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»Ein Buch wie ein Sprengsatz. Brutal und zärtlich zugleich.« Ursula März, Die Zeit Die Überwachungsdiktatur ist fast perfekt. Jeden Tag wird ein anderes westliches Land autokratisch. Algorithmen ersetzen Menschen, Menschen ersetzen einander, es gibt kaum noch Platz für Träume, außer in der Musik. Aber vier Jugendliche versuchen sich in einer Revolution. Begleitet von Grime, der besten britischen Erfindung seit Punk. Das ist keine Dystopie. Es ist die Welt, in der wir leben. Heute. Und vielleicht morgen. Es wird nicht schlimm. Nur - anders. Willkommen in der Welt von GRM.
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Sibylle Berg lebt in Zürich. Ihr Werk umfasst 27 Theaterstücke, 15 Bücher und wurde in 34 Sprachen übersetzt. Berg ist Herausgeberin von drei Büchern und verfasst Hörspiele und Essays. Sie erhielt diverse Preise und Auszeichnungen, u. a. den Schweizer Buchpreis, den Grand Prix Literatur, den Bertolt-Brecht-Preis und den Johann-Peter-Hebel-Preis. Seit 2024 ist sie Mitglied des Europäischen Parlaments. Bei Kiepenheuer & Witsch erschienen zuletzt die Romane »GRM/Brainfuck« (2019) und »RCE« (2022) sowie der Gesprächsband »Nerds retten die Welt« (2020) und der Gedichtband »Try Praying« (2024).

© Katja Hoffmann
Produktdetails
- Verlag: Kiepenheuer & Witsch GmbH
- Seitenzahl: 640
- Erscheinungstermin: 11. April 2019
- Deutsch
- ISBN-13: 9783462319538
- Artikelnr.: 54492420
Soziales Verhalten: unsozial
Grundlagen des Programmierens in Brainfuck: Sibylle Bergs bittere Satire "GRM" bietet apokalyptische Unterhaltung und zugleich märchenhafte Empörung über den Zustand der Welt.
Dieses Buch ist eine Entschädigung für viele langweilige und schlechte Bücher der Gegenwartsliteratur, insbesondere für die furchtbare Debütanten- und Agenturprosa, die seit einiger Zeit Verlagsprogramme dominiert. Gegen all die Familiengeschichten und mühsam fiktionalisierten Sachbuchthemen schleudert die erfahrene Autorin Sibylle Berg, die man im besten Sinne als abgebrüht bezeichnen kann, einen Blitz von einem Buch, der ihre halb so alten Kollegen locker an Gegenwärtigkeit, vor allem aber an Witz übertrifft und
Grundlagen des Programmierens in Brainfuck: Sibylle Bergs bittere Satire "GRM" bietet apokalyptische Unterhaltung und zugleich märchenhafte Empörung über den Zustand der Welt.
Dieses Buch ist eine Entschädigung für viele langweilige und schlechte Bücher der Gegenwartsliteratur, insbesondere für die furchtbare Debütanten- und Agenturprosa, die seit einiger Zeit Verlagsprogramme dominiert. Gegen all die Familiengeschichten und mühsam fiktionalisierten Sachbuchthemen schleudert die erfahrene Autorin Sibylle Berg, die man im besten Sinne als abgebrüht bezeichnen kann, einen Blitz von einem Buch, der ihre halb so alten Kollegen locker an Gegenwärtigkeit, vor allem aber an Witz übertrifft und
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bei dem schon die Genrebezeichnung satirisch anmutet: "Brainfuck".
Wer nun aber nur ungeordnete Assoziationsprosa erwartet, geht fehl: Es handelt sich vielmehr um sehr durchgeformte, ja zugespitzte Literatur. ("Brainfuck" ist zudem auch der Name einer Programmiersprache, die 1993 von einem Schweizer erfunden wurde und in der sich im Roman künstliche Intelligenzen äußern.)
Schon die ersten paar Seiten, eine sarkastische Beschreibung unserer Gegenwart seit Beginn des neuen Jahrtausends, haben eine Dichte und Schärfe, die einen zutiefst zynischen Blick auf die sich zu ihrem baldigen Ende hinmurksenden Menschheit suggeriert.
