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Stockholm im März. Nach einem schweren Winter hat es immer noch minus 15 Grad, und das Eis knirscht unter Adeles Schritten. Als sie von Einkäufen zurückkehrt, sieht sie ihren Geliebten von weitem das Haus verlassen und geht ihm nach. Je näher sie ihm kommt, desto unsichtbarer wird er.Warum laufen wir immer den gleichen Bildern hinterher? Worauf ist eigentlich Verlass? Und warum muss die Liebe zur Hölle werden? In einer Welt, in der sich die Warteschleife als Wahrheit erweist, bewegt sich Adele auf dem schmalen Grat zwischen Befreiung und Selbstverlust: »Sie durfte sich nicht aus sich sel...
Stockholm im März. Nach einem schweren Winter hat es immer noch minus 15 Grad, und das Eis knirscht unter Adeles Schritten. Als sie von Einkäufen zurückkehrt, sieht sie ihren Geliebten von weitem das Haus verlassen und geht ihm nach. Je näher sie ihm kommt, desto unsichtbarer wird er.
Warum laufen wir immer den gleichen Bildern hinterher? Worauf ist eigentlich Verlass? Und warum muss die Liebe zur Hölle werden? In einer Welt, in der sich die Warteschleife als Wahrheit erweist, bewegt sich Adele auf dem schmalen Grat zwischen Befreiung und Selbstverlust: »Sie durfte sich nicht aus sich selbst verjagen lassen. Sie musste langsam und vorsichtig denken.«
Durch eine verräterische Liebesgeschichte entfaltet sich in Marlene Streeruwitz' furiosem Roman die Krise der Gegenwart.
Warum laufen wir immer den gleichen Bildern hinterher? Worauf ist eigentlich Verlass? Und warum muss die Liebe zur Hölle werden? In einer Welt, in der sich die Warteschleife als Wahrheit erweist, bewegt sich Adele auf dem schmalen Grat zwischen Befreiung und Selbstverlust: »Sie durfte sich nicht aus sich selbst verjagen lassen. Sie musste langsam und vorsichtig denken.«
Durch eine verräterische Liebesgeschichte entfaltet sich in Marlene Streeruwitz' furiosem Roman die Krise der Gegenwart.
Marlene Streeruwitz, in Baden bei Wien geboren, studierte Slawistik und Kunstgeschichte und begann als Regisseurin und Autorin von Theaterstücken und Hörspielen. Für ihre Romane erhielt sie zahlreiche Auszeichnungen, darunter zuletzt den Bremer Literaturpreis und den Preis der Literaturhäuser. Ihr Roman 'Die Schmerzmacherin.' stand 2011 auf der Shortlist für den Deutschen Buchpreis. Zuletzt erschienen der Roman 'Flammenwand.' (Longlist Deutscher Buchpreis 2019), die Breitbach-Poetikvorlesung 'Geschlecht. Zahl. Fall.' (2021), der Roman 'Tage im Mai.' (2023), die Essays 'Handbuch für die Liebe.' und 'Handbuch gegen den Krieg.' (2024). Zuletzt erschien der Roman 'Auflösungen.', der auf der Shortlist für den Österreichischen Buchpreis 2025 steht. Literaturpreise (u.a.): Mara-Cassens-Preis 1996 Österreichischer Würdigungsstaatspreis für Literatur 1999 Hermann-Hesse-Literaturpreis 2001 (für "Nachwelt") Walter-Hasenclever-Literaturpreis 2002 Bremer Literaturpreis 2012 Franz-Nabl-Preis 2015 Preis der Literaturhäuser 2020 Wiener Buchpreis 2023
Produktdetails
- Verlag: S. Fischer Verlag GmbH
- Artikelnr. des Verlages: 1023186
- 3. Aufl.
- Seitenzahl: 414
- Erscheinungstermin: 22. Mai 2019
- Deutsch
- Abmessung: 211mm x 139mm x 35mm
- Gewicht: 526g
- ISBN-13: 9783103973853
- ISBN-10: 3103973853
- Artikelnr.: 54408628
Herstellerkennzeichnung
FISCHER, S.
