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Auf der Shortlist für den Booker Prize 2021 und nominiert für den National Book Award - der neue Roman von Richard Powers über die Frage, die alle berührt: Wie kann eine Familie in einer unberechenbaren Welt überleben, ohne zu zerbrechen?Vater und Sohn allein: Der hochbegabte Robbie mit Asperger-Zügen kann den Tod der Mutter nicht verwinden. In der Schule unverstanden, will er die Mission seiner Mutter vollenden: Er malt Plakate, demonstriert auf den Stufen des Kapitols, um die Natur zu retten. Der verzweifelte junge Vater will ihm mit ungestümer Liebe alles geben. Als Astrobiologe sind...
Auf der Shortlist für den Booker Prize 2021 und nominiert für den National Book Award - der neue Roman von Richard Powers über die Frage, die alle berührt: Wie kann eine Familie in einer unberechenbaren Welt überleben, ohne zu zerbrechen?
Vater und Sohn allein: Der hochbegabte Robbie mit Asperger-Zügen kann den Tod der Mutter nicht verwinden. In der Schule unverstanden, will er die Mission seiner Mutter vollenden: Er malt Plakate, demonstriert auf den Stufen des Kapitols, um die Natur zu retten. Der verzweifelte junge Vater will ihm mit ungestümer Liebe alles geben. Als Astrobiologe sind ihm die Sterne nah, und auf Wanderungen entdecken sie, dass die Wunder vor ihren Füßen liegen und sie einander brauchen. Doch was geschieht, wenn die Welt schneller endet, als unsere Zukunft beginnt?
Mit unvergesslichen Bildern taucht der Roman tief in das Innenleben von Vater und Sohn. Richard Powers erzählt in seinem Roman »Erstaunen« von den Rätseln, die jede Familie bewegen.
»Ein erschütterndes Meisterwerk«
Beth Coates, Vintage
Vater und Sohn allein: Der hochbegabte Robbie mit Asperger-Zügen kann den Tod der Mutter nicht verwinden. In der Schule unverstanden, will er die Mission seiner Mutter vollenden: Er malt Plakate, demonstriert auf den Stufen des Kapitols, um die Natur zu retten. Der verzweifelte junge Vater will ihm mit ungestümer Liebe alles geben. Als Astrobiologe sind ihm die Sterne nah, und auf Wanderungen entdecken sie, dass die Wunder vor ihren Füßen liegen und sie einander brauchen. Doch was geschieht, wenn die Welt schneller endet, als unsere Zukunft beginnt?
Mit unvergesslichen Bildern taucht der Roman tief in das Innenleben von Vater und Sohn. Richard Powers erzählt in seinem Roman »Erstaunen« von den Rätseln, die jede Familie bewegen.
»Ein erschütterndes Meisterwerk«
Beth Coates, Vintage
Wie kaum ein anderer ist Richard Powers der Gegenwart auf der Spur: Das Wissen unserer Zeit will er in Geschichten erfahrbar, die Verwerfungen emotional erlebbar machen. Er wurde 1957 geboren und lebt in den USA. Auf sein Romandebüt ¿Drei Bauern auf dem Weg zum Tanz¿ (1985) erschienen neun weitere Romane. Sie wurden Bestseller wie ¿Der Klang der Zeit¿ und mehrfach preisgekrönt. 2006 erhielt er den National Book Award für ¿Das Echo der Erinnerung¿, es folgte ¿Das größere Glück¿. In der Reportage ¿Das Buch Ich #9¿ beschreibt Richard Powers den Prozess, als neunter Mensch überhaupt sein Genom vollständig entschlüsseln zu lassen. Für seinen Roman ¿Die Wurzeln des Lebens¿ (2018) wurde Richard Powers mit dem Pulitzer Prize ausgezeichnet. 2021 erschien sein Roman ¿Erstaunen¿, der für den Booker Prize und den National Book Award nominiert ist, Heute lebt Richard Powers in den Great Smoky Mountains der Appalachen. Literaturpreise: Pulitzer Prize 2019 für 'Die Wurzeln des Lebens' National Book Award 2006 für 'Das Echo der Erinnerung' Manfred Allié, geboren 1955 in Marburg, übersetzt seit über dreißig Jahren Literatur. 2006 wurde er mit dem Helmut-M.-Braem-Preis ausgezeichnet. Neben Werken von Jane Austen, Joseph Conrad und Patrick Leigh Fermor übertrug er unter anderem Romane von Yann Martel, Richard Powers, Joseph O'Connor, Reif Larsen und Patricia Highsmith ins Deutsche. Er lebt in der Eifel.

