Anita Harag
Gebundenes Buch
Es ist zu kühl für diese Jahreszeit
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Eine junge Frau fühlt sich unter den Kollegen fremd, weil sie die Sprache nicht spricht und ihren Unterhaltungen nicht folgen kann. Eine Tochter räumt zusammen mit ihrem Mann, mit dem sie ihre Sorgen über das familiäre Erbe nicht teilen kann, das Haus ihres Vaters aus, der ein Trinker war. Ein schüchternes Mädchen lernt einen draufgängerischen Jungen kennen und beginnt nach einer Weile, sich mit seinen Augen zu sehen. Anita Harags Figuren erleben scheinbar nichts Besonderes, sie wachen auf, gehen zur Arbeit, besuchen Verwandte. Doch hinter diesen einfachen Geschehnissen verbergen sich B...
Eine junge Frau fühlt sich unter den Kollegen fremd, weil sie die Sprache nicht spricht und ihren Unterhaltungen nicht folgen kann. Eine Tochter räumt zusammen mit ihrem Mann, mit dem sie ihre Sorgen über das familiäre Erbe nicht teilen kann, das Haus ihres Vaters aus, der ein Trinker war. Ein schüchternes Mädchen lernt einen draufgängerischen Jungen kennen und beginnt nach einer Weile, sich mit seinen Augen zu sehen. Anita Harags Figuren erleben scheinbar nichts Besonderes, sie wachen auf, gehen zur Arbeit, besuchen Verwandte. Doch hinter diesen einfachen Geschehnissen verbergen sich Beziehungen voller Schmerz, Verlust und Sehnsucht. Die Erzählerinnen, junge Frauen im heutigen Ungarn, leiden unter Ängsten, die von den bösen Erinnerungen ihrer Eltern und Großeltern herrühren, aber auch ihre eigene ungewisse Zukunft betreffen. Die ungarische Kritik feierte Anita Harags Debüt »Es ist zu kühl für diese Jahreszeit« und staunte, wie sie das scheinbar Unbedeutende mit dem Bedeutsamen in der Schwebe hält und im Kleinen und Banalen das Tragische und Ungeheuerliche entdeckt.
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Anita Harag wurde 1988 in Budapest geboren. Für ihr gefeiertes Erzähldebüt Es ist zu kühl für diese Jahreszeit wurde die Autorin mit dem György Petri-Preis (2018) und dem Péter Horváth-Literaturstipendium (2019) ausgezeichnet. 2020 war sie als internationale Residenzschriftstellerin zu Gast auf Schloss Solitude sowie am Literarischen Colloquium Berlin.
Produktdetails
- Verlag: Schöffling
- Originaltitel: Évszakhoz képest huvösebb
- Seitenzahl: 192
- Erscheinungstermin: 19. Juli 2022
- Deutsch
- Abmessung: 206mm x 129mm x 20mm
- Gewicht: 292g
- ISBN-13: 9783895613692
- ISBN-10: 389561369X
- Artikelnr.: 63738244
Herstellerkennzeichnung
Schoeffling + Co.
