Steffen Mau
eBook, ePUB
Ungleich vereint (eBook, ePUB)
Warum der Osten anders bleibt Ein Buch, das aus Sackgassen herausführt - und für Gesprächsstoff sorgt Bayerischer Buchpreis 2024
Sofort per Download lieferbar
Statt: 18,00 €**
** Unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers
Alle Infos zum eBook verschenkenWeitere Ausgaben:
PAYBACK Punkte
0 °P sammeln!
»Wer in der Ost-West-Debatte mit Schuldbegriffen operiert, ist schon auf dem Holzweg.«Die Diskussion über Ostdeutschland und das Verhältnis zwischen Ost und West flammt immer wieder auf. Sei es anlässlich runder Jubiläen, sei es nach Protesten. Und dennoch gibt es in dieser Debatte keine Verständnisfortschritte. Sie dreht sich im Kreis, auf Vorwürfe folgen Gegenvorwürfe: »Ihr seid diktatursozialisiert!« - »Ihr habt uns ökonomisch und symbolisch kleingemacht!«Im November jährt sich der Mauerfall zum 35. Mal. Bereits zuvor könnte die AfD aus drei Landtagswahlen als stärkste Part...
»Wer in der Ost-West-Debatte mit Schuldbegriffen operiert, ist schon auf dem Holzweg.«
Die Diskussion über Ostdeutschland und das Verhältnis zwischen Ost und West flammt immer wieder auf. Sei es anlässlich runder Jubiläen, sei es nach Protesten. Und dennoch gibt es in dieser Debatte keine Verständnisfortschritte. Sie dreht sich im Kreis, auf Vorwürfe folgen Gegenvorwürfe: »Ihr seid diktatursozialisiert!« - »Ihr habt uns ökonomisch und symbolisch kleingemacht!«
Im November jährt sich der Mauerfall zum 35. Mal. Bereits zuvor könnte die AfD aus drei Landtagswahlen als stärkste Partei hervorgehen. In dieser Lage meldet sich der »gefragteste Gesellschaftsdeuter im Land« (FAS) mit einer differenzierten Intervention zu Wort. Steffen Mau setzt sich mit prominenten Beiträgen auseinander und widerspricht der Angleichungsthese, laut der Ostdeutschland im Lauf der Zeit so sein werde wie der Westen. Aufgrund der Erfahrungen in der DDR und in den Wendejahren wird der Osten anders bleiben - ökonomisch, politisch, aber auch, was Mentalität und Identität betrifft. Angesichts der schwachen Verwurzelung der Parteien plädiert Steffen Mau dafür, alternative Formen der Demokratie zu erproben und die Menschen etwa über Bürgerräte stärker zu beteiligen.
Ein Buch, das aus Sackgassen herausführt - und für Gesprächsstoff sorgen wird.
Die Diskussion über Ostdeutschland und das Verhältnis zwischen Ost und West flammt immer wieder auf. Sei es anlässlich runder Jubiläen, sei es nach Protesten. Und dennoch gibt es in dieser Debatte keine Verständnisfortschritte. Sie dreht sich im Kreis, auf Vorwürfe folgen Gegenvorwürfe: »Ihr seid diktatursozialisiert!« - »Ihr habt uns ökonomisch und symbolisch kleingemacht!«
Im November jährt sich der Mauerfall zum 35. Mal. Bereits zuvor könnte die AfD aus drei Landtagswahlen als stärkste Partei hervorgehen. In dieser Lage meldet sich der »gefragteste Gesellschaftsdeuter im Land« (FAS) mit einer differenzierten Intervention zu Wort. Steffen Mau setzt sich mit prominenten Beiträgen auseinander und widerspricht der Angleichungsthese, laut der Ostdeutschland im Lauf der Zeit so sein werde wie der Westen. Aufgrund der Erfahrungen in der DDR und in den Wendejahren wird der Osten anders bleiben - ökonomisch, politisch, aber auch, was Mentalität und Identität betrifft. Angesichts der schwachen Verwurzelung der Parteien plädiert Steffen Mau dafür, alternative Formen der Demokratie zu erproben und die Menschen etwa über Bürgerräte stärker zu beteiligen.
Ein Buch, das aus Sackgassen herausführt - und für Gesprächsstoff sorgen wird.
Dieser Download kann aus rechtlichen Gründen nur mit Rechnungsadresse in A, D, I ausgeliefert werden.
- Geräte: eReader
- ohne Kopierschutz
- eBook Hilfe
- Größe: 1.42MB
- FamilySharing(5)
- Text-to-Speech
- Alle Texte können hinsichtlich Größe, Schriftart und Farbe angepasst werden
- Keine oder unzureichende Informationen zur Barrierefreiheit
Steffen Mau, geboren 1968, ist Professor für Makrosoziologie an der Humboldt-Universität zu Berlin. 2021 erhielt er den Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Seine Bücher Ungleich Vereint. Warum der Osten anders bleibt (2024) sowie die gemeinsam mit Thomas Lux und Linus Westheuser verfasste Studie Triggerpunkte. Konsens und Konflikt in der Gegenwartsgesellschaft (2023) standen monatelang auf der Sachbuch-Bestenliste und auf Platz 1 der Spiegel-Bestsellerliste. Für Ungleich Vereint erhielt er außerdem den Bayrischen Buchpreis 2024 und stand auf der Shortlist für den Sachbuchpreis des Norddeutschen Rundfunks.
