Simone Kucher
Gebundenes Buch
Die lichten Sommer
Roman. »So zart und sinnlich und zugleich so aufgeklärt hat hierzulande noch niemand von Vertreibung erzählt.« Daniela Dröscher
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Elisabeth - genannt Liz - wird Anfang der Fünfzigerjahre in einem kleinen Dorf in Süddeutschland geboren. Wie alle Frauen hier arbeitet auch sie schon als Jugendliche tagsüber in der Batteriefabrik. Wie niemand sonst ist sie das Kind von Geflüchteten, die nach Kriegsende als Deutsche aus der ehemaligen Tschechoslowakei vertrieben wurden. Während ihre Mutter Nevenka sich immer mehr in ihre Erinnerungen an die alte Heimat zurückzieht - an die widerspentig schöne Natur von damals, das eiskalte Wasser der Thaya und an eine schicksalhafte, zärtliche Freundschaft -, richtet Liz ihren Blick n...
Elisabeth - genannt Liz - wird Anfang der Fünfzigerjahre in einem kleinen Dorf in Süddeutschland geboren. Wie alle Frauen hier arbeitet auch sie schon als Jugendliche tagsüber in der Batteriefabrik. Wie niemand sonst ist sie das Kind von Geflüchteten, die nach Kriegsende als Deutsche aus der ehemaligen Tschechoslowakei vertrieben wurden. Während ihre Mutter Nevenka sich immer mehr in ihre Erinnerungen an die alte Heimat zurückzieht - an die widerspentig schöne Natur von damals, das eiskalte Wasser der Thaya und an eine schicksalhafte, zärtliche Freundschaft -, richtet Liz ihren Blick nach vorn. Aber wie schafft eine junge Frau den Aufstieg, wenn sie vollkommen auf sich allein gestellt ist. Noch dazu mit einer Last aus der Vergangenheit im Gepäck, von der ihre Mutter ihr nie gewagt hat zu erzählen.
Simone Kucher ist Theater- und Hörspielautorin. Für die Recherche zu dem WDR-Hörspiel 'Von einem zum anderen Tag' ist sie 2016 erstmals in das südmährische Dorf eletice, den Kindheitsort ihrer Großmutter, gereist. Sie lebt in Berlin. 'Die lichten Sommer' ist ihr erster Roman.
Produktdetails
- Verlag: Kjona, München
- Artikelnr. des Verlages: 507/37219, 50737219
- Seitenzahl: 237
- Erscheinungstermin: 19. Februar 2024
- Deutsch
- Abmessung: 196mm x 129mm x 25mm
- Gewicht: 319g
- ISBN-13: 9783910372191
- ISBN-10: 3910372198
- Artikelnr.: 69004636
Herstellerkennzeichnung
Kjona Verlag
Zweibrückenstraße 3
80331 München
hello@kjona.eco
»So zart und sinnlich und zugleich so aufgeklärt hat hierzulande noch niemand von Vertreibung erzählt.« Daniela Dröscher
Familienschicksal
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden Millionen von Deutschen aus der ehemaligen Tschechoslowakei vertrieben, insbesondere aus den Gebieten, die nach dem Krieg unter tschechoslowakischer Kontrolle fielen.
Und genau da setzt das Buch an. Es geht um Liz. Sie selbst ist in einem …
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Familienschicksal
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden Millionen von Deutschen aus der ehemaligen Tschechoslowakei vertrieben, insbesondere aus den Gebieten, die nach dem Krieg unter tschechoslowakischer Kontrolle fielen.
Und genau da setzt das Buch an. Es geht um Liz. Sie selbst ist in einem kleinen Dorf in Süddeutschland geboren, doch ihre Eltern wurden vertrieben. Ihre Mutter Nevenka ist oft mit ihren Gedanken in ihrer alten Heimat und Freundschaften.
Die Vertreibung war eine gewalttätige und oft traumatische Erfahrung für die betroffenen Menschen. Sie wurden aus ihren Häusern und Gemeinden vertrieben. Solche Erlebnisse und Erfahrungen hinterlassen Spuren auf der Seele. Und diese trägt Nevenka nun schon zu lange mit sich herum.
