José Saramago
Broschiertes Buch
Claraboia oder Wo das Licht einfällt
Versandkostenfrei!
Nicht lieferbar
Ein früher Morgen im Lissabon der 1950er Jahre. In einem Mietshaus nahe am Fluss erwacht das Leben. Der Schuster Silvestre öffnet seine Werkstatt, Isaura, die ihre Wohnung mit drei anderen Frauen teilt, setzt sich an die Nähmaschine. Justina plagt sich mit ihrem nörgelnden Mann herum. Dona Lídia, die als Geliebte eines reichen Fabrikanten als Einzige keine finanziellen Sorgen hat, raucht ihre erste Zigarette ... Die Atmosphäre ist geprägt von Armut, Melancholie und Stillstand. Erst als Silvestre einen Untermieter aufnimmt, kommt frischer Wind in die Hausgemeinschaft - mit ungeahnten Fol...
Ein früher Morgen im Lissabon der 1950er Jahre. In einem Mietshaus nahe am Fluss erwacht das Leben. Der Schuster Silvestre öffnet seine Werkstatt, Isaura, die ihre Wohnung mit drei anderen Frauen teilt, setzt sich an die Nähmaschine. Justina plagt sich mit ihrem nörgelnden Mann herum. Dona Lídia, die als Geliebte eines reichen Fabrikanten als Einzige keine finanziellen Sorgen hat, raucht ihre erste Zigarette ... Die Atmosphäre ist geprägt von Armut, Melancholie und Stillstand. Erst als Silvestre einen Untermieter aufnimmt, kommt frischer Wind in die Hausgemeinschaft - mit ungeahnten Folgen.
José Saramago, geboren am 16. November 1922 in Azinhaga in der portugiesischen Provinz Ribatejo, entstammt einer Landarbeiterfamilie. Nach dem Besuch des Gymnasiums arbeitete er als Maschinenschlosser, technischer Zeichner und Angestellter. Später war er Mitarbeiter eines Verlags und Journalist bei verschiedenen Lissabonner Tageszeitungen. Seit 1966 widmete er sich verstärkt der Schriftstellerei. Der Romancier, Erzähler, Lyriker, Dramatiker und Essayist erhielt 1998 den Nobelpreis für Literatur. José Saramago verstarb am 18. Juni 2010 auf Lanzarote.

Produktbeschreibung
- btb Bd.74654
- Verlag: btb
- Originaltitel: Claraboia
- Seitenzahl: 352
- Erscheinungstermin: 8. September 2014
- Deutsch
- Abmessung: 185mm x 116mm x 30mm
- Gewicht: 326g
- ISBN-13: 9783442746545
- ISBN-10: 344274654X
- Artikelnr.: 40019692
Herstellerkennzeichnung
btb
Neumarkter Str. 28
81673 München
www.randomhouse.de
+49 (0800) 5003322
„Alles, was nicht auf Liebe gebaut ist, bringt Hass hervor!“ (351)
Bereits die Vorbemerkungen zu Claraboia werfen Fragen auf. José Saramago (1922 – 2010) schrieb Claraboia während der Salazar-Diktatur und reichte den Roman 1953 einem Verlag ein. 1988, also 35 Jahre …
Mehr
„Alles, was nicht auf Liebe gebaut ist, bringt Hass hervor!“ (351)
Bereits die Vorbemerkungen zu Claraboia werfen Fragen auf. José Saramago (1922 – 2010) schrieb Claraboia während der Salazar-Diktatur und reichte den Roman 1953 einem Verlag ein. 1988, also 35 Jahre später, äußerte der Verlag sich zu dem Buch und bot an, es zu veröffentlichen. Auf der gleichen Seite heißt es, dass der Verlag die Antwort auf das Manuskript 47 Jahre lang schuldig geblieben ist. Das passt nicht zusammen. (5)
Weiterhin steht dort, Claraboia sei kein politischer Roman und nur wegen der gesellschaftlichen Tabubrüche nicht veröffentlicht worden. (8) Das Buch lässt sich sehr wohl (auch) politisch interpretieren und ich glaube, dass es aus diesem Grund nicht veröffentlicht wurde. Des Weiteren teile ich nicht die Auffassung des Verlages im Klappentext, dass durch den Untermieter Abel Nogueira frischer Wind in die Hausgemeinschaft kommt. Abel erfüllt eher eine Funktion auf der Metaebene.
Der Roman bewegt sich m.E. auf zwei Ebenen. Auf der Handlungsebene beschreibt Saramago das kleinbürgerliche Leben der Bewohner des Mietshauses und auf einer Metaebene diskutiert der intelligente Schuster Silvestre mit dem Untermieter Abel Nogueira über gesellschaftspolitische Fragen. Abel greift nicht direkt in das Geschehen ein und hat kaum Kontakt zu den anderen Mietern, dennoch spiegelt sich sein pessimistisches Weltbild im Mikrokosmos des Mietshauses wider.
Saramago beschreibt die Verhältnisse in einem portugiesischen Mietshaus im Lissabon der 1940er Jahre. 6 Parteien, verteilt auf 3 Etagen, wohnen in dem Block. Im Erdgeschoss leben der Schuster Silvestre mit seiner Ehefrau Mariana sowie die Galicierin Carmen mit ihrem Ehemann, dem Handelsvertreter Emílio Fonseco. Silvstre nimmt den jungen Untermieter Abel Nogueira auf.