Produktdetails
- Verlag: Suhrkamp Verlag
- Seitenzahl: 168
- Erscheinungstermin: 17. Juni 2024
- Deutsch
- ISBN-13: 9783518781227
- Artikelnr.: 70247267
Perlentaucher-Notiz zur Dlf-Rezension
Steffen Mau liefert in seinem Buch ungewöhnliche Ansätze, mit den auch 35 Jahre nach dem Mauerfall noch bestehenden Unterschieden zwischen Ost und West umzugehen: Statt davon auszugehen, der Osten habe sich an den fortschrittlicheren Westen anzugleichen, dreht er den Spieß um, erklärt Rezensent Franz Paul Helms. Mau geht davon aus, dass etwa der zunehmende Rechtsruck eine Entwicklung ist, die auch im Westen zu folgen droht und schlägt deswegen vor, den Osten als "Labor für Experimente neuer demokratischer Partizipationsformen" zu verstehen, etwa in Form von Bürgerräten. Helms nimmt aus der Lektüre viele wichtige Anregungen mit.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH
Im Labor der Partizipation
Ost-West-Differenzen: Steffen Mau bringt basisdemokratische Elemente ins Spiel
Jedem guten Buch ist zu wünschen, dass es von Anfang bis Ende gelesen wird. Der "kleinen politischen Schrift zu Gesellschaft, Politik und Demokratie in Ostdeutschland", die der Soziologe Steffen Mau vorgelegt hat, sei dies besonders gegönnt, denn wirklich aufregend wird es erst im siebten und letzten Kapitel. Dort begibt sich der Autor in ein "Labor der Partizipation". Auf der in den Kapiteln davor entworfenen Folie einer bleibenden politisch-soziokulturellen Ost-West-Differenz unterbreitet er Vorschläge, wie die spezifischen Erfahrungen der Ostdeutschen in eine Stärkung der repräsentativen
Ost-West-Differenzen: Steffen Mau bringt basisdemokratische Elemente ins Spiel
Jedem guten Buch ist zu wünschen, dass es von Anfang bis Ende gelesen wird. Der "kleinen politischen Schrift zu Gesellschaft, Politik und Demokratie in Ostdeutschland", die der Soziologe Steffen Mau vorgelegt hat, sei dies besonders gegönnt, denn wirklich aufregend wird es erst im siebten und letzten Kapitel. Dort begibt sich der Autor in ein "Labor der Partizipation". Auf der in den Kapiteln davor entworfenen Folie einer bleibenden politisch-soziokulturellen Ost-West-Differenz unterbreitet er Vorschläge, wie die spezifischen Erfahrungen der Ostdeutschen in eine Stärkung der repräsentativen
Mehr anzeigen
Demokratie eingebracht werden könnten.
Der 1968 in Rostock geborene Mau, Professor für Makrosoziologie an der HU Berlin, greift damit eine Diskussion auf, die um den Mauerfall herum in Ost und West intensiv geführt wurde, ohne je politische Mehrheiten zu mobilisieren, und nun - forciert nicht zuletzt durch die bedrohlichen Erfolge des Populismus - in den aktuellen Debatten um die Krise der repräsentativen Demokratie eine kleine Renaissance erlebt. Diese "Ertüchtigungsmaßnahmen der Demokratie", wie Mau sie nennt, sind allesamt "von unten" gedacht: Es geht ihm um die Ergänzung der "klassischen" Parteiendemokratie um basis- und direktdemokratische Elemente.
Mau gehört zu den wenigen Soziologen, die empirische Sozialforschung und soziologische Theoriearbeit auf allgemein verständliche Weise vermitteln können. Das gemeinsam mit Thomas Lux und Linus Westheuser verfasste Buch "Triggerpunkte - Konsens und Konflikt in der Gegenwartsgesellschaft" (F.A.Z. vom 13. Oktober 2023) steht dafür exemplarisch und mit seinem teils autobiographisch, teils soziologisch informierten Buch "Lütten Klein" hatte Mau vier Jahre zuvor eine der erklärungskräftigsten Erkundungen der ostdeutschen Transformationsgesellschaft vorgelegt.
Die Grundlage für die Argumentation in seinem neuen Buch bilden diese Forschungen zur Wirklichkeit und Wahrnehmung sozialer Ungleichheiten in Deutschland und der Welt. Hinzu kommen die neuere politik- und geschichtswissenschaftliche Demokratieforschung sowie nicht zuletzt ein hohes Interesse an der Versachlichung gesellschaftlicher Grundsatzdebatten. All dies fundiert "Ungleich vereint". In ihrer leidenschaftlichen Gegenwarts- und Zukunftsorientierung zeigt diese Intervention die Möglichkeiten einer im besten Sinne gesellschaftskritischen Forschung - und auch ihre Grenzen.
Nicht unähnlich der intellektuellen Grundhaltung, die Jens Beckert in "Verkaufte Zukunft" in Bezug auf den Umgang mit dem Klimawandel eingenommen hat (F.A.Z. vom 16. März), plädiert Mau für eine Anerkennung der Tatsachen und eine Suche nach Lösungen jenseits kollektiver Selbsttäuschung und fixer Gemeinschaftsideen wie der "inneren Einheit": Der Osten ist und bleibe als besonders geprägter politisch-kultureller Raum auf absehbare Zeit anders. Man müsse sich eingestehen, dass sich "manche Unterschiede trotz anderer Erwartungen aushärten und reproduzieren". Der Mehrwert eines solchen Eingeständnisses liege darin, dass "gesellschaftliche Unwuchten" und mögliche Auswege jenseits der üblichen Ost-West-Logiken analysiert und verhandelt werden könnten.
Für diese Verstetigung einer Differenz beziehungsweise den damit erreichten Zustand der ostdeutschen Gesellschaft verwendet Mau die Metapher der "Ossifikation", die er zunächst als "nur eine Gedankenspielerei" einführt, aber dann doch als Summe seines Erklärungsansatzes ausfaltet. Der der Medizin entlehnte Begriff führt die osteologische Metaphorik aus "Lütten Klein" fort. Er sei "einigermaßen deutungsoffen", weil er "sowohl (die unter Umständen pathologische) Verknöcherung wie auch die Regeneration nach einem Bruch, nämlich die Bildung von Narbengewebe", bezeichne.
