Haruki Murakami
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Gefährliche Geliebte
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Hajime ist nach Jahren der Ziellosigkeit erfolgreicher Jazz-Bar-Besitzer und Vater. Wie eine Halluzination taucht nach 25 Jahren Shimamoto, eine Freundin aus der Kinderzeit, bei ihm auf. Hajime ist fasziniert von dieser unfassbaren und geheimnisumwobenen Frau, die in ihm längst verloren geglaubte Saiten anrührt. Er ist sogar bereit, sein bisheriges Leben aufzugeben...Ein Roman voller magischer Kraft, der auf fesselnde Weise vom Einbruch dämonischer Leidenschaft ins Leben erzählt.Hajime lebt so wie Millionen Japaner: in geordneten Verhältnissen, geschäftlich erfolgreich. Er betreibt einen...
Hajime ist nach Jahren der Ziellosigkeit erfolgreicher Jazz-Bar-Besitzer und Vater. Wie eine Halluzination taucht nach 25 Jahren Shimamoto, eine Freundin aus der Kinderzeit, bei ihm auf. Hajime ist fasziniert von dieser unfassbaren und geheimnisumwobenen Frau, die in ihm längst verloren geglaubte Saiten anrührt. Er ist sogar bereit, sein bisheriges Leben aufzugeben...
Ein Roman voller magischer Kraft, der auf fesselnde Weise vom Einbruch dämonischer Leidenschaft ins Leben erzählt.
Hajime lebt so wie Millionen Japaner: in geordneten Verhältnissen, geschäftlich erfolgreich. Er betreibt einen Jazzclub in einem schicken Viertel von Tokio, ist verheirat und hat zwei Töchter. Da tritt eines Abends Shimamoto an die Bar, seine Jugendliebe, mit der er einst ganz in die Welt der Musik versunken ist. Wie eine Halluzination erscheint sie immer ganz geheimnisumwoben an regnerischen Abenden und rührt mit ihrem bezaubernden Lächeln verloren geglaubte Saiten in Hajime an. Langsam zieht sie ihn au
Ein Roman voller magischer Kraft, der auf fesselnde Weise vom Einbruch dämonischer Leidenschaft ins Leben erzählt.
Hajime lebt so wie Millionen Japaner: in geordneten Verhältnissen, geschäftlich erfolgreich. Er betreibt einen Jazzclub in einem schicken Viertel von Tokio, ist verheirat und hat zwei Töchter. Da tritt eines Abends Shimamoto an die Bar, seine Jugendliebe, mit der er einst ganz in die Welt der Musik versunken ist. Wie eine Halluzination erscheint sie immer ganz geheimnisumwoben an regnerischen Abenden und rührt mit ihrem bezaubernden Lächeln verloren geglaubte Saiten in Hajime an. Langsam zieht sie ihn au
Haruki Murakami, geboren 1949 in Kyoto, die Eltern sind Lehrer für japanische Literatur. Studium der Theaterwissenschaften und des Drehbuchschreibens in Tokyo, aufkeimendes Interesse an amerikanischer Literatur und Musik. 1974 Gründung des Jazzclubs 'Peter Cat', den er bis 1982 betreibt. 1978 erste erfolgreiche Buchveröffentlichung. In den 80er Jahren dauerhaft in Europa ansässig (u.a. in Frankreich, Italien und Griechenland), geht er 1991 in die USA, ehe er 1995 nach Japan zurückkehrt. 2006 erhielt Haruki Murakami den Franz-Kafka-Literaturpreis. 2009 wurde ihm der Jerusalem Prize für sein literarisches Werk verliehen und 2014 wurde Haruki Murakami mit dem "Welt"-Literaturpreis ausgezeichnet. 2015 wurde er für den Hans Christian Andersen Literaturpreis ausgewählt.

© Markus Tedeskino / Ag.Focus
Produktdetails
- Die Brigitte-Edition, erlesen von Elke Heidenreich Bd.14
- Verlag: GRUNER + JAHR BRIGITTE EDITION
- Seitenzahl: 248
- Erscheinungstermin: 25. Februar 2006
- Deutsch
- Abmessung: 200mm
- Gewicht: 339g
- ISBN-13: 9783570195352
- ISBN-10: 357019535X
- Artikelnr.: 14141721
Herstellerkennzeichnung
Die Herstellerinformationen sind derzeit nicht verfügbar.