Ich kam leider nicht so ganz in die Geschichte, da die Wechsel den Lesefluss unterbrochen haben. War ich bei Liz, folgte schon wieder Nevenka und umgekehrt. Auch empfand ich persönlich den Schreibstil etwas schwer. Ja, das Thema ist auch kein leichtes und bedarf einer Beschreibung die nicht lachs ist und dem gerecht wird. Dennoch war es für mich schwierig, dem Inhalt seine angemessene Aufmerksamkeit zuteilwerden zu lassen.
Daher von mir auch “nur” die vier Sterne. Denn die Geschichte an sich fand ich gut und vor allem wichtig. Denn ich habe zu der Vertreibung der Deutschen aus der ehemaligen Tschechoslowakei bisher kaum etwas gehört und finde es eigentlich ein wichtiges Thema.
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„So zart und sinnlich und zugleich so aufgeklärt hat hierzulande noch niemand von Vertreibung erzählt.“ Sagt Daniela Dröscher über DIE LICHTEN SOMMER von Simone Kucher @kucher.simone
„Zart und sinnlich“ und „Vertreibung“ in einem Satz? Wie …
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„So zart und sinnlich und zugleich so aufgeklärt hat hierzulande noch niemand von Vertreibung erzählt.“ Sagt Daniela Dröscher über DIE LICHTEN SOMMER von Simone Kucher @kucher.simone
„Zart und sinnlich“ und „Vertreibung“ in einem Satz? Wie kann das gehen? Das wollte ich unbedingt ergründen und so bin ich eingetaucht in die Geschichten von drei Frauen, deren Leben ebenso so eng miteinander verbunden wie auch getrennt verlaufen sind.
Es ist ein warmer Sommer im Kriegsjahr 1944, in dem Nevenka die letzten unbeschwerten Tage ihrer Kindheit in einem südmährischen Dorf inmitten dichter Wälder, lichter Wiesen und am Rande eines reißenden Flusses verbringt. In dem sie Zena begegnet, dem Mädchen aus Prag, das mit ihrer Mutter ins Dorf kam, um ihrem in einem Nazi-Gefängnis inhaftierten Vater näher zu sein. Zena stellt Nevenkas Leben mit ihrer unkonventionellen mutigen, fast amazonenhaften Erscheinung auf den Kopf.
„DEINE Zena, hatte die Mutter gesagt. Da sprudelte ein Wasserstrahl durch Nevenkas Brust, geräuschvoll und warm.“
Einfühlsam, liebevoll und tatsächlich mit einer zarten und sinnlichen Sprache erleben wir den Beginn einer Mädchenfreundschaft, die auch den Beginn eines Erwachsenwerdens markiert. Der Krieg ist für die Mädchen weit weg. Tod, Hass, Verfolgung, Vergeltung und das Grauen dringen nur in Zwischentönen und Andeutungen in ihre Zweisamkeit. Es ist der letzte Sommer vor der Vertreibung.
Ein anderer warmer Sommer ca. 20 Jahre später in Süddeutschland. Hier lebt Nevenka nun mit ihrer Familie und auch mit ihrer Tochter Liz, die früh erwachsen werden und Verantwortung für das Überleben der Flüchtlingsfamilie übernehmen muss. Liz wagt es, aus der Enge der familiären Zwänge, des stummen Gehorsams und der Welt der Andeutungen, in der man über Gefühle nicht spricht, in der man anständig ist, auszubrechen. Wird sie einen Weg finden, sich von den tiefsitzenden Lasten zu befreien und ihr Glück finden?
Simone Kucher erzählt die Geschichten auf diesen zwei Zeitebenen, auf der ersten aus der Perspektive der heranwachsenden Mädchen. Es sind Geschichten von einem DAVOR und einem DANACH.
Der Akt der Vertreibung oder der Flucht, die komplexen gesellschaftlichen und historischen Zusammenhänge bleiben angedeutet. Die erwachsene Welt, die der Schuldigen bleibt außen vor. Betrachtet wird die Wirkung von Flucht, Vertreibung und Kriegstraumata auf die Opfer: die Kinder, die nachfolgenden Generationen.