Selbst wer einen solchen Deutungsrahmen nicht von vornherein ablehnt, weil damit letztlich gesellschaftliche Zustände und Gruppen tendenziell verabsolutiert, pathologisiert und exotisiert werden, wird dennoch zweifeln, ob Mau die Ossifikationsthese hinreichend durchdacht hat und ihr Erkenntnispotential bestmöglich ausschöpft. Denn leider konzentriert sich der Autor in seiner Analyse vor allem auf die erste Ebene, die der "Aushärtung" der Unterschiede zwischen Ost und West sowie der ostdeutschen Eigenheiten - vor allem in Bezug auf Sozialstruktur, Demographie, Kultur und Identität. Diese Analyse vermittelt ein merkwürdig statisches Gesellschaftsbild - als ob in einer "Posttransformationsgesellschaft" keinerlei Wandel mehr zu erwarten ist. Noch bedauerlicher ist, dass der Aspekt einer möglichen "Gesundung" durch "Vernarbung", was auch immer das auf eine Gesellschaft übertragen hieße, im weiteren Verlauf der Argumentation keine Rolle spielt.
Dennoch führen die Kapitel, die dem Nachweis der Verfestigungsthese gewidmet sind, präzise vor Augen, wie nachhaltig in Ostdeutschland "Geschichte in Strukturen und Identitäten nachwirkt", etwa im Bereich des familiären Wohlstands und der Geschlechterverhältnisse oder der unzureichenden Auseinandersetzung mit den gesellschaftlichen Grundlagen der SED-Diktatur. Und nicht zuletzt vertritt Mau diese These mit Blick auf die politische Kultur der Ostdeutschen, die nicht per se als antidemokratisch oder politikverdrossen abgekanzelt werden sollten. Vielmehr sei diese Kultur durch eine vor, um und nach 1989 spezifisch geformte "Parteienpolitikverdrossenheit" gekennzeichnet, der man mit konkreten, experimentierfreudigen Antworten begegnen könne und müsse.
Doch so korrekt dieser Befund und, daraus folgend, der Verweis auf die im Osten weiter verbreitete Zustimmung zu basis- und direktdemokratischen Verfahren sind, so fragwürdig scheint es, diese Minderheitenposition innerhalb der ostdeutschen Bevölkerung zum demokratiepolitischen Maß aller Dinge zu machen.
Die von Mau unterbreiteten, teils in eigener Forschung erprobten Vorschläge einer "bürgernahen" oder auch "deliberativen" Demokratiepraxis reichen von Bürgerräten, die im Losverfahren gebildet werden, über plebiszitäre Abstimmungen bis hin zur Idee einer "dritten Kammer", in der Vertreter aus Bundestag und Bundesrat sowie ausgeloste Bürger gemeinsam beraten. Welche Verbindlichkeit diese Verfahren hätten, wie sie ohne Verfassungsänderung zu erreichen wären oder wie sie sich auf die bisherige Gewaltenteilung und Verantwortungsstruktur auswirken würden, führt Mau nicht aus. Etwaigen Bedenken hält er entgegen, es gehe ihm um eine "experimentelle Öffnung und Weiterentwicklung von Partizipationsmöglichkeiten mit dem Ziel, die Zugangsschwellen zur Politik zu senken".
Doch kann auch Mau keine Belege dafür anführen, dass oder wie (mehr) plebiszitäre und direktdemokratische Verfahren die parlamentarische Demokratie stärken. Die fünf ostdeutschen Landesverfassungen (wie alle anderen auch) enthalten bereits die Möglichkeit von Volksentscheiden; trotzdem steht die Demokratie überall und im Osten ganz besonders unter Druck. Sicher ist es ein Gewinn, wenn etwa über Auslosungen erstmals direkt in Politik einbezogene Menschen mitunter "plötzlich einräumen" müssen, wie komplex viele Sachfragen sind und dass ihnen wichtige Aspekte eines Themas "so gar nicht klar gewesen" seien. Fraglich aber bleibt, wie diese individuelle Einsicht langfristig mehr Bürger dazu bewegen könnte, den noch immer effektivsten Weg politischer Willensbildung und Veränderung einzuschlagen: den Weg des parlamentarischen und in Parteien vermittelten Engagements auf der kommunalen, Länder- und Bundesebene, auf dem Ostdeutsche (und andere Gruppen in diesem Land) nach wie vor seltener anzutreffen sind als westdeutsch sozialisierte Menschen.
Mit seinen Anregungen hat Mau insbesondere jene Bürger im Blick, die momentan bevorzugt der AfD ihre Stimme geben. Er hege die Hoffnung, dass sich zumindest einige von ihnen in solchen Formaten "entradikalisieren" würden. Freilich ist schwer absehbar, welche Nebenwirkungen diese Operation am offenen Herzen der Demokratie hätte. Gerade mit Blick auf die ins Lager der Populisten übergegangenen Teile der Wählerschaft - die AfD und BSW ja genau mit jener Klage des ("Alt"-)Parteienpolitikversagens zu gewinnen verstehen, die Mau als Hauptsymptom identifiziert - ist zweifelhaft, ob das erklärte Ziel der Zurückdrängung des Populismus und der Stärkung der repräsentativen Demokratie mit derlei "Experimenten" zu erreichen ist.