Skandalbuch
Vielen ist es noch in Erinnerung: Gefährliche Geliebte, das in Deutschland bekannteste und erfolgreichste Buch des Japaners Haruki Murakami. Es bot den Anlass für einen Skandal im Literarischen Quartett. Ein Skandal mit Folgen: Die Meinungsverschiedenheiten um die darin dargestellte Erotik führten schließlich zum Bruch zwischen Sigrid Löffler und Marcel Reich-Ranicki. Zwei Jahre danach bietet die Erscheinung des Taschenbuchs einen Anlass zu einem neuen Blick auf das Buch. Und siehe da: Erotik? Heute, nach Büchern wie Das sexuelle Leben der Catherine M. von Catherine Millet, könnte das Buch in dieser Hinsicht keinen mehr erregen. Was bleibt, ist eine spannende Liebesgeschichte mit Tiefgang.
Hajime,
Vielen ist es noch in Erinnerung: Gefährliche Geliebte, das in Deutschland bekannteste und erfolgreichste Buch des Japaners Haruki Murakami. Es bot den Anlass für einen Skandal im Literarischen Quartett. Ein Skandal mit Folgen: Die Meinungsverschiedenheiten um die darin dargestellte Erotik führten schließlich zum Bruch zwischen Sigrid Löffler und Marcel Reich-Ranicki. Zwei Jahre danach bietet die Erscheinung des Taschenbuchs einen Anlass zu einem neuen Blick auf das Buch. Und siehe da: Erotik? Heute, nach Büchern wie Das sexuelle Leben der Catherine M. von Catherine Millet, könnte das Buch in dieser Hinsicht keinen mehr erregen. Was bleibt, ist eine spannende Liebesgeschichte mit Tiefgang.
Hajime,
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der zu spät die Gefährlichkeit seiner Geliebten bemerken sollte, gehört der Oberschicht an. Er sieht gut aus, trägt italienische Designeranzüge, ist cool und lebt natürlich in einem schicken Viertel von Tokio. Dieses Leben hat er sich mit der Hilfe seines Schwiegervaters erarbeitet. Seine Leidenschaft, Jazzmusik, hat er dabei zum Beruf gemacht und führt einen erfolgreichen Jazzclub. Erst Ende Dreißig hat er eigentlich keine Ziele mehr. Um das Maß voll zu machen, ist er auch noch glücklich verheiratet und hat zwei Kinder, die er liebt.
Verführerin aus einer anderen Welt
Eines abends aber tritt Shimamoto an den Tresen seiner Bar. Hajime erkennt in ihr seine Jugendliebe, mit der er einst die Leidenschaft zur Musik teilte. Mystisch und wie eine Erscheinung weckt sie, die er verloren glaubte, alle früheren Gefühle und Sehnsüchte wieder. Ihr fast penetrant geheimnisvolle Aura reißt ihn mit sich, sie zieht ihn wie eine böse Fee in ihre Welt, von der er erst nach und nach die Wahrheit mehr erahnt als erfährt. Schließlich ist er bereit, alles für sie zu opfern.
Das Verhängnis nimmt seinen Lauf, und der Leser folgt ihm atemlos, denn die Spannung wird immer dichter und Shimamoto immer noch geheimnisvoller.
Bei alle dem ist das Buch eigentlich kein japanisches Buch. Murakami lebte lange Zeit in den USA und ist durch seine Übersetzungsarbeit an der klassischen westlichen Kriminalliteratur geschult. So ist Gefährliche Geliebte leicht und ohne kulturelle Verständigungsschwierigkeiten zu lesen. Damit gehört er zu den wenigen japanischen Autoren, denen das möglich ist. Daß er auch anders kann, beweist er allerdings mit Büchern wie Wilde Schafsjagd. Ein Buch, das jedem empfohlen sei, dem Gefährliche Geliebte zu glatt war und vielleicht sogar gelangweilt hat. (Andreas Rötzer)
"Alles ist möglich bei Haruki Murakami. Seine Bücher sind eine gelungene Mischung aus Zen und Coca-Cola` hat einmal ein Rezensent geschrieben. Hier sind es Jazz und Cocktails, die das westliche Flair bringen. Und wenn man bei Zen an die Kunst des Bogenschießens denkt, dann geht Murakami noch einen Schritt darüber hinaus. Seine Kunst besteht nicht nur darin, ins Schwarze zu treffen, sondern den Pfeil so abzuschießen, dass er in der Luft bleibt." (Die Welt)
Verführerin aus einer anderen Welt
Eines abends aber tritt Shimamoto an den Tresen seiner Bar. Hajime erkennt in ihr seine Jugendliebe, mit der er einst die Leidenschaft zur Musik teilte. Mystisch und wie eine Erscheinung weckt sie, die er verloren glaubte, alle früheren Gefühle und Sehnsüchte wieder. Ihr fast penetrant geheimnisvolle Aura reißt ihn mit sich, sie zieht ihn wie eine böse Fee in ihre Welt, von der er erst nach und nach die Wahrheit mehr erahnt als erfährt. Schließlich ist er bereit, alles für sie zu opfern.