Dann werden die Personen vorgestellt, ebenfalls mit sehr knappen, sarkastischen Attributen. Auftritt eines jungen Mädchens namens Don: "Gefährderpotenzial: hoch. Ethnie: Unklare Schattierung von nicht-weiß. Interessen: Grime, Karate, Süßigkeiten. Sexualität: homosexuell, vermutlich. Soziales Verhalten: unsozial. Familienverhältnisse: 1 Bruder, 1 Mutter, Vater - ab und zu, aber eher nicht."
Man merkt hier, dass Sibylle Berg auch Dramatikerin ist, alle Figuren werden auf diese Weise eingeführt, der Text ist in kleinen Blöcken strukturiert, die an Arno Schmidts "Snapshots" erinnern, und bleibt so, trotz mehr als sechshundert Seiten, bis zum Schluss sehr kurzweilig.
Wir befinden uns in einer Zukunft, in der viele schlechte Entwicklungen der Gegenwart potenziert sind. Die meisten Menschen gehören inzwischen zu einem "komplett verblödeten Schwarm", der von einer Minderheit mittels Gehirnimplantaten kontrolliert wird. Der Schwarm ist glücklich dabei, sein Leben virtuell mit digitalem Spielzeug zu verbringen, draußen in der Realität ist eh nur schlechtes Wetter, oder man wird überfallen.
"Die nicht so Intelligenten verschwinden mit allem, was sie ausmacht, auch wenn es nicht viel ist, im Netz, unfähig geworden oder immer gewesen, längere Texte zu lesen, komplexe Informationen zu verstehen. Sie leben als Überschriften, im Takt der blinkenden Eilnachrichten." Dass sie ADHS haben, merken die Jungen gar nicht mehr, die Alten kommen ihnen nur unendlich langsam vor. Die wenigen intelligenten Menschen orientieren sich weiter nach oben: Sie sehen ein, dass "künstliche Intelligenz der menschlichen so unglaublich überlegen ist, dass es dem Programmierer leichter fallen würde, sich in einen Deep-Learning-Rechner zu verlieben". Und für den kleinen Rest, der noch etwas anderes vom Leben will als einen Überwachungsstaat, sieht es leider nicht so rosig aus. Das "eine Prozent Gefährder der Demokratie" sitzt in Einzelhaft, weggesperrt für immer.
Zwischen diese satirischen Spitzen, die das Buch auch sehr unterhaltsam machen, mischt Sibylle Berg dann allerdings Wirklichkeitsmaterial, das gar nicht zum Lachen ist. Im Mittelpunkt stehen Jugendliche, im Grunde noch Kinder, die bereits das Furchtbarste erfahren haben, die misshandelt und vernachlässigt werden. So gibt es im Text etwa eine Figur namens "achtjährige Nutte". Sie steht in einer bis in den letzten Winkel kameraüberwachten Wohnung alten Männern zu Diensten und "hat keine Ahnung, wie ein Leben beschaffen sein kann, das nicht hier in diesem Gefängnis stattfindet".
Aber auch die Schicksale der etwas älteren Protagonisten haben alle, wenn nicht mit grober Verletzung, so doch "mit fehlender Zuneigung" zu tun. Das ist ein Lebens- und Werkthema Sibylle Bergs: der auf sich allein gestellte Jugendliche in einer grausamen Welt, der sich durchschlagen muss. Sie hat es schon in ganz verschiedener Form behandelt, sogar als Märchen - hier begegnet es uns mit schonungsloser, ja pornographischer Härte. "Für Don war die Pubertät nichts Romantisches, Zärtliches. Es ging um Zerstörung, und sie wusste nur noch nicht, wessen", heißt es etwa.
Die Härte wird gespiegelt in einem Soundtrack, der dem Buch seinen Titel gibt: Grime, kurz "GRM", ist eine Mischung aus Hip-Hop und Electronica mit bösen Texten, oder wie es hier heißt: "wütende Drecksmusik für Kinder in einem Drecksleben". Also genau das Richtige für Don und ihre Freunde in einem Vorort von Manchester, der als "Fucking Rochdale" apostrophiert wird. Auch damit nimmt das Buch Realität auf: Rochdale kam vor einigen Jahren in die Schlagzeilen aufgrund einer Gang pakistanischstämmiger Jugendlicher, die dort systematisch minderjährige Mädchen missbraucht hatte. Die von Männern ausgehende Gewalt ist eines der Hauptthemen des Buches, sie wird gezielt so dargestellt, dass dies auch Wut erzeugt.