Hedderichstraße 114
60596 Frankfurt
produktsicherheit@fischerverlage.de
eine der großen Stimmen der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur. Ihr Sound ist unverkennbar. Suggestiv. Beschwörend. Authentisch. welf Grombacher Nürnberger Nachrichten 20190911
Starker Tobak für arglose Leser
In Dantes göttlicher Komödie ist die «Flammenwand» der Übergang vom Fegefeuer ins Paradies, im gleichnamigen Roman von Marlene Streeruwitz wird man mit diesem Bild im Kopf als Leser auch gleich auf die richtige Spur gesetzt. Der …
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Starker Tobak für arglose Leser
In Dantes göttlicher Komödie ist die «Flammenwand» der Übergang vom Fegefeuer ins Paradies, im gleichnamigen Roman von Marlene Streeruwitz wird man mit diesem Bild im Kopf als Leser auch gleich auf die richtige Spur gesetzt. Der Untertitel «Roman mit Anmerkungen» weist auf eine zweite Erzählebene hin, im Anhang berichtet die streitbare österreichische Autorin von politischen Geschehnissen in ihrer Heimat während der Entstehung ihres Romans, beginnend am 19. März 2018 und endend am 9. Oktober des gleichen Jahres. Parallel zu ihrer aus feministischer Sicht geschilderten Geschichte einer gescheiterten Beziehung gleicht die zweite Erzählebene einem süffisanten, 83teiligen journalistischen Report über die österreichische Politik dieser Zeit, - ein Mann namens Strache lässt grüßen!
Adele, die Protagonistin, ist eine geschiedene, kinderlose Frau Anfang fünfzig, sie lebt in Wien und arbeitete als erfolgreiche Sprachlehrerin für Migranten. Um mit Gustav, einem auf das Großkapital spezialisierten Berliner Steuerfahnder, zusammen zu sein, hat sie ein Karenzjahr eingelegt, sie wohnt mit ihrem Lover während seines längeren beruflichen Ausland-Aufenthalts in Stockholm. Ihre sexuelle Beziehung ist durch seine mutmaßliche Impotenz problematisch geworden, nach anfänglich für sie beglückenden Koitus-Erlebnissen befriedigt er die äußerst sinnliche Frau inzwischen nur noch manuell. Bis ihr der Anruf einer anderen Frau plötzlich die Augen öffnet, in einem machohaften Versteckspiel genießt Gustav nämlich ganz offensichtlich seine manipulative Macht über die masochistisch veranlagte Adele. Verstört verlässt sie die Wohnung und läuft ziellos durch Stockholm.
Dieses odysseeartige Herumirren bei minus 15 Grad ist ein einziges Sinnieren der Heldin über ihre Beziehung, ein permanentes Rekapitulieren der gemeinsam verbrachten Zeit und der von Gustav dominierten Gespräche miteinander. Immer wieder zwischen Verlustängsten und Befreiungswunsch schwankend kreisen ihre Gedanken auch um frühe Kindheitserlebnisse mit den unbeirrt faschistisch orientierten Eltern, wobei besonders die häufig brutale Bestrafung ihres Bruders durch den sadistischen Vater tiefe seelische Spuren in ihr hinterlassen hat. Sie leidet seither zutiefst unter jeder Form maskuliner Allmacht, deren reale Entsprechungen sich im journalistischen Anhang häufig widerspiegeln. Insoweit ist der Roman ein Versuch von Marlene Streeruwitz, patriarchalische Machtfantasien zu demaskieren, wobei offen antifeministische Einstellungen nach Erscheinen des Romans dann ja eindrucksvoll und kaum widerlegbar durch das Ibiza-Video bewiesen wurden. «Bist du deppert, die ist schoaf» äußert sich der spätere Innenminister da proletenhaft im schönsten Schmäh. Und das scheint durchaus auch exemplarisch zu sein für das fragwürdige Frauenbild der neuen Rechtspopulisten im Geburtsland des Führers!
Adeles ruhelose Gedankenspiele um Verdammnis und Läuterung bilden den gesamten Plot, ein ständig von Kontrollverlust bedrohter, endloser Selbstfindungstrip, dessen Ausgang der Roman offen lässt. Erzählt wird dieses Um-sich-selbst-Kreisen als Bewusstseinsstrom im typischen Streeruwitz-Sprech, ein unverwechselbarer, stakkatoartiger Sprachfluss in Kurzsätzen jenseits aller Dudenregeln. Der ist außerdem noch, - bewusst, wie die Autorin im Interview gesagt hat -, mit österreichischem Idiom authentisch angereichert und bildet somit wirklichkeitsnah die Gedankensprünge ihrer gequälten Heldin ab. Sprachlich konventionell hingegen wird in der politischen Chronik berichtet, deren Sinn es sei, an der Realität der gesellschaftlichen Situation zur Zeit der Handlung keinen Zweifel zu lassen, wie die Autorin erklärt hat. Und diesem Fußnotentrick verdanken wir zuweilen auch einige denkwürdige Momente beim Lesen, so wenn zum Beispiel der «Kanzlerbub» das Kopftuchverbot verkündet. Ansonsten aber ist dieser unendlich eintönige Roman einer hysterischen Masochistin starker Tobak für arglose Leser!
