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Familie, Freunde, Erinnerung? Darauf hat Architekt Michael Schürtz nie etwas gegeben. Er ist für die Karriere in die Großstadt gezogen und kehrt nur widerwillig für einen Bauleiterjob in seinen Heimatort zurück. Doch die Menschen kommen ihm näher, als er möchte. Und irgendwann muss er einsehen, dass er nie mehr war als das: ein Nobody aus einem Kaff in der norddeutschen Tiefebene. Und dass sein Leben hier und jetzt beginnen kann. »Mit viel Witz und leiser Wehmut erzählt Jan Böttcher von der Rückkehr ins Kaff als Rückkehr zum Ich.« Benedict Wells »Das Kaff zeigt eindrücklich die ...
Familie, Freunde, Erinnerung? Darauf hat Architekt Michael Schürtz nie etwas gegeben. Er ist für die Karriere in die Großstadt gezogen und kehrt nur widerwillig für einen Bauleiterjob in seinen Heimatort zurück. Doch die Menschen kommen ihm näher, als er möchte. Und irgendwann muss er einsehen, dass er nie mehr war als das: ein Nobody aus einem Kaff in der norddeutschen Tiefebene. Und dass sein Leben hier und jetzt beginnen kann. »Mit viel Witz und leiser Wehmut erzählt Jan Böttcher von der Rückkehr ins Kaff als Rückkehr zum Ich.« Benedict Wells »Das Kaff zeigt eindrücklich die Unterschiede zwischen Stadt und Land, Oben und Unten, die kulturelle Kluft. Hier wird der Riss spürbar, der die Welt zurzeit spaltet. Wer die Gegenwart verstehen will, muss Jan Böttcher lesen.« Jan Brandt
1973 in Lüneburg geboren, war Jan Böttcher zunächst Songtexter und Sänger der Berliner Band "Herr Nilsson". Seit 2003 hat er fünf Romane veröffentlicht. Mit "Nachglühen" gewann er den Ernst-Willner-Preis beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb. Jan Böttcher lebt in Berlin.Im Aufbau Taschenbuch sind seine Romane "Das Kaff" und "Am Anfang war der Krieg zuende" lieferbar. Mehr Informationen zum Autor unter www.janboettcher.com.
Produktdetails
- Verlag: Aufbau-Verlag
- Artikelnr. des Verlages: 641/13716
- 1. Auflage
- Seitenzahl: 269
- Erscheinungstermin: 9. März 2018
- Deutsch
- Abmessung: 222mm x 138mm x 28mm
- Gewicht: 409g
- ISBN-13: 9783351037161
- ISBN-10: 3351037163
- Artikelnr.: 49732541
Herstellerkennzeichnung
Die Herstellerinformationen sind derzeit nicht verfügbar.
Ein Berlin-Schnösel kehrt heim
Kein Job wie jeder andere: In seinem Roman "Das Kaff" schickt Jan Böttcher einen Architekten aus der Großstadt zurück in jenes Nest, aus dem er einst aufgebrochen war, um die Welt zu erobern.
Der Berlin-Roman war ein großes Thema um die Jahrtausendwende; nicht viele Bücher sind von diesem Hype geblieben. Später ging der Trend schon aus Kontrastgründen wieder in Richtung Provinz, auch weil sich hier leichter ein Figurengeflecht in der Manier des konventionellen Realismus entwickeln lässt - Juli Zehs Großkolportage "Unterleuten" ist eines der erfolgreichsten Beispiele.
Jan Böttcher, ein feinsinnigerer Erzähler, legt nun ein Werk vor, dass aus der Spannung zwischen beiden Polen -
Kein Job wie jeder andere: In seinem Roman "Das Kaff" schickt Jan Böttcher einen Architekten aus der Großstadt zurück in jenes Nest, aus dem er einst aufgebrochen war, um die Welt zu erobern.
Der Berlin-Roman war ein großes Thema um die Jahrtausendwende; nicht viele Bücher sind von diesem Hype geblieben. Später ging der Trend schon aus Kontrastgründen wieder in Richtung Provinz, auch weil sich hier leichter ein Figurengeflecht in der Manier des konventionellen Realismus entwickeln lässt - Juli Zehs Großkolportage "Unterleuten" ist eines der erfolgreichsten Beispiele.