Letztlich könnten der Fokus auf das problematische Drittel des Ostens - den Mau keineswegs als komplett dysfunktionales Einheitsgebilde sieht - und eine allzu starke Ausrichtung der eigenen Lösungsansätze an der antiparlamentarischen und illiberalen Krisenrhetorik von AfD & Co. gar zur Verschärfung des diagnostizierten Problems führen. Denn zugleich bleibt die große Mehrheit der Ostdeutschen, die nicht populistisch und nicht extrem wählt, leider auch in dieser Studie zu sehr außen vor. Sie steht auch hier weder hinreichend deutlich im Blickfeld der Analyse, noch ist sie im Nachdenken über mögliche Lösungsansätze angemessen repräsentiert.
Dem Buch sind dennoch viele Leser zu wünschen, in Ost wie West. Maus Vorschläge zum Weiterdenken der Demokratie bieten wichtige Impulse für eine sachlich geführte Debatte über Wesen und Zukunft der Demokratie als gesamtdeutscher Angelegenheit. Diese Debatte ist auf genau die konstruktive Tonlage und informierende Analyse angewiesen, mit der sich "Ungleich vereint" von der ersten bis zur letzten Seite in die sogenannte Ost-West-Debatte einschreibt - und damit für ungleich globalere Fragen öffnet. CHRISTINA MORINA
Steffen Mau: "Ungleich vereint". Warum der Osten anders bleibt.
Suhrkamp Verlag, Berlin 2024. 168 S.,
br., 18,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt am Main.
Der 1968 in Rostock geborene Mau, Professor für Makrosoziologie an der HU Berlin, greift damit eine Diskussion auf, die um den Mauerfall herum in Ost und West intensiv geführt wurde, ohne je politische Mehrheiten zu mobilisieren, und nun - forciert nicht zuletzt durch die bedrohlichen Erfolge des Populismus - in den aktuellen Debatten um die Krise der repräsentativen Demokratie eine kleine Renaissance erlebt. Diese "Ertüchtigungsmaßnahmen der Demokratie", wie Mau sie nennt, sind allesamt "von unten" gedacht: Es geht ihm um die Ergänzung der "klassischen" Parteiendemokratie um basis- und direktdemokratische Elemente.
Mau gehört zu den wenigen Soziologen, die empirische Sozialforschung und soziologische Theoriearbeit auf allgemein verständliche Weise vermitteln können. Das gemeinsam mit Thomas Lux und Linus Westheuser verfasste Buch "Triggerpunkte - Konsens und Konflikt in der Gegenwartsgesellschaft" (F.A.Z. vom 13. Oktober 2023) steht dafür exemplarisch und mit seinem teils autobiographisch, teils soziologisch informierten Buch "Lütten Klein" hatte Mau vier Jahre zuvor eine der erklärungskräftigsten Erkundungen der ostdeutschen Transformationsgesellschaft vorgelegt.
Die Grundlage für die Argumentation in seinem neuen Buch bilden diese Forschungen zur Wirklichkeit und Wahrnehmung sozialer Ungleichheiten in Deutschland und der Welt. Hinzu kommen die neuere politik- und geschichtswissenschaftliche Demokratieforschung sowie nicht zuletzt ein hohes Interesse an der Versachlichung gesellschaftlicher Grundsatzdebatten. All dies fundiert "Ungleich vereint". In ihrer leidenschaftlichen Gegenwarts- und Zukunftsorientierung zeigt diese Intervention die Möglichkeiten einer im besten Sinne gesellschaftskritischen Forschung - und auch ihre Grenzen.
Nicht unähnlich der intellektuellen Grundhaltung, die Jens Beckert in "Verkaufte Zukunft" in Bezug auf den Umgang mit dem Klimawandel eingenommen hat (F.A.Z. vom 16. März), plädiert Mau für eine Anerkennung der Tatsachen und eine Suche nach Lösungen jenseits kollektiver Selbsttäuschung und fixer Gemeinschaftsideen wie der "inneren Einheit": Der Osten ist und bleibe als besonders geprägter politisch-kultureller Raum auf absehbare Zeit anders. Man müsse sich eingestehen, dass sich "manche Unterschiede trotz anderer Erwartungen aushärten und reproduzieren". Der Mehrwert eines solchen Eingeständnisses liege darin, dass "gesellschaftliche Unwuchten" und mögliche Auswege jenseits der üblichen Ost-West-Logiken analysiert und verhandelt werden könnten.
Für diese Verstetigung einer Differenz beziehungsweise den damit erreichten Zustand der ostdeutschen Gesellschaft verwendet Mau die Metapher der "Ossifikation", die er zunächst als "nur eine Gedankenspielerei" einführt, aber dann doch als Summe seines Erklärungsansatzes ausfaltet. Der der Medizin entlehnte Begriff führt die osteologische Metaphorik aus "Lütten Klein" fort. Er sei "einigermaßen deutungsoffen", weil er "sowohl (die unter Umständen pathologische) Verknöcherung wie auch die Regeneration nach einem Bruch, nämlich die Bildung von Narbengewebe", bezeichne.
Selbst wer einen solchen Deutungsrahmen nicht von vornherein ablehnt, weil damit letztlich gesellschaftliche Zustände und Gruppen tendenziell verabsolutiert, pathologisiert und exotisiert werden, wird dennoch zweifeln, ob Mau die Ossifikationsthese hinreichend durchdacht hat und ihr Erkenntnispotential bestmöglich ausschöpft. Denn leider konzentriert sich der Autor in seiner Analyse vor allem auf die erste Ebene, die der "Aushärtung" der Unterschiede zwischen Ost und West sowie der ostdeutschen Eigenheiten - vor allem in Bezug auf Sozialstruktur, Demographie, Kultur und Identität. Diese Analyse vermittelt ein merkwürdig statisches Gesellschaftsbild - als ob in einer "Posttransformationsgesellschaft" keinerlei Wandel mehr zu erwarten ist. Noch bedauerlicher ist, dass der Aspekt einer möglichen "Gesundung" durch "Vernarbung", was auch immer das auf eine Gesellschaft übertragen hieße, im weiteren Verlauf der Argumentation keine Rolle spielt.
