Abwechslungsreich erzählter Krimi um eine brutale Mordserie in Chicago
Elyse Pratt joggt in der Früh den Riverwalk entlang, als sie eine furchtbare Entdeckung macht. Ihre Schreie wegen der von ihr gefundenen Toten erregen die Aufmerksamkeit von Passanten auf der Brücke, die die Polizei rufen. Und
so nimmt Harriet Foster, Detective beim Chicago Police Department, an ihrem ersten Tag nach ihrer…mehrAbwechslungsreich erzählter Krimi um eine brutale Mordserie in Chicago
Elyse Pratt joggt in der Früh den Riverwalk entlang, als sie eine furchtbare Entdeckung macht. Ihre Schreie wegen der von ihr gefundenen Toten erregen die Aufmerksamkeit von Passanten auf der Brücke, die die Polizei rufen. Und so nimmt Harriet Foster, Detective beim Chicago Police Department, an ihrem ersten Tag nach ihrer Auszeit, mit der eine Versetzung auf eigenen Wunsch einhergeht, an der Seite ihres neuen Partners Jim Lonergan die Ermittlungen in diesem brutalen Mordfall auf.
“Das Böse dahinter” ist der erste Band einer Reihe von Tracy Clark, in der Harriet Foster den Tod von Peggy Birch untersucht. Harriet hat bis auf ihren Job alles verloren. Nachdem ihr Sohn als Teenager von einem Fahrraddieb erschossen wurde, ging ihre Ehe in die Brüche und vor acht Wochen hat ihre beste Freundin und Partnerin Detective Glynnis Thompson Selbstmord begangen, ohne dass sie es hat kommen sehen. So ist an sich noch nicht soweit wieder zu arbeiten. Da lassen die Schwierigkeiten mit ihrem neuen Partner Lonergan, der sich selbst als Polizist alter Schule bezeichnet, nicht lang auf sich warten. Neben der Perspektive von Foster wird der Krimi auch aus Sicht der Zwillinge Amelia und Bodie Morgan erzählt. Als Kinder mussten die Geschwister das Böse entdecken, das ihr Vater Tom vor ihnen im sonst stets abgeschlossenen Keller verborgen hat. Bodie hofft innig, dass sein Vater, den er fürchtet, bereits tot ist. Bodie ist der Loser, der nichts auf die Reihe bekommt, Amelia hingegen eine aufstrebende Künstlerin, die für sich eine komplett neue Lebensgeschichte ersonnen hat.
Nach dem starken Beginn, der von der Joggingrunde von Elyse handelt, hat Tracy Clark mit ihrer abwechlungsreichen Erzählweise, bei der eine Vielzahl unterschiedlicher Themen angeschnitten wird, zu viel auf einmal gewollt. In nur wenigen Kapiteln führt sie die schweren Verluste von Hauptfigur Harriet Foster, die in ihren gegensätzlichen Ansichten begründeten Reibereien zwischen ihr und ihrem neuen Partner Lonergan, die Verbrechen des Vaters von Bodie und Amelia, die aufgrund seiner Hautfarbe erfolgende Diskriminierung und Vorverurteilung des am Tatort aufgefundenen und somit Verdächtigen Keith Ainsley, die das Leben von Peggy Birch dominierenden toxischen Beziehungen und die Proteste der Bevölkerung gegen die Polizei an.
Besser hätte mir der Einstieg gefallen, wenn die Autorin sich mehr auf das Drama darin konzentriert hätte. Dabei hätte insbesondere der Vorstellung von Foster, die nach dem letzten Schicksalsschlag kaum wieder aufstehen konnte, um ihrem Umfeld eine halbwegs heile Fassade vorzutäuschen, mehr Raum gegeben werden müssen. Auch ist die Problematik, die im Fehlverhalten des typischen weißen Cops alter Schule liegt, zwar ein aktuell relevantes Thema, will aber nicht so recht zu den zentralen Elementen der von Tracy Clark erzählten Handlung passen.
In seinem weiteren Verlauf hat der Krimi für mich weniger gut im schwierigen Verhältnis von Foster und ihrem neuen Partner Lonergan, dem politischen Druck, dem Fosters neue Chefin ausgesetzt ist, und in den falschen Spuren funktioniert, die um den Gras Konsum für den Eigengebrauch und den Ausflügen in die Aktivisten-Szene, die die Reform der Polizei in Chicago betreffen, kreisen. Dagegen haben mich die Teile überzeugt, in denen Tracy Clark starke Bilder für den Verlust wie beispielsweise in der entscheidenden Frage, die ihr der Sohn ihrer verstorbenen Partnerin Glynnis Thompson auf der der Feier seines zehnten Geburtstages stellt, gefunden hat. Auch hat mir die Dynamik zwischen Foster und Detective Vera Li gefallen, die ihren Anfang bei einem gemeinsamen Hotdog-Mittagessen nimmt.
Die im Kern um Bodie und seine Familie erzählte Geschichte ist in ihren wesentlichen Punkten clever konstruiert und hätte sich für ein intensiv düsteres Thriller-Drama angeboten, das in Bodies emotionalem Dilemma und unheimlichen Stalking-Szenen glänzt. Weit mehr hätte Tracy Clark aus ihrem Krimi heraus holen können, wenn sie den Fokus ganz auf Bodie, Amelia und Co gelegt hätte. Vom Prinzip her wurde durch die Integration von Bodies Psychiaterin Dr. Mariana Silva die Handlung um eine interessante Komponente erweitert. Die Autorin hat jedoch die Gelegenheit, die sich dadurch geboten hat, mit Dr. Silvas Fachwissen über antisoziale Persönlichkeitsstörungen im Allgemeinen und Serienmörder im Speziellen die Ermittlungen von Foster mit fundiertem psychologischem Wissen zu ergänzen, ungenutzt verstreichen lassen. Dabei hätte ich gern auch mehr über die Vergangenheit von Bodie und seiner Schwester Amelia erfahren. Grundlegend sind zwar die Fragen, die ich mir diesbezüglich gestellt habe, mit Ende des Buchs beantwortet. Ich hätte mir aber gewünscht, dass deren Familiengeschichte detaillierter geschildert worden wäre, da das diese für mich nachvollziehbarer hätte werden lassen, wenn ich näher dran an der Tragik in ihrem Leben gewesen wäre.