Don ist in gewisser Weise eine Nachfahrin des Waisenknaben Oliver Twist, sie fragt nach mehr. Und weigert sich, "ihren vorgesehenen Platz als Abschaum einzunehmen". Mit ihren Freunden Peter, Hannah und Karen entdeckt sie die Kraft der Solidarität ("Sie hatten sich gefunden und waren nicht mehr alleine") und zieht nach London, um mit einer Gruppe von Aussteigern und Rebellen die Welt zu verändern. Das gelingt schließlich mittels eines bioterroristischen Attentats, das die männliche Libido auslöschen wird.
Die Vorzüge des Buches liegen aber weniger im Plot des überdrehten oder karikierten Entwicklungsromans, sondern vielmehr in seiner umfassenden Gesellschaftsdarstellung, bei der die Erzählinstanz munter von Kopf zu Kopf springt, sei es der eines machistischen Politikers, eines roboterhaften Geheimdienstmitarbeiters, eines idealistischen Hackers, eines Matratzenhändlers oder einer "Frau mit dünnen Haaren", die in einer Tierkörperbeseitigungsanlage arbeitet: Sie habe "in den neunziger Jahren Literaturwissenschaft studiert", dann später was mit Journalismus gemacht, erfährt man.
Die geballte Ladung menschlicher Misere, die einem in "GRM" auf beinahe jeder Seite entgegenschlägt, lässt fragen, ob womöglich der Text selbst von einer empathielosen Erzählfunktion geschaffen wurde, einer einfach nur mit den erschreckenden Daten unserer Welt gefütterten Künstlichen Intelligenz. Aber so gerne man Sibylle Berg auch als Person ihren Zynismus vorhält - ihr Roman, der in der Schilderung einer pornographischen Welt durchaus selbst pornographische Züge aufweist, ist wohl doch dazu gemacht, eine starke moralische Reaktion hervorzurufen. Das merkt man auch an dem extra auf den Klappentext gedruckten Hinweis: "Das ist keine Dystopie. Es ist die Welt, in der wir leben." Und immerhin endet das Buch vom englischen Weltuntergang mit einem Traum vom irischen Landleben.
JAN WIELE
Sibylle Berg:
"GRM". Brainfuck.
Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2019. 636 S., geb., 25,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Wer nun aber nur ungeordnete Assoziationsprosa erwartet, geht fehl: Es handelt sich vielmehr um sehr durchgeformte, ja zugespitzte Literatur. ("Brainfuck" ist zudem auch der Name einer Programmiersprache, die 1993 von einem Schweizer erfunden wurde und in der sich im Roman künstliche Intelligenzen äußern.)
Schon die ersten paar Seiten, eine sarkastische Beschreibung unserer Gegenwart seit Beginn des neuen Jahrtausends, haben eine Dichte und Schärfe, die einen zutiefst zynischen Blick auf die sich zu ihrem baldigen Ende hinmurksenden Menschheit suggeriert.
Dann werden die Personen vorgestellt, ebenfalls mit sehr knappen, sarkastischen Attributen. Auftritt eines jungen Mädchens namens Don: "Gefährderpotenzial: hoch. Ethnie: Unklare Schattierung von nicht-weiß. Interessen: Grime, Karate, Süßigkeiten. Sexualität: homosexuell, vermutlich. Soziales Verhalten: unsozial. Familienverhältnisse: 1 Bruder, 1 Mutter, Vater - ab und zu, aber eher nicht."
Man merkt hier, dass Sibylle Berg auch Dramatikerin ist, alle Figuren werden auf diese Weise eingeführt, der Text ist in kleinen Blöcken strukturiert, die an Arno Schmidts "Snapshots" erinnern, und bleibt so, trotz mehr als sechshundert Seiten, bis zum Schluss sehr kurzweilig.
Wir befinden uns in einer Zukunft, in der viele schlechte Entwicklungen der Gegenwart potenziert sind. Die meisten Menschen gehören inzwischen zu einem "komplett verblödeten Schwarm", der von einer Minderheit mittels Gehirnimplantaten kontrolliert wird. Der Schwarm ist glücklich dabei, sein Leben virtuell mit digitalem Spielzeug zu verbringen, draußen in der Realität ist eh nur schlechtes Wetter, oder man wird überfallen.