Das Verhängnis nimmt seinen Lauf, und der Leser folgt ihm atemlos, denn die Spannung wird immer dichter und Shimamoto immer noch geheimnisvoller.
Bei alle dem ist das Buch eigentlich kein japanisches Buch. Murakami lebte lange Zeit in den USA und ist durch seine Übersetzungsarbeit an der klassischen westlichen Kriminalliteratur geschult. So ist Gefährliche Geliebte leicht und ohne kulturelle Verständigungsschwierigkeiten zu lesen. Damit gehört er zu den wenigen japanischen Autoren, denen das möglich ist. Daß er auch anders kann, beweist er allerdings mit Büchern wie Wilde Schafsjagd. Ein Buch, das jedem empfohlen sei, dem Gefährliche Geliebte zu glatt war und vielleicht sogar gelangweilt hat. (Andreas Rötzer)
"Alles ist möglich bei Haruki Murakami. Seine Bücher sind eine gelungene Mischung aus Zen und Coca-Cola` hat einmal ein Rezensent geschrieben. Hier sind es Jazz und Cocktails, die das westliche Flair bringen. Und wenn man bei Zen an die Kunst des Bogenschießens denkt, dann geht Murakami noch einen Schritt darüber hinaus. Seine Kunst besteht nicht nur darin, ins Schwarze zu treffen, sondern den Pfeil so abzuschießen, dass er in der Luft bleibt." (Die Welt)
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Zwei mögen es lieber normal
Haruki Murakamis Roman "Gefährliche Geliebte" · Von Thomas Poiss
Die Geschichte ist rasch erzählt. Der Sohn einer "typischen Hausfrau" und eines Investment-Angestellten wird am 4. Januar 1950 geboren und symbolisch Hajime - das heißt "Beginn" - genannt. Er geht zur Schule, wird erst ein "typischer Teenager" und dann - 1969, nach erfolgter erotischer Initiation - Literaturstudent. Nach dem Abschluß verdöst er ein paar Jahre als Schulbuchlektor, bis ihm sein Schwiegervater, ein typischer Bauunternehmer, einen Jazzklub finanziert. Das Geschäft läuft prächtig, man fährt einen BMW, und zum Chauffieren der beiden Töchter bekommt die Frau einen roten Jeep. Hajime hält seinen Körper beim
Haruki Murakamis Roman "Gefährliche Geliebte" · Von Thomas Poiss
Die Geschichte ist rasch erzählt. Der Sohn einer "typischen Hausfrau" und eines Investment-Angestellten wird am 4. Januar 1950 geboren und symbolisch Hajime - das heißt "Beginn" - genannt. Er geht zur Schule, wird erst ein "typischer Teenager" und dann - 1969, nach erfolgter erotischer Initiation - Literaturstudent. Nach dem Abschluß verdöst er ein paar Jahre als Schulbuchlektor, bis ihm sein Schwiegervater, ein typischer Bauunternehmer, einen Jazzklub finanziert. Das Geschäft läuft prächtig, man fährt einen BMW, und zum Chauffieren der beiden Töchter bekommt die Frau einen roten Jeep. Hajime hält seinen Körper beim
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Schwimmen in Form, trägt beruflich "Anzug von Luciano Soprani, Hemd und Krawatte von Armani, Schuhe von Rosetti" und plaudert mit Mercedesfahrerinnen, die wie er vor dem Kindergarten warten. Und doch empfindet er das typische Leben eines japanischen Barbesitzers der zweiten Jahrhunderthälfte als leer.