Simone Kucher hört immer da auf, wo die Gewalt anfängt. Sie entfaltet sich erst im Leben von Liz, im Leben der Nachkommen und auch hier in sehr subtiler Weise.
Hier, in der Figur der Liz, wurde FÜR MICH zu viel ausgelassen, war das Schweigen zu tief, so dass ich ihre Motive nicht verstehen und die Verbindung zu ihr nicht aufbauen konnte. Da mich DAS aber interessiert hat, bin ich durch eigene Recherchen in die Geschichte der Vertreibung eingetaucht, um mir daraus Antworten zu bauen.
Und so hat Simone Kucher für mich Vertreibung und Flucht ganz neu, faszinierend, kontrastreich und - ich hätte es nicht für möglich gehalten - „zart und sinnlich“ erzählt. Ihre Position ist dabei sehr zurückhaltend, ihren Figuren und auch unserer Fantasie viel Raum lassend.
Sehr lesenswert.
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Die Baracken sind längst dem Erdboden gleichgemacht, doch Liz weiß genau, wo sie standen, denn sie ist dort aufgewachsen und ihr täglicher Weg von der Batteriefabrik nach Hause führt sie daran vorbei. Sie ist 17 und schaut zuversichtlich in die Zukunft – allerdings braucht …
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Die Baracken sind längst dem Erdboden gleichgemacht, doch Liz weiß genau, wo sie standen, denn sie ist dort aufgewachsen und ihr täglicher Weg von der Batteriefabrik nach Hause führt sie daran vorbei. Sie ist 17 und schaut zuversichtlich in die Zukunft – allerdings braucht sie (in den 1960er Jahren) dafür die Unterschrift ihres Vaters unter dem Lehrvertrag, der ihr angeboten wird. Alles hatte sich doch zum Guten entwickelt, die Eltern besitzen nun ein Haus und eine florierende Gastwirtschaft. Und Liz leistet von klein auf ihren Beitrag, kümmert sich um ihre Brüder und hilft abends noch in der Wirtschaft. Doch der Schein trügt, denn Mutter Nevenka zieht sich immer mehr in sich zurück, nachdem ihr Mann ihr das Arbeiten verboten hat und nur noch trinkt. Und mit der Zeit spürt auch Liz, dass sie in den Augen der anderen immer die bleiben wird, die sie ist – Tochter von Vertriebenen.
»Die ist ja, ich weiß es ja, des ist ja eine aus den Baracken, pfui Deibel.« S.129
Nevenkas Erinnerungen erleben wir auf der zweiten Ebene, ihre Kindheit in einem kleinen Dorf zwischen Prag und Brno. Denket an die heißen Sommer an der reißenden Thaya mit ihrer amazonenhaften Freundin Zena zurück, zeigt uns eine friedvolle Zeit, wie es scheint. Denn die dunklen Seiten meidet sie, will sich nicht erinnern, zu schmerzvoll sind sie scheinbar.
Und so blendet auch die Autorin vor all dem Leid aus, das sich in den letzten Monaten vor Kriegsende tatsächlich abspielt, deutet es nur an. Manches kann man sich ausmalen, anderes sollte man nachschlagen, wie zum Beispiel das Massaker von Lidice. Um die spezifische Charakteristika des Traumas der Sudetendeutschen zu verstehen, braucht es m.E. den Blick auf die historischen Ereignisse dahinter.
Während Liz sich nichts mehr wünscht, als dazuzugehören, bleibt sie gefangen in einer Welt der Vorurteile und Ausgrenzung auf der Suche nach ihrer Identität. Ein Schicksal, das wohl für alle Geflüchteten zeitlos und universell ist. Keine Antworten zu bekommen von den Eltern, die ein Leben lang nicht nur mit dem Verlust der Heimat kämpfen. Denn das Schweigen jener Vertriebenen aus dem Sudetenland hat weitaus tiefere Beweggründe, die mir persönlich in dem Buch zu kurz kamen. Es rührte vor allem daher, die nachfolgende Generation vor dem entsetzlichen Grauen, das sie miterleben mussten, zu schützen. Die nach! dem Krieg mit der Entrechtung, dem Beschlagnahmen des Vermögens und in der gewaltsamen Vertreibung von 3 Millionen Menschen und 220.000 Toten gipfelten.