© John FOLEY
Produktdetails
- Verlag: S. Fischer Verlag GmbH
- Originaltitel: Bewilderment
- Artikelnr. des Verlages: 1094467
- 3. Aufl.
- Seitenzahl: 320
- Erscheinungstermin: 29. September 2021
- Deutsch
- Abmessung: 211mm x 131mm x 32mm
- Gewicht: 434g
- ISBN-13: 9783103971095
- ISBN-10: 3103971095
- Artikelnr.: 61533685
Herstellerkennzeichnung
FISCHER, S.
Hedderichstraße 114
60596 Frankfurt
produktsicherheit@fischerverlage.de
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Rezensent Fridtjof Küchemann fühlt sich mitunter bedrängt von Richard Powers' neuem Roman. Die Story um einen schicksalsgebeutelten, verhaltensauffälligen und mit dem "Thunberg-Syndrom" begabten Jungen und den um sein Kind bemühten Vater, geht für Küchemann in seiner Botschaftsorientiertheit manchmal einfach zu weit. Familiendrama, reaktionäre USA, Klimakrise, Umweltaktionismus - das ist möglicherweise einfach zu viel für nur eine Geschichte und zu viel Ballast für die Figuren, ahnt Küchemann, auch wenn Powers gewohnt "flüssig und schlüssig" schreibt.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH
Neurologisch optimierte Emotionen
Richard Powers macht im Roman "Erstaunen" einen Neunjährigen für ein paar Wochen zum Weltretter
"Zweimal Asperger, einmal vermutete Zwangsstörung, einmal vielleicht ADHS": Als ein Neurowissenschaftler ihn nach der medizinischen Diagnose für Robin fragt, antwortet dessen Vater Theo in "Erstaunen", dem neuen Roman des amerikanischen Schriftstellers Richard Powers, lakonisch mit dem, was er ein "Abstimmungsergebnis" der Ärzte nennt. Fest steht: Der neunjährige Robin hat zu kämpfen. Mit seinen Gefühlen, mit Sinneseindrücken, mit Menschen um ihn herum. Doch das ist noch nicht alles: Vor nicht einmal zwei Jahren ist seine Mutter Aly bei einem Autounfall ums Leben gekommen, der geliebte
Richard Powers macht im Roman "Erstaunen" einen Neunjährigen für ein paar Wochen zum Weltretter
"Zweimal Asperger, einmal vermutete Zwangsstörung, einmal vielleicht ADHS": Als ein Neurowissenschaftler ihn nach der medizinischen Diagnose für Robin fragt, antwortet dessen Vater Theo in "Erstaunen", dem neuen Roman des amerikanischen Schriftstellers Richard Powers, lakonisch mit dem, was er ein "Abstimmungsergebnis" der Ärzte nennt. Fest steht: Der neunjährige Robin hat zu kämpfen. Mit seinen Gefühlen, mit Sinneseindrücken, mit Menschen um ihn herum. Doch das ist noch nicht alles: Vor nicht einmal zwei Jahren ist seine Mutter Aly bei einem Autounfall ums Leben gekommen, der geliebte
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Hund ist wenig später gestorben. Der Vater, als Astrobiologe mit der Modellierung extraterrestrischen Lebens befasst, tut alles, um ihm Halt zu geben und um Robin vor der Medikamentierung mit Psychopharmaka zu bewahren, auf die die Schuldirektorin drängt, wann immer der Junge wieder einmal auffällig geworden ist und von der Schule abgeholt werden muss.
Seit vielen Jahren beschäftigt sich Richard Powers in seinen Romanen mit Verhaltensauffälligkeiten. In "Das Echo der Erinnerung", 2006 in deutscher Übersetzung erschienen, war es das Capgras-Syndrom, bei dem die vertrautesten geliebten Menschen nicht mehr erkannt werden können, in "Das größere Glück" drei Jahre später Hyperthymie, genetisch bedingte Lebenslust. Diesmal dient ihm eine diffuse Diagnose dazu, ein neurologisches Trainingsverfahren vorzustellen, das, so beschreibt es Powers, in der Schmerztherapie und der Behandlung von Zwangsneurosen eingesetzt werden kann und auch im Umgang mit Depression, Schizophrenie und Autismus nützlich sein könnte.