Im siebenunddreißigsten Jahr betritt plötzlich das Schicksal in Frauengestalt die Jazz-Bar, das Klaviertrio spielt "Star-Crossed Lovers" von Duke Ellington, und es kommt, wie es kommen muß. Die "Lady of the Night" ist Shimamoto, eine Klassenkameradin des zwölfjährigen Hajime, die Noch-nicht-Geliebte, an die er sein ganzes Leben lang gedacht hat. Wie sie an ihn. Gemeinsam hatten sie auf dem Sofa Liszts Klavierkonzerte gehört und Jazz wie Nat King Coles "South of the Border". Es kommt zu unregelmäßigen Treffen in der Bar und zu einem Winterausflug, ehe die beiden nach sechsundzwanzig Jahren des Wartens die erste und einzige Nacht miteinander verbringen - nicht nur Nat King Cole hörend. Am Morgen danach ist Shimamoto verschwunden, und nach längerer Ehekrise legt die verständige Gattin die Hand auf die Schulter Hajimes, der in Gedanken an Shimamoto auf das Meer hinausblickt.
Aber fürs erste gibt es nichts zu verstehen, denn diese Handlung reicht gerade für einen sentimentalen Film. Zwar ist der Text in Motiven und situativen Spiegelungen dicht konstruiert, doch keine sprachliche Qualität hebt ihn über das Niveau eines Drehbuches hinaus. Das ist um so verwunderlicher, als man bislang den japanischen Bestsellerautor Murakami für einen gebildeten und ironischen Schriftsteller halten konnte. Seine direkt aus dem Japanischen übersetzten Erzählungen "Der Elefant verschwindet" (1995) deuteten dies zumindest an. "Gefährliche Geliebte" wurde indes aus dem Englischen übersetzt, wo das Buch wie im Japanischen "South of the Border, West of the Sun" heißt. Und zunächst schöpft man Verdacht, daß irgendwo zwischen den drei Sprachen fundamentale sprachliche Pannen passiert sein müssen. So etwa beim folgenden Dialog zweier japanischer Schüler um 1966: "Kein Problem, Mann, meinte er cool . . . Stark, jubelte ich." Es geht dabei um den Kauf von Kondomen im Hinblick auf eine Beziehung, die aber dann bloß in einer Streichel-Szene mit folgendem Satz kulminiert: "So nackt hatten wir nichts voreinander zu verbergen." Schwierig zu entscheiden, ob das unbeholfene Figurenrede sein soll, ob ein Black-out des Autors oder der Übersetzer vorliegt. Ähnlich unklar ist die Perspektive in folgender Platitüde: "Ein einfacher Szenenwechsel kann zu einschneidenden Veränderungen im Fluß der Zeit und der Empfindungen führen." Wie wahr, doch spricht hier der achtzehn- oder der siebenunddreißigjährige Protagonist - oder ist das gar Autorenkommentar? Oder klingt es nur auf deutsch so hausbacken?
Auch viele Vergleiche des Buches sind von provozierender Banalität. Die Erinnerung an Shimamoto wird eben so umschrieben: "Lange Zeit nahm sie einen besonderen Platz in meinem Herzen ein. Ich hielt diesen besonderen Platz nur für sie frei, wie einen ruhigen Ecktisch in einem Restaurant, mit einem Reserviert-Schildchen darauf." Auch wenn dies den Gedanken eines Barbesitzers darstellen sollte, aber welche Frau erinnert sich an einen Ecktisch? Ähnliche Unbeholfenheit trübt das Staunen in der Szene der Wiederbegegnung nach fünfundzwanzig Jahren: "Sprachlos saß ich da und starrte sie an, als sei sie ein Wunderwerk der modernen Technik, von dessen Existenz ich bislang nur gerüchteweise gehört hatte." Die Wunderfrau wird vom Erzähler bloß in die Aura einer technischen Neuheit gehüllt.