"Die nicht so Intelligenten verschwinden mit allem, was sie ausmacht, auch wenn es nicht viel ist, im Netz, unfähig geworden oder immer gewesen, längere Texte zu lesen, komplexe Informationen zu verstehen. Sie leben als Überschriften, im Takt der blinkenden Eilnachrichten." Dass sie ADHS haben, merken die Jungen gar nicht mehr, die Alten kommen ihnen nur unendlich langsam vor. Die wenigen intelligenten Menschen orientieren sich weiter nach oben: Sie sehen ein, dass "künstliche Intelligenz der menschlichen so unglaublich überlegen ist, dass es dem Programmierer leichter fallen würde, sich in einen Deep-Learning-Rechner zu verlieben". Und für den kleinen Rest, der noch etwas anderes vom Leben will als einen Überwachungsstaat, sieht es leider nicht so rosig aus. Das "eine Prozent Gefährder der Demokratie" sitzt in Einzelhaft, weggesperrt für immer.
Zwischen diese satirischen Spitzen, die das Buch auch sehr unterhaltsam machen, mischt Sibylle Berg dann allerdings Wirklichkeitsmaterial, das gar nicht zum Lachen ist. Im Mittelpunkt stehen Jugendliche, im Grunde noch Kinder, die bereits das Furchtbarste erfahren haben, die misshandelt und vernachlässigt werden. So gibt es im Text etwa eine Figur namens "achtjährige Nutte". Sie steht in einer bis in den letzten Winkel kameraüberwachten Wohnung alten Männern zu Diensten und "hat keine Ahnung, wie ein Leben beschaffen sein kann, das nicht hier in diesem Gefängnis stattfindet".
Aber auch die Schicksale der etwas älteren Protagonisten haben alle, wenn nicht mit grober Verletzung, so doch "mit fehlender Zuneigung" zu tun. Das ist ein Lebens- und Werkthema Sibylle Bergs: der auf sich allein gestellte Jugendliche in einer grausamen Welt, der sich durchschlagen muss. Sie hat es schon in ganz verschiedener Form behandelt, sogar als Märchen - hier begegnet es uns mit schonungsloser, ja pornographischer Härte. "Für Don war die Pubertät nichts Romantisches, Zärtliches. Es ging um Zerstörung, und sie wusste nur noch nicht, wessen", heißt es etwa.
Die Härte wird gespiegelt in einem Soundtrack, der dem Buch seinen Titel gibt: Grime, kurz "GRM", ist eine Mischung aus Hip-Hop und Electronica mit bösen Texten, oder wie es hier heißt: "wütende Drecksmusik für Kinder in einem Drecksleben". Also genau das Richtige für Don und ihre Freunde in einem Vorort von Manchester, der als "Fucking Rochdale" apostrophiert wird. Auch damit nimmt das Buch Realität auf: Rochdale kam vor einigen Jahren in die Schlagzeilen aufgrund einer Gang pakistanischstämmiger Jugendlicher, die dort systematisch minderjährige Mädchen missbraucht hatte. Die von Männern ausgehende Gewalt ist eines der Hauptthemen des Buches, sie wird gezielt so dargestellt, dass dies auch Wut erzeugt.
Don ist in gewisser Weise eine Nachfahrin des Waisenknaben Oliver Twist, sie fragt nach mehr. Und weigert sich, "ihren vorgesehenen Platz als Abschaum einzunehmen". Mit ihren Freunden Peter, Hannah und Karen entdeckt sie die Kraft der Solidarität ("Sie hatten sich gefunden und waren nicht mehr alleine") und zieht nach London, um mit einer Gruppe von Aussteigern und Rebellen die Welt zu verändern. Das gelingt schließlich mittels eines bioterroristischen Attentats, das die männliche Libido auslöschen wird.
Die Vorzüge des Buches liegen aber weniger im Plot des überdrehten oder karikierten Entwicklungsromans, sondern vielmehr in seiner umfassenden Gesellschaftsdarstellung, bei der die Erzählinstanz munter von Kopf zu Kopf springt, sei es der eines machistischen Politikers, eines roboterhaften Geheimdienstmitarbeiters, eines idealistischen Hackers, eines Matratzenhändlers oder einer "Frau mit dünnen Haaren", die in einer Tierkörperbeseitigungsanlage arbeitet: Sie habe "in den neunziger Jahren Literaturwissenschaft studiert", dann später was mit Journalismus gemacht, erfährt man.