Dennoch führen die Kapitel, die dem Nachweis der Verfestigungsthese gewidmet sind, präzise vor Augen, wie nachhaltig in Ostdeutschland "Geschichte in Strukturen und Identitäten nachwirkt", etwa im Bereich des familiären Wohlstands und der Geschlechterverhältnisse oder der unzureichenden Auseinandersetzung mit den gesellschaftlichen Grundlagen der SED-Diktatur. Und nicht zuletzt vertritt Mau diese These mit Blick auf die politische Kultur der Ostdeutschen, die nicht per se als antidemokratisch oder politikverdrossen abgekanzelt werden sollten. Vielmehr sei diese Kultur durch eine vor, um und nach 1989 spezifisch geformte "Parteienpolitikverdrossenheit" gekennzeichnet, der man mit konkreten, experimentierfreudigen Antworten begegnen könne und müsse.
Doch so korrekt dieser Befund und, daraus folgend, der Verweis auf die im Osten weiter verbreitete Zustimmung zu basis- und direktdemokratischen Verfahren sind, so fragwürdig scheint es, diese Minderheitenposition innerhalb der ostdeutschen Bevölkerung zum demokratiepolitischen Maß aller Dinge zu machen.
Die von Mau unterbreiteten, teils in eigener Forschung erprobten Vorschläge einer "bürgernahen" oder auch "deliberativen" Demokratiepraxis reichen von Bürgerräten, die im Losverfahren gebildet werden, über plebiszitäre Abstimmungen bis hin zur Idee einer "dritten Kammer", in der Vertreter aus Bundestag und Bundesrat sowie ausgeloste Bürger gemeinsam beraten. Welche Verbindlichkeit diese Verfahren hätten, wie sie ohne Verfassungsänderung zu erreichen wären oder wie sie sich auf die bisherige Gewaltenteilung und Verantwortungsstruktur auswirken würden, führt Mau nicht aus. Etwaigen Bedenken hält er entgegen, es gehe ihm um eine "experimentelle Öffnung und Weiterentwicklung von Partizipationsmöglichkeiten mit dem Ziel, die Zugangsschwellen zur Politik zu senken".
Doch kann auch Mau keine Belege dafür anführen, dass oder wie (mehr) plebiszitäre und direktdemokratische Verfahren die parlamentarische Demokratie stärken. Die fünf ostdeutschen Landesverfassungen (wie alle anderen auch) enthalten bereits die Möglichkeit von Volksentscheiden; trotzdem steht die Demokratie überall und im Osten ganz besonders unter Druck. Sicher ist es ein Gewinn, wenn etwa über Auslosungen erstmals direkt in Politik einbezogene Menschen mitunter "plötzlich einräumen" müssen, wie komplex viele Sachfragen sind und dass ihnen wichtige Aspekte eines Themas "so gar nicht klar gewesen" seien. Fraglich aber bleibt, wie diese individuelle Einsicht langfristig mehr Bürger dazu bewegen könnte, den noch immer effektivsten Weg politischer Willensbildung und Veränderung einzuschlagen: den Weg des parlamentarischen und in Parteien vermittelten Engagements auf der kommunalen, Länder- und Bundesebene, auf dem Ostdeutsche (und andere Gruppen in diesem Land) nach wie vor seltener anzutreffen sind als westdeutsch sozialisierte Menschen.
Mit seinen Anregungen hat Mau insbesondere jene Bürger im Blick, die momentan bevorzugt der AfD ihre Stimme geben. Er hege die Hoffnung, dass sich zumindest einige von ihnen in solchen Formaten "entradikalisieren" würden. Freilich ist schwer absehbar, welche Nebenwirkungen diese Operation am offenen Herzen der Demokratie hätte. Gerade mit Blick auf die ins Lager der Populisten übergegangenen Teile der Wählerschaft - die AfD und BSW ja genau mit jener Klage des ("Alt"-)Parteienpolitikversagens zu gewinnen verstehen, die Mau als Hauptsymptom identifiziert - ist zweifelhaft, ob das erklärte Ziel der Zurückdrängung des Populismus und der Stärkung der repräsentativen Demokratie mit derlei "Experimenten" zu erreichen ist.
Letztlich könnten der Fokus auf das problematische Drittel des Ostens - den Mau keineswegs als komplett dysfunktionales Einheitsgebilde sieht - und eine allzu starke Ausrichtung der eigenen Lösungsansätze an der antiparlamentarischen und illiberalen Krisenrhetorik von AfD & Co. gar zur Verschärfung des diagnostizierten Problems führen. Denn zugleich bleibt die große Mehrheit der Ostdeutschen, die nicht populistisch und nicht extrem wählt, leider auch in dieser Studie zu sehr außen vor. Sie steht auch hier weder hinreichend deutlich im Blickfeld der Analyse, noch ist sie im Nachdenken über mögliche Lösungsansätze angemessen repräsentiert.
Dem Buch sind dennoch viele Leser zu wünschen, in Ost wie West. Maus Vorschläge zum Weiterdenken der Demokratie bieten wichtige Impulse für eine sachlich geführte Debatte über Wesen und Zukunft der Demokratie als gesamtdeutscher Angelegenheit. Diese Debatte ist auf genau die konstruktive Tonlage und informierende Analyse angewiesen, mit der sich "Ungleich vereint" von der ersten bis zur letzten Seite in die sogenannte Ost-West-Debatte einschreibt - und damit für ungleich globalere Fragen öffnet. CHRISTINA MORINA
Steffen Mau: "Ungleich vereint". Warum der Osten anders bleibt.
Suhrkamp Verlag, Berlin 2024. 168 S.,
br., 18,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt am Main.