Vielleicht hatte ich da andere Erwartungen an das Buch, wohl durch meine eigene Familiengeschichte. Ich muss sicher nicht alles detailliert auserzählt bekommen, hätte mir aber mehr Einblicke in die tatsächlichen Geschehnisse gewünscht. Geschichte muss erzählt werden, um sie nicht zu vergessen.
Trotzdem bleibt es ein berührendes Buch, das ich gern empfehle, da es einen Blick auf die Kluft zwischen den Generationen zeigt, deren Entwurzelung und Schweigen tiefe Traumata hinterlassen.
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Ein zarter und poetischer Roman über ein Stück fast vergessener deutscher Geschichte
Simone Kucher hat auf der Suche nach der eigenen Geschichte einen Roman über Vertreibung, intergenerationales Trauma sowie die Ambivalenz von Anpassung und Widerstand geschrieben.
In diesem Buch …
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Ein zarter und poetischer Roman über ein Stück fast vergessener deutscher Geschichte
Simone Kucher hat auf der Suche nach der eigenen Geschichte einen Roman über Vertreibung, intergenerationales Trauma sowie die Ambivalenz von Anpassung und Widerstand geschrieben.
In diesem Buch begleiten wir abwechselnd Liz, die in den 60/70ern in Süddeutschland groß wird, und ihre Mutter Nevenka auf verschiedenen Zeitebenen. Nevenka wuchs in der ehemaligen Tschechoslowakei auf und wurde nach dem zweiten Weltkrieg zusammen mit 3 Millionen weiteren Sudetendeutschen aus ihrer Heimat vertrieben.
Kucher schreibt poetisch und sanft über schlimmste Menschenrechtsverletzungen und über die Vielschichtigkeit des Themas. Besonders Nevenkas Perspektive als eine Jugendliche im letzten Kriegsjahr vermittelt ein Gefühl für die Bevölkerungsgruppe, die erst unter der gewaltvollen Besetzung durch das NS-Regime und wenige Jahre später unter der nicht weniger gewaltvollen Vertreibung (und teilweise Ermordung) zu leiden hatte. In dieser dunklen Zeit entwickelt sich eine zarte Freundinnenschaft zwischen Nevenka und Zena, die ein schreckliches Ende nimmt und Nevenka noch lange begleitet.
Liz wiederum kämpft gegen patriarchale Normen und die Diskriminierung als „Flüchtling“ an, obwohl sie ja in Deutschland geboren wurde. Sie trägt zusätzlich Scham und Trauma in sich, bei denen nicht immer klar ist, ob es die eigene Geschichte oder die der Mutter ist, die hier zugrundeliegt.
Die Sprache fand ich eher anspruchsvoll, auch wenn sich das Buch trotzdem erstaunlich flüssig lesen ließ. Den Perspektivenwechsel mochte ich zwar prinzipiell, ich hätte beide Figuren aber gern noch etwas tiefer kennengelernt. Einiges wird nur angedeutet, was bei allem Grauen manchmal jedoch schlicht notwendig ist. Auch, wenn die Handlung elegant gewisse Grundinformationen mitliefert, hatte ich das Bedürfnis, mich weiter mit diesem Teil der Nachkriegsgeschichte zu befassen. Das möchte ich zwar nicht ständig, fand es hier aber wirklich gut und ansprechend umgesetzt.
Der unabhängige Kjona-Verlag hat ein herausforderndes, aber lohnenswertes Buch publiziert, das ich allen empfehle, die sich gern mit historisch eher unbekannten Ereignissen befassen und eine anspruchsvoll-poetische Sprache mögen.