Kaiserstr. 79
60329 Frankfurt
info@schoeffling.de
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Rezensent Jan Wiele freut sich bei der von ihm konstatierten derzeitigen Romanwut schon prinzipiell über die kurze Form; und deren Mittel setze Anita Harag in ihren Kurzgeschichten auch gekonnt ein: Mithilfe von Leerstellen und Andeutungen erzähle die ungarische Schriftstellerin von jungen Frauen und deren Verhältnis zu ihrem, oft familiären, Umfeld. So geht es etwa um eine Figur, die ihre Trennung nicht verwinden kann und überall ihren Ex-Freund sieht, um das Verhältnis zur Großmutter oder um Frauenarztbesuche. Dabei zeichnen sich Harags Geschichten durch einen "sachlich-kühlen Waschbecken-Realismus" aus, analysiert Wiele - manchmal fällt ihm das Ergebnis etwas zu "drastisch" aus. Gut gefallen ihm hingegen eine Erzählung über die Entrümpelung des Hauses eines verstorbenen Vaters, sowie ein Text über eine Ukrainerin im ungarischen Exil.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Realität zum Schlottern
Zu kühl? Anita Harags Debüt-Erzählungen
Der Titel dieses Kurzgeschichtenbandes behauptet das Gegenteil eines Satzes, den man in den Wetternachrichten in diesem Herbst sehr häufig gehört hat: "Es ist zu kühl für diese Jahreszeit." Aber zum einen ist in der Literatur alles möglich, auch das Gegenteil der Wirklichkeit, und zum anderen könnte man sich ja sogar vorstellen, dass es in der Realität der zugehörigen Erzählung einer jungen Frau, die in einer ungarischen Stadt lebt, einen zu kühlen April gibt. Nur erscheint diese erzählte Realität ohnehin bald brüchig. Denn der Frühling ist nur noch Erinnerung, inzwischen ist Herbst, und der Mann, der dieser Erzählerin wärmend in den Nacken gepustet
Zu kühl? Anita Harags Debüt-Erzählungen
Der Titel dieses Kurzgeschichtenbandes behauptet das Gegenteil eines Satzes, den man in den Wetternachrichten in diesem Herbst sehr häufig gehört hat: "Es ist zu kühl für diese Jahreszeit." Aber zum einen ist in der Literatur alles möglich, auch das Gegenteil der Wirklichkeit, und zum anderen könnte man sich ja sogar vorstellen, dass es in der Realität der zugehörigen Erzählung einer jungen Frau, die in einer ungarischen Stadt lebt, einen zu kühlen April gibt. Nur erscheint diese erzählte Realität ohnehin bald brüchig. Denn der Frühling ist nur noch Erinnerung, inzwischen ist Herbst, und der Mann, der dieser Erzählerin wärmend in den Nacken gepustet
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und in dessen Haut sie ihre Fingernägel vergraben hatte, während er beim nicht gerade zärtlichen Akt um mehr Intensität und Schmerz bat, dieser Mann ist fort, während sie ihn doch noch überall sieht: "Ich steige in den Bus, er sitzt da, auf dem Zweiersitz. Nein, er steht im Gelenkbereich des Busses, wundert sich, mich zu sehen. Er fährt nie Bus, ich blicke aus dem Fenster, er fährt mit dem blauen Rad vorbei, er ist es, er winkt und bedeutet mir, auszusteigen." Aber die folgende Bitte, es "noch mal zu versuchen", scheint wohl nur Wunsch oder Einbildung, und so deutlich die Flashbacks aus einem unglücklich verlaufenen Strandurlaub wirken, so deutlich fällt einmal das Wort "Trennung", es verschwimmt gar der Erzählerin schon das Gesicht des Mannes.
Anita Harag, die 1988 in Budapest geboren wurde, hat sich bei ihrem erzählerischen Debüt für die kurze Form entschieden - was in unserer romanverrückten Zeit schon an sich zu begrüßen ist. Sie bedient sich klassischer Mittel der Short Story wie der Leerstelle und der Andeutung. Die Erwähnung von "Gasgeruch" am Ende der Titelgeschichte etwa könnte die Spitze eines Eisbergs (im Sinne Ernest Hemingways) sein. Harags Erzählungen handeln zumeist von jungen Frauen im Verhältnis zu ihrer Umwelt, oft zur Familie, und sind von einer Art "Waschbecken-Realismus", also sachlich-kühl im Ton - so etwa bei der Schilderung von Frauenarztbesuchen und Brustkrebs in "Familienanamnese" oder einer dementen Großmutter in "Mineralwasser" zu sehen. Manchmal gerät das vielleicht etwas zu gewollt drastisch; in der Geschichte "Westlich von Székesfehérvár" hingegen, die vom Ausräumen des heruntergekommenen Hauses eines verstorbenen Vaters handelt, wirkt es sehr gelungen. Eine noch andere Wirkung als zu ihrer Entstehungszeit (das Original erschien 2020) entfaltet die Erzählung von einer jungen Ukrainerin im ungarischen Exil, in der man auch etwas Ungarisch lernt. JAN WIELE
Anita Harag: "Es ist
zu kühl für diese
Jahreszeit". Storys.
Aus dem Ungarischen von Timea Tankó.