Schließen
»Ungleich vereint bringt Sachlichkeit in die Debatte um Ostdeutschland.« Elena Oberholzer NZZ am Sonntag 20250330
Broschiertes Buch
Steffen Mau geht in seinem Buch Ungleich vereint Warum der Osten anders bleibt, darauf ein, wie gut die Wiedervereinigung geklappt hat und warum es dennoch so viele Unterschiede gibt.
Er beschreibt sehr gut, dass manche Unterschiede einfach nicht verschwinden werden, weil diese sozusagen kulturell …
Mehr
Steffen Mau geht in seinem Buch Ungleich vereint Warum der Osten anders bleibt, darauf ein, wie gut die Wiedervereinigung geklappt hat und warum es dennoch so viele Unterschiede gibt.
Er beschreibt sehr gut, dass manche Unterschiede einfach nicht verschwinden werden, weil diese sozusagen kulturell bedingt sind und wir lernen müssen dies zu akzeptieren. Steffen Mau gibt zudem Anstöße, was die Regierung tun kann, um die wirtschaftliche Ungleichheit, welche veränderbar ist, abzuschaffen.
Am Anfang war ich etwas skeptisch, was dieses Buch betrifft und hatte die Befürchtung, dass die bekannten Klischees abgearbeitet und gefestigt werden. Dem war zum Glück nicht so.
Ich würde jedem empfehlen dieses Buch zu lesen oder zu hören, damit wir ein besseres Verständnis für einander bekommen.
Weniger
Antworten 1 von 1 finden diese Rezension hilfreich
Antworten 1 von 1 finden diese Rezension hilfreich
Hörbuch-Download MP3
Gespaltene Gesellschaft
Ungleich vereint ist ein Sachbuch, dass ein relevantes Thema behandelt. Warum der Osten anders bleibt. So auch der Untertitel.
Steffen Mau ist ein in Rostock aufgewachsener Soziologe, der die Gesellschaft als gespalten erkennt.
Viele politische Sachbücher sind …
Mehr
Gespaltene Gesellschaft
Ungleich vereint ist ein Sachbuch, dass ein relevantes Thema behandelt. Warum der Osten anders bleibt. So auch der Untertitel.
Steffen Mau ist ein in Rostock aufgewachsener Soziologe, der die Gesellschaft als gespalten erkennt.
Viele politische Sachbücher sind emotional aufgeladen. Dieses hier bleibt als Hörbuch, gelesen von Heiko Grauel, überwiegend sachlich, ohne dabei an Deutlichkeit wünschen zu lassen. Grauels Stimme übertragt das jedenfalls so und das war bei mir willkommen. Mit 4,5 Stunden Laufzeit ist das Hörbuch auch nicht zu lang und es wird nicht langweilig.
Das Emotionalität herausgenommen wird, ist bei einem so triggernden Thema richtig.
Deutlich wird, dass das Thema gerade auch bei einer jüngeren Generation im Osten, die die DDR nicht mehr erlebt haben, sich dennoch betroffen fühlen.
Populistische Parteien wollen das für sich nutzen.
Steffen Mau zeigt Schäden an der Gesellschaft und der Demokratie auf.
Das ist keine kleine Leistung und daher empfehle ich das Hörbuch.
Weniger
Antworten 0 von 0 finden diese Rezension hilfreich
Antworten 0 von 0 finden diese Rezension hilfreich
Hörbuch-Download MP3
Deutsch-Deutsche Konflikte
Seit dem Mauerfall sind 35 Jahre ins Land gegangen und noch immer spielen soziale als auch kulturelle Unterschiede zwischen Ost und West in der Bundesrepublik Deutschland eine bedeutende Rolle. Allein der beginnende wirtschaftliche Fortschritt in den ostdeutschen …
Mehr
Deutsch-Deutsche Konflikte
Seit dem Mauerfall sind 35 Jahre ins Land gegangen und noch immer spielen soziale als auch kulturelle Unterschiede zwischen Ost und West in der Bundesrepublik Deutschland eine bedeutende Rolle. Allein der beginnende wirtschaftliche Fortschritt in den ostdeutschen Bundesländern kann die sozialpolitischen Fehler der Vergangenheit nicht auffangen und die Unzufriedenheit der Bürger auslöschen. Die Abwanderung der Arbeitskräfte in den westlichen Teil des Landes haben große demografische Lücken gerissen. Politik bedeutet auch Menschen mitzunehmen und ihre Sorgen und Nöte anzuhören und zu verstehen, ihnen empathisch zu folgen, ihnen eine Chance zu geben, Demokratie zu leben.
Steffen Mau ist Soziologe, Professor für Makrosoziologie und Autor des Sachbuches 'Ungleich vereint'. Das gleichnamige Hörbuch wird von Heiko Grauel gesprochen. Er liest akzentuiert mit angenehmer Stimme und in einem gut zu folgenden Tempo.
In gut verständlicher Sprache werden vom Autor die Knackpunkte der Fehlentwicklungen benannt und beschrieben. Das Gefüge der menschlichen Gemeinschaft muss in seiner historischen Gesamtheit betrachtet werden, um die Wertevorstellungen einzuschätzen und zu entwickeln. Steffen Mau spricht einen Lösungsansatz wie die Benennung von Bürgerräten an, um die Menschen intensiver in politische Entscheidungen einzubinden. Nicht alle Themen konnten in dem Buch hinreichend ausdiskutiert werden. Doch genug Denkanstöße sind für weitere Gespräche zur Annäherung trotz aller Unterschiede angeführt.
