Susanne Benda
Gebundenes Buch
Dein Schweigen, Vater
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Das Schweigen überwindenWas ist es, das die Geschwister Maria und Uli so umtreibt? Woher stammen ihre Blockaden, wenn es um wichtige Lebensentscheidungen geht? Haben sie etwas mit dem Schweigen ihres Vaters zu tun, der mit 12 Jahren aus seinem glücklichen Leben in Brünn gerissen wurde? Und dem es nie möglich war, über seine Erlebnisse aus dem Mai 1945 zu sprechen, als seine Familie gemeinsam mit 27.000 weiteren deutschstämmigen Bewohnern aus der Stadt vertrieben wurde? Immer deutlicher erkennen Maria und Uli, dass die traumatischen Zustände ihres Vaters in ihnen fortleben, auch sie sind...
Das Schweigen überwindenWas ist es, das die Geschwister Maria und Uli so umtreibt? Woher stammen ihre Blockaden, wenn es um wichtige Lebensentscheidungen geht? Haben sie etwas mit dem Schweigen ihres Vaters zu tun, der mit 12 Jahren aus seinem glücklichen Leben in Brünn gerissen wurde? Und dem es nie möglich war, über seine Erlebnisse aus dem Mai 1945 zu sprechen, als seine Familie gemeinsam mit 27.000 weiteren deutschstämmigen Bewohnern aus der Stadt vertrieben wurde? Immer deutlicher erkennen Maria und Uli, dass die traumatischen Zustände ihres Vaters in ihnen fortleben, auch sie sind Vertriebene. Und ihnen wird klar, dass sie ihre eigenen Wege gehen müssen, um das Schweigen zu durchbrechen.Als sie sich zu einer Reise entschließen, wird schnell deutlich: Es wird eine Reise zu den Wurzeln ihrer Familie ...In ihrem beeindruckenden Debüt begibt sich Susanne Benda auf die Spuren der Kriegsvergangenheit in ihrer eigenen Familie.Bis heute zeigen sich in der Generation der zwischen Anfang der 60er- und Mitte der 70er-Jahre Geborenen - der »Kriegsenkel« - dunkle Flecke, entstanden aus dem Schweigen der Eltern und Großeltern. Für Susanne Benda ist dieses Thema ein sehr persönliches. Vor dem Hintergrund ihrer eigenen Familiengeschichte hat sie sich intensiv mit den Auswirkungen dieses Schweigens auseinandergesetzt. Im Anhang schildert sie die Hintergründe des »Brünner Todesmarsches«.
Susanne Benda, geboren 1963 in Hannover, studierte Germanistik, Musik- und Theaterwissenschaften in Würzburg und München. Anschließend war sie freiberuflich für verschiedene Tageszeitungen, den Rundfunk und Fachzeitschriften tätig, ehe sie 2002 Kulturredakteurin der 'Stuttgarter Nachrichten', später auch der 'Stuttgarter Zeitung' wurde. Darüber hinaus ist sie Mitglied in zahlreichen Fachjurys für klassische Musik. Wenn sie ausnahmsweise weder liest noch schreibt, ist sie ausgiebig auf ihrem Fahrrad unterwegs. Susanne Benda lebt in Stuttgart.
Produktdetails
- Verlag: Urachhaus
- Artikelnr. des Verlages: 25331
- Seitenzahl: 255
- Erscheinungstermin: 24. August 2022
- Deutsch
- Abmessung: 216mm x 143mm x 27mm
- Gewicht: 464g
- ISBN-13: 9783825153311
- ISBN-10: 3825153312
- Artikelnr.: 63892581
Herstellerkennzeichnung
Urachhaus/Geistesleben
Landhausstr. 82
70190 Stuttgart
info@urachhaus.com
Das Debut " Dein Schweigen Vater" der Autorin Susanne Brenda hat mich mit der Leseprobe sehr angesprochen und ich wurde mit dem Gesamtwerk nicht enttäuscht.
Uli und Marie machen sich auf die Reise nach Brünn, den Ort aus dem ihr Vater Paul mit 12 Jahren auf den bekannten …
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Das Debut " Dein Schweigen Vater" der Autorin Susanne Brenda hat mich mit der Leseprobe sehr angesprochen und ich wurde mit dem Gesamtwerk nicht enttäuscht.
