Sasa Stanisic
Buch mit Leinen-Einband
Wie der Soldat das Grammofon repariert
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Die Geschenkausgabe mit der abgerundeten Ecke: anspruchsvolle Haptik, hochwertiges Papier, mit Lesebändchen, kleines Format.
Als der Bürgerkrieg in den 90er Jahren Bosnien heimsucht, flieht der junge Aleksandar mit seinen Eltern in den Westen. Rastlos neugierig erobert er sich das fremde Deutschland und erzählt mit unbändiger Lust die irrwitzigen Geschichten von damals, von der großen Familie und den kuriosen Begebenheiten im kleinen Visegrad. Aleksandar fabuliert sich die Angst weg und "Die Zeit, als alles gut war" wieder herbei.
Ausstattung: mit Lesebändchen
Als der Bürgerkrieg in den 90er Jahren Bosnien heimsucht, flieht der junge Aleksandar mit seinen Eltern in den Westen. Rastlos neugierig erobert er sich das fremde Deutschland und erzählt mit unbändiger Lust die irrwitzigen Geschichten von damals, von der großen Familie und den kuriosen Begebenheiten im kleinen Visegrad. Aleksandar fabuliert sich die Angst weg und "Die Zeit, als alles gut war" wieder herbei.
Ausstattung: mit Lesebändchen
Saa Stanii¿ wurde 1978 in Viegrad (Jugoslawien) geboren und lebt seit 1992 in Deutschland. Seine Werke wurden in mehr als vierzig Sprachen übersetzt und viele Male ausgezeichnet. Saa Stanii¿ lebt und arbeitet in Hamburg. Er ist dort Fußballtrainer einer F-Jugend.
Produktbeschreibung
- btb 74169
- Verlag: btb
- Sonderausg.
- Seitenzahl: 448
- Erscheinungstermin: 4. Oktober 2010
- Deutsch
- Abmessung: 144mm x 96mm x 25mm
- Gewicht: 232g
- ISBN-13: 9783442741694
- ISBN-10: 3442741696
- Artikelnr.: 29508717
Herstellerkennzeichnung
btb Taschenbuch
Neumarkter Straße 28
81673 München
produktsicherheit@penguinrandomhouse.de
"Sasa Stanisic hat einen erstaunlichen Erstling geschrieben, weitherzig, rasant, mutig. Es steht vieles darin, das wir unbedingt jetzt wissen sollten." Hauke Hückstädt, Frankfurter Rundschau
Ich bin Jugoslawien
Sasa Stanisics Roman vom Soldaten und dem Grammofon
Morgen wird zum zweiten Mal der deutsche Buchpreis vergeben, und die Tatsache, daß man eigentlich meint, den gebe es fast schon immer und er sei eine längst etablierte feste Größe im deutschen Bücherleben, erscheint als glänzendes Zeichen dafür, daß den Initiatoren da etwas sehr Gutes gelungen ist. Der Preisträger des vergangenen Jahres, Arno Geiger, trat mit seinem Roman "Alles wird gut" schon kurz nach der Bekanntgabe seines Sieges eine Reise durch die nationalen und internationalen Bestsellerlisten an; und auch in diesem Jahr wurden die Titel, die auf der sogenannten Long- beziehungsweise Short-List stehen, von der Branche dankbar und meist
Sasa Stanisics Roman vom Soldaten und dem Grammofon
Morgen wird zum zweiten Mal der deutsche Buchpreis vergeben, und die Tatsache, daß man eigentlich meint, den gebe es fast schon immer und er sei eine längst etablierte feste Größe im deutschen Bücherleben, erscheint als glänzendes Zeichen dafür, daß den Initiatoren da etwas sehr Gutes gelungen ist. Der Preisträger des vergangenen Jahres, Arno Geiger, trat mit seinem Roman "Alles wird gut" schon kurz nach der Bekanntgabe seines Sieges eine Reise durch die nationalen und internationalen Bestsellerlisten an; und auch in diesem Jahr wurden die Titel, die auf der sogenannten Long- beziehungsweise Short-List stehen, von der Branche dankbar und meist
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wohlwollend diskutiert. Nur Autoren kann man mitunter treffen, die von den Prozeduren der Listenverkürzung und der künstlichen Dramatik wahnsinnig genervt sind.