Jan Böttcher, ein feinsinnigerer Erzähler, legt nun ein Werk vor, dass aus der Spannung zwischen beiden Polen -
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Kleinstadt und Metropole - Funken zu schlagen versucht. Es ist die Spannung, in der ja viele Neuberliner leben. Ihr Enthusiasmus für die Metropole hat viel mit der Herkunftswelt zu tun, der sie sich entronnen glauben, und sie schauen auf ihr niedersächsisches oder schwäbisches "Kaff" durch die Berlin-Brille, die alles noch kleiner macht, als es ohnehin schon ist.
Böttcher, geboren 1937 in Lüneburg, der bisher vier Romane veröffentlicht hat, lässt seinen Helden Michael Schürtz nach zwei Berliner Jahrzehnten in sein Kaff zurückkehren. Schürtz ist Architekt, konnte sich gegenüber den Platzhirschen in seinem beruflichen Umfeld aber nicht richtig durchsetzen und wurde von seinen Kompagnons beiseitegedrängt, was einen Grund-Groll in sein Leben gebracht hat. Nun hat er bei einem Reihenhausprojekt in seiner Heimatstadt einen Bauleiter-Job übernommen, für den sich seine Berliner Kollegen "zu schade" waren. Zufall oder Rückkehr? "Dieses Reihenhaus könnte sonstwo stehen. Ich habe einen Job angenommen." So redet es sich der Ich-Erzähler ein. Die gelungene Eingangsszene schildert, wie er beim Bad in der "Ull" - dem Flüsschen des Orts - eine positive Grundstimmung aufzubauen versucht. Ist doch ganz schön hier! Dann aber, während er im Wasser ist, entwendet ihm eine Gruppe Jugendlicher Handtuch und Kleidung. Denen gibt er Bescheid, dreht einem von ihnen den Arm auf den Rücken, dass er vor Schmerz schreit. Die Szene macht klar: Schürtz kehrt zurück im Modus der Kampfbereitschaft.
Oft wird die Berufstätigkeit von Romanfiguren nur behauptet, hier aber erfährt man, womit sich ein Bauleiter so herumschlägt. Schürtz schimpft über die "Trockenbaukanaillen", einem prätentiösen Investor stellt er so geschickt ein Bein, dass der auf der Treppe stürzt und meint, er wäre selbst an einer Stufe hängengeblieben. Am meisten aber rollt der Architekt die Augen bei den Sonderwünschen seiner Kunden - wenn sie ihm den Bauplan zurückschicken mit Verbesserungsvorschlägen, weil sie nicht ganz einverstanden sind mit seinen modernismusgeprägten Ideen von Glas und Licht, Reduktion und glatten Oberflächen.
Klug ist dieser aufreizend arrogante und nicht immer zuverlässige Ich-Erzähler entworfen - eine Figur, die man nicht sympathisch findet, deren Antipathien aber die nötige Reibung in die Darstellung der Kleinstadt bringen. Die hat offenbar doch einige Lebensqualität zu bieten - jedenfalls gibt es Zuzug aus dem Hamburger Großraum, die Bauwirtschaft boomt. Schürtz aber spricht von "Shitty Littleton", und die Lokalzeitung ist für ihn nur "das Käseblatt". Ungute Erinnerungen kommen hoch in der Heimat, alte Geschwisterrivalitäten machen sich wieder geltend. Seinen älteren Bruder nennt Schürtz bloß "Nuss". Er nimmt ihm vieles übel, etwa dass er beim Bau seines Eigenheims die falschen Dachziegel verwendet hat oder dass er sich im Kaff als Alleswisser und wandelndes Stadtarchiv aufspielt. In einem hintersinnigen Kapitel hält "Nuss" einen Vortrag über den mysteriösen "Kellervandalen", der das Städtchen im Winter 1957 heimgesucht hat - Heimatgeschichte, über die der Ich-Erzähler die Nase rümpft, während der Leser kaum vermeiden kann, in ihm einen möglichen Geistesverwandten des "Kellervandalen" zu sehen. Wutmensch und Gutmensch - diese Spannung bestimmt auch das Verhältnis zu seiner Schwester Julia, die in der örtlichen Flüchtlingshilfe arbeitet. Wobei sie beim Wort "Flüchtling" den Bruder behutsam zurechtweist: "Wir nennen sie Neuangekommene." Julias Lebensgefährtin wiederum korrigiert ihn, als er von "Designern" spricht. "Designende" müsse es heißen.