Die geballte Ladung menschlicher Misere, die einem in "GRM" auf beinahe jeder Seite entgegenschlägt, lässt fragen, ob womöglich der Text selbst von einer empathielosen Erzählfunktion geschaffen wurde, einer einfach nur mit den erschreckenden Daten unserer Welt gefütterten Künstlichen Intelligenz. Aber so gerne man Sibylle Berg auch als Person ihren Zynismus vorhält - ihr Roman, der in der Schilderung einer pornographischen Welt durchaus selbst pornographische Züge aufweist, ist wohl doch dazu gemacht, eine starke moralische Reaktion hervorzurufen. Das merkt man auch an dem extra auf den Klappentext gedruckten Hinweis: "Das ist keine Dystopie. Es ist die Welt, in der wir leben." Und immerhin endet das Buch vom englischen Weltuntergang mit einem Traum vom irischen Landleben.
JAN WIELE
Sibylle Berg:
"GRM". Brainfuck.
Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2019. 636 S., geb., 25,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Während sie ihre Begegnung mit Autorin Sibylle Berg schildert, kommt Journalistin Juliane Liebert auch auf Bergs Buch "GRM. Brainfuck" zu sprechen. Die Faszination des Feuilletons an dem düsteren Bild, das Berg hier von der Realität zeichnet, erklärt Liebert sich damit, dass die jugendlichen Hauptfiguren aus humanistischen Gründen hassen, wie sie findet: Ihre Welt wird von "Gewalt, Überwachung und Drogen" beherrscht und dennoch verweigern sie sich ihr, erzählt die Journalistin. Damit biete Berg zwar keine Lösungen für ihre zugespitzte Gegenwartsproblematik, aber schreibe "eine Welterzählung am Beispiel des sozialen Brennpunkts", meint Liebert.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH
»Umwerfend und radikal. Mit einem hypersensiblen Gespür für das Menschliche, für Verletzlichkeiten und für menschliche Abgründe.« Julia Encke FAZ 20190623
Der Respekt für den Autor und das Buch sowohl in digitaler als auch analoger Form gebieten es mir, ein Buch von Anfang bis Ende zu lesen. Bei bestem Willen bin ich mit diesem Buch nur bis zur Mitte gekommen. Rezensenten heben die Schreibweise als modern hervor und beurteilen sie positiv, was …
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Der Respekt für den Autor und das Buch sowohl in digitaler als auch analoger Form gebieten es mir, ein Buch von Anfang bis Ende zu lesen. Bei bestem Willen bin ich mit diesem Buch nur bis zur Mitte gekommen. Rezensenten heben die Schreibweise als modern hervor und beurteilen sie positiv, was ich nicht nachvollziehen kann.
Wenn es zum Beispiel zeitlich und inhaltlich wild durcheinander geht und damit ein Lesefluß nur rudimentär erlebbar wird, kann ich dem nichts abgewinnen. Die Handlung spielt in Großbritanien, als plötzlich auf Seite 3xx in einem Kapital über das Leben von Herrn M auf dem Mars berichtet wird. Einen Zusammenhang konnte ich nicht erkennen.
Um digital "nicht sichtbar" zu sein, vergraben die Kinder ihre Endgeräte, nach dem sie die Fabrik am Rande Londons als ihre Heimat erkoren haben. Eine Beschreibung dieser Endgeräte gibt es nicht, so daß es vermutlich um Smartphones mit mehr Möglichkeiten der Überwachung der Nutzer als heute handelt. Drei Kapitel weiter wird die digitalen Technik wieder ausgiebig genutzt, ohne diesen Wandel zu erklären.
Wer Einblick in das Leben von Menschen, die sozial abgehängt sind, Suchtprobleme jeglicher Art haben und in gestörten Familien- und Nachbarschaftsverhältnissen leben, wird mit diesem Buch ausführlich bedient.
Meine Enttäuschung über dieses Buch ist so groß, daß ich das nachfolgende Buch auf keinen Fall kaufen werde.