Aber Kritiker können sich schön dran abarbeiten: "Die sechs Titel, die jetzt, am Tag vor der Bekanntgabe, auf der Liste stehen, hätte ich nicht darauf gestellt, aber . . ."
Also: Die sechs Titel, die jetzt auf der Liste stehen, hätte ich so sicher nicht darauf gestellt, aber das erfreulichste an der Liste (siehe Kasten) ist die Tatsache, daß die Jury da einen Neuling unter die letzten sechs gewählt hat, der vielleicht nicht gewinnen wird, aber, vielleicht, als krasser Außenseiter von einer selbstbewußten Jury, eben doch. Er heißt Sasa Stanisic, wurde 1978 in Visegrad, damals Jugoslawien, heute Bosnien-Hercegovina, geboren und floh vor dem Krieg mit seiner Familie 1992 nach Heidelberg. Und sein Roman, sein erster, "Wie der Soldat das Grammofon repariert", ist die Geschichte einer Kindheit in Visegrad, einer Stadt an der Drina, in der Christen und Muslime, Bosnier und Serben friedlich miteinander leben, bis die Politik, bis der Krieg, bis rätselhafte Mächte diesen Frieden zerstören. Und wie Sasa Stanisic die Geschichten dieser Stadt mit unglaublicher Lust am Erzählen und Erfinden in dieses Buch hineinschreibt und wie er diese Stadt dann wenig später, mit winzigen Details zunächst, vom Haß, vom Blut, vom Krieg verschlingen läßt, das ist große Kunst. Am Anfang ist es eine merkwürdige Musik, ein Gespräch auf dem Schulhof, eine erste Beschimpfung. "Dann brach der Krieg aus, und niemand nannte ihn Krieg. Das, sagte man. Oder Scheiße. Oder Gleichvorbei." Doch er bleibt. Stanisic schildert den Ausbruch aus der Sicht des Kindes, naiv, doch rasend schnell erwachsen werdend, sich immer weiter in ein Phantasiereich flüchtend, die Erzählungen von Opa Slavko, der in den knapp zehn Sekunden sein Leben aushauchte, in denen Carl Lewis Weltrekord lief, weiter und weiter ausfabulierend. Denn der Riß, der das Land entzweit, geht mitten durch den Helden hindurch: "Ich bin ein Gemisch. Ich bin Halbhalb. Ich bin Jugoslawe - ich zerfalle also. Es gab den Schulhof, der sich wunderte, wie ich so etwas Ungenaues sein konnte, es gab Diskussionen, wessen Blut im Körper stärker ist, das männliche oder das weibliche, es gab mich, der gerne etwas Eindeutigeres gewesen wäre oder etwas Erfundenes."
Und so erfindet er sich und die Welt um ihn herum. Aber die Wirklichkeit schlägt immer brutaler zu. Die Familie flieht nach Serbien, dann nach Deutschland. Viel später kehrt der Held zurück, sucht eine Freundin von einst, sucht sie in jedem Winkel des untergegangenen Landes. Er sammelt die unglaublichsten Greuelgeschichten, setzt zusammen, was kein zusammenhängendes Bild mehr ergeben kann. Versucht zurückzukehren in ein Land, wo es kein Zurück mehr gibt. Weil verschwunden ist, was man einst verließ. Bilder, Menschen und ein Vertrauen in die Welt, die verloren ist, für immer. Und so erzählt Sasa Stanisic auch die Geschichte, wie einer zum Erzähler wird, zum Schriftsteller, wie einer zwischen Geschichten von Idyllen und Grauen das Bild eines Landes entstehen läßt, das es nicht mehr gibt. Und eines Krieges, der fast vergessen scheint.
VOLKER WEIDERMANN.
Sasa Stanisic: "Wie der Soldat das Grammofon repariert". Luchterhand 2006. 315 Seiten, 19,95 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Aber Kritiker können sich schön dran abarbeiten: "Die sechs Titel, die jetzt, am Tag vor der Bekanntgabe, auf der Liste stehen, hätte ich nicht darauf gestellt, aber . . ."