Bei der Lektüre stellt sich immer nachdrücklicher die Frage, warum Schürtz die Stadt vor zwanzig Jahren im Zorn verlassen hat. In der zweiten Hälfte liefert der Roman ein nicht ganz durchsichtiges Familiendrama nach. Die Mutter ist an Krebs gestorben. Sie war der Mittelpunkt eines Kreises von Kuchenesserinnen; das Backen war bei ihr so obsessiv wie der familiär bedingte Zwang zum Kartenspielen beim Vater.
Langsam bricht die innere Feindseligkeit des Protagonisten auf. "Das Kaff" ist ein Roman der Reintegration, ein Heimkehrerroman für Menschen, die in der Hauptstadt an der Hipness-Front gekämpft haben. Eingliedernd wirkt, dass Schürtz, der seine jungen Jahre auf den Bolzplätzen des Kaffs verbrachte, ein Trainer-Nebenjob bei einer Jugendmannschaft angetragen wird. Und dann gibt es die schöne Carla. Sie ist die bald nicht mehr alleinerziehende Mutter eines jener Jungen, die den Bauleiter eingangs beim Bad in der Ull geärgert haben. Ein kleines Patchworkfamilienglück zeichnet sich ab. So schließen sich gleich mehrere Kreise.
Der Roman ist auf diese Weise bemüht, seine vielfältigen Motive zusammenzuhalten. Trotzdem zerfällt er in der zweiten Hälfte ins Episodische. Nicht zufällig erzählen Romane lieber und leichter davon, wie jemand aus der "Normalität" aussteigt, als davon, wie einer in ihr ankommt. Realismus ist zwar eine gute Sache, aber Jan Böttcher kann man vorwerfen, dass er mitunter zu realistisch ist: Über den Details geht ihm die zugkräftige Geschichte verloren. Psychologisch interessant ist "Das Kaff" aber als Entwicklungsroman in der Provinz. Sein Held kommt zu Einsichten. Auch der Berliner Kiez kann sehr leicht Kaff sein, und in der Kleinstadt gibt es Menschen, die Größe haben.
WOLFGANG SCHNEIDER
Jan Böttcher: "Das Kaff". Roman.
Aufbau Verlag, Berlin 2018. 267 S., geb., 20,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Böttcher, geboren 1937 in Lüneburg, der bisher vier Romane veröffentlicht hat, lässt seinen Helden Michael Schürtz nach zwei Berliner Jahrzehnten in sein Kaff zurückkehren. Schürtz ist Architekt, konnte sich gegenüber den Platzhirschen in seinem beruflichen Umfeld aber nicht richtig durchsetzen und wurde von seinen Kompagnons beiseitegedrängt, was einen Grund-Groll in sein Leben gebracht hat. Nun hat er bei einem Reihenhausprojekt in seiner Heimatstadt einen Bauleiter-Job übernommen, für den sich seine Berliner Kollegen "zu schade" waren. Zufall oder Rückkehr? "Dieses Reihenhaus könnte sonstwo stehen. Ich habe einen Job angenommen." So redet es sich der Ich-Erzähler ein. Die gelungene Eingangsszene schildert, wie er beim Bad in der "Ull" - dem Flüsschen des Orts - eine positive Grundstimmung aufzubauen versucht. Ist doch ganz schön hier! Dann aber, während er im Wasser ist, entwendet ihm eine Gruppe Jugendlicher Handtuch und Kleidung. Denen gibt er Bescheid, dreht einem von ihnen den Arm auf den Rücken, dass er vor Schmerz schreit. Die Szene macht klar: Schürtz kehrt zurück im Modus der Kampfbereitschaft.
Oft wird die Berufstätigkeit von Romanfiguren nur behauptet, hier aber erfährt man, womit sich ein Bauleiter so herumschlägt. Schürtz schimpft über die "Trockenbaukanaillen", einem prätentiösen Investor stellt er so geschickt ein Bein, dass der auf der Treppe stürzt und meint, er wäre selbst an einer Stufe hängengeblieben. Am meisten aber rollt der Architekt die Augen bei den Sonderwünschen seiner Kunden - wenn sie ihm den Bauplan zurückschicken mit Verbesserungsvorschlägen, weil sie nicht ganz einverstanden sind mit seinen modernismusgeprägten Ideen von Glas und Licht, Reduktion und glatten Oberflächen.
