Kurt liegt tot am Fuße der Kellertreppe. Unfall? Herzversagen? Für Joris stellen sich schnell zahlreiche Fragen, die auf das Jahr 1955 zurückgehen. Im September 1955 verunglückte James Dean und die Saarbevölkerung stimmte über das Saarstatut ab. Im saarländischen Dorf Dürrweiler passierte ebenfalls
allerhand und man vergißt dort nichts. Der einheimische Joris war erst vor kurzem aus Berlin…mehrKurt liegt tot am Fuße der Kellertreppe. Unfall? Herzversagen? Für Joris stellen sich schnell zahlreiche Fragen, die auf das Jahr 1955 zurückgehen. Im September 1955 verunglückte James Dean und die Saarbevölkerung stimmte über das Saarstatut ab. Im saarländischen Dorf Dürrweiler passierte ebenfalls allerhand und man vergißt dort nichts. Der einheimische Joris war erst vor kurzem aus Berlin heimgekehrt und sucht nun die Fäden der Gegenwart zurück nach 1955. In einem Steinbruch kommt es zum dramatischen Showdown.
Die vielseitige Aufklärungsarbeit der Polizei und des Protagonisten Joris deckt die Zusammenhänge für die Leser gut verfolgbar auf. Ob alles für jeden nachvollziehbar ist? Mitdenken ist jedenfalls angebracht. Nachdem beispielsweise der Landrat Kalrmann eingeführt wurde taucht Dr. Brix, ebenfalls Landrat für Dürrweiler, auf. Was geht im Saarland vor? Doppelspitze als Landrat? Allmählich dämmert es: Karlmann ist die Verballhornung von Karl-Josef Brix, die beiden sind identisch.
Der Autor bringt die aktuelle Flüchtlingsproblematik ein und setzt damit einen Gegenpunkt zu 1955, als sich nach der Saarabstimmung auch einige fremd in Deutschland fühlten. Ein Syrer zeigt eine Seite der Problematik in einem Folterexperiment, eine der stärksten Szenen des Krimis.
Die häufigen Rückblenden auf 1955 hemmen allerdings die Handlung, die Gegenwart kommt zu kurz. Die Beziehungs– und Betroffenheitsdialoge ufern aus. Das Geschehen wird theatralisch aufgeladen – so gleich die Eingangsszene – und verpufft zu oft.
Dass in einem harmlosen Dorf die Schatten der Vergangenheit durch die Straßen wabbern ist nicht neu und verhalf beispielsweise schon Philippe Claudel: Die grauen Seelen zum Erfolg.
Mir kamen beim Lesen die Polt-Romane von Alfred Komarek in den Sinn. Im Burgenland, ganz im Osten des deutschsprachigen Raums geht es aber etwas gemächlicher zu. Marcus Imbsweiler springt an den westlichen Rand und zeigt, dass es auch im saarländischen Dürrweiler unter der Oberfläche brodelt.
Von einigen Längen abgesehen ist 55 unterhaltsam, die zugespitzen Beziehungen sind gerade noch glaubhaft, die Auflösung ist stringent.