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Gebundenes Buch
Packend und brisant
„Sie wussten, dass sie als Kinder keine Menschenrechte hatten. Wussten, dass auch Erwachsene keine Menschenrechte hatten und dass die Idee, sich wie ein Haustier einen Chip unter die Haut schieben zu lassen, befremdlich war.“ (Zitat Seite 239)
Inhalt
Sie sind …
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Packend und brisant
„Sie wussten, dass sie als Kinder keine Menschenrechte hatten. Wussten, dass auch Erwachsene keine Menschenrechte hatten und dass die Idee, sich wie ein Haustier einen Chip unter die Haut schieben zu lassen, befremdlich war.“ (Zitat Seite 239)
Inhalt
Sie sind noch Kinder, Don, Peter, Hannah und Karen. In Rochdale haben sie einander gefunden, da sie eines gemeinsam haben, in einem Großbritannien einer nahen Zukunft, wo die Gesellschaft weit auseinanderklafft, sind sie sogar auf der Seite der Sozialfälle Außenseiter, alleine und auf sich gestellt. Ihre Musik ist Grime, harte Beats, wütend, wie ihr Leben, das sie täglich neu erfinden müssen. Die vier sind jetzt eine Gruppe und gleichzeitig die einzige Familie, die sie noch haben. Sie gehen nach London, in der Hoffnung auf eine Zukunft. Doch Überwachungschip und Grundeinkommen gibt es nicht für Kinder, die nirgendwo registriert sind. Als sie eine leere Fabrikhalle entdecken, haben sie ein Zuhause und eine Basis für ein Leben und Überleben außerhalb des Systems.
Thema und Genre
Dieser Roman ist eine kritische, schonungslose Offenlegung unserer Zeit. Es geht um AI, Scheinwelten, Gier in allen Facetten, um Menschenwürde, die nicht nur am Einkommen gemessen wird. Gesellschaftskritik zum Nachdenken, die nicht als Dystopie verstanden werden will.
Charaktere
Die vier Hauptfiguren sind dem Alter nach Kinder, konnten jedoch nie wirklich Kind sein. Sie beobachten und versuchen, die Welt, die sie umgibt, zu verstehen und darin irgendwie einen Platz zu finden. Wir folgen ihrem Weg vom Kind zum Jugendlichen, zum Erwachsenen. Ergänzt werden sie durch Figuren, die jeweils klassentypisch für Gesellschaftsschichten unserer Zeit sind. Erklärt wird jeder einzelne neue Charakter durch aufgelistete Informationen, Daten, im omnipräsenten Überwachungssystem gesammelt.
Handlung und Schreibstil
Dieser Roman führt das auktoriale Erzählen in eine moderne, neue Form des Schreibens, lässt uns jede der Figuren in immer wieder neuen Facetten und Situationen erleben. Die Handlung ist fortlaufend, mit erklärenden Rückblicken und Erinnerungen. Sie setzt sich aus vielen aneinandergereihten Momentaufnahmen und Ereignissen zusammen, zieht uns sofort mit in einem soghaften Lesefluss zwischen tiefer Beklemmung, Schock, Spannung und lautem Lachen, denn plötzlich landen wir in skurrilen, sehr witzigen und ironisch-bösen Szenen. Die Sprache umfasst alles zwischen stichwortartig-kurz, atemlos, intensiv und detailliert beschreibend und einfühlsam-poetisch. Erschienen im April 2019, erhält dieser Roman im Corona-Jahr 2020 eine zusätzliche Komponente von erschreckend aktueller Realität.
Fazit
Getarnt als Geschichte einer möglichen Zukunft, ist dieser vielschichtige, gesellschaftskritische, brisante Roman ein packender Aufruf, auch hinter die schönen Fassaden zu schauen und nachzudenken, welche Welt wir unseren Kindern wünschen.
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Gebundenes Buch
Aufgrund des Klappentexts und der guten Rezensionen habe ich das Buch als Geschenk ausgesucht und postwendend zurück erhalten. Leider ist es auch für mich schwere Kost. Die zynisch perverse Erzählweise und der menschenverachtende Einblick in die Welt der Charaktere - in diesem Fall …
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Aufgrund des Klappentexts und der guten Rezensionen habe ich das Buch als Geschenk ausgesucht und postwendend zurück erhalten. Leider ist es auch für mich schwere Kost. Die zynisch perverse Erzählweise und der menschenverachtende Einblick in die Welt der Charaktere - in diesem Fall Kinder- ist kaum zu ertragen. Bis Seite 140 kaum ein Fortkommen in der Geschichte. Leider ein Fehlgriff, fliegt und die Papiertonne.
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