Klug ist dieser aufreizend arrogante und nicht immer zuverlässige Ich-Erzähler entworfen - eine Figur, die man nicht sympathisch findet, deren Antipathien aber die nötige Reibung in die Darstellung der Kleinstadt bringen. Die hat offenbar doch einige Lebensqualität zu bieten - jedenfalls gibt es Zuzug aus dem Hamburger Großraum, die Bauwirtschaft boomt. Schürtz aber spricht von "Shitty Littleton", und die Lokalzeitung ist für ihn nur "das Käseblatt". Ungute Erinnerungen kommen hoch in der Heimat, alte Geschwisterrivalitäten machen sich wieder geltend. Seinen älteren Bruder nennt Schürtz bloß "Nuss". Er nimmt ihm vieles übel, etwa dass er beim Bau seines Eigenheims die falschen Dachziegel verwendet hat oder dass er sich im Kaff als Alleswisser und wandelndes Stadtarchiv aufspielt. In einem hintersinnigen Kapitel hält "Nuss" einen Vortrag über den mysteriösen "Kellervandalen", der das Städtchen im Winter 1957 heimgesucht hat - Heimatgeschichte, über die der Ich-Erzähler die Nase rümpft, während der Leser kaum vermeiden kann, in ihm einen möglichen Geistesverwandten des "Kellervandalen" zu sehen. Wutmensch und Gutmensch - diese Spannung bestimmt auch das Verhältnis zu seiner Schwester Julia, die in der örtlichen Flüchtlingshilfe arbeitet. Wobei sie beim Wort "Flüchtling" den Bruder behutsam zurechtweist: "Wir nennen sie Neuangekommene." Julias Lebensgefährtin wiederum korrigiert ihn, als er von "Designern" spricht. "Designende" müsse es heißen.
Bei der Lektüre stellt sich immer nachdrücklicher die Frage, warum Schürtz die Stadt vor zwanzig Jahren im Zorn verlassen hat. In der zweiten Hälfte liefert der Roman ein nicht ganz durchsichtiges Familiendrama nach. Die Mutter ist an Krebs gestorben. Sie war der Mittelpunkt eines Kreises von Kuchenesserinnen; das Backen war bei ihr so obsessiv wie der familiär bedingte Zwang zum Kartenspielen beim Vater.
Langsam bricht die innere Feindseligkeit des Protagonisten auf. "Das Kaff" ist ein Roman der Reintegration, ein Heimkehrerroman für Menschen, die in der Hauptstadt an der Hipness-Front gekämpft haben. Eingliedernd wirkt, dass Schürtz, der seine jungen Jahre auf den Bolzplätzen des Kaffs verbrachte, ein Trainer-Nebenjob bei einer Jugendmannschaft angetragen wird. Und dann gibt es die schöne Carla. Sie ist die bald nicht mehr alleinerziehende Mutter eines jener Jungen, die den Bauleiter eingangs beim Bad in der Ull geärgert haben. Ein kleines Patchworkfamilienglück zeichnet sich ab. So schließen sich gleich mehrere Kreise.
Der Roman ist auf diese Weise bemüht, seine vielfältigen Motive zusammenzuhalten. Trotzdem zerfällt er in der zweiten Hälfte ins Episodische. Nicht zufällig erzählen Romane lieber und leichter davon, wie jemand aus der "Normalität" aussteigt, als davon, wie einer in ihr ankommt. Realismus ist zwar eine gute Sache, aber Jan Böttcher kann man vorwerfen, dass er mitunter zu realistisch ist: Über den Details geht ihm die zugkräftige Geschichte verloren. Psychologisch interessant ist "Das Kaff" aber als Entwicklungsroman in der Provinz. Sein Held kommt zu Einsichten. Auch der Berliner Kiez kann sehr leicht Kaff sein, und in der Kleinstadt gibt es Menschen, die Größe haben.
WOLFGANG SCHNEIDER
Jan Böttcher: "Das Kaff". Roman.