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Im März ist es noch erschreckend kalt in Stockholm. Adele wollte nur schnell Kaffee kaufen und ist schon wieder auf dem Rückweg, als sie vor sich auf der vereisten Straße Gustav entdeckt, der offenbar bereits die gemeinsame Wohnung verlassen hat. Sie folgt ihm, vermutlich ist er auf …
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Im März ist es noch erschreckend kalt in Stockholm. Adele wollte nur schnell Kaffee kaufen und ist schon wieder auf dem Rückweg, als sie vor sich auf der vereisten Straße Gustav entdeckt, der offenbar bereits die gemeinsame Wohnung verlassen hat. Sie folgt ihm, vermutlich ist er auf dem Weg in ihr Café, wo sie gerne immer am selben Tisch das Frühstück genießen. Doch sie kann ihn nicht einholen, Bilder vermischen sich in ihren Gedanken, der aktuelle Tag mit bereits erlebten, immer wieder denselben Begebenheiten. Doch längst ist schon nicht mehr alles im Lot, denn sie weiß von Gustavs Doppelleben, von der unerfüllten Liebe, die sie wieder einmal erlebt hat. Die Gedanken beginnen zu kreisen, alles in ihrem 52-jährigen Leben muss sie nun plötzlich in der Fremde infrage stellen.
Marlene Streeruwitz lässt ihre Protagonistin durch die Hölle gehen. Eine ganz bestimmte Hölle, die sie mit dem Titel bereits verortet: die Flammenwand findet sich in Dantes „Göttlicher Komödie“ auf der siebten und damit letzten Terrasse des Läuterungsberges und gilt als der Ort, an dem das sexuelle Begehren überwunden werden muss, bevor der Weg ins Paradies geebnet ist. Die sinnliche Welt muss verbrennen, um den Blick für das Göttliche frei zu machen. Viel dramatischer und höher könnte die Autorin die Referenz kaum setzen als sich auf eines der epochalsten und einflussreichsten Werke der westlichen Literatur zu beziehen. Aber kann sie diesem selbstgesetzten Vergleich gerecht werden?
„Sie liebte. War das nicht das erhoffte Abenteuer. Das hatte sie doch herbeigewünscht. Herbeigesehnt. Dieses Teilen, das aus allem mehr machte. Aber es ließ sich nichts aufrufen. Die Bilder flach. Die Bilder zerrannen. Nur die Kälte zu spüren.“
Das Ende einer Beziehung ist nie schön, vor allem für denjenigen, der zu lange im Glückstaumel war und den Blick für die Realität verloren hatte, der blind vor Liebe war und die Anzeichen nicht erkannte. Adele muss schmerzlich erkennen, dass sie betrogen wurde und alles verloren hat, nicht mal mehr ein richtiges Zuhause hat sie, nachdem sie für Gustav von Wien nach Stockholm gezogen ist. Die gänzlich unabhängige Frau, die sich abhängig machte und teuer dafür bezahlen muss. Ausgerechnet einem Mann mit längst überholten, patriarchalen Vorstellungen verfallen zu sein.
Der Stream of Consciousness der Protagonistin wird mit jedem neuen Kapitel unterbrochen. Daten, die zunächst nicht zur Handlung passen wollen, versehen mit Fußnoten, die tagtäglich neue politische Absurditäten aus Österreich vermelden. Schnell jedoch sind die Parallelen offenkundig: wie Adele in die Liebesgeschichte taumelt, aus der sie verkatert erwacht, scheinen unsere südlichen Nachbarn die politische Gefahr, in der sie sich befinden, trotz der offenkundigen Zeichen wegen der rosaroten Brille nicht sehen zu wollen oder zu können. Streeruwitz war ihrer Zeit voraus, denn der Ibiza Skandal, der das Land erschüttern sollte, wurde erst im Mai 2019, wenige Tage vor der Buchveröffentlichung bekannt.
Keine leichte unterhaltsame Lektüre, aber ein sprachlich wie dramaturgisch gelungenes Buch, dessen Feuer sich langsam entwickelt und das Potenzial im Laufe der Geschichte entfaltet. Nicht unverdient findet sich der Roman auf der Longlist sowohl für den Deutschen Buchpreis 2019 wie auch für den Österreichischen Buchpreis 2019. Für mich bis dato ganz eindeutig einer der heißen Favoriten.
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