Also: Die sechs Titel, die jetzt auf der Liste stehen, hätte ich so sicher nicht darauf gestellt, aber das erfreulichste an der Liste (siehe Kasten) ist die Tatsache, daß die Jury da einen Neuling unter die letzten sechs gewählt hat, der vielleicht nicht gewinnen wird, aber, vielleicht, als krasser Außenseiter von einer selbstbewußten Jury, eben doch. Er heißt Sasa Stanisic, wurde 1978 in Visegrad, damals Jugoslawien, heute Bosnien-Hercegovina, geboren und floh vor dem Krieg mit seiner Familie 1992 nach Heidelberg. Und sein Roman, sein erster, "Wie der Soldat das Grammofon repariert", ist die Geschichte einer Kindheit in Visegrad, einer Stadt an der Drina, in der Christen und Muslime, Bosnier und Serben friedlich miteinander leben, bis die Politik, bis der Krieg, bis rätselhafte Mächte diesen Frieden zerstören. Und wie Sasa Stanisic die Geschichten dieser Stadt mit unglaublicher Lust am Erzählen und Erfinden in dieses Buch hineinschreibt und wie er diese Stadt dann wenig später, mit winzigen Details zunächst, vom Haß, vom Blut, vom Krieg verschlingen läßt, das ist große Kunst. Am Anfang ist es eine merkwürdige Musik, ein Gespräch auf dem Schulhof, eine erste Beschimpfung. "Dann brach der Krieg aus, und niemand nannte ihn Krieg. Das, sagte man. Oder Scheiße. Oder Gleichvorbei." Doch er bleibt. Stanisic schildert den Ausbruch aus der Sicht des Kindes, naiv, doch rasend schnell erwachsen werdend, sich immer weiter in ein Phantasiereich flüchtend, die Erzählungen von Opa Slavko, der in den knapp zehn Sekunden sein Leben aushauchte, in denen Carl Lewis Weltrekord lief, weiter und weiter ausfabulierend. Denn der Riß, der das Land entzweit, geht mitten durch den Helden hindurch: "Ich bin ein Gemisch. Ich bin Halbhalb. Ich bin Jugoslawe - ich zerfalle also. Es gab den Schulhof, der sich wunderte, wie ich so etwas Ungenaues sein konnte, es gab Diskussionen, wessen Blut im Körper stärker ist, das männliche oder das weibliche, es gab mich, der gerne etwas Eindeutigeres gewesen wäre oder etwas Erfundenes."
Und so erfindet er sich und die Welt um ihn herum. Aber die Wirklichkeit schlägt immer brutaler zu. Die Familie flieht nach Serbien, dann nach Deutschland. Viel später kehrt der Held zurück, sucht eine Freundin von einst, sucht sie in jedem Winkel des untergegangenen Landes. Er sammelt die unglaublichsten Greuelgeschichten, setzt zusammen, was kein zusammenhängendes Bild mehr ergeben kann. Versucht zurückzukehren in ein Land, wo es kein Zurück mehr gibt. Weil verschwunden ist, was man einst verließ. Bilder, Menschen und ein Vertrauen in die Welt, die verloren ist, für immer. Und so erzählt Sasa Stanisic auch die Geschichte, wie einer zum Erzähler wird, zum Schriftsteller, wie einer zwischen Geschichten von Idyllen und Grauen das Bild eines Landes entstehen läßt, das es nicht mehr gibt. Und eines Krieges, der fast vergessen scheint.
VOLKER WEIDERMANN.
Sasa Stanisic: "Wie der Soldat das Grammofon repariert". Luchterhand 2006. 315 Seiten, 19,95 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
An der Begabung des jungen Autors hat Richard Kämmerlings keinen Zweifel. Nach der Lektüre von Sasa Stanisics Debütroman über eine Kindheit in Bosnien und was danach folgte, gönnte er ihm den Deutschen Buchpreis gern. Das Abgleichen der Historie mit der Fiktion führt zu einer geschärften Wahrnehmung beim Rezensenten. Auf die im Buch auftauchenden "prall ausgemalten" Balkan-Klischees fällt er nicht herein, sondern erwartet einigermaßen gefasst das bedrohliche Hereinbrechen der Realität. Dass der Plot Kämmerlings dennoch nicht kalt lässt, liegt an der Unmittelbarkeit "atemberaubender Szenen" ebenso wie an der gewählten fiktiven Form. In ihr vereint der Autor die kindliche Perspektive mit der des Erwachsenen und erschreibt sich so "Abschied und Ankunft zugleich", so der Rezensent.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Deutscher-Buchpreis-Gewinner der Herzen. Tagesspiegel