Aufbau Verlag, Berlin 2018. 267 S., geb., 20,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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» Jan Böttcher hat sich einen Protagonisten und IchErzähler ausgedacht, der in vollendeter Unreflektiertheit seine Projektion eines rückständigen Milieus ausbreiten darf, um dann von der Wirklichkeit revidiert zu werden. « taz. Die Tageszeitung 20180616
Michael Schürtz ist Architekt und für die Karriere in die Großstadt gegangen. In Berlin fühlt er sich wohl. Er bekommt einen Bauleiterjob in seinem ehemaligen Heimatdorf in der norddeutschen Tiefebene angeboten, den er widerwillig annimmt, und sich sagt, es sei nur für …
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Michael Schürtz ist Architekt und für die Karriere in die Großstadt gegangen. In Berlin fühlt er sich wohl. Er bekommt einen Bauleiterjob in seinem ehemaligen Heimatdorf in der norddeutschen Tiefebene angeboten, den er widerwillig annimmt, und sich sagt, es sei nur für eine kurze Zeit. Denn das Kaff und die Menschen dort will er nicht, er will das taffe Großstadtleben, da sind die Leute cool, nicht hier im Dorf. Deshalb ist er damals, als junger Mann auch von dort geflüchtet und deshalb hatte es ihn auch in die Großstadt gezogen. Und eigentlich wollte er nie wieder zurück in das Dorf.
Doch je länger er im Dorf ist, kommen ihm die Menschen dort näher, als ihm lieb ist. Es gibt ein Treffen mit seinen Geschwistern, plötzlich soll er Fußballtrainer der Jugendmannschaft werden, und eine Affäre ist auch noch dabei. Nach all seiner herablassenden Art den Dörflern vorher gegenüber, muss er sich eingestehen, dass er sich plötzlich sehr wohl in diesem vorher so für ihn schrecklichen Kaff fühlt.
Jan Böttcher erzählt mit leisem Witz und Sarkasmus Alltäglichkeiten, Banalitäten, die Michael in seinem Dorf erlebt. Doch gerade diese sind es, die jeder nachvollziehen kann, und somit ertappt man sich selbst dabei, wie man lächelnd schadenfroh nickt und denkt: Jetzt ist er doch wieder mittendrin im Dorfleben, integriert und gemocht und fühlt sich plötzlich pudelwohl in dem von ihm vorher verhassten Kaff. Das Überhebliche, das er vorher hatte, legt sich nach und nach und das Miteinander und die Gemeinschaft des Dorfes tritt in den Vordergrund.
Es ist sehr schön zu lesen, wie sich die Meinung eines eingebildeten Großstädters den Dörflern gegenüber ändern kann. Und das nicht immer die Großstädter die tollen und taffen Menschen sind, sondern dass es diese ebenso in einem Dorf gibt.
Der Schreibstil von Jan Böttcher hat mir sehr gut gefallen, besonders der leise Witz und der Sarkasmus. Michael Schürtz ist authentisch dargestellt. Die alltäglichen Ereignisse sind interessant und witzig erzählt, so dass man sich ein gutes Bild vom Leben im Dorf mit seinen verschiedenen Einwohnern und Charakteren machen kann.
Fazit:
Ein interessanter Roman mit leisem Witz und Sarkasmus, über die nicht nur kulturellen Unterschiede der Großstadt und eines Dorfes, und wie man plötzlich seine Meinung ändern kann. Dieser Roman hat mir sehr gut gefallen.
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Endscheidend ist auf dem Platz...
Den leistungsorientierten Architekten Michael Schürtz verschlägt ein neuer Auftrag in seine alte Heimat. Ohne irgendwelche Anbindungen und Erwartungen fährt er in das kleine Kaff, in dem er groß geworden ist. Er begegnet hier einigen alten …
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Endscheidend ist auf dem Platz...
Den leistungsorientierten Architekten Michael Schürtz verschlägt ein neuer Auftrag in seine alte Heimat. Ohne irgendwelche Anbindungen und Erwartungen fährt er in das kleine Kaff, in dem er groß geworden ist. Er begegnet hier einigen alten Bekannten, auf deren Gesellschaft er bisher keinen Wert gelegt hat. muss aber feststellen, dass ihn diese Personen nicht kalt lassen. Er überdenkt sein ganzes Leben und fragt sich, ob er wohl immer die richtigen Entscheidungen getroffen hat...
Jan Böttcher beschreibt in seinem Roman "Das Kaff" wie zwei Welten aufeinandertreffen. Der erfolgreiche Architekt Michael, dem seine Aufträge und sein berufliches Weiterkommen am Herzen liegen trifft auf eine dörfliche Gemeinde, die nur den Michael als kleinen unbedeutenden Jungen kennen. Anfangs kann der spannend charakterisierte Hauptprotagonist wenig mit seinem neuen Umfeld anfangen, da er keine Wertschätzung für seine Leistungen erfährt, muss aber immer mehr erkennen, das für die Dorfmitglieder ganz andere Werte entscheidend sind. Der Wandel, den Michael hier vollzieht, ist spannend zu verfolgen. Der Autor beschreibt ihn in einer erfrischenden und teilweise humorvollen Schreibweise, die aber auch durchaus zum Nachdenken anregt. So engagiert sich der Business-Mensch plötzlich als Jugendtrainer für den ortsansässigen Fußballverein und stellt fest, wie wichtig ihm diese Aufgabe ist.