Spätestens an dieser Stelle wird klar, daß man gerade im Blick auf die sprachlichen Unebenheiten den Roman doch aus ironischer Distanz als Darstellung von Hajimes falschem Bewußtsein lesen sollte. Der bekennende E.T.A. Hoffmann-Leser Murakami hat in Shimamoto eine ferne Schwester der Automatenfrau Olimpia geschaffen, kenntlich an ihrem Gang und an den zahllosen Versuchen Hajimes, in ihren Augen etwas zu erkennen. Der gebildete Barbesitzer, der lieber "Romane aus dem neunzehnten Jahrhundert" als neue liest, scheitert erschreckend: "Und ich sah ihr in die Augen. Ich sah mein Gesicht darin gespiegelt. Tief in ihren Augen, in ihren stets bodenlosen Tiefen, gab es eine Quelle. Und, gerade noch zu erahnen, ein schwaches Licht. Das Licht des Lebens, dachte ich." Nur wenn man darin ein ironisches Reflexionsgeschehen sieht, wird dieser Kitsch erträglich wie auch die Kette erotischer Szenen, die dieses Buch zur éducation sexuelle Hajimes machen. Er hatte seine erste, zimperliche Freundin zwar dazu gebracht, sich auszuziehen, sie dann aber fürs Leben verletzt, indem er sie mit der tatkräftigeren Cousine betrog: "Vögeln war das einzige, was wir taten." Die Liebesnacht mit Shimamoto bietet die Umkehr der Ausgangssituation: Shimamoto fordert den Mann auf, sich auszuziehen, um ihn betrachten zu können, was ihm die unsägliche Frage entfahren läßt: "Warum?" Ohne ironische Distanz wären die anschließenden, etwas komplizierten und unanschaulichen Praktiken Shimamotos nicht zu verstehen, da sie zudem, wie sich gleich herausstellt, völlig überflüssig sind. Als sie nämlich ihrerseits Hajime das Wünschen freistellt, klärt sich alles: "Ich mag's einfach ganz normal. Hast du was dagegen? - Gar nicht, sagte sie. Ich mag das auch." Wozu der ganze Aufwand, wenn es beide gern "einfach ganz normal" haben?
Vermutlich hat Murakami - wenn er nicht ganz einfach ein schlechtes Buch schrieb - über der leeren Tiefe von Shimamotos Augen eine glatte Oberfläche konstruiert, auf der sich die typischen Spießer-Projektionen der zweiten Jahrhunderthälfte spiegeln können. Den Hinweis, daß man das Buch so distanziert lesen sollte, hat Murakami gut sichtbar versteckt. Zu Hajimes allerersten Versuchen in der Liebe gesellt der Erzähler einen Beobachter, der die angemessene Haltung vorgibt: "Auf dem Sessel uns gegenüber saß eine Katze. Sie öffnete die Augen, sah in unsere Richtung, streckte sich und schlief wieder ein." Wahre Erotiker sind diskret. Und vergessen Bücher wie dieses.
Haruki Murakami: "Gefährliche Geliebte". Roman. Aus dem Englischen von Giovanni Bandini und Ditte Bandini. DuMont Buchverlag, Köln 2000. 230 S., geb., 39,80 DM.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Im siebenunddreißigsten Jahr betritt plötzlich das Schicksal in Frauengestalt die Jazz-Bar, das Klaviertrio spielt "Star-Crossed Lovers" von Duke Ellington, und es kommt, wie es kommen muß. Die "Lady of the Night" ist Shimamoto, eine Klassenkameradin des zwölfjährigen Hajime, die Noch-nicht-Geliebte, an die er sein ganzes Leben lang gedacht hat. Wie sie an ihn. Gemeinsam hatten sie auf dem Sofa Liszts Klavierkonzerte gehört und Jazz wie Nat King Coles "South of the Border". Es kommt zu unregelmäßigen Treffen in der Bar und zu einem Winterausflug, ehe die beiden nach sechsundzwanzig Jahren des Wartens die erste und einzige Nacht miteinander verbringen - nicht nur Nat King Cole hörend. Am Morgen danach ist Shimamoto verschwunden, und nach längerer Ehekrise legt die verständige Gattin die Hand auf die Schulter Hajimes, der in Gedanken an Shimamoto auf das Meer hinausblickt.