Uli und Marie machen sich auf die Reise nach Brünn, den Ort aus dem ihr Vater Paul mit 12 Jahren auf den bekannten Todesmarsch von Brünn geschickt wurde. Die 27000 Deutsche, die aus Tchechien vertrieben wurden, hatten keinerlei Nahrung bei sich. Nach 2 Jahren kommt Paul mit dem Verlust von Mutter und Oma bei einer Tante in Wien an. Dem jungen Paul bleibt es zeitlebens nicht möglich über die Vertreibung und Grausamkeiten zu sprechen. Marie und Uli, nach Paul Beerdigung realisieren, dass sie nichts über ihren Vater wissen und machen sich auf um Tile des Todesmarsches selber zu gehen.
Dies ist das erste Buch, welches sich so detailiert mit der transgenerationalisierten Traumatisierung beschäftigt. Die Autorin beschreibt in der Geschichte ihre eigene Familiengeschichte und dies auf sehr eindrückliche, sprachlich gewaltige Weise, dass es mit teilweise schwer fiel weiter zu lesen.
Die Grausamkeiten und die Übertragung eigener Traumata auf weitere Generationen wird sehr deutlich.
Ein Buch was wahrlich keine leichte Lesekost darstellt, aber unbedingt empfehlenswert ist.
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Als im Mai 1945 Nazi-Deutschland besiegt ist, beginnt für die deutschstämmigen Bewohner Brünns erst der Krieg. Sie werden, wie hinlänglich bekannt, enteignet, verprügelt und auf den sogenannten „Brünner Todesmarsch“ getrieben. Wer nicht mehr weiterkonnte, …
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Als im Mai 1945 Nazi-Deutschland besiegt ist, beginnt für die deutschstämmigen Bewohner Brünns erst der Krieg. Sie werden, wie hinlänglich bekannt, enteignet, verprügelt und auf den sogenannten „Brünner Todesmarsch“ getrieben. Wer nicht mehr weiterkonnte, wurde rücksichtslos ermordet.
Der zwölfjährige Paul ist einer der wenigen von ihnen, die überlebt haben. Er musste zahlreiche Familienangehörige sterben sehen und Freunde zurücklassen.
Dass aus ihm ein schweigsamer Mann wurde, ist verständlich. Nach seinem Tod begeben sich seine Kinder, Maria und Ulrich, auf Spurensuche. Vor allem Maria will die Familiengeschichte erkunden. Sie geht die rund 37 km von der österreichischen Staatsgrenze nach Pohořelice, dem Heimatort seines Vaters, zu Fuß, um den Vertriebenen nahe zu sein.
Meine Meinung:
Wer Sabine Bodes Bücher rund um die Kriegskinder bzw. Kriegsenkel kennt, wird sich mit Epigenetik schon auseinandergesetzt haben. Auch dieser Debütroman von Susanne Benda beschäftigt sich mit diesem Thema. Wie beeinflussen solche traumatische Erlebnisse die Nachkommen? Wir erhalten einen Einblick in das Leben von Pauls Kindern, Maria und Uli, das auch nicht ganz geradlinig verläuft.
Der Rückblick in die dramatischen Tage sind penibel recherchiert und eindrucksvoll beschrieben. Das weitere Leben Pauls ist durch sein Schweigen geprägt, das oft durch Albträume durchbrochen wird. Leider fällt dieser Teil der Erzählung in seiner Spannung ab. Die nimmt erst wieder ein wenig zu, als Maria den Todesmarsch in umgekehrter Richtung also von Österreich nach Pohořelice
Der Schreibstil wirkt bei der Spurensuche nach der Herkunftsfamilie des Vaters stellenweise ein wenig langatmig. Dieses Eintauchen in die Vergangenheit hätte durchaus Potenzial gehabt. Leider ist die Chance dazu nicht genützt worden. Allerdings muss man der Autorin zugute halten, dass sie sich für ihren Debütroman ein schwieriges Thema ausgesucht hat.
Fazit:
Gerne gebe ich diesem interessanten Thema 3 Sterne.