"Das Kaff" ist für mich ein gelungener Roman über einen Menschen, der zu seinen Wurzeln zurückkehrt und für sich neue Werte entdeckt. Ein kurzeiliges Lesevergnügen, welches aus meiner Sicht auch mit einem tiefgründigen Schreibstil überzeugen kann. Ich empfehle das Buch gerne weiter und bewerte es mit guten vier von fünf Sternen!!!
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Schon jung hat der Architekt Michael Schürtz sein Heimatdorf verlassen, um in Berlin die Karriere zu verfolgen. Ein Großauftrag bringt ihn nun zurück in den Ort, den er quasi seit 20 Jahren nicht mehr betreten hat und für den er nur Verachtung übrig hat. Die Kleingeister …
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Schon jung hat der Architekt Michael Schürtz sein Heimatdorf verlassen, um in Berlin die Karriere zu verfolgen. Ein Großauftrag bringt ihn nun zurück in den Ort, den er quasi seit 20 Jahren nicht mehr betreten hat und für den er nur Verachtung übrig hat. Die Kleingeister vom Lande entsprechen schlichtweg nicht seinen Erwartungen. Doch bald schon vermischen sich Erinnerungen mit neuen Begegnungen. Ein totkranker Freund, auch die eigenen Geschwister und natürlich der lokale Fußballverein, bei dem nicht ganz freiwillig, aber doch irgendwie stolz, plötzlich zum Trainer der C-Jugend ernannt wird. Was zieht ihn eigentlich noch zurück in die Großstadt? Der Karrieredruck, die oberflächlichen Gespräche der High Society? Oder kann er sich eine Zukunft inmitten der Dorfgemeinschaft vorstellen?
Jan Böttchers Protagonist ist zunächst ein wenig karikaturenhaft gezeichnet. Der großspurige Städter, der natürlich nicht in einem trauten Heim mit Ehefrau und Kind lebt, sondern freier Junggeselle ist, der das Leben und die Vorzüge der Hauptstadt in vollen Zügen genießt. Sein letzter Besuch liegt nur ein Jahr zurück, die Abifeier, dort trat er als „Überraschungsgast, Stargast“ auf – er ist nicht mehr nur einer, der auf diesem Dorf groß geworden ist, er hat es geschafft in der Großstadt. Voller Arroganz blickt er auf die lokale Zeitung hinab, die das berichtet, was die Menschen vor Ort bewegt, ihm aber banal und herabschauenswürdig vorkommt. Es dauert, bis Micha Schürtz erkennt, was die Menschen haben, was sie ihm als Großstädter voraushaben und vor allem, dass sie einander haben.
Der Roman besticht durch alltägliche Banalität. Jan Böttcher berichtet nicht von den großen, weltbewegenden Ereignissen, die global für Aufregung sorgen oder die das Leben der Figuren mit einem Schlag vollends ändern. Er fängt das Normale, Gewöhnliche ein und hält dem Leser dieses dann wie einen Spiegel vor: wie stehst Du denn dazu? Neigst Du etwa auch zu einer leichten Verachtung gegenüber den Menschen, die nicht das hippe Stadtleben gewählt haben? Genau diese Haltung verkehrt sich im Laufe der Handlung. Schleichend. Langsam. Ohne auslösendes Element. Man kann sich ändern, Meinungen überdenken und womöglich zur Erkenntnis kommen, dass man sich jahrelang getäuscht hat.
„Das Kaff“ ist einer der eher leisen Romane, die aber ein wunderbares Portrait unserer Zeit sind und vor allem der durchschnittlichen Menschen, die keine Superhelden sind, ihre kleinen Macken und Ecken und Kanten haben, manchmal auch einfach Fehler machen. Nein, das Leben ist nicht immer rosarot, aber es gibt gute Tage. Genau diese vermeintliche Trivialität einzufangen und lesenswert wiederzugeben, darin liegt die Stärke des Romans.
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