Aber fürs erste gibt es nichts zu verstehen, denn diese Handlung reicht gerade für einen sentimentalen Film. Zwar ist der Text in Motiven und situativen Spiegelungen dicht konstruiert, doch keine sprachliche Qualität hebt ihn über das Niveau eines Drehbuches hinaus. Das ist um so verwunderlicher, als man bislang den japanischen Bestsellerautor Murakami für einen gebildeten und ironischen Schriftsteller halten konnte. Seine direkt aus dem Japanischen übersetzten Erzählungen "Der Elefant verschwindet" (1995) deuteten dies zumindest an. "Gefährliche Geliebte" wurde indes aus dem Englischen übersetzt, wo das Buch wie im Japanischen "South of the Border, West of the Sun" heißt. Und zunächst schöpft man Verdacht, daß irgendwo zwischen den drei Sprachen fundamentale sprachliche Pannen passiert sein müssen. So etwa beim folgenden Dialog zweier japanischer Schüler um 1966: "Kein Problem, Mann, meinte er cool . . . Stark, jubelte ich." Es geht dabei um den Kauf von Kondomen im Hinblick auf eine Beziehung, die aber dann bloß in einer Streichel-Szene mit folgendem Satz kulminiert: "So nackt hatten wir nichts voreinander zu verbergen." Schwierig zu entscheiden, ob das unbeholfene Figurenrede sein soll, ob ein Black-out des Autors oder der Übersetzer vorliegt. Ähnlich unklar ist die Perspektive in folgender Platitüde: "Ein einfacher Szenenwechsel kann zu einschneidenden Veränderungen im Fluß der Zeit und der Empfindungen führen." Wie wahr, doch spricht hier der achtzehn- oder der siebenunddreißigjährige Protagonist - oder ist das gar Autorenkommentar? Oder klingt es nur auf deutsch so hausbacken?
Auch viele Vergleiche des Buches sind von provozierender Banalität. Die Erinnerung an Shimamoto wird eben so umschrieben: "Lange Zeit nahm sie einen besonderen Platz in meinem Herzen ein. Ich hielt diesen besonderen Platz nur für sie frei, wie einen ruhigen Ecktisch in einem Restaurant, mit einem Reserviert-Schildchen darauf." Auch wenn dies den Gedanken eines Barbesitzers darstellen sollte, aber welche Frau erinnert sich an einen Ecktisch? Ähnliche Unbeholfenheit trübt das Staunen in der Szene der Wiederbegegnung nach fünfundzwanzig Jahren: "Sprachlos saß ich da und starrte sie an, als sei sie ein Wunderwerk der modernen Technik, von dessen Existenz ich bislang nur gerüchteweise gehört hatte." Die Wunderfrau wird vom Erzähler bloß in die Aura einer technischen Neuheit gehüllt.
Spätestens an dieser Stelle wird klar, daß man gerade im Blick auf die sprachlichen Unebenheiten den Roman doch aus ironischer Distanz als Darstellung von Hajimes falschem Bewußtsein lesen sollte. Der bekennende E.T.A. Hoffmann-Leser Murakami hat in Shimamoto eine ferne Schwester der Automatenfrau Olimpia geschaffen, kenntlich an ihrem Gang und an den zahllosen Versuchen Hajimes, in ihren Augen etwas zu erkennen. Der gebildete Barbesitzer, der lieber "Romane aus dem neunzehnten Jahrhundert" als neue liest, scheitert erschreckend: "Und ich sah ihr in die Augen. Ich sah mein Gesicht darin gespiegelt. Tief in ihren Augen, in ihren stets bodenlosen Tiefen, gab es eine Quelle. Und, gerade noch zu erahnen, ein schwaches Licht. Das Licht des Lebens, dachte ich." Nur wenn man darin ein ironisches Reflexionsgeschehen sieht, wird dieser Kitsch erträglich wie auch die Kette erotischer Szenen, die dieses Buch zur éducation sexuelle Hajimes machen. Er hatte seine erste, zimperliche Freundin zwar dazu gebracht, sich auszuziehen, sie dann aber fürs Leben verletzt, indem er sie mit der tatkräftigeren Cousine betrog: "Vögeln war das einzige, was wir taten." Die Liebesnacht mit Shimamoto bietet die Umkehr der Ausgangssituation: Shimamoto fordert den Mann auf, sich auszuziehen, um ihn betrachten zu können, was ihm die unsägliche Frage entfahren läßt: "Warum?" Ohne ironische Distanz wären die anschließenden, etwas komplizierten und unanschaulichen Praktiken Shimamotos nicht zu verstehen, da sie zudem, wie sich gleich herausstellt, völlig überflüssig sind. Als sie nämlich ihrerseits Hajime das Wünschen freistellt, klärt sich alles: "Ich mag's einfach ganz normal. Hast du was dagegen? - Gar nicht, sagte sie. Ich mag das auch." Wozu der ganze Aufwand, wenn es beide gern "einfach ganz normal" haben?