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Wer dem Schweigen ausdrucksstarke Worte verleiht
Der Roman „Dein Schweigen, Vater“ handelt von Paul, der als kleiner Junge den Todesmarsch von Brünn überlebt und seine Vergangenheit in Form von Schweigen mit in seine Familie nimmt.
Und er handelt von Maria und Ulli, seinen …
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Wer dem Schweigen ausdrucksstarke Worte verleiht
Der Roman „Dein Schweigen, Vater“ handelt von Paul, der als kleiner Junge den Todesmarsch von Brünn überlebt und seine Vergangenheit in Form von Schweigen mit in seine Familie nimmt.
Und er handelt von Maria und Ulli, seinen Kindern, die dieses Schweigen mit in ihr eigenes Leben nehmen, bis zu einem Punkt, an dem ihr eigenes Leben an diesem Schweigen ins Stocken gerät und sie sich auf den Weg machen, diesem Schweigen auf den Grund zu gehen. Dieser Weg führt sie zurück nach Brünn auf die Route des damaligen Marsches der von den Tschechen am Ende des Zweiten Weltkrieg vertriebenen Deutschen.
Für den ersten Teil, die Schilderungen des Todesmarsches, brauchte ich drei Anläufe, zu groß der Schrecken und die Gräuel, die die Autorin mit den Augen und den Worten eines Kindes beschreibt, der noch nicht alt genug ist, alles zu verstehen, und doch alt genug, um zu viel zu begreifen. Dadurch wirken die Ereignisse auf den Leser noch unfassbarer, so dass auch ihm die Worte fehlen, das beim Lesen Gefühlte in Worte zu fassen.
Mit der Verschiebung der Perspektive auf die der Kinder von Paul tritt eine unerwartete Wendung ein. Die Autorin nimmt uns mit in zwei Leben, die sehr intensiv sind und zugleich auf der Suche nach einem Ziel. Die Beschreibungen werden sanfter, ruhiger trotz aller Zweifel und Getriebenheit der Protagonisten. In den Schrecken und das Schweigen mischen sich herzliche Erlebnisse, warme Begegnungen und tiefe Gespräche zwischen den beiden Geschwistern, aber auch zwischen den ihnen und den Menschen, denen sie auf ihrer Reise in die Vergangenheit begegnen. Der Schrecken schlummert unter einer atmosphärisch beschriebenen Landschaft zwischen Brünn und Wien und in den herzlichen Begegnungen zwischen den Tschechen und dem deutschen Geschwisterpaar, die nichts mehr von irgendwelchen Ressentiments erahnen lassen. Das Ende gibt eine Aussicht auf Versöhnung, vielleicht ist es etwas viel des Guten, vielleicht haben es sich die Figuren und die Leser aber auch verdient nach diesem schweren Marsch. Auch wenn Maria meint, Geschichte vollziehe sich in Kreisen wie die Ringe eines Baumes, macht das Ende doch Mut zu glauben, dass sich nicht alles zwangsläufig wiederholen muss, sondern dass der Mensch die Entscheidung hat durch Vergebung und durch das aufeinander Zugehen den Kreis zu etwas Gutem zu führen.
Der Autorin ist ein intensives, anrührendes Buch gelungen. Sie findet oft wunderbare Worte für das schwer Sagbare. Es ist ein Buch, das man lange mit sich trägt und nicht mehr vergessen wird.
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"Dein Schweigen, Vater" von Susanne Benda ist ein Buch, das auf einer wahren Begebenheit beruht. Umso mehr geht es beim Lesen unter die Haut, wenn man sich diesen Sachverhalt vergegenwärtigt.
Das Buch selbst ist wertig als Hardcover eingebunden. Die Farbgebung, überwiegend …
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"Dein Schweigen, Vater" von Susanne Benda ist ein Buch, das auf einer wahren Begebenheit beruht. Umso mehr geht es beim Lesen unter die Haut, wenn man sich diesen Sachverhalt vergegenwärtigt.
Das Buch selbst ist wertig als Hardcover eingebunden. Die Farbgebung, überwiegend blau-grau mit etwas Gold, ist sehr passend und tangiert die Thematik des Buches.
Traumata, die in den nachfolgenden Generationen fortleben und indirekt und oft unterbewusst weitergegeben werden, ist Thema dieses Romans. Gerade in der Zeit des II. Weltkrieges ist dies keine Seltenheit, aber selbst die Enkel sind davon betroffen. Sich damit auseinander zu setzen, ist spannend und schockierend zugleich.
