Die 17jährige Kendra und ihre beste Freundin wollen als Krönung ihres Highschool Abschlusses den Appalachian Trail erwandern. Doch im letzten Moment springt ihre Freundin - eines Jungen wegen - ab. Kendra hat sich so gut auf diese Wanderung vorbereitet, von ihrem beim Kellnern erarbeiteten Geld die
beste Ausrüstung gekauft. So entscheidet sie alleine loszugehen, dies aber nicht ihren Eltern zu…mehrDie 17jährige Kendra und ihre beste Freundin wollen als Krönung ihres Highschool Abschlusses den Appalachian Trail erwandern. Doch im letzten Moment springt ihre Freundin - eines Jungen wegen - ab. Kendra hat sich so gut auf diese Wanderung vorbereitet, von ihrem beim Kellnern erarbeiteten Geld die beste Ausrüstung gekauft. So entscheidet sie alleine loszugehen, dies aber nicht ihren Eltern zu sagen.
Bis dahin ist es ein Einstieg in einen ganz normalen, banalen Jugendroman mit Abenteuerromantik. Doch das ist nur das Vordergründige.
In „The distance from me to you“ wird immer wieder Bezug genommen auf die Schriften von Ralph Waldo Emerson, sowie aus „Walden“ v. Henry David Thoreau zitiert. „Ich wollte kein Leben führen, das eigentlich kein Leben ist, dazu war es mir zu kostbar.“ (Thoreau). Manchmal mutete es philosophisch an, wenn sie aus ihrem „Walden“ liest. Heute eine Art Kultbuch der naturverbundenen und umweltinteressierten amerikanischen Jugend.
Der erste Tag hatte es für Kendra schon in sich. Der mühsamer Aufstieg, dann wieder das deprimierende Abrutschen am Berg, was sie bereits nach wenigen Stunden an die Grenzen ihrer körperlichen Belastbarkeit bringt, lässt sie an der Richtigkeit ihrer Entscheidung den Trail zu erwandern, zweifeln. Schon denkt sie ans Aufgeben.
Die Besonderheit dieses Buches beginnt sich dem Leser nach diesem ersten Scheitern von Kendra nach und nach zu erschließen. Sie ist mit allem Komfort ausgerüstet, den unsere Zivilisation dem Fernwanderer bietet. Doch schon am Ende dieses ersten Tages zeigt es sich, was sie mit sich trägt ist viel zu umfangreich und zu schwer. Unnötiger Ballast. Was braucht man tatsächlich für sein Leben? Hier ist der erste Bezug zu dem Buch „Walden“. Kendra musste Ballast abwerfen. Sie fühlt sich mit jedem Stück das sie in eine Spendenkiste auf dem Campground legt leichter und wie von einer Bürde befreit. Vom nächsten Tag an bewegt sie sich mit leichtfüßigerem Schritt auf diesem schwierigen Trail.
Sie lernt nach und nach ihre Lektionen, die ihr die Einsamkeit und Wildnis diktieren. Schade, dass dem Buch keine Karte eingefügt wurde. Es wäre für den Leser interessant, ihre Wanderung auf diesem Trail zu verfolgen.
Irgendwann ist er da. Sam, ein drop-out. Dieser große, verschlossene Junge, der nichts von sich selbst preisgibt. In seinen ausgelatschten Turnschuhen mit den durchgelaufenen Sohlen wandert er diesen Trail ein zweites Mal. Es ist kein normaler hike, er läuft vor sich und seinem kaputten Zuhause davon.
Von nun an wandern Kendra und Sam zusammen. Zwei junge Menschen, die nicht unterschiedlicher sein könnten. Kendra, aufgewachsen in einem behüteten Zuhause mit Eltern, die sich um ihre beiden Kinder sorgen, für diese immer ein offenes Ohr haben. Und dann Sam, dessen Mutter nicht mehr lebt und dessen Vater sein ganzes Dasein immer wieder im Alkohol ertränkte und anschließend gewalttätig gegen seinen Sohn wurde, dass dieser auf dem Körper und an der Seele Narben trägt.
Diese beiden so unterschiedlichen Menschen ergänzen sich auf dieser endlosen und manchmal auch eintönigen Wanderung, die auch einige Abenteuer bereit hält immer besser, kommen sich näher. Verstehen einander.
Die steten Bezüge zu den Büchern von Emerson und Thoreau sind in meinen Augen die tatsächliche Botschaft dieses Jugendbuches. Die überwältigende Schönheit der Natur, die ganz ohne menschliches Zutun einfach da ist, wird dem Leser immer wieder vor Augen geführt. Es geht auch um die Sinnfrage des Lebens. (Siehe Seite 306 dieses Jugendbuches).
„Ich bin in den Wald gezogen, weil mir daran lag, bewusst zu leben, es nur mit den wesentlichen Tatsachen des Daseins zu tun zu haben. Ich wollte sehen, ob ich nicht lernen könne, was es zu lernen gibt, um nicht, wenn es ans Sterben ginge, die Entdeckung machen zu müssen, nicht gelebt zu haben.
(Aus „Walden“ von Henry David Thoreau).
Von mir gibt es eine absolute Leseempfehlung.