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„Fremd ist der Fremde nur in der Fremde“ (Karl Valentin)
Aktueller kann ein Roman eigentlich gar nicht sein und so gelingt Simone Kucher ein Brückenschlag, der feinfühlig, emotional und sehr tiefgründig ist. Mit „Die lichten Sommer“ erzählt sie ein …
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„Fremd ist der Fremde nur in der Fremde“ (Karl Valentin)
Aktueller kann ein Roman eigentlich gar nicht sein und so gelingt Simone Kucher ein Brückenschlag, der feinfühlig, emotional und sehr tiefgründig ist. Mit „Die lichten Sommer“ erzählt sie ein Stück Familiengeschichte, das uns irgendwie alle angeht – wie viele von uns haben Familienangehörige, die aus der Heimat vertrieben wurden und Zeit ihres Lebens auf der Suche nach dem Zugehörigkeitsgefühl und Anerkennung sind.
Das Trauma der Großelterngeneration wiegt bis heute schwer auf den Schultern der Nachkriegsenkel:innen und lässt immer wieder die Frage nach Schuld, Vergebung und Vergangenheitsbewältigung aufkommen.
Stellvertretend für alle steht Liz, die sich Stück für Stück aus dieser belastenden Vergangenheit befreien will und, um so ihre eigene Identität zu finden. Die Erinnerungen der Mutter wirken dabei wie dunkle Schleier, die dem Tag jegliches Licht nehmen und trotzdem blitzen immer wieder helle Momente durch, die von unbeschwerten Tagen, kindlicher Naivität und Leichtgläubigkeit zeugen.
Liz trägt das imaginäre Brandmal eines Flüchtlingskindes auf der Stirn, obwohl sie in Deutschland geboren ist, wird von allen abstempelt und erfährt viele Vorurteile, stößt immer wieder auf Abwehr und Ablehnung. Kein Wunder also, dass sie sich häufig fragt, ob es irgendwann einmal anders wird.
Der Roman wird in leisen eindringlichen Worten erzählt, ist aber mitunter sehr schwierig zu lesen. Viele Sätze enden abrupt, bleiben als Halbsätze stehen oder wirken wie mitten aus dem Kontext gerissen. Eine Orientierung fällt schwer, da manche Passagen mehrmals gelesen werden müssen, um den Sinn zu begreifen.
Eines gelingt aber der Autorin mit Bravour zu vermitteln: Der Schmerz der Vertreibung und die daraus resultierenden tiefen Narben auf der Seele gehen auf Kinder und Enkelkinder über, ist somit immer präsent und allzu deutlich körperlich wie seelisch spürbar. Das erlittene Trauma beeinflusst unsere eigene Geschichte, prägt unsere Identität und lässt uns in den Augen der Anderen „anders sein“.
Ein Buch, das zu Nachdenken anregt, jede Menge Gesprächsstoff liefert und lange nachklingt.
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»Die lichten Sommer« ist ein Text zum Schütteln. Sehnsucht und Leidenschaft scheinen durch die stille Verbundenheit von zwei Frauen, die sich und uns viel zu erzählen hätten, wenn sie mehr reden könnten. So gehemmt die beiden Figuren sind, so zeigt sich auch ihre …
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»Die lichten Sommer« ist ein Text zum Schütteln. Sehnsucht und Leidenschaft scheinen durch die stille Verbundenheit von zwei Frauen, die sich und uns viel zu erzählen hätten, wenn sie mehr reden könnten. So gehemmt die beiden Figuren sind, so zeigt sich auch ihre Sprache gebremst und befangen.
Liz wünscht sich Bildung, Musik, Liebe, Ermutigung und Halt. Die Enge der Baracken für Vertriebene, eine in Trauer und Erduldung gefangene Mutter, trinkende Brüder, ein schweigender Vater, eine kalte Ehe und die Dorfgemeinschaft verweisen sie auf ihren Platz.
In ihrer Mutter Nevenka lebt das Tschechische Dorf. Die Ereignisse des Zweiten Weltkriegs spuhlen sich in ihr vor und zurück, die Rolle der Volksdeutschen, ihre naive Perspektive, das Profitieren von der Deutschen Besatzung, die Geschichten über Lager, die Zwangsarbeit, der jüdische Junge. Sie landet immer wieder bei ihrer mutigen schönen Freundin, deren Vater im Gefängnis saß, bei der Euphorie der Befreiung, die in Verfolgung umschlägt bis zur Vertreibung und der Schuld und Scham, die den Folgen eines einfachen Spiels entspringen.