Schöffling & Co., Frankfurt am Main 2022. 192 S., geb.,
22,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Anita Harag, die 1988 in Budapest geboren wurde, hat sich bei ihrem erzählerischen Debüt für die kurze Form entschieden - was in unserer romanverrückten Zeit schon an sich zu begrüßen ist. Sie bedient sich klassischer Mittel der Short Story wie der Leerstelle und der Andeutung. Die Erwähnung von "Gasgeruch" am Ende der Titelgeschichte etwa könnte die Spitze eines Eisbergs (im Sinne Ernest Hemingways) sein. Harags Erzählungen handeln zumeist von jungen Frauen im Verhältnis zu ihrer Umwelt, oft zur Familie, und sind von einer Art "Waschbecken-Realismus", also sachlich-kühl im Ton - so etwa bei der Schilderung von Frauenarztbesuchen und Brustkrebs in "Familienanamnese" oder einer dementen Großmutter in "Mineralwasser" zu sehen. Manchmal gerät das vielleicht etwas zu gewollt drastisch; in der Geschichte "Westlich von Székesfehérvár" hingegen, die vom Ausräumen des heruntergekommenen Hauses eines verstorbenen Vaters handelt, wirkt es sehr gelungen. Eine noch andere Wirkung als zu ihrer Entstehungszeit (das Original erschien 2020) entfaltet die Erzählung von einer jungen Ukrainerin im ungarischen Exil, in der man auch etwas Ungarisch lernt. JAN WIELE
Anita Harag: "Es ist
zu kühl für diese
Jahreszeit". Storys.
Aus dem Ungarischen von Timea Tankó.
Schöffling & Co., Frankfurt am Main 2022. 192 S., geb.,
22,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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»[Anita Harags] Art von Kurzgeschichten lässt viel Raum für Gedankenexperimente und Spinnereien.«Instagram @booksnotdead.de, 26.07.2022»Ein Buch der stillen Tragik, voll leiser Schocker.«Jörg Plath, Deutschlandfunk Kultur, 05.08.2022»Anita Harags Sätze lesen sich wie Vergewisserungen, [...] dass sich im betongrauen Leben manchmal Risse zeigen, durch die hier und da etwas Grünes wächst.«Ingrid Mylo, Badische Zeitung, 23.08.2022 »Mit den klassischen Mitteln der Short Story erzählt die 1988 geborene Ungarin Anita Harag aus dem Leben junger Frauen. [...] sehr gelungen.«Jan Wiele, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25.11.22
Der Alltag, das gewöhnliche Leben sind Gegenstand der Kurzgeschichten und doch wird das Besondere beschrieben. Wir lernen viele unterschiedliche Figuren kennen, die nicht alles richtig machen, und trotzdem kann man sich in sie hineinversetzen, ihre Gefühle verstehen und mit ihnen …
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Der Alltag, das gewöhnliche Leben sind Gegenstand der Kurzgeschichten und doch wird das Besondere beschrieben. Wir lernen viele unterschiedliche Figuren kennen, die nicht alles richtig machen, und trotzdem kann man sich in sie hineinversetzen, ihre Gefühle verstehen und mit ihnen fühlen.
Mit feinen Strichen zeichnet Anita Harag die Situation, Bruder und Schwester beim Judotraining, der Beginn einer Romanze beim Spaziergang, eine Enkelin allein mit ihrer kranken Großmutter. In diesen kurzen Bildern zeigt sich das Leben, die großen Gefühle, die ohne viele Worte fast beiläufig daherkommen. Lakonisch, einfach die Sprache und doch wird so viel Unaussprechliches zwischen den Zeilen versteckt. Es handelt von der Oberfläche und dennoch blicken wir tiefer, erleben die Emotionen der Protagonistinnen, ihre Trauer, Wut, Liebe, ihr Unverständnis und ihre Fremdheit in der Welt.
Keine Actionhelden und keine reißerischen Storys, aber bewegende, fein gestochene Charakterisierungen und atmosphärische Schilderungen, die ohne große Worte das Wesentliche erfassen. Ein Kleinod der Melancholie, des Abschieds und Verlusts, aber auch die Suche nach Neuem, Aufbruch, Veränderung.