Besonders schlimm ist es dann, wenn es in der eigenen Familie vorkommt, so wie es bei der Autorin der Fall ist. Sie nimmt den Leser auf eine spannende, teils schockierende Reise in die Vergangenheit mit. Die Figuren sind sehr gut gezeichnet und in jedem Fall authentisch.
Die Spannung wird gut aufgebaut und gehalten.
Ein durch und durch lesenswertes Buch!
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In diesem teils autobiographischen Roman geht es viel um persönliche Ziele, Entscheidungen und Richtungswechsel im Leben. Drei Generationen begleiten die LeserInnen durch die Zeit ab 1945 im Sudetenland bis in die Neuzeit im vereinten Deutschland. Im ersten Teil ist die Hauptfigur Paul, der …
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In diesem teils autobiographischen Roman geht es viel um persönliche Ziele, Entscheidungen und Richtungswechsel im Leben. Drei Generationen begleiten die LeserInnen durch die Zeit ab 1945 im Sudetenland bis in die Neuzeit im vereinten Deutschland. Im ersten Teil ist die Hauptfigur Paul, der beim Todesmarsch von Brünn nach Wien viel Traumatisches, entsetzliche Gewalt und Brutalität erlebt. Sie bestimmen Pauls Leben, in dem Angst, Verdrängung und Gedanken an die Vergangenheit heruntergeschluckt und eingesperrt wurden. Seine Kinder, Christa, die Verdrängung durch Hyperaktivität beherrscht und Uli, der sich wie sein Vater in Schweigen hüllt, machen sich nach Vaters Tod gemeinsam auf den Weg, die vererbte Vergangenheit zu bewältigen. Im mittleren Teil wird viel aus dem Leben der Kinder und ihrer Reise beschrieben. Im letzten Teil spielen sowohl ein Brieffragment als auch die in Brünn gemachten Bekanntschaften die Hauptaspekte und es kann eine gewisse Versöhnung mit der Vergangenheit stattfinden.
Der Text ist vor allem im ersten Teil sehr emotional und beklemmend. Die drei Generationen zeigen den Zeitgeist gut auf. Paul, wurzellos, mundlos und heimatlos, kann sich nicht aus seinem inneren Gefängnis befreien. Christa und Uli die Generation der arbeitenden Ameisen ohne Selbstachsamkeit und immer im Kampfmodus. Christas Kinder, die auch einmal zu sich selber schauen und dies ihrer Mutter vermitteln möchten.
Ein eindrückliches Erstlingswerk von Susanne Benda mit viel Tiefgang und Gedanken anregend.
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Genre: Erfahrung
Erwartung: Ein emotionales Buch
Meinung:
Das Cover gefällt mir ganz gut und ist passend. Ich bin direkt in dem Buch angekommen. Der Schreibstil ist gut und flüssig geschrieben.
Was mir hier direkt aufgefallen ist, ist die Atmosphäre des Buches, Diese ist …
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Genre: Erfahrung
Erwartung: Ein emotionales Buch
Meinung:
Das Cover gefällt mir ganz gut und ist passend. Ich bin direkt in dem Buch angekommen. Der Schreibstil ist gut und flüssig geschrieben.
Was mir hier direkt aufgefallen ist, ist die Atmosphäre des Buches, Diese ist authentisch und gut nachfühlbar beschrieben. Ich konnte die verschiedenen Emotionen wie Angst, Wut und Unsicherheit gut nachvollziehen. Auch die weitreichenden Folgen sind gut beschrieben und es wird wieder klar, wie viel an den Schicksalen hängt.
Auch die Protagonisten haben mir gut gefallen.
Das Leben war sicherlich schwer und ungerecht. Ich musste mehr als einmal schlucken. Obwohl das Buch mich emotional ergriffen hat, habe ich das Buch schnell beenden können. Es bleibt mir sicherlich noch etwas im Gedächntis.
Fazit: Gelungen und ich kann es weiter empfehlen. 4 Sterne gibt es von mir.
