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Wie konnte das passieren? Diese Frage beschäftigt 2016 nach der Präsidentschaftswahl in den USA nicht nur die halbe Welt, sondern auch Mark, der mit dem Zerfall seiner Beziehung fertig werden muss. Zwischen Trauer und Wut, zwischen Lähmung und dem Versuch, sein Leben neu aufzustellen, erlebt der zweifache Vater zärtliche Momente mit seinen Kindern - Vorfreude auf den Weihnachtsmorgen, Kekse nach einem nächtlichen Wutanfall. Hoffnung bleibt bestehen, obwohl die Zeit stillzustehen scheint.James Sturm nutzt den Verfremdungseffekt vermenschlichter Tiere, um den Blick des Lesers auf menschliches…mehr

Produktbeschreibung
Wie konnte das passieren? Diese Frage beschäftigt 2016 nach der Präsidentschaftswahl in den USA nicht nur die halbe Welt, sondern auch Mark, der mit dem Zerfall seiner Beziehung fertig werden muss. Zwischen Trauer und Wut, zwischen Lähmung und dem Versuch, sein Leben neu aufzustellen, erlebt der zweifache Vater zärtliche Momente mit seinen Kindern - Vorfreude auf den Weihnachtsmorgen, Kekse nach einem nächtlichen Wutanfall. Hoffnung bleibt bestehen, obwohl die Zeit stillzustehen scheint.James Sturm nutzt den Verfremdungseffekt vermenschlichter Tiere, um den Blick des Lesers auf menschliches Verhalten zu schärfen. "Ausnahmezustand" ist eine Liebesgeschichte von heute, eingefangen in klaren, ruhigen Bildern.
Autorenporträt
James Sturm wurde 1965 in New York geboren. Bereits in jungen Jahren entdeckte er über Charles M. Schulz¿ Zeitungsstrip ¿Peanuts¿ seine Liebe zu den Comics, die schon wenig später auch den Superhelden, insbesondere den ¿Fantastischen Vier¿, galt. 2003 unternahm James Sturm einen Ausflug in die Welt der Superhelden-Comics und schrieb mit dem von Guy Davis und Robert Sikoryak gezeichneten ¿Unstable Molecules¿ eine mit dem Eisner-Award prämierte Geschichte um die ¿Fantastischen Vier¿. Neben seiner Tätigkeit als Autor, Zeichner und Herausgeber engagiert sich James Sturm seit 2004 an dem von ihm mitbegründeten Center for Cartoon Studies in Vermont als Ausbilder junger Nachwuchsautorinnen und - autoren.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 13.10.2020