"Die Welt steht Kopf in diesem Roman. Und sie steht auf einem klugen Kopf. Von diesem Schriftsteller haben wir, wie es GroÃkritiker gern voraussagen, viel zu erwarten." Die Literarische Welt
"Und wie Saša Stanišic die Geschichten dieser Stadt mit unglaublicher Lust am Erzählen und Erfinden in dieses Buch hineinschreibt und wie er diese Stadt dann wenig später, mit winzigen Details zunächst, vom Hass, vom Blut, vom Krieg verschlingen lässt, das ist groÃe Kunst." Volker Weidermann, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung
"Diesen Roman muss man lesen, wie man Schokolade isst: nicht zu schnell und nicht alles auf ein Mal. Damit man zu jeder Zeit spürt, wie gut und besonders das ist, was man zu sich
"Und wie Saša Stanišic die Geschichten dieser Stadt mit unglaublicher Lust am Erzählen und Erfinden in dieses Buch hineinschreibt und wie er diese Stadt dann wenig später, mit winzigen Details zunächst, vom Hass, vom Blut, vom Krieg verschlingen lässt, das ist groÃe Kunst." Volker Weidermann, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung
"Diesen Roman muss man lesen, wie man Schokolade isst: nicht zu schnell und nicht alles auf ein Mal. Damit man zu jeder Zeit spürt, wie gut und besonders das ist, was man zu sich
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nimmt." Christine Westermann, WDR2
"Stanišics Geschichte ist voll von skurrilen Menschen und sprühenden Einfällen - der ahnungslos-verwunderte Blick eines Heranwachsenden auf die absurden Drehungen der Welt, mit einer Sprache, die benutzt wird wie ein lustiges neues Spielzeug." Andrea Ritter, Stern
"Saša Stanišic hat einen erstaunlichen Erstling geschrieben, weitherzig, rasant, mutig. Es steht vieles darin, das wir unbedingt jetzt wissen sollten." Hauke Hückstädt, Frankfurter Rundschau
"Wir aber können uns freuen über die Ankunft eines jungen, hochbegabten Erzählers in der deutschen Literatur." Richard Kämmerlings, FAZ
"Ein hochtalentierter, leidenschaftlicher Erzähler." Jörg Magenau, taz
"Lesen sollte, ja muss man den Roman in jedem Fall, und im Ãbrigen ist es der beste Roman des Jahres 2006." Hanne Kulessa, Hessischer Rundfunk
"Stanišics Geschichte ist voll von skurrilen Menschen und sprühenden Einfällen - der ahnungslos-verwunderte Blick eines Heranwachsenden auf die absurden Drehungen der Welt, mit einer Sprache, die benutzt wird wie ein lustiges neues Spielzeug." Andrea Ritter, Stern
"Saša Stanišic hat einen erstaunlichen Erstling geschrieben, weitherzig, rasant, mutig. Es steht vieles darin, das wir unbedingt jetzt wissen sollten." Hauke Hückstädt, Frankfurter Rundschau
"Wir aber können uns freuen über die Ankunft eines jungen, hochbegabten Erzählers in der deutschen Literatur." Richard Kämmerlings, FAZ
"Ein hochtalentierter, leidenschaftlicher Erzähler." Jörg Magenau, taz
"Lesen sollte, ja muss man den Roman in jedem Fall, und im Ãbrigen ist es der beste Roman des Jahres 2006." Hanne Kulessa, Hessischer Rundfunk
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Bosnienkrieg aus Kindersicht
Gleich mit seinem autobiografisch geprägten Romandebüt «Wie der Soldat das Grammofon repariert» war der aus Visegrad in Bosnien-Herzegowina stammende Schriftsteller Saša Stanišić 2006 ungemein erfolgreich. Das Buch wurde in …
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Bosnienkrieg aus Kindersicht
Gleich mit seinem autobiografisch geprägten Romandebüt «Wie der Soldat das Grammofon repariert» war der aus Visegrad in Bosnien-Herzegowina stammende Schriftsteller Saša Stanišić 2006 ungemein erfolgreich. Das Buch wurde in dutzende Sprachen übersetzt und mit vielen Preisen ausgezeichnet, das Urteil des Feuilletons hingegen war gespalten. Von einigen Kritikern wurde der Autor als neue Stimme und talentierter Erzähler fast schon hymnisch gefeiert, von anderen wurde sein Debüt als missglückt oder als klischeehaft bezeichnet, und vom Krieg aus kindlicher Sicht zu erzählen ist natürlich immer anfechtbar.