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Susanne Bendas Buch „Dein Schweigen, Vater“ ist ein emotionales und bewegendes Buch über das Schweigen und den Einfluss der Traumata derer, die im zweiten Weltkrieg Kinder und Jugendliche waren, auf die folgenden Generationen. Obwohl an fiktiven Personen ausgerichtet, schreibt …
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Susanne Bendas Buch „Dein Schweigen, Vater“ ist ein emotionales und bewegendes Buch über das Schweigen und den Einfluss der Traumata derer, die im zweiten Weltkrieg Kinder und Jugendliche waren, auf die folgenden Generationen. Obwohl an fiktiven Personen ausgerichtet, schreibt Susanne Benda auch über ihre eigene Familiengeschichte, denn ihr Protagonist, der 12jährige Paul Lustig, steht sinnbildlich für ihren Vater Leopold, der sich ebenfalls als Zwölfjähriger auf den „Brünner Todesmarsch“ machen musste.
Geschwiegen hat er, der Paul. Die Welt um sich herum mit seinen „Flüchtlingsaugen“, wie seine Tante Adele sie nennt, angeschaut und die Bilder, die er in sich trug, dort begraben. Und mit niemandem darüber geredet. „Ich habe jedenfalls nichts gefragt. Ich habe mich einfach nicht getraut. Und heute bin ich mir sicher, dass mein Nicht-Fragen mit dafür gesorgt hat, dass dieses große Schweigen in unserer Familie geblieben ist.“, sinniert Maria. Aber hätte sie denn eine Antwort bekommen? Vermutlich nicht. Denn er hat Fragen „fest eingeschnürt in Paul Lustigs großes Schweigepaket, und dort hat er sie nie mehr hinausgelassen.“
Susanne Bendas Publikum hingegen sieht die Bilder und Erinnerungen. Denn sie nimmt es mit ins Brünn des Jahres 1945. Als aus Menschen, die jahrelang zusammen gelebt und gearbeitet haben, ja Freunde waren, Feinde werden („»Ich hatte Freund«, sagt Pavel, der Großvater. »Und ich hatte Freundin. Waren beide deitsch oder halbdeitsch, aber habe ich erst gemerkt, als Krieg vorbei. Vorher nur Freunde.«“). Sie nimmt ihre Leserschaft mit in die Hitze des Fronleichnamstages, an dem sich rund 27000 Menschen ohne Wasser und Verpflegung auf den Weg Richtung niederösterreichische Grenze machen mussten. Angetrieben von Menschen, die sie zum Teil ihr Leben lang kannten und die es „Rückführung ins Reich“ nannten. Mehr als 5000 Menschen überlebten die Tortur nicht, darunter Pauls Großeltern. Aus diesen schrecklichen Bildern, die die Autorin hier zeichnet, besteht der erste Teil des Romans.
Der zweite Teil zeigt das „Danach“. Denn Paul und seine Mutter überlebten den Todesmarsch, seine Mutter starb nach der Ankunft in Wien an Typhus. Paul wuchs bei seiner Tante Adele auf, studierte, heiratete und wurde zweimal Vater. Und schwieg, bis zum Schluss. Er konnte, wie so viele, nicht über das Erlebte reden. „Dieses Schweigen ist eine Krankheit, die sich vererbt.“, für seine Tochter Maria ist es klar. Klar ist auf jeden Fall: dieses Schweigen ist ein Schatten, der über der ganzen Familie, bis in die folgenden Generationen, liegt. Und dabei liegen im Schweigen oft mehr Worte als in ganzen Sätzen.
Maria und Uli, Pauls inzwischen lang erwachsene Kinder, sind durch das Trauma ihres Vaters geprägt. Maria scheint in ihrem Leben nicht wirklich zu Hause zu sein. Sie steht vor der Trennung von ihrem Mann, ihre beiden Kinder sind aus dem Haus. Uli ist in seinem Leben als Schuhmacher glücklicher, er mag die ruhige Gleichmäßigkeit. Dennoch lässt er sich von Maria zu einem Urlaub überreden, der ihre Rastlosigkeit zeigt. Erst nach Norden, dann nach Süden und dann noch eine Reise, um den Weg des Vaters von Brünn nach Wien nachzuempfinden.