Der Hammer
Amerika vor der Wahl: James Sturm zeigt eine
Familie und eine Nation im „Ausnahmezustand“
Irgendwann reicht es Mark, und zwar total. Seit Wochen schuftet er für den Bauunternehmer Mick. Ein Haus soll fertiggestellt werden; der Kunde wird ungeduldig. Aber Mick ist ein unzuverlässiger Kerl. Auf seinem BMW prangt zwar ein großer Bernie Sanders-Sticker, und im Gespräch gibt er den kumpeligen Arbeitnehmerversteher. Nur ist er angeblich nie gut bei Kasse. Eines Tages platzt ein Scheck Micks. Über einen Facebook-Post lässt er aber gleichzeitig alle Welt gut gelaunt an seinem hippen Freizeitleben teilhaben. Außer sich vor Wut steigt Mark nachts in sein Auto, fährt zur Baustelle und schnappt sich einen schweren Hammer.
Trotz der stilisierten Hundeköpfe, mit denen James Sturm seine Figuren versieht, die auf den ersten Blick beinahe niedlich wirken, ist „Ausnahmezustand“ ein Comic von wuchtiger politischer Aktualität. Die Handlung spielt im Herbst und Winter 2016, vor der amerikanischen Präsidentschaftswahl, und ist ein gültiges Spiegelbild auch der gegenwärtigen Spannungen in den USA. Schon damals führte der Wahlkampf zu Spaltungen bis in die Familien, wie Sturm eindringlich vorführt. Bevor Marks Ehe zerbrochen ist, waren er und seine Frau Lisa Anhänger von Sanders. Jetzt ist Lisa umgeschwenkt und versucht telefonisch und an Haustüren, Wählern die Vorzüge von Hillary Clinton zu erklären. Anders Mark: Er ist sich seiner Überzeugungen nicht mehr sicher. „Hillary“, meint er, „ist einfach derselbe alte Mist noch mal“. Trump hält er zwar für „ein Arschloch auf zwei Beinen“, aber es imponiert ihm, dass dieser wenigstens „sein eigener Herr“ ist. Entschieden hat sich Marks Bruder Alan: Zu Weihnachten schickt er seinem Vater eine „Make America Great Again“-Cap als Geschenk.
„Gemeinsam stärker“ heißt das erste Kapitel des Comics, in Anspielung auf einen Slogan Hillary Clintons, der hier aber nur bitter ironisch wirkt. Unter dem Titel ist ein Verkehrszeichen zu sehen: ein weißer Pfeil auf dunklem Grund, der scharf nach rechts weist. So verfeindet wie die politischen Lager stehen sich auch Mark und Lisa gegenüber. Eine Rückblende auf die Anfänge ihrer Beziehung zeigt, wie sie vielfach beschwingt während eines Sommers vor rund 15 Jahren zueinander fanden. Die Gründe für den tiefen Groll, den sie inzwischen aufeinander hegen, deutet sich erst am Schluss an: Lisa ist psychisch labil, hatte nach der Geburt ihrer Tochter eine schwere Depression; Mark dagegen hat ihr nie verziehen, dass sie ihn kurz nach der Hochzeit betrogen hat.
Von Anfang an klar ist die prekäre Existenz Marks. Ersparnisse hat er keine, und seine Eltern sind nicht in der Lage, ihn zu unterstützen. Um sich nach der Trennung eine neue Wohnung leisten zu können, hat er seinen Pick-up verkaufen und ein kleines Auto anschaffen müssen. Neben seiner Maloche auf dem Bau schlägt er sich mit Drecksjobs durch, mit anstrengenden, schmutzig machenden Tagelöhnerarbeiten – er kann es sich einfach nicht leisten, etwas abzulehnen. Die Kinder muss er währenddessen bei ihren Freunden unterbringen, auch wenn das seine Sorgerechtsvereinbarung mit Lisa gefährdet.
Soziale Verwerfungen, materielle Nöte, politische Krisen – das ist nicht allzu oft der Stoff, aus dem Comics gemacht sind, auch nicht im Independent-Bereich, wo man sich lieber der autobiografischen Ausbeutung des eigenen Lebens widmet. James Sturm, geboren 1965, macht da eine erfreuliche Ausnahme. Bereits in seiner Graphic Novel „Markttag“ (2010) hat er ein feines Gespür für Themen bewiesen, an denen der Comic sonst wenig interessiert ist. Darin sah sich, in Osteuropa um 1900, der ambitionierte jüdische Teppichknüpfer Mendelmann von billig produzierter Industrieware bedroht; gleichzeitig musste er feststellen, dass sich seine Künstlerexistenz nur schwer mit einem Familienleben vereinbaren ließ. Mark in „Ausnahmezustand“ kämpft nun mit ähnlichen Problemen, unter erheblich verschärften Voraussetzungen: Sein Leben ist bereits ein Scherbenhaufen.
Erzählt ist „Ausnahmezustand“ alleine aus der Perspektive Marks. Ob ihr völlig zu vertrauen ist? In seiner lakonischen, diskontinuierlichen Darstellungsweise ist Sturm der Tradition der Short Story verpflichtet. Indem er den Figuren Hundeköpfe aufsetzt und auf Farbe weitgehend verzichtet – gezeichnet ist der Comic in allen Schattierungen von Blau– , entgeht er der Falle eines platten sozialen Realismus und verleiht seiner Geschichte den Charakter einer über den Einzelfall hinausweisenden Fabel. „Ausnahmezustand“ ist mehr als ein sehr guter Comic. Sturm gelingt es, einen bestimmten historischen Moment mit einer Brennschärfe zu fixieren, die man nicht anders als herausragend nennen kann.
CHRISTOPH HAAS
James Sturm (Text und
Zeichnungen): Ausnahmezustand. Graphic Novel. Aus dem
Englischen von Sven Scheer.
Reprodukt Verlag, Berlin 2020. 216 Seiten, 24 Euro.

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Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Ralph Trommer fühlt sich mit James Sturms Graphic Novel aus dem Jahr 2016 an die Männerporträts von Richard Ford erinnert, obwohl Sturm nur vermenschlichte Hunde zeichnet. Dem Autor gelingt laut Trommer ein Abbild der amerikanischen Gesellschaft während der Wahlen von 2016, indem er das Schicksal eines Familienvaters zwischen Scheidung und Jobquerelen zeigt. Dass der Autor "Leerräume" lässt, die der Leser mit seiner Vorstellung füllen kann, scheint Trommer für sich zu nutzen. Für Trommer eine Art Seelenporträt der gespaltenen Gesellschaft, die auf den Hund gekommen ist.

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