mutter bleiben, er landet im Waisenhaus. Dort geht es ihm nicht schlecht, außer dass er von einem bösen Jungen gedemütigt und geärgert wird. Dann meldet sich plötzlich seine Tante Beatrix, die Schwester seines Vaters aus Deutschland und will Pierrot zu sich holen. Er macht sich auf die lange Reise nach Deutschland und landet im Berghof von Adolf Hitler. Dort ist Beatrix Hausdame und Herr Hitler hat erlaubt, dass Pierrot dort leben kann, aber nur wenn er nicht stört und nicht im Weg ist. Bald darauf bekommt Pierrot die ersten Instruktionen von seiner Tante und dem Chauffeur Ernst. Er heißt ab sofort Peter und Kontakt zu seinem jüdischen Freund Anshel darf er auch nicht mehr haben. Anfangs versteht Pierrot die Welt nicht mehr. Dann lernt er Adolf Hitler kennen und gerät sofort unter dessen Einfluss. Er tut alles, um diesem Mann zu gefallen. Folgsam und untertänigst scheint er in dieser Welt völlig aufzugehen, und er will unbedingt in die Hitlerjugend und in den Krieg. Er bekommt das Gefühl von Macht durch die Nähe, die er zum Führer hat und übertreibt maßlos.
Pierrot verändert sich im Laufe der Jahre, sehr zu seinem Nachteil. Unter dem Einfluss von Hitler wird Pierrot arrogant, abstoßend und ungerecht zu anderen Menschen. Als er eine Uniform von Hitler bekommt, die er auch in der Schule trägt, wollen die meisten Kinder nichts mehr mit ihm zu tun haben. Auch Katharina, in die Pierrot sich verliebt, distanziert sich von ihm. Pierrot gibt den Angestellten im Berghof Anweisungen, so als wäre er selbst der Hausherr. Er verübt Verrat an seiner Tante, dem Chauffeur Ernst und der langjährigen Köchin Emma. Nach einem schlimmen Zwischenfall zwischen ihm und Katharina, dem Ende des Krieges und dem Tod von Adolf Hitler kommt Pierrot langsam wieder zur Besinnung und begreift, was er für schlimme Fehler und Taten begangen hat und hofft auf Vergebung. Er zieht in der Welt umher, bis er wieder nach Paris zurückkehrt. Und zu seinem alten Freund Anshel.
Der Schreibstil des Autors hat mir sehr gut gefallen. Die Charaktere waren sehr authentisch dargestellt. John Boyne bringt den Leser mit diesem Buch zum Nachdenken. Aus einem lieben Kind wird ein herrschsüchtiger, arroganter, verräterischer Junge. Es wird einem klar gemacht, wie man von einem dominanten Menschen beeinflusst und manipuliert werden kann. Wie man sich selbst verändern kann, nur um sich zu unterwerfen und zu gefallen. Eine Geschichte über Freundschaft, Vertrauen, Verrat und Grausamkeit.
Fazit:
Mir hat dieses Buch sehr gefallen, die Geschichte sowie die Veränderung von Pierrot war mehr als interessant. Aber leider konnte mich das Buch nicht berühren oder emotional erreichen.
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Broschiertes Buch Dieses Buch konnte ich nicht aus der Hand legen...man ist sofort in der Geschichte ,kann ich sehr empfehlen...werde mir die anderen Bücher von John Boyne auch kaufen....
Das sich ein KInd durch die Macht eines anderen so verändert verändert....
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