Der Schluss des Buchs ist traurig-schön. Er schließt den Kreis, den das Buch beschreibt. Von Paul, Marie und Pavel aus dem ersten Kapitel zu Uli, Maria und Pavel im letzten. Der inzwischen verstorbene Paul ist in den Erinnerungen präsent. Pavel bringt mit seinen Erzählungen ein bisschen Licht in die Vergangenheit und macht Pauls Schweigen leichter.
Die Epigenetik erforscht, ob Traumata vererbt werden können. Die bisherigen Erkenntnisse sind interessant, das Thema ist im Buch aber nur am Rande gestreift. Uli und Maria sind ja nicht nur genetisch die Kinder ihres schweigsamen Vaters, sondern auch Ergebnis seiner Erziehung. Aber alles in allem ist es ein sehr emotional geschriebenes, oft bedrückendes Buch über beredtes Schweigen, gestohlene Kindheiten und Traumata und es wird noch lange in mir nachhallen. Von mir
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Späte Folgen
Maria und Uli haben einen liebevollen Vater, aber immer wenn sie nach seiner Kindheit fragen, antwortet er: Dafür seid ihr noch zu klein, später. Es gibt kein Später. Er schweigt, erzählt nie von seiner Kindheit in Tschechien. Von der Vertreibung nach …
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Späte Folgen
Maria und Uli haben einen liebevollen Vater, aber immer wenn sie nach seiner Kindheit fragen, antwortet er: Dafür seid ihr noch zu klein, später. Es gibt kein Später. Er schweigt, erzählt nie von seiner Kindheit in Tschechien. Von der Vertreibung nach Österreich. Die ältesten Fotos von ihm zeigen ihn als Studenten. Von der Zeit davor gibt es keine Belege. Für seine Kinder ist das Schweigen belastend, es begleitet sie ihr Leben lang. Es erschwert ihre Entscheidungen, auch sie reden wenig über Gefühle und Empfindungen. Ist das Schweigen erblich? Sind Kindheitstrauma auf die eigenen Kinder übertragbar?
Pschychologen bestätigen diese Fragen. Die Mechanismen die wir entwickeln wenn wir ein Trauma erleiden übertragen sich auf unsere Nachkommen. Sie kopieren Verhaltensweisen obwohl sie dem Trauma nie ausgesetzt waren.
Die Autorin erzählt in Bildern von diesen Reaktionen. Melancholische, fast schon traurige Bilder. Sie sind überzeugend, genau wie die Reaktionen des Umfelds von Paul dem Vater. Seine Frau liebt ihn, betrachtet ihn aber auch als ihre Aufgabe. Seine Kinder lieben ihn, haben aber Abstand zu ihm. Wenn er sich auf einmal zurück zieht in seine eigene Welt, spricht eine Tante von "Flüchtlingsaugen".
Diese Bilder öffnen einen Zugang zu den möglichen Gedanken der Betroffenen. Die phantasievolle Darstellung vermittelt einen Eindruck wie die Last weiter gegeben wird.
Als die erwachsenen Kinder sich auf eine Reise in die Vergangenheit begeben, treffen sie auf Zeitzeugen und erfahren dadurch endlich etwas von dem Schicksal ihres Vaters und sie können daraus Rückschlüsse auf sich selbst ziehen.
Die Figuren schweigen in dem Buch, die Bilder von der Autorin reden.
Es ist ein nachhaltiges Buch über ein wichtiges Thema.
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Schweres Erbe?
Dieses Buch lässt mich unentschlossen zurück. Schreibstil, Wortwahl und Sprache sind bildgewaltig und passend gewählt. Der Einstieg nach einem kurzen Prolog ist gut gewählt und führt uns in die Tschechoslowakei 1945 nach Brünn. Dort lebt Paul mit …
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Schweres Erbe?