Weniger
Antworten 0 von 0 finden diese Rezension hilfreich
Antworten 0 von 0 finden diese Rezension hilfreich
Hörbuch-Download MP3
Mein Hör-Eindruck:
Steffen Mau legt mit diesem Hörbuch einen Essay vor, der sich mit einem Thema befasst, das alle angeht: Wie sieht 35 Jahre nach dem Mauerfall das Verhältnis Ost-West aus? Ist es tatsächlich so, dass der Westen die Norm ist und der Osten eine Abweichung von …
Mehr
Mein Hör-Eindruck:
Steffen Mau legt mit diesem Hörbuch einen Essay vor, der sich mit einem Thema befasst, das alle angeht: Wie sieht 35 Jahre nach dem Mauerfall das Verhältnis Ost-West aus? Ist es tatsächlich so, dass der Westen die Norm ist und der Osten eine Abweichung von der Norm, mit gewissen Anpassungsschwierigkeiten? Dass also der Westen den Osten erfindet?
Diese These vertritt Dirk Oschmann, und Mau möchte den Diskurs neu ordnen und stellt plakativ seine eigene These vor: Der Osten wird nicht vom Westen erfunden, sondern die Bundesländer der ehemaligen DDR haben tatsächlich ihre eigenen Strukturen – soziokulturell, politisch, demografisch und wirtschaftlich. Um das Fazit vorwegzunehmen: die meisten Spannungen, die sich in den Ost-Bundesländern beobachten lassen, stammen aus der DDR-Zeit und konnten aus verschiedenen Gründen bei der Transformation nicht gelöst werden.
Mau beobachtet das Thema in einem sauber strukturierten Essay, und die Komplexität des Themas zeigt sich an den wiederholten Querverweisen. Seine Ausführungen sind auch für den soziologischen Laien immer verständlich.
Eine Vielzahl von Faktoren prägt, so Mau, die ostdeutsche Identität. Als westdeutscher Leser lernt man, dass man mit schnellen Urteilen und Schuldzuschreibungen den Problemen nicht gerecht wird. Wieder einmal zeigt es sich: die Vergangenheit bestimmt die Gegenwart, und die Geschichtsvergessenheit unserer Tage führt zu verhärteten Verwerfungen.
Besonders genau schaut Mau beim Demokratieverständnis hin. Die DDR wurde geschluckt, die westlichen Institutionen wurden einfach transferiert, ostdeutsche Impulse zur Neugestaltung wurden nicht beachtet – und damit wurden die Menschen ein zweites Mal entmündigt und nicht demokratisch aktiviert. In diese Lücke schiebt sich nach Maus Auffassung die AfD hinein; an diesem Punkt holt Mau zu einem Exkurs aus nicht nur über die Gefahr des schleichend wachsenden Rechtspopulismus, sondern auch über die aktuellen Wahlen. Dieser Blick auf die Tagespolitik führt einerseits vom Thema fort, aber andererseits ist es Mau ein Anliegen, die konkreten Auswirkungen seiner Thesen zur Diskussion zu stellen.
Mau bleibt aber nicht bei der Diagnose stehen, sondern bietet auch eine Therapie. Er erinnert daran, dass der ostdeutsche Wunsch nach einer direkten Demokratie mit plebiszitären Elementen, wie er sich in den Straßendemonstrationen gezeigt hatte, bei der Transformation nicht berücksichtigt wurde. Daher schlägt er neue Möglichkeiten der politischen Partizipation vor: die Bürgerräte. In solchen Bürgerräten sieht er die Möglichkeit, die Bevölkerung an der politischen Willensbildung teilhaben zu lassen und damit den Populismus rechtsextremer Parteien einzudämmen. Eine faszinierende Idee, die in Pilotprojekten umgesetzt werden sollte!
Fazit: Eine differenzierte Bestandsaufnahme, augenöffnend, anregend und wohltuend sachlich!
Weniger
Antworten 0 von 0 finden diese Rezension hilfreich
Antworten 0 von 0 finden diese Rezension hilfreich
Hörbuch-Download MP3
In „Ungleich vereint“ nimmt sich Steffen Mau einem der Dauerbrennerthemen der deutschen Gegenwart an: dem Verhältnis zwischen Ost- und Westdeutschland. Zum 35. Jahrestag des Mauerfalls analysiert Mau, warum die Debatte über die deutsch-deutsche Einheit so oft in Vorwürfen …
Mehr
In „Ungleich vereint“ nimmt sich Steffen Mau einem der Dauerbrennerthemen der deutschen Gegenwart an: dem Verhältnis zwischen Ost- und Westdeutschland. Zum 35. Jahrestag des Mauerfalls analysiert Mau, warum die Debatte über die deutsch-deutsche Einheit so oft in Vorwürfen und Gegenvorwürfen feststeckt und selten zu neuen Einsichten führt. Typisch Mau argumentiert er dabei mit Fakten und auf Basis sozialwissenschaftlicher Daten statt die Debatte auf Basis von bloßen Vermutungen zu polarisieren, wie es andere tun.
Mau widerspricht auf diese Weise fundiert einerseits der oft gehörten Angleichungsthese, wonach Ostdeutschland im Laufe der Zeit dem Westen ähnlicher werde. Andererseits zeigt er anhand von Daten auf, dass Ostdeutschland spezifische Probleme hat und nicht, wie kürzlich in einem Bestseller behauptet, „vom Westen erfunden“ wurde. Besonders interessant ist dann Maus Vorschlag, alternative Formen der Demokratie auszuprobieren. Angesichts der schwachen Verankerung traditioneller Parteien in Ostdeutschland plädiert er für die stärkere Einbindung der Bürger:innen durch Bürgerräte.