Im Wechsel deckt »Die lichten Sommer« die isolierten Innenwelten von Mutter und Tochter auf und legt Fährten über die Zusammenhänge beider einsamer Lebenswege. Ich hätte nicht alle Ereignisse auserzählt gebraucht. Wenn dir Schneeflocken wie Feuer von Elfi Conrad oder Hana von Alena Mornštajnová gefallen hat, dann könnte auch »Die lichten Sommer« etwas für dich sein. Sound, Zeit und Themen passen zueinander, auch wenn alle drei Romane in unterschiedliche Richtungen laufen.
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"Die lichten Sommer" von Simone Kucher ist ein anspruchsvoller und berührender Roman über die Folgen von Vertreibung und Flucht.
Erzählt wird hauptsächlich die Geschichte zweier Frauen, Mutter und Tochter.
Elisabeth, genannt Liz, kommt zu Beginn der …
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"Die lichten Sommer" von Simone Kucher ist ein anspruchsvoller und berührender Roman über die Folgen von Vertreibung und Flucht.
Erzählt wird hauptsächlich die Geschichte zweier Frauen, Mutter und Tochter.
Elisabeth, genannt Liz, kommt zu Beginn der Fünfzigerjahre in einem kleinen süddeutschen Dorf zur Welt. Wie alle ansässigen Frauen arbeitet sie schon als Jugendliche tagsüber in der Fabrik, abends hilft sie im Wirtshaus der Eltern. Sie ist das Kind von Geflüchteten, die nach Kriegsende aus der ehemaligen Tschechoslowakei vertrieben wurden. Liz darf keine Ausbildung machen, träumt von einem anderen, besseren Leben. Sie heiratet jung und trägt immer noch die Last der Vergangenheit in sich, ein generationenübergreifendes Trauma.
Die Charaktere sind sehr authentisch und lebendig beschrieben, die Geschichte sehr berührend.
Besonders gelungen fand ich auch, wie die Autorin historische Ereignisse mit den persönlichen Geschichten ihrer Figuren verbunden hat.
Die Rückblenden und Perspektivwechseln machen die Geschichte besonders lesenswert und anspruchsvoll. Man kann sich genauso gut in Liz hineinversetzen wie in ihre Mutter Nevenka, wenn sie aus ihrer Kindheit in der Tschechoslowakei erzählt.
Vieles wird aber auch nur angedeutet, hier hätte ich mir Noch eine Vertiefung gewünscht, besonders was Nevenkas Vergangenheit angeht.
Insgesamt hat mir das Buch aber sehr gut gefallen und ich hoffe, von Simone Kucher wird man in Zukunft noch mehr lesen!
"Und kann doch nicht sagen, was sie denkt, was ihr jetzt klar wird, was sie unterscheidet: Wenn Liz etwas verantwortlich machen müsste für ein Unglück, dann wäre es immer etwas das von innen kommt, aus ihr selbst heraus. Nie etwas von außen: die Umstände, andere Menschen und schon gar nicht die Natur.
Sie setzt erneut an und verstummt. Diese Stimme, mit der sie sprechen könnte, singen. Das, was da aus ihr herauskam, war einfach nicht gut genug. Daran lag es, nicht an den Zahlen."
"Liz rutscht unruhig auf ihrem Stuhl herum, beim ersten Mal völlig überrumpelt, beim zweiten Mal schon gefasster. Warum bleibt sie denn so stumm? Lässt sich das einfach so gefallen? Ist sie schon zu weich geklopft von diesem täglichen Kampf. Sie kämpft doch jeden Tag, oder nicht? Seit Jahren. Immer schon. Und warum kann sie nicht einfach sagen: Nein, ich bin verdammt noch mal kein Flüchtling. Ich bin genauso wie du auf dieser stinkenden Erde hier geboren. In Baracken zwar, aber eindeutig hier, schleudert sie in Gedanken die Worte durch die Luft. Und fragt sich erstaunt: Ab wann ist man denn ein Ansässiger?"
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