In "Erstaunen" arbeitet Martin Currier, als Neurowissenschaftler Theos Kollege auf dem Campus, an einer solchen Entwicklung: Eine Probandengruppe versetzt er mit Bildern und Musik in bestimmte Gefühlszustände, die von einem Magnetresonanztomographen aufgezeichnet werden. Einer zweiten Probandengruppe werden mit KI-Unterstützung Klang- und Bildimpulse gegeben, die sie in den Neuronalzustand der Ausgangspersonen versetzen: "Auf diese Weise regelte das Hirn eines Vertreters der zweiten Gruppe sich in einer Art Training weitgehend auf die Erregungsmuster der Ausgangsperson ein, und der Trainierende - das war das Bemerkenswerte daran - gab an, ganz ähnliche Gefühlsregungen zu spüren." Theo hatte mit seiner Frau einmal zur ersten Probandengruppe gehört. Jetzt sieht er im Ansatz des Kollegen eine Chance, seinen Sohn zu retten. Currier macht ihm Hoffnung auf Verbesserung nach wenigen Sitzungen und nennt die Risiken gering. Sie lägen noch unter denen beim Besuch einer Schulmensa. Gerade erst hatte Robin nach der Bemerkung eines Klassenkameraden über seine Mutter ein letztes Mal die Nerven verloren.
Richard Powers zeichnet das Porträt eines Kindes, das an seiner Trauer, aber auch an der Erkenntnis zu verzweifeln droht, dass zur Rettung der Welt nicht getan wird, was seiner Überzeugung nach dringend geboten ist. Er zeichnet das Bild eines Vaters, der seinen Sohn mit allen Mitteln retten will und ihn letztlich doch verliert. Das Familiendrama legt er an vor dem gesellschaftlichen Hintergrund eines reaktionären Amerikas, das unverkennbar Züge der Trump-Präsidentschaft trägt. Die Forschung - ob mit außerirdischem Leben oder neurologischer Stabilisierung beschäftigt - ist hier politisch-ideologischem Argwohn ausgesetzt. Sowohl Theos als auch Curriers Arbeit scheitern daran.
Zunächst jedoch darf Theo erleben, wie sein Robin förmlich aufblüht. Der Junge wird nämlich nicht etwa an einem Hirnscan-Mittelwert aller Mitglieder der ersten Probandengruppe trainiert, sondern an den Aufzeichnungen seiner verstorbenen Mutter, einer Umweltschützerin und Weltretterin - ganz wie der Sohn, von Energie und Optimismus beseelt. Robin fühlt sich nicht nur im Einklang mit seiner Mutter, sondern auch mit seinem Leben, mit allem Leben. Als Martin Currier seine Forschung auf Konferenzen mit dem anonymisierten Fall des Jungen vorstellt, wächst das öffentliche Interesse. Robin wird enttarnt, fühlt sich der Situation aber gewachsen und findet in Inga Alder ein Vorbild, eine jugendliche Klimaschutzaktivistin, die unverkennbar die Züge Greta Thunbergs trägt.
Weltrettung und Seelenheil, Freiheits- gegen Machtkämpfe: In seinem Roman "Erstaunen" hat Richard Powers allerhand Staunenswertes zu einem Szenario und einer Geschichte verknüpft. Das könnte bewegend sein, wäre es nicht allzu offensichtlich auf ebendiese Bewegung angelegt. Die Strahlkraft der verstorbenen Mutter, die ergreifenden Geschichten, die sich der Vater vom Leben auf fernen Planeten ausdenkt, die entschlossenen Aktionen des Jungen, der perfide politische Widerstand: Alles im Buch ist auf Botschaft, ist auf Effekt geformt und geschrieben. Die meiste Zeit durchaus flüssig und schlüssig.
Manchmal allerdings verliert der Autor aus dem Blick, dass seine Figuren diese Wucht auch beglaubigen und tragen können müssen. "Mein Lieblingsdichter Neruda und ich verliebten uns offenbar im selben Augenblick in sie": Einmal lässt Richard Powers seinen Theo die erste Begegnung mit Aly beschreiben, als wäre nicht sie, sondern er von Lyrik begeistert, als hätte Theo nicht immer wieder seine Science-Fiction-Bibliothek als literarischen Horizont ausgestellt, um die Geschichten zu erklären, die er für Robin erfindet. Kurzentschlossen borgt sich Richard Powers Nerudas Image der Feinfühligkeit und Warmherzigkeit aus, um es seinem Erzähler umzuhängen.