Dieses Buch lässt mich unentschlossen zurück. Schreibstil, Wortwahl und Sprache sind bildgewaltig und passend gewählt. Der Einstieg nach einem kurzen Prolog ist gut gewählt und führt uns in die Tschechoslowakei 1945 nach Brünn. Dort lebt Paul mit seiner Mutter und seinen Großeltern. Paul ist 12 Jahre alt. Sein Vater ist als Arzt in den Krieg gezogen, um dort zu helfen. Das ist nun Jahre her. Nach Kriegende spitzen sich die Zustände in Brünn für die Sudetendeutschen zu. Enteignungen werden ausgesprochen, die deutschstämmige Bevölkerung muss eine Armbinde tragen und ist vogelfrei. Dieses Vorgehen kommt dem Leser beunruhiget bekannt vor. Auge um Auge, Zahn um Zahn- egal wen man konkret dabei trifft. Der Bericht gipfelt in dem Brünner Todesmarsch. Mit dem die Sudentendeutschen „heim ins Reich“ gebracht werden sollten. Hierbei starben hunderte von Menschen- auch durch Mord. In diesem Teilabschnitt des Buches war ich richtig gehend eingesaugt. Durchlebte mit Paul und seiner Familie die schreckliche Zeit und konnte dabei kaum atmen. Wäre das ganze Buch so intensiv gewesen, hätte ich es abbrechen müssen.
Danach gibt es einen Zeitsprung und Paul ist nun erwachsen, verheiratet und bekommt gerade sein erstes Kind- Maria. Auch dieser Abschnitt ist gut geschrieben. Ich habe allerdings mehrere Seiten gebraucht, bevor ich mich beim Lesen entspannen konnte und tatsächlich nicht mit jedem neuen Satz Rückblenden befürchtet habe.
Mit den Erzählungen aus der Gegenwart von Maria und ihrem Bruder Uli bin ich dann nicht richtig warm geworden. Der Beginn der gemeinsamen Reise wirkt auf mich kopflos und irgendwie nicht stimmig. Der Umstand, dass das Schweigen des Vaters über seine Kriegserlebnisse tatsächlich Auswirkungen auf seine Kinder gebt habe, blieb für mich eher nebulös und erwuchsen eher aus Hinweise in Form von innerlichen Fragen der Protagonisten, die jedoch nicht oder kaum beantwortet wurden.
In der Summe hat das Buch somit für mich einen starken Beginn, der jedoch auch kaum zu ertragen ist und schwächelt dann im weiteren Verlauf.
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Ergreifende Geschichte
Das Buch DEIN SCHWEIGEN, VATER von Susanne Benda behandelt den Brünner Todesmarsch 1945 und dessen Folgen für die ganze Familie – damals wie heute. Der erste Abschnitt des Buches behandelt zunächst die glückliche Kindheit von Paul in Brünn. Erst …
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Ergreifende Geschichte
Das Buch DEIN SCHWEIGEN, VATER von Susanne Benda behandelt den Brünner Todesmarsch 1945 und dessen Folgen für die ganze Familie – damals wie heute. Der erste Abschnitt des Buches behandelt zunächst die glückliche Kindheit von Paul in Brünn. Erst nachdem sich die politische Situation ändert, wird ihm und auch allen anderen deutschstämmigen Bewohnern bewusst, dass es für sie leider doch einen Unterschied macht, welche Wurzeln sie haben. Nach dem Krieg kommt es daher zu weiteren unvorstellbaren Gräueltaten und Enteignungen, die letztendlich sogar in der Vertreibung der Brünner mit deutschen Wurzeln mündet. Auf dem Weg von Brünn nach Österreich kommt es zu unvorstellbarem Elend und Not. Dass dieser Brünner Todesmarsch einem immer in grausamer Erinnerung bleibt, ist nachvollziehbar. Und so geht es auch Paul, der zwar inzwischen glücklich verheiratet ist und zwei Kinder hat, aber so gut wie nie über die damalige Zeit sprechen kann. Und somit auch seine Kinder ein Stück weit außen vor lässt. Aber leider kann er nicht aus seiner Haut. Erst nach seinem Tod beginnen seine erwachsenen Kinder Maria und Uli mit der Spurensuche…sie suchen sowohl Spuren aus Pauls Vergangenheit als auch Erkenntnisse zu ihren eigenen Wurzeln und ihrem eigentlichen Sinn im Leben. Das Buch ist streckenweise sehr intensiv, was aber auch zu dem traumatischen Thema Vertreibung passt. Dennoch gibt es auch nette Abschnitte, bei denen man sogar ein wenig schmunzeln kann. Das Ganze eingepackt in einer runden Geschichte, bei der jeder seine eigenen Erkenntnisse heraussuchen kann.
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