Vermutlich hat Murakami - wenn er nicht ganz einfach ein schlechtes Buch schrieb - über der leeren Tiefe von Shimamotos Augen eine glatte Oberfläche konstruiert, auf der sich die typischen Spießer-Projektionen der zweiten Jahrhunderthälfte spiegeln können. Den Hinweis, daß man das Buch so distanziert lesen sollte, hat Murakami gut sichtbar versteckt. Zu Hajimes allerersten Versuchen in der Liebe gesellt der Erzähler einen Beobachter, der die angemessene Haltung vorgibt: "Auf dem Sessel uns gegenüber saß eine Katze. Sie öffnete die Augen, sah in unsere Richtung, streckte sich und schlief wieder ein." Wahre Erotiker sind diskret. Und vergessen Bücher wie dieses.
Haruki Murakami: "Gefährliche Geliebte". Roman. Aus dem Englischen von Giovanni Bandini und Ditte Bandini. DuMont Buchverlag, Köln 2000. 230 S., geb., 39,80 DM.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Die verführerische Leichtigkeit von Murakamis Texten ist allerdings trügerisch. Unter der Oberfläche tun sich Abgründe auf, in die man nicht gefahrlos blickt." Berliner Zeitung
Broschiertes Buch
Als Einzelkind scheint Hajime etwas Besonderes zu sein, denn all seine Schulkameraden haben mehrere Geschwister. Nur Shimamoto versteht ihn, denn auch sie hat keine Geschwister und die beiden freunden sich an, ein unsichtbares Band scheint die beiden Kinder zu verbinden. Sie hören gemeinsam …
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Als Einzelkind scheint Hajime etwas Besonderes zu sein, denn all seine Schulkameraden haben mehrere Geschwister. Nur Shimamoto versteht ihn, denn auch sie hat keine Geschwister und die beiden freunden sich an, ein unsichtbares Band scheint die beiden Kinder zu verbinden. Sie hören gemeinsam Musik und können über alles reden. Doch ein Schulwechsel lässt den Kontakt abbrechen und sie sehen sich nie wieder.
Noch Jahre später denkt Hajime an Shimamoto. Mittlerweile ist er verheiratet und hat zwei Kinder, er leitet erfolgreich einen Jazzclub und ist dennoch nicht glücklich. Er trauert verpassten Chancen und Gelegenheiten nach, da betritt unerwartet Shimamoto seine Bar…
Mich konnte Murakami schon mit Beginn der Geschichte fesseln. Sein Schreibstil ist einfach und schlicht und lässt sich dadurch gut lesen, doch mit seinen Worten schafft er eine außergewöhnliche Atmosphäre - mal melancholisch, mal sehr kühl, mal zum schmunzeln, aber immer ist sie sehr emotional. Dazu haben mich die Themen des Buches sehr angesprochen: es geht um das Leben, um verlorene Träume, Sehnsüchte und verpasste Gelegenheiten.
Hajime ist mir sehr sympathisch. Er ist ein „echter“ Charakter mit Ecken und Kanten und seine düsteren Gedanken und Wehmut konnte ich zu einem großen Teil gut nachvollziehen. Nahezu spürbar ist seine Zerrissenheit und sein persönliches Nicht-Glücklich-Sein und ich war dadurch sehr berührt. Nicht immer ist Hajimes Handeln für mich nachvollziehbar, doch sein Schmerz und seine Melancholie mögen einige von ihnen erklären.
Shimamoto dagegen ist geheimnisvoll und mit ihr wurde ich bis zum Schluss nicht richtig warm. Sie tut, was sie will, sie kommt und geht, wann sie möchte und dass sie damit verletzt, bedenkt sie nicht. Sie will Verständnis für ihre Situation und Hajime verzeiht ihr fast alles, verfallen wie er ihr ist.
Das Ende des Romans ist offen und lädt zu eigenen Gedanken ein. Ich habe mich oft gefragt, was eigentlich passiert ist. Ob es wirklich alles Realität war oder ob Hajime sich seinen Träumen hingegeben hat – letztlich bleibt die Interpretation jedem selbst überlassen.
Ich habe das Buch gerne gelesen. Ich konnte eintauchen in die Geschichte und war gefangen vor allem durch den Schreibstil Murakamis, der eine so wunderbare, wenn auch melancholische Atmosphäre geschaffen hat, der ich mich nicht entziehen konnte.
Vielleicht noch ein Wort zur Übersetzung: Oft wurde kritisiert, dass das Original zunächst ins Englische und dann ins Deutsche übersetzt wurde und damit vieles vom Charme des Buches und seiner Genialität verloren gegangen sei. Mir hat das Buch auch in dieser Form sehr gut gefallen. Wer jedoch eine direkte Übersetzung aus dem Japanischen möchte, der sollte die Neuauflage des Buches mit dem Titel „Südlich der Grenze, westlich der Sonne“ lesen, das im Mai 2013 neu erschienen ist.