Als Powers vor mehr als fünfzehn Jahren damit begann, seine Bücher mit einer Spracherkennungssoftware direkt in den Computer zu sprechen, begründete er diesen Schritt damit, dass ein Teil des Hirns beim Schreiben immer damit beschäftigt sei, die Sätze in Wörter und Buchstaben zu zerlegen und die Finger auf der Tastatur zu koordinieren: "All diese Prozesse beeinträchtigen den emotionalen Zusammenhang von Wörtern, wenn sie gesprochen oder gehört werden." Wer heute Richard Powers liest, könnte meinen, er hätte nicht nur daran gearbeitet, seine eigene Texterfassung mit Blick auf den emotionalen Zusammenhang neurologisch zu optimieren, sondern - an der Grenze zur Aufdringlichkeit - auch die seines Publikums. FRIDTJOF KÜCHEMANN
Richard Powers: "Erstaunen". Roman.
Aus dem amerikanischen Englischen von Manfred Allié und Gabriele Kempf-Allié. Verlag S. Fischer, Frankfurt am Main 2021.
320 S., geb., 24,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Seit vielen Jahren beschäftigt sich Richard Powers in seinen Romanen mit Verhaltensauffälligkeiten. In "Das Echo der Erinnerung", 2006 in deutscher Übersetzung erschienen, war es das Capgras-Syndrom, bei dem die vertrautesten geliebten Menschen nicht mehr erkannt werden können, in "Das größere Glück" drei Jahre später Hyperthymie, genetisch bedingte Lebenslust. Diesmal dient ihm eine diffuse Diagnose dazu, ein neurologisches Trainingsverfahren vorzustellen, das, so beschreibt es Powers, in der Schmerztherapie und der Behandlung von Zwangsneurosen eingesetzt werden kann und auch im Umgang mit Depression, Schizophrenie und Autismus nützlich sein könnte.
In "Erstaunen" arbeitet Martin Currier, als Neurowissenschaftler Theos Kollege auf dem Campus, an einer solchen Entwicklung: Eine Probandengruppe versetzt er mit Bildern und Musik in bestimmte Gefühlszustände, die von einem Magnetresonanztomographen aufgezeichnet werden. Einer zweiten Probandengruppe werden mit KI-Unterstützung Klang- und Bildimpulse gegeben, die sie in den Neuronalzustand der Ausgangspersonen versetzen: "Auf diese Weise regelte das Hirn eines Vertreters der zweiten Gruppe sich in einer Art Training weitgehend auf die Erregungsmuster der Ausgangsperson ein, und der Trainierende - das war das Bemerkenswerte daran - gab an, ganz ähnliche Gefühlsregungen zu spüren." Theo hatte mit seiner Frau einmal zur ersten Probandengruppe gehört. Jetzt sieht er im Ansatz des Kollegen eine Chance, seinen Sohn zu retten. Currier macht ihm Hoffnung auf Verbesserung nach wenigen Sitzungen und nennt die Risiken gering. Sie lägen noch unter denen beim Besuch einer Schulmensa. Gerade erst hatte Robin nach der Bemerkung eines Klassenkameraden über seine Mutter ein letztes Mal die Nerven verloren.
Richard Powers zeichnet das Porträt eines Kindes, das an seiner Trauer, aber auch an der Erkenntnis zu verzweifeln droht, dass zur Rettung der Welt nicht getan wird, was seiner Überzeugung nach dringend geboten ist. Er zeichnet das Bild eines Vaters, der seinen Sohn mit allen Mitteln retten will und ihn letztlich doch verliert. Das Familiendrama legt er an vor dem gesellschaftlichen Hintergrund eines reaktionären Amerikas, das unverkennbar Züge der Trump-Präsidentschaft trägt. Die Forschung - ob mit außerirdischem Leben oder neurologischer Stabilisierung beschäftigt - ist hier politisch-ideologischem Argwohn ausgesetzt. Sowohl Theos als auch Curriers Arbeit scheitern daran.