Die Geschichte wird aus der naiven Perspektive des phantasiebegabten Schülers Aleksandar, Koseform Saša (sic!), in Ich-Form erzählt. Er wächst in Visegrad wohl behütet im Kreis seiner weitverzweigten Familie auf. Es beginnt mit dem Tod von Opa Slavko, einem glühenden Tito-Verehrer, mit dem Aleksandar innig verbunden war, aber auch der Zauberstab des Jungen vermag den Opa nicht wieder lebendig zu machen. Im Jahr 1991 gewinnt der Junge mit seinem ganz speziellen Köder den örtlichen Angler-Wettbewerb in der Drina und ist damit überraschend für die Landesmeisterschaften in Osijek qualifiziert. Aber daraus wird wohl nichts, denn dort herrscht bereits Krieg. Der erreicht schon im nächsten Frühjahr auch Visegrad und vertreibt die Eltern von dort, weil die Mutter muslimischer Herkunft ist und damit von ethnischen Säuberungen durch die Serben bedroht wird. Die Familie emigriert nach Heidelberg, wo bereits ein Onkel wohnt. Das unter Tito mit harter Hand durchgesetzte, aber letztendlich Utopie gebliebene, angeblich multikulturelle Jugoslawien wird nun in einen kleinstattlichen Flickenteppich zerrissen. Im Strudel der kriegerischen Ereignisse erscheint die unbändige Fabulierlust des Jungen mit ihren amüsanten, zum Teil haarsträubenden Szenen äußerst grotesk, bezogen auf das Kriegsgeschehen im Hintergrund. So wenn beispielsweise in einer Kampfpause die Serben und Bosnier aus ihren Stellungen hervor kriechen und sich auf ein Fußballspiel gegeneinander verständigen. Besonders absurd wird es, als dabei ein Spieler den Ball ins Aus schießt, in ein Minenfeld, aus dem er ihn nun auch selbst wieder herausholen muss, er bekommt dafür sogar eine kugelsichere Weste gereicht. Die ist allerdings für den Ball gedacht, denn der ist mitten im Krieg unersetzlich, der einzige jedenfalls, den die Soldaten noch haben.
Der unbedarfte Heranwachsende berichtet aus seiner Schlüsselloch-Perspektive von einer bunten Welt voller verrückter Geschehnisse und fragwürdiger Erinnerungen, was natürlich in krassem Gegensatz steht zu dem grauenvollen, aber realen Kriegsgeschehen, über das da abwechselnd ebenfalls berichtet wird. Mit überbordender Fabulierlust werden hier viele kleine, oft in sich abgeschlossene Episoden und Kurzgeschichten erzählt. Das reicht vom in flagranti entdeckten Seitensprung über die feierliche Einweihung des neu angebauten Wasserklosetts bis zum ausgelassen Dorffest, das dann plötzlich in einer Schießerei endet. Dabei agiert ein skurriles Figurenensemble, dessen wunderliche Charaktere nicht nur durch ihre balkantypische Sauf- und Fresslust, sondern auch durch allerlei körperliche und geistige Anomalien geprägt sind.
Kennzeichnend für den sehr speziellen Erzählstil von Sasa Stanisic ist eine verblüffende Unmittelbarkeit, die er auslöst, man fühlt sich ganz dicht am Geschehen, so grotesk das im Einzelnen auch sein mag. Störend ist das oft pittoreske Abgleiten in den puren Balkan-Kitsch, aber auch das narrative Konstrukt mit Passagen in Briefform, Gedichten und allerlei Listen erscheint mehr um größtmögliche Originalität bemüht als um einen logischen, nachvollziehbaren Erzählfluss. Die über all dem liegende heitere Note kollidiert natürlich mit den Kriegsgräueln, aber schon der Titel weist ja deutlich darauf hin, dass dies ein Schelmen-Roman ist, und als solcher sollte er dann natürlich auch gelesen werden.
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balkanisches Chaos
Während des Lockdown hat mir eine Bekannte Bücher geliehen. So kam ich zu diesem Buch, dessen Autor mit Heimkehr ein wirklich gutes Buch geschrieben hat und den ich als Heidelberger ansehe.
Dennoch komme ich nicht umhin, zu sagen, dass ich mich durch die Seiten …
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balkanisches Chaos
Während des Lockdown hat mir eine Bekannte Bücher geliehen. So kam ich zu diesem Buch, dessen Autor mit Heimkehr ein wirklich gutes Buch geschrieben hat und den ich als Heidelberger ansehe.