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Broschiertes Buch
Hajime und Shimamoto lernen sich in der Grundschule kennen. Bis sie zwölf Jahre alt sind, sind sie beste Freunde, dann zieht Hajime in einen anderen Stadtteil und der Kontakt der beiden reißt ab. Hajime lernt in seinem Leben zahlreiche Frauen kennen, doch nur drei sind wirklich bedeutend: …
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Hajime und Shimamoto lernen sich in der Grundschule kennen. Bis sie zwölf Jahre alt sind, sind sie beste Freunde, dann zieht Hajime in einen anderen Stadtteil und der Kontakt der beiden reißt ab. Hajime lernt in seinem Leben zahlreiche Frauen kennen, doch nur drei sind wirklich bedeutend: die Sandkastenfreundin Shimamoto, seine erste richtige Freundin Izumi und seine Ehefrau Yukiko. Durch Yukikos Vater kann er eine Bar eröffnen, er hat ein gutes Leben, ein Frau, die liebt, zwei wunderbare Töchter, das Geschäft läuft gut. Doch er kann Shimamoto nicht vergessen und in ihm bleibt immer eine Leere, die er nicht zu füllen weiß. Dann betritt eines Abends plötzlich Shimamoto seine Bar und bringt sein ganzes Leben durcheinander.
Die ganze Geschichte baut auf dem Charakter von Hajime auf, der trotz allem oberflächlichen Glücks immer hilflos auf der Suche nach etwas anderem wirkt. Er stürzt sich in seine Aufgaben, geht diszipliniert seinem Sport und versucht, etwas in sich zu füllen, was er selbst nicht kennt. Das alles beschreibt Haruki Murakami mit einer einfachen Sprache, die die Komplexität der Charaktere Hajime und auch Shimamoto noch unterstreicht. Der Leser erhält einen Einblick in ihr Leben, wie ein Fenster, dass sich für kurze Zeit öffnet und dann wieder schließt. Ihr Leben scheint weiterzulaufen, auch wenn man das Buch eigentlich beendet hat. Und genauso lässt Shimamoto Hajime nur einen kurzen Augenblick in ihr Leben, einen Moment, der für ihn alles bedeutet und alles was er hat, auf die Probe zu stellen scheint.
Mit „Gefährliche Geliebte“ ist Haruki Murakami eine großartige Geschichte gelungen, über Menschen, die auf der Suche sind und nie anzukommen scheinen. Und darüber, was wir eigentlich vom Leben wollen, damit es uns ausgefüllt erscheint. Diese Frage muss Hajime für sich beantworten, wenn er nicht in einem Strudel von Gefühlen und Menschen untergehen will.
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Broschiertes Buch
Eine einfühlsame Liebesgeschichte die teilweise Realitätsfern abschweift.
Dies ist die Liebesgeschichte von Hajime und seiner Jugendfreundin Shimamoto. Verbunden und vertraut in Ihrer Kindheit, verlieren sie sich zeitweise aus den Augen, um sich schließlich Mitte dreißig …
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Eine einfühlsame Liebesgeschichte die teilweise Realitätsfern abschweift.
Dies ist die Liebesgeschichte von Hajime und seiner Jugendfreundin Shimamoto. Verbunden und vertraut in Ihrer Kindheit, verlieren sie sich zeitweise aus den Augen, um sich schließlich Mitte dreißig wiederzufinden.
Hajime hat in der Zwischenzeit studiert, geheiratet, hat zwei Töchter, zwei erfolgreiche Jazz Bars eröffnet und ist trotz seiner verbuchten Erfolge nicht erfüllt. Ungefähr die Hälfte des Buches befasst sich mit seinem Leben, was Shimamoto in ihrem wiederfahren ist, bleibt dem Leser größtenteils verborgen.
Der Autor bedient sich einer schlichten Schreibweise, intensiv und schnörkellos, extrem gefühlsbetont und leidenschaftlich. Anschaulich führt er durch die Geschichte, wobei nicht immer klar ist, wo die Realität beginnt und wo die Phantasie.
Wer eine Handlungsexplosion erwartet sollte lieber weiter suchen, wer sich gern in Träume-reien verliert, wird mit diesem Buch gut bedient.
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