Zunächst jedoch darf Theo erleben, wie sein Robin förmlich aufblüht. Der Junge wird nämlich nicht etwa an einem Hirnscan-Mittelwert aller Mitglieder der ersten Probandengruppe trainiert, sondern an den Aufzeichnungen seiner verstorbenen Mutter, einer Umweltschützerin und Weltretterin - ganz wie der Sohn, von Energie und Optimismus beseelt. Robin fühlt sich nicht nur im Einklang mit seiner Mutter, sondern auch mit seinem Leben, mit allem Leben. Als Martin Currier seine Forschung auf Konferenzen mit dem anonymisierten Fall des Jungen vorstellt, wächst das öffentliche Interesse. Robin wird enttarnt, fühlt sich der Situation aber gewachsen und findet in Inga Alder ein Vorbild, eine jugendliche Klimaschutzaktivistin, die unverkennbar die Züge Greta Thunbergs trägt.
Weltrettung und Seelenheil, Freiheits- gegen Machtkämpfe: In seinem Roman "Erstaunen" hat Richard Powers allerhand Staunenswertes zu einem Szenario und einer Geschichte verknüpft. Das könnte bewegend sein, wäre es nicht allzu offensichtlich auf ebendiese Bewegung angelegt. Die Strahlkraft der verstorbenen Mutter, die ergreifenden Geschichten, die sich der Vater vom Leben auf fernen Planeten ausdenkt, die entschlossenen Aktionen des Jungen, der perfide politische Widerstand: Alles im Buch ist auf Botschaft, ist auf Effekt geformt und geschrieben. Die meiste Zeit durchaus flüssig und schlüssig.
Manchmal allerdings verliert der Autor aus dem Blick, dass seine Figuren diese Wucht auch beglaubigen und tragen können müssen. "Mein Lieblingsdichter Neruda und ich verliebten uns offenbar im selben Augenblick in sie": Einmal lässt Richard Powers seinen Theo die erste Begegnung mit Aly beschreiben, als wäre nicht sie, sondern er von Lyrik begeistert, als hätte Theo nicht immer wieder seine Science-Fiction-Bibliothek als literarischen Horizont ausgestellt, um die Geschichten zu erklären, die er für Robin erfindet. Kurzentschlossen borgt sich Richard Powers Nerudas Image der Feinfühligkeit und Warmherzigkeit aus, um es seinem Erzähler umzuhängen.
Als Powers vor mehr als fünfzehn Jahren damit begann, seine Bücher mit einer Spracherkennungssoftware direkt in den Computer zu sprechen, begründete er diesen Schritt damit, dass ein Teil des Hirns beim Schreiben immer damit beschäftigt sei, die Sätze in Wörter und Buchstaben zu zerlegen und die Finger auf der Tastatur zu koordinieren: "All diese Prozesse beeinträchtigen den emotionalen Zusammenhang von Wörtern, wenn sie gesprochen oder gehört werden." Wer heute Richard Powers liest, könnte meinen, er hätte nicht nur daran gearbeitet, seine eigene Texterfassung mit Blick auf den emotionalen Zusammenhang neurologisch zu optimieren, sondern - an der Grenze zur Aufdringlichkeit - auch die seines Publikums. FRIDTJOF KÜCHEMANN
Richard Powers: "Erstaunen". Roman.
Aus dem amerikanischen Englischen von Manfred Allié und Gabriele Kempf-Allié. Verlag S. Fischer, Frankfurt am Main 2021.
320 S., geb., 24,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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[...] ein zugleich bedrückendes wie mitreißendes Bild unserer Gegenwart [...] Harald Welzer taz FUTURZWEI 20220223
Der neunjährige hochbegabte Robin mit Asperger-Syndrom kommt mit der Gesellschaft nicht zurecht. In der Schule eckt er an, zuhause droht ihn die Trauer um die vor zwei Jahren verstorbene Mutter zu ersticken. Sein alleinerziehender Vater Theo bricht mit ihm zu einer gemeinsamen Reise in die …
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Der neunjährige hochbegabte Robin mit Asperger-Syndrom kommt mit der Gesellschaft nicht zurecht. In der Schule eckt er an, zuhause droht ihn die Trauer um die vor zwei Jahren verstorbene Mutter zu ersticken. Sein alleinerziehender Vater Theo bricht mit ihm zu einer gemeinsamen Reise in die Smoky Mountains auf, um ihm die Wunder der Natur zu zeigen und ihn die Welt mit anderen Augen sehen zu lassen, was jedoch nur kurzzeitig Erfolg hat. Um die Behandlung seines Sohnes mit Psychopharmaka zu verhindern, entschließt sich Ich-Erzähler und Astrobiologe Theo, seinen Sohn an einem neuronalen KI-Experiment namens "DecNef" teilnehmen zu lassen - mit schier unglaublichen Folgen für alle Beteiligten...