Das Hörbuch, gelesen von Heiko Grauel, überzeugt durch seine angenehme und verständliche Vortragsweise. Grauel gelingt es, auch komplexe Passagen klar und fesselnd zu vermitteln, sodass das Zuhören niemals langweilig wird. Seine Stimme trägt entscheidend dazu bei, dass die vielschichtigen Analysen und Argumente von Mau gut aufgenommen und verstanden werden können. „Ungleich vereint“ ist damit ein Hörbuch, das nicht nur für Diskussionsstoff sorgt, sondern auch konkrete Auswege aus den festgefahrenen Debatten über Ost und West bietet. Insgesamt ist zwar nicht alles unbedingt neu und überraschend, aber so kompakt zusammengestellt, ist das Hörbuch sicher eine gute Basis für die Auseinandersetzung mit der deutsch-deutschen Geschichte.
Weniger
Antworten 0 von 0 finden diese Rezension hilfreich
Antworten 0 von 0 finden diese Rezension hilfreich
Broschiertes Buch
Ungleich vereint ist ein enorm zeitaktuelles Buch, wenn man sich die Ergebnisse der Europawahl anschaut und welche Partei da in den neuen Bundesländern vorne liegt. Woran liegt es, dass Osten und Westen so unterschiedlich ticken, nach all den Jahren nach der Wiedervereinigung. Obwohl in den …
Mehr
Ungleich vereint ist ein enorm zeitaktuelles Buch, wenn man sich die Ergebnisse der Europawahl anschaut und welche Partei da in den neuen Bundesländern vorne liegt. Woran liegt es, dass Osten und Westen so unterschiedlich ticken, nach all den Jahren nach der Wiedervereinigung. Obwohl in den Neunzigerjahren vorhergesagt wurde, die Unterschiede würden sich angleichen, scheint es doch eher eine emotionale, geographische und soziale Trennung oder zumindest weiterhin große Unterschiede zu geben. Diesen geht dieses Buch sehr genau und anhand von Studien und Erinnerungen an der Geschichte Deutschland sowie der topographischen Besonderheiten und damit einhergehenden anderen Ängsten was die Lage und Situation des Krieges in der Ukraine angeht.
Mir hat das Sachbuch meine Gedankenanstösse gegeben, warum Osten und Westen noch immer ungleich sind, obwohl es schon so lange vereint ist. Zudem gibt es einige Lösungsvorschläge, daher hoffe ich, dass die entsprechenden Personen dieses Buch entdecken werden.
Weniger
Antworten 0 von 0 finden diese Rezension hilfreich
Antworten 0 von 0 finden diese Rezension hilfreich
Broschiertes Buch
Die BRD und die DDR
Ungleich vereint. Ja. Klarer Fall. Dies ist genau das Empfinden, das man als ehemalige DDR-Bürgerin hat. Wir DDR-Bürger sind die ewigen Nörgler, die chronisch Unzufriedenen und eigentlich sollte man am besten die Mauer wieder aufbauen. Das klingt schlimm. Leider …
Mehr
Die BRD und die DDR
Ungleich vereint. Ja. Klarer Fall. Dies ist genau das Empfinden, das man als ehemalige DDR-Bürgerin hat. Wir DDR-Bürger sind die ewigen Nörgler, die chronisch Unzufriedenen und eigentlich sollte man am besten die Mauer wieder aufbauen. Das klingt schlimm. Leider oft genug gehört und gelesen. Da wird sofort die AfD-Keule geschwungen und man wird kollektiv in eine Schublade gesteckt. Das nervt mich ungemein. Denn der ehemalige DDR-Bürger ist nicht einheitlich. Jede politische Richtung ist vertreten, jedwede Eigenschaft ist da, jeder denkbare Charakter. Doch die Meisten von uns empfinden die deutsche Einheit nicht als Vereinigung, sondern eher als Übernahme, als eine Art feindliche Übernahme. Klingt schlimm. Ich weiß. Es ist aber auch nicht schön immer noch ein Bürger zweiter Klasse zu sein. Schließlich sind sehr viele Jahre vergangen. Und dieses Denken über die ehemaligen DDR-Bürger ist meiner Meinung nach auch ein Grund für das Erstarken der AfD in unseren fünf neuen Bundesländern, eigentlich 5,5, denn Ost-Berlin kommt ja auch noch dazu.
Steffen Mau, ein 1968 geborener Soziologe und Professor am Institut für Sozialwissenschaften der Humboldt-Uni von Berlin. Gleichzeitig sitzt er im Sachverständigenrat für Integration und Migration. Er kennt sich also aus.
Integration. Ja, genau dies hatte mit uns zu passieren. Und jetzt ist man erstaunt darüber, dass genau das eben nicht passiert. Logischerweise sind natürlich nur wir selbst da schuld. Klar, wenn man anders darüber urteilen sollte, müsste man ja ans Eingemachte. Ist unbequem, weil anstrengend und deswegen immer schön mit dem Finger auf Andere zeigen.
Nun, Steffen Mau macht genau dies nicht. Er recherchiert genau, warum der Osten ist, was er ist. Dieses Buch macht Spaß, es ist irre interessant und es zeigt recht differenziert das Warum!
Mein Fazit: Ein sehr gutes Buch, welches jeder in Deutschland lesen sollte, jeder im Osten und jeder im Westen. Denn es wird wirklich langsam Zeit, dass dieses Ost- und Westding langsam verschwindet. Das schließt allerdings ein, dass Ost- und Westdeutsche endlich gleichberechtigt sind. 1990 war die Wiedervereinigung, jetzt haben wir 2025, 35 Jahre sind vergangen, es wird langsam Zeit denke ich.
Und noch was, die AfD ist ein gesamtdeutsches Problem. Bei uns rennen denen nur etwas mehr hinterher. Doch die Polemik hat eindeutig ein leichteres Spiel bei Menschen, die sich als Menschen zweiter Klasse empfinden. Wenn dies nicht so wäre. …
Weniger
Antworten 0 von 0 finden diese Rezension hilfreich
Antworten 0 von 0 finden diese Rezension hilfreich
Andere Kunden interessierten sich für