Dennoch komme ich nicht umhin, zu sagen, dass ich mich durch die Seiten gequält habe. Es tauchen zwar immer wieder hübsche Sprachbilder wie die verschiedenen Tode von Tito auf, aber der rote Faden bleibt nicht immer sichtbar. Auch weiß ich nicht, ob ich mich beispielsweise über zwei Seiten nur ausgeschriebene Zahlen freuen oder ärgern soll.
Natürlich frage ich mich, wieso ich so kritisch bin und komme zu dem Ergebnis, dass der Jugoslawien-Krieg sich doch weit aus meinem Gedächtnis entfernt hat und dass dieses Buch vor über 10 Jahren wegen seiner Aktualität mehr Anhänger hatte. Stanisic mag ich erst zu den richtig großen Autoren zählen, wenn er mal über etwas anderes als seine Familie schreibt. Von mir nur 2 Sterne.
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Broschiertes Buch
Erzählen abseits aller literarischer Regeln, Zeiten und Zeitenfolge, Realität und Phantasie wild durcheinander wirbelnd, so wirr muss dem kindlichen Erzähler der Kriegsausbruch auf dem Balkan vorgekommen sein. Erschagen gibt der Leser von Stanisics Erstlingswerk irgendwann auf, in all …
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Erzählen abseits aller literarischer Regeln, Zeiten und Zeitenfolge, Realität und Phantasie wild durcheinander wirbelnd, so wirr muss dem kindlichen Erzähler der Kriegsausbruch auf dem Balkan vorgekommen sein. Erschagen gibt der Leser von Stanisics Erstlingswerk irgendwann auf, in all diesen Absurditäten einen Sinn zu finden.
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Was habe ich mich mit diesem Hörbuch geplagt. Nicht, weil es nicht gut ist - ganz im Gegenteil. Es ist hervorragend, und gerade deshalb nicht zum Nebenbeihören geeignet.
Saša Stanišic lässt in einer wundervollen bildhaften Sprache den kleinen und großen Aleksandar …
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Was habe ich mich mit diesem Hörbuch geplagt. Nicht, weil es nicht gut ist - ganz im Gegenteil. Es ist hervorragend, und gerade deshalb nicht zum Nebenbeihören geeignet.
Saša Stanišic lässt in einer wundervollen bildhaften Sprache den kleinen und großen Aleksandar von dessen Leben erzählen: Wie er aufwächst im alten Jugoslawien, man gemeinsam ungeachtet der Herkunft rauschende Feste feiert, wie dann der Krieg auch Višegrad, seine Heimatstadt erreicht, die Familie nach Deutschland flieht und Aleksandar als junger Mann zurückkehrt mit der Hoffnung, noch etwas von seinen Erinnerungen wiederzufinden. Es sind wahre, halbwahre und Phantasiegeschichten die hier berichtet werden, und in jeder einzelnen empfindet man die große Liebe zu seiner Heimat, den Menschen und den Orten. Was 'Wie der Soldat das Grammofon repariert' jedoch so besonders macht, sind die ausdrucksvollen Wort- und Satzkunstwerke, mit denen Aleksandar seine Erlebnisse erzählt: 'Meine Tante spricht eine deutsche Autobahn schnell.' oder '..man müsste einen ehrlichen Hobel erfinden, der von den Geschichten die Lügen abraspeln kann und von den Erinnerungen den Trug. Ich bin ein Spänesammler.' Hört man nicht konzentriert zu, entgeht einem vieles.
Ebenfalls bemerkenswert ist der genaue Blick des Autors für das Absurde und Komische, den er selbst in Situationen nicht verliert, in denen es eigentlich nichts zu lachen gibt. Man ist entsetzt über die Grausamkeit dieses Krieges und kann sich ein Schmunzeln während des Zuhörens dennoch nicht verkneifen.
Das Alles wird vorgetragen von Saša Stanišic selbst und ich bin mir sicher, niemand anders hätte es besser machen können. Er trägt Aleksandars Geschichte nicht nur vor, nein, er selbst ist Aleksandar, so überzeugend ist seine Lesung. Ich bin mir sicher, dass das Buch nicht besser sein kann, aber - da es noch einige Geschichten mehr enthält, habe ich es mir nun auch noch gekauft. Ich freu' mich schon drauf!
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