"Erstaunen" ist der neue Roman des Pulitzer-Preisträgers Richard Powers. Es ist ein in allen Belangen bemerkenswerter, ja erstaunlicher Roman geworden. Zunächst ist da das ungewöhnliche Vater-Sohn-Verhältnis, das vor allem in der ersten Hälfte des Buches eine fast schon spürbare Wärme ausstrahlt. Die Dialoge zwischen Robin, genannt Robbie, und seinem Vater sind klug und man erkennt in jeder Zeile die gegenseitige bedingungslose Liebe, das Vertrauen, aber auch den Respekt voreinander und eine erstaunliche Ernsthaftigkeit. Powers hebt Robbies Sprachbeiträge kursiv vom Rest des Romans ab und erzeugt dadurch nicht nur eine gewisse Intensität, sondern schafft es durch den kleinen Kniff auch, dass man gar nicht erst das Gefühl hat, zu viele Dialoge zu lesen. Liebenswert und originell sind auch die zahlreichen Reisen, die die beiden auf fremde, von Theo ausgedachte Planeten unternehmen. Denn schnell wird klar: Robbie versucht auf seinen schmalen Schultern, das Leid und die Krisen der ganzen Erde auf sich zu nehmen - eine Last, unter der der kluge kleine Junge förmlich zusammenbrechen wird, wenn man diese Welt nicht zumindest in der Fantasie für ein paar Momente verlassen kann.
Als Robbies Probleme auch in der Schule immer größer werden, entschließt sich Theo, seinen Sohn zu einer Art Psychotherapie in KI-Form zu schicken. Beim "neuronalen Feedback" werden dem Jungen die Empfindungen anderer Menschen übertragen, die zuvor an diesem Experiment teilnahmen, darunter ausgerechnet Robbies verstorbene Mutter Aly. Ab diesem Moment wandelt sich "Erstaunen" von einem Vater-Sohn-Roman in einen aktuellen Gesellschaftsroman, in dem Powers sich auf einen US-Präsidenten bezieht, der zwar namentlich nie genannt wird, aber sehr nah an Donald Trump angelehnt ist. Und die "berühmteste 14-Jährige der Welt" heißt zwar nicht Greta Thunberg, sondern Inga Alder, ist der schwedischen Klimaaktivistin aber ansonsten in allen Belangen wie aus dem Gesicht geschnitten. Auch Robbie entwickelt sich - wie seine Mutter - zu einem Tierrechtsaktivisten und Klimaschützer.
In dieser zweiten Hälfte des Romans wirkt "Erstaunen" bisweilen ein wenig zu didaktisch. Die Grundhaltung Robbies und Theos zu den Menschen ist zudem so pessimistisch, dass man sich zumindest sicher sein kann, dass die beiden nie "Im Grunde gut" von Rutger Bregman gelesen haben. Und auch die Emotionalität schwindet ein wenig, denn Robbie wird durch die Behandlung zwar glücklicher, doch eben auch ein Stück weit abgeklärter.
Umso gelungener ist das Finale des Romans, in dem Richard Powers den Kreis zum abermaligen gemeinsamen Vater-Sohn-Ausflug in die Smoky Mountains schließt. Insbesondere in den Naturbeschreibungen des Nationalparks beweist Powers auch stilistisch sein großes Können. Ohne inhaltlich etwas zu verraten, sollte man sich als Leser:in dieses Finale aber vielleicht nicht gerade direkt vor dem Schlafengehen zu Gemüte führen, wie ich es fälschlicherweise tat. Denn "Erstaunen" lässt einen tief bewegt und aufgerüttelt zurück...
Mit "Erstaunen" hat Richard Powers einen Roman veröffentlicht, der wegen seiner Emotionalität lange nachwirkt. Mit Theo und dem ungemein liebenswerten Robbie hat er zudem zwei unvergessliche Protagonisten der amerikanischen Gegenwartsliteratur erschaffen, die die Leser:in
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Robbie ist ein besonderes Kind, er ist hochbegabt und weist Asperger-Züge auf, manch ein Arzt weist auf ADHS hin. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Werk seiner toten Mutter weiterzuführen und alles zu tun, um die Natur zu retten. Robbies Vater Theo, von Beruf Astrobiologe, versucht …
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Robbie ist ein besonderes Kind, er ist hochbegabt und weist Asperger-Züge auf, manch ein Arzt weist auf ADHS hin. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Werk seiner toten Mutter weiterzuführen und alles zu tun, um die Natur zu retten. Robbies Vater Theo, von Beruf Astrobiologe, versucht nach dem Tod seiner Frau alles, damit Robbie unbeschwert aufwachsen kann. Der Umgang mit Robbie ist nicht immer einfach, was im Zusammenleben von Vater und Sohn manchmal, in der Schule aber oft zu Problemen führt. Trotzdem tut Theo alles, damit Robbie eine tolle Kindheit hat und will es unbedingt vermeiden, ihn mit Psychopharmaka ruhig zu stellen, wie von vielen Seiten gefordert wird.