Eine Leseempfehlung für die Sammlung einer jungen Autorin, die ihr Debüt erfolgreich meistert.
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Es ist gar nichts Besonderes, das in diesen „Storys“ – so der Untertitel des Buchs – passiert: Eine junge Frau ist genervt von der pflegebedürftigen Großmutter, eine andere fühlt sich fremd inmitten ihrer Arbeitskollegen, eine Tochter räumt nach dem Tod …
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Es ist gar nichts Besonderes, das in diesen „Storys“ – so der Untertitel des Buchs – passiert: Eine junge Frau ist genervt von der pflegebedürftigen Großmutter, eine andere fühlt sich fremd inmitten ihrer Arbeitskollegen, eine Tochter räumt nach dem Tod ihres alkoholkranken Vaters dessen verwahrloste Wohnung auf. Und doch offenbart sich in diesen kurzen Geschichten, die in der Regel nur zwischen 15 – 20 Seiten umfassen, eine ganz andere Welt. Eine Welt der Entfremdung, des Unbehaglich-Seins und der Angst, die sich ganz subtil, dafür aber umso nachhaltiger offenbart.
Es ist ein Wunder, wie die Autorin es schafft, auf so wenigen Seiten ein Gefühl des Schreckens, ja manchmal sogar Grauens zu entwickeln. Dafür bemüht sie gar keine Schockelemente, sondern ihr genügen ganz normale Alltagssituationen, die eine zutiefst verstörende Wirkung hinterlassen.
Vielen Geschichten haftet etwas Vages, Doppelbödiges, Zweideutiges an, das den besonderen Reiz und die Faszination der Lektüre ausmacht. In vielen Geschichten spürt man die untergründige Wut der Frauen, die aber nie geäußert wird, sondern sich – ebenso wie die Grausamkeiten und Zumutungen, die hinter der scheinbar normalen Oberfläche liegen – nie offen zutage treten. So phantasiert eine junge Frau den Tod des Welpen, der ihr von ihrem Freund geschenkt wurde herbei und der Tod der Großmutter wird von der Enkelin mit scheinbarem Gleichmut registriert.
Die Autorin ist eine ausgezeichnete Beobachterin, ihre Figuren sind junge, moderne Frauen, die einen urbanen, kosmopolitischen Lebensstil pflegen. So kann ich mich sehr gut mit ihnen identifizieren, sie wirken authentisch und überzeugend. Die Autorin schreibt einen sehr gut lesbaren, nüchternen, knappen Stil und auch die ausgezeichnete Übersetzung macht das Buch zu einem intensiven, nachhaltigen Lesegenuss!
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Normale Alltagsgeschichten, fein, intensiv und mit viel Nachhall
In diesem Buch finden sich Alltagsgeschichten, dreizehn an der Zahl. Sie stehen für Menschen, junge Frauen, die irgendewo ihr ganz normales Leben leben, vielleicht mit einem zusätzlichen kleinen Flackern im Gepäck, …
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Normale Alltagsgeschichten, fein, intensiv und mit viel Nachhall
In diesem Buch finden sich Alltagsgeschichten, dreizehn an der Zahl. Sie stehen für Menschen, junge Frauen, die irgendewo ihr ganz normales Leben leben, vielleicht mit einem zusätzlichen kleinen Flackern im Gepäck, einem besonders traurigen Gedanken, einer unerwarteten Entdeckung, dem Gefühl von Ausgeschlossensein, von Angst oder auch, etwas häufiger, einer subtilen Aufgebrachtheit und Wut. Und obwohl hier eigentlich vielfach Heftigkeit und nach außen getragene Emotionen zu erwarten wären, verläuft jede dieser 'Storys', dieser Lebenssequenzen, sehr ruhig, selbstbeherrscht und tatsächlich alltäglich ab. Es sind kurze Geschichten, sehr fokussiert und intensiv, auf eine sehr sanfte, teilweise auch berührende Art und sie alle enden einfach an genau der Stelle, die für das Ende richtig ist. Und all das Ungesagte, es verharrt in der Luft und wartet darauf, vom Leser mitgenommen zu werden, individuell, für seine ganz eigenen Gedanken.
Ein faszinierendes Bändchen Erzählkunst mit viel Nachhall.
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