Im ersten Obergeschoss wohnt Dona Justina mit ihrem Ehemann Caetano Cunha, der bei einer Zeitung arbeitet. Sie haben ihre Tochter vor 2 Jahren verloren. Ihnen gegenüber lebt Dona Lídia, die Geliebte des reichen Fabrikanten Paulino Morais. Im zweiten Obergeschoss ist Dona Rosália mit ihrem Ehemann Anselmo und ihrer neunzehnjährigen Tochter Maria Claudia ansässig. Ihnen gegenüber wohnt die Witwe Cândida mit ihren Töchtern Isaura und Adriana sowie ihrer jüngeren Schwester Amélia, einer Wirtschafterin.
Hinter der kleinbürgerlichen Fassade brodelt es mächtig. Beziehungskrisen, Konflikte und Intrigen bestimmen den Alltag. Misstrauen, Vergewaltigung, Prostitution und Hass werfen ein düsteres Licht auf die Bewohner. Wenn das Mietshaus ein Spiegelbild der Gesellschaft darstellen soll, muss es um deren Moral schlecht bestellt sein. Wenn die Verhältnisse im Mietshaus als Symbol für die politischen Verhältnisse in der Salazar-Diktatur interpretiert werden, werden auch die Tabubrüche plausibel.
Die politischen Bezüge werden besonders in Kapitel 21 deutlich, wo Schuster Silvestre über seine subversive Vergangenheit erzählt. „Aber nun musste man den Mund halten. Und ich schwieg. Um diese Zeit habe ich meine Mariana kennen gelernt.“ (192) Das ist in Kurzform eine politische Situationsbeschreibung einschließlich seiner Antwort darauf. Abel denkt eher handlungsorientiert. Da er einen Sinn nur mit dem Verstand und nicht mit dem Gefühl erfassen kann („einlullenden Illusionen wie Liebe“ (351)), bleibt er ein Pessimist.
Bei diesem Roman handelt es sich um eine wiedergefundene Perle. In ihm spiegelt sich der Zeitgeist der Salazar-Diktatur wider. Saramago beschreibt nicht nur Unzufriedenheit, Hass und Gewalt, sondern liefert auch Antworten auf essentielle Fragen. Die heutige Gesellschaft ist freier und auch die heutigen Romane sind freizügiger, aber die beschriebenen Krisen und Konflikte sind zeitlos. Es handelt sich um einen Roman, mit dem ich mich gern beschäftigt habe.
Weniger
Antworten 0 von 0 finden diese Rezension hilfreich
Antworten 0 von 0 finden diese Rezension hilfreich
Alltagstristesse als Lebensprinzip
Voreingenommen durch die Meisterwerke des Autors las ich das verschollen geglaubte und nun veröffentlichte Frühwerk mit Interesse und gefestigter Position gegenüber dem Autor, immerhin Literaturnobelpreisträger.
Schnell wird man Nachbar …
Mehr
Alltagstristesse als Lebensprinzip
Voreingenommen durch die Meisterwerke des Autors las ich das verschollen geglaubte und nun veröffentlichte Frühwerk mit Interesse und gefestigter Position gegenüber dem Autor, immerhin Literaturnobelpreisträger.
Schnell wird man Nachbar und Beobachtender des Lissabonner Lebensalltags zur Zeit der bis 1974 andauernden Diktatur des Antonio de Oliveira Salazar und kämpft gedanklich mit ums schöne Überleben der Protagonistinnen und Protagonisten.
Der Fado des Lebens ist allgegenwärtig und die Frage nach dem je individuellen Glück der so Lebensnah beschriebenen Charaktere und Personen im als Handlungsort gewählten Mietshaus bestimmen jede Zeile des Romans.
Durchsetzt von den Sehnsüchten nach Liebe, Frieden, Lebensqualität erzählt der junge Saramago von den Hoffnungen des Schusters mit seinem kleinen Laden, der von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang mit Näharbeiten ihren kargen Lebensunterhalt verdienenden Frauen-Zweck-Wohngemeinschaft, den Liebeschancen der ungewollt korrumpierten Dona Lídia oder der Not einer vom Leben und von der Liebe enttäuschten Justina. Melancholie und Neid bestimmen das Geschriebene.
Claraboia ist ein starkes Buch, welches das eigene – offensichtlich - bessere Leben als Gegenüber aufkeimen und dieses Gefühl der Stärke die Not der gewesenen Existenzen leichter ertragen lässt.
Im Kontext der schon bekannten Saramago-Texte ist das Buch ein posthumer Nachweis entstehender literarischer Qualität. Als zuerst erschienenes Werk wären die Erwartungen an folgende Romane extrem hoch gewesen und es bleibt freilich unbeantwortet, ob der Autor diesem frühen Druck dann Stand gehalten hätte. Heute ist klar: er hat!
(c) 5/2013, Redaktionsbüro Geißler, Uli Geißler, Freier Journalist, Fürth/Bay.
Weniger
Antworten 6 von 6 finden diese Rezension hilfreich
Antworten 6 von 6 finden diese Rezension hilfreich
Andere Kunden interessierten sich für