„Mein Junge war ein Universum im Miniaturformat, eines, das ich niemals ergründen würde. Jeder von uns ist ein Experiment, und wir wissen nicht einmal, was mit diesem Experiment erforscht werden soll.“ (Seite 12)
Es ist schwer für mich, dieses Buch zu bewerten. Der Klappentext hat mich sehr neugierig gemacht und ich wollte den Autor, von dem ich noch kein Werk kenne, unbedingt kennenlernen. Aber fangen wir von vorne an. Wie Theo mit Robbie umgeht, auf seine Bedürfnisse, Wünsche und Besonderheiten eingeht, das liest sich so schön, dass es eine Freude ist. Natürlich hat Theos Geduld auch Grenzen, nicht immer klappt reibungslos, was sich doch so einfach anhört, aber Aufgeben ist keine Option. Robbies Mutter hat sich unter anderem für bedrohte Tierarten eingesetzt, war Naturschützerin aus Überzeugung, und Robbie eifert ihr nach. Theo unterstützt dies, so gut er kann, und so erfahren wir einiges darüber, was auf unserer Erde so schrecklich schiefläuft. Das ist interessant, aber auch erschreckend. Daneben ist Theo mit Herz und Seele Astrobiologe und dieser Umstand nimmt im Buch viel Raum ein, was mich zum größten Kritikpunkt am Buch bringt. Ich habe nicht damit gerechnet, dass es seitenweise um Planeten und fremde Galaxien geht, dass die berufliche Seite von Theo immer wieder thematisiert wird, sein Werdegang, seine wissenschaftlichen Forschungen so oft Gegenstand der Erzählung sein würden. Vieles habe ich nicht verstanden, vieles hat mich nicht interessiert. Dieses Thema hat im Gegenteil dazu geführt, dass ich immer wieder aus der eigentlichen Story herausgerissen wurde. Dies führt dazu, dass ich zwiegespalten bin, was das Buch angeht. Die Passagen über Theo und Robbie waren toll; diese Vater- und Sohn-Beziehung hat der Autor wunderbar geschildert, was mich begeistert hat. Der Rest aber? Darf ich etwas schlecht bewerten, weil ich es nicht verstehe? Ich denke nicht. Dennoch wollte ich einen Roman lesen und keine wissenschaftliche Abhandlung. So nehme ich die goldene Mitte und vergebe drei Sterne.
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Erstaunen ist ein Roman von hoher Qualität, der eine besondere Vater-Sohn-Beziehung zeigt. Theo ist Astrobiologe, der seine Frau bei einem Autounfall verloren hat. Sein 9jähriger Sohn Robin zeigt Züge von Asberger.
Beide sind natürlich schwer in Trauer.
Aber Robin hat auch …
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Erstaunen ist ein Roman von hoher Qualität, der eine besondere Vater-Sohn-Beziehung zeigt. Theo ist Astrobiologe, der seine Frau bei einem Autounfall verloren hat. Sein 9jähriger Sohn Robin zeigt Züge von Asberger.
Beide sind natürlich schwer in Trauer.
Aber Robin hat auch Angst um die Welt, insbesondere um die gefährdeten Tiere und will am Beispiel von Greta Thunberg mit einem warnenden Plakat vor dem Kapitol protestieren.
Aber es sind die Trump-Jahre und wissenschaftliche Erkenntnisse und Umweltschutz sind für die Gesellschaft und Regierung bedeutungslos.
Der Roman wird durchgängig aus der Sicht des Vaters erzählt, der sich um seinen Sohn sorgt und versucht, ihn in jeder Art zu fördern. Robin ist ein Junge, der fähig ist, genau in die Natur zu sehen und sie in all ihrer Schönheit zu erkennen.
Ihre enge Beziehung hat Richard Powers liebevoll geschildert.
Umso kritischer sieht er die amerikanische Gesellschaft, die so egoistisch und gleichgültig ist.
Richard Powers ist ein bedeutender US-Amerikanische Schriftsteller, der gesellschaftliche Zustände zeigen kann und der zu Recht Pulitzer-Preisträger ist. Erstaunen steht dieses Jahr auf der Shortlist des renommierten Booker-Prize und ich wünsche dem Buch viel Erfolg.
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Robin war immer schon anders als andere Kinder, was seine Eltern Theo und Alyssa jedoch nicht gestört hat. Doch seitdem die Mutter bei einem Unfall tödlich verunglückte, nehmen Robins Konflikte mit den Mitschülern zu, werden gewalttätiger und die Schulleitung setzt Theo …
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Robin war immer schon anders als andere Kinder, was seine Eltern Theo und Alyssa jedoch nicht gestört hat. Doch seitdem die Mutter bei einem Unfall tödlich verunglückte, nehmen Robins Konflikte mit den Mitschülern zu, werden gewalttätiger und die Schulleitung setzt Theo unter Druck: er soll dem Jungen endlich Psychopharmaka verabreichen und ihn ruhigstellen. Doch der Astrobiologe traut den Diagnosen nicht: Autismus, Depression, ADHS - die Ärzte sind sich ja auch nicht einig. Er erinnert sich an ein Neurostimulanzverfahren, an dem er und Alyssa einst als Probanden teilgenommen hatten, vielleicht kann das dem Jungen ja helfen, besser mit anderen Menschen umzugehen. Denn eigentlich ist er ein aufgeweckter kleiner Mensch, der die Natur mit allen Sinnen aufsaugt und eins wird mit der Pflanzen- und Tierwelt und verstanden hat, dass der Mensch gerade dabei ist, all die Schönheit um uns herum zu zerstören.
Richard Powers Roman steht auf der Shortlist für den Booker Prize 2021 und auf der Longlist für den National Book Award, was man schon nach nur wenigen Seiten gut nachvollziehen kann. „Erstaunen“ lädt den Leser ein, die Welt mit neuen Augen zu sehen, sich zu wundern über das, was die Natur geschaffen hat, was um uns herum geschieht und diesen Schatz zu erkennen, den wir im Alltag allzu leicht übersehen. Es ist eine Hommage an die Schöpfung, nichts Geringeres und eine Anklage an die Menschheit, wie sie mit ihr umgeht. Selten wurde dieses Thema literarisch so überzeugend umgesetzt.
Den Hintergrund der Geschichte liefert das außergewöhnliche Vater-Sohn-Duo. Theo weiß um die Besonderheit und die Probleme seines Jungen, aber er und seine Frau habe gelernt damit umzugehen, wissen, wie sie ihn ansprechen und beruhigen können. Leicht ist es nicht, aber Robins Blick auf die Welt, sein unstillbarer Wissensdurst, wenn es um die Lebewesen geht, entschädigt für all die Sorgen. Beide haben den Verlust der Partnerin und Mutter nicht verkraftet, doch die Beobachtung der Natur, die Alyssa so am Herzen lag und für die sie unermüdlich gekämpft hat, bringen sie ihr und ihrer Überzeugung ein Stück näher.
Es ist kein leichter Schritt, in die Gehirnfunktion eines Kindes einzugreifen, doch scheinbar gibt das Verfahren den Entwicklern recht. Robin lernt, sich und seine Emotionen besser zu kontrollieren, sein Gehirn und seine Gedanken zu steuern und eine neutralere Haltung gegenüber den Menschen, die ihn vorher in Rage versetzt haben, einzunehmen. Doch die Wissenschaft will immer weitergehen und ein Vorschlag des Untersuchungsteams bringt noch eine ganz neue Facette ins Spiel, die jedoch Theos Grenzen herausfordert.
Auch wenn man nur mäßiges Interesse für Vögel oder das Universum mitbringt, kann der Autor mit seinen Beschreibungen und Erklärungen faszinieren. Er transferiert das, was den jungen Robin beeindruckt, sein Entdecken dieses wundersamen Planeten und des Weltalls, in außergewöhnlicher Weise in eine Geschichte, die eigentlich vor allem um bedingungslose Liebe geht. Bedingungslos zwischen Vater und Sohn, bedingungslos zwischen Robin und der nichtmenschlichen Welt, der er sich zunehmend näher fühlt als seiner eigenen Spezies. Ein in jeder Hinsicht herausragender Roman, der auch nachdenklich stimmt und einem